Autor Thema: Keine Bewerbung auf Stellen, die mehr als 2 EG höher sind?  (Read 2693 times)

willibald

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Bei uns (Großstadt, NRW) gibt es bei internen Bewerbungen die Regelung, dass unabhängig von der Qualifikation die derzeitige Eingruppierung nicht mehr als 2 EG unter der ausgeschrieben Stelle liegen darf. Nun haben wir einen Kollegen, der hat zwischenzeitlich durch den absolvierten VL2 die Möglichkeit, auf eine EG10 Stelle bei uns zu kommen. Leider ist er aktuell in 9a (maximum mit VL1) eingruppiert. Seine Bewerbung wurde schon im Vorfeld abgeschmettert, da er somit 3 EG unter der Stelle liegt und nicht die formalen Anforderungen erfüllt.

Frage1: Gibt es dazu eine gesetzliche oder tarifvertragliche Regelung?
Frage2: wenn nicht, wird es bei euch auch so gehandhabt?

Letztlich ein Eigentor, da der Kollege sich nun bei einer Nachbarkommune bewirbt, und eine solche Regelung (wie auch bei uns) extern nicht beschrieben wurde

Organisator

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nein und nein.

Dein letzter Satz beschreibt es treffend.

Sjuda

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Sehr interessant - von einer solchen Regelung habe ich bisher noch nie gehört.

Die Frage ist, ob Bewerber dadurch in ihren Rechten verletzt werden. Ich sehe keine Beanstandungsgründe.

Ob es ein Eigentor ist, muss sich in der Praxis zeigen. Es scheint genügend Bewerber zu geben, sonst würde man schnell von dieser strengen Vorgabe abrücken. Wenn man unterstellt, dass der Entgeltgruppenunterschied - allgemein und begrifflich nicht im eingruppierungsrechtlichen Sinne - für ein unterschiedliches Maß an Schwierigkeit und Verantwortung steht, ist der Gedanke, diesen Unterschied bei einer Nachbesetzung möglichst gering halten zu wollen, für mich zumindest nicht völlig abwegig. Eine schrittweise Bewährung in jeweils höherwertigen Verwendungen kann für die Organisation günstiger sein als große Sprünge, die sich nachträglich als Fehler erweisen.


« Last Edit: 10.07.2025 09:29 von Sjuda »

Feivel

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Als würden wir beim gleichen AG arbeiten...

Aber nein, eine solche Regelung kenne ich auch nicht und limitiert den AG doch selbst in seinem Handlungsspielraum.

Wenn sich jetzt jemand externes bewirbt, könnte er ja sogar woanders auf EG8 sitzen und direkt auf EG10 kommen, kennt aber die Verwaltung im Regelfall nicht.

willibald

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Hier mal der exakte Wortlaut. Laut Auskunft des PR soll es künftig eine DV geben, die diese Barriere hinfällig macht.

Zitat
und maximal eine Besoldungs-/Entgeltgruppen unter dem ausgeschriebenen Stellenwert oder
zwei Besoldungs-/Entgeltgruppen unter dem ausgeschriebenen Stellenwert bei zweijähriger Berufserfahrung in dieser Besoldungs-/Entgeltgruppe liegen,

SozPädBW

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Gesetzt den Fall, eine Geschäftszimmerkraft (E 5) macht nebenher an einer Fernuni den Bachelor Public Administration. Im Anschluss daran kann diese sich bei euch max. auf Stellen nach E 7 bewerben. Total bescheuert. Manche Dienststellen hassen Ihr Personal scheinbar.

Feivel

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Gesetzt den Fall, eine Geschäftszimmerkraft (E 5) macht nebenher an einer Fernuni den Bachelor Public Administration. Im Anschluss daran kann diese sich bei euch max. auf Stellen nach E 7 bewerben. Total bescheuert. Manche Dienststellen hassen Ihr Personal scheinbar.

Und genau diese Person wechselt dann zu einem anderen AG, bekommt die entsprechende Eingruppierung und wird dann als "Söldner oder Söldnerin" betitelt.

SozPädBW

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Mich würde wirklich interessieren, wie ein solcher Fall bei einer Konkurrentenklage durch das Arbeitgericht entschieden würde. Denn: Die Auswahl von Bewerbern im öffentlichen Dienst erfolgt nach dem Grundsatz der Bestenauslese, der im Artikel 33 Absatz 2 des Grundgesetzes verankert ist. Demnach werden Stellen im öffentlichen Dienst nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vergeben. Und wenn sich beispielsweise eine Reinigungskraft (E 2) von intern auf eine E11 Stelle bewirbt, die zwischenzeitlich einen Bachelor in Public Administration erworben hat, die formalen Voraussetzungen erfüllt, vielleicht sogar noch einen GdB von 50%+ hat, lediglich aufgrund der der hier beschriebenen Verfahrensweise aus dem Auswahlverfahren herausgekegelt wird, kann ich mir nicht vorstellen, dass die Dienststelle damit durchkommt.

FearOfTheDuck

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Jeder (AG) macht sich das Leben so schwer, wie er es möchte.

Ein Streitfall würde diese Mauer wohl schnell einreißen.

Hier scheint sich ein wenig Beförderungsdenke eingeschlichen zu haben.

NWB

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Immer wieder erstaunlich, wie bunt die Welt ist und wie sehr manche AG sich auf der Suche nach Fachkräften freiwillig und ohne Not derart einschränken. Wow

shenja

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Mein alter AG ist sogar noch strenger. Da muss man jede Entgeltgruppe durchlaufen. Absolut sinnbefreit.

FearOfTheDuck

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Wie hat er das tarifrechtlich geregelt? Wahrscheinlich hat er von der EGO noch nie was gehört. ;)

shenja

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Es interessiert einfach nicht

Ramirez

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Mich würde wirklich interessieren, wie ein solcher Fall bei einer Konkurrentenklage durch das Arbeitgericht entschieden würde. Denn: Die Auswahl von Bewerbern im öffentlichen Dienst erfolgt nach dem Grundsatz der Bestenauslese, der im Artikel 33 Absatz 2 des Grundgesetzes verankert ist. Demnach werden Stellen im öffentlichen Dienst nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vergeben. ...
Ne, das wird schon länger ignoriert, seit letzter Woche ist das zudem auch offiziell gestrichen.
Rheinland-Pfalz macht es per Erlass nämlich nun einfach anders. Einen Aufschrei der Medien, Gewerkschaften oder der sogenannten Zivilgesellschaft habe ich nicht gehört. Ist also nun akzeptiert de facto anders.

TVOEDAnwender

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Hat das BVerwG im Beamtenbereich schon 2007 für zulässig erachtet:

Zitat
BVerfG, Beschluss vom 20.09.2007 - 2 BvR 1972/07
in: ZBR 2008, 167
LS: Eine Stellenausschreibung im öffentlichen Dienst, die als Kriterium für eine Be-
werbung festlegt, dass sich nur Beschäftigte einer Entgeltgruppe unterhalb der zu
besetzenden Stelle bewerben können, legt in zulässiger Weise ein Anforderungs-
profil fest. Sie verstößt nicht gegen Art. 33 Abs. 2 GG.

Hinweis: Der gegenteilige LS in ZBR 2008, 167 ist falsch.
Zwar dient die Einrichtung und Besetzung von Stellen des öffentlichen Dienstes grundsätzlich
allein dem öffentlichen Interesse an einer bestmöglichen Erfüllung der öffentlichen Aufgaben.
Hierdurch nimmt der Dienstherr keine Verpflichtung gegenüber seinen Beamten wahr; ein sub-
jektives Recht auf Ausbringung einer bestimmten Planstelle besteht daher nicht. Über die Ein-
richtung und nähere Ausgestaltung von Dienstposten entscheidet der Dienstherr nach organi-
satorischen Bedürfnissen und Möglichkeiten (vgl. BVerwGE 101, 112 <114>; 115, 58 <59>;
BVerwG, Urteil vom 26. Oktober 2000 - 2 C 31/99 -, ZBR 2001, S. 140 <141>). Es obliegt daher
auch seinem organisatorischen Ermessen, wie er einen Dienstposten zuschneiden will und
welche Anforderungen demgemäß der Bewerberauswahl zugrunde zu legen sind. Er kann etwa
wählen, ob er eine Stelle im Wege der Beförderung oder der Versetzung vergeben will.
Bei der Bestimmung des Anforderungsprofils ist die öffentliche Verwaltung aber an die gesetzli-
chen Vorgaben gebunden; eine Einengung des Kreises der nach Eignung, Befähigung und
fachlicher Leistung zu vergleichenden Bewerber um ein öffentliches Amt kann deshalb nur auf-
grund sachlicher Erwägungen erfolgen (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten
Senats vom 11. November 1999 - 2 BvR 1992/99 -, ZBR 2000, S. 377; Beschluss der 1. Kam-
mer des Zweiten Senats vom 28. Februar 2007 - 2 BvR 2494/06 -, Rn. 11). Eine starre Festle-
gung auf Frauen oder Männer etwa kommt demgemäß grundsätzlich nicht in Betracht. Auch die
Organisationsgewalt ist dem Dienstherrn nicht schrankenlos zugesprochen; dieser hat vielmehr
die gesetzlichen Vorgaben - und damit insbesondere den Grundsatz der Bestenauslese (vgl.
BVerwGE 122, 147 <153>; 110, 363 <368>) - zu berücksichtigen und darf sich nicht von sach-
widrigen Erwägungen leiten lassen.
Die Einhaltung dieser Maßstäbe unterliegt auch der gerichtlichen Kontrolle, weil mit der Festle-
gung des Anforderungsprofils ein wesentlicher Teil der Auswahlentscheidung vorweggenom-
men wird. Durch die Bestimmung des Anforderungsprofils legt der Dienstherr die Kriterien für
die Auswahl der Bewerber fest, an ihnen werden die Eigenschaften und Fähigkeiten der Be-
werber um den Dienstposten gemessen (vgl. BVerwGE 115, 58 <60 f.>). Fehler im Anforde-
rungsprofil führen daher grundsätzlich auch zur Fehlerhaftigkeit des Auswahlverfahrens, weil
die Auswahlerwägungen dann auf sachfremden, nicht am Leistungsgrundsatz orientierten Ge-
sichtspunkten beruhen (vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 29. Juli 1993 - 3 CE 93.1964 -,
ZBR 1994,
S. 350 <351>).
Entgegen der mit der Beschwerde vorgetragenen Auffassung weist die in der Stellenausschrei-
bung vorgenommene Differenzierung nach Besoldungsgruppen den nach Art. 33 Abs. 2 GG ge-
forderten Leistungsbezug auf Art. 33 Abs. 2 GG hindert den Dienstherrn daher nicht, einen be-
stimmten Status als Mindestvoraussetzung vorzuschreiben. Ausweislich der tatsächlichen Fest-
stellung im Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden vom 06. Juni 2007 sind die C 3-Stellen
an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen in der Vergangenheit im
Wege des Beförderungsverfahrens besetzt worden. Die Eingruppierung in ein Amt der Besol-
dungsgruppe C 3 setzt daher voraus, dass sich der Amtsinhaber in einem Auswahlverfahren
unter Beachtung des Grundsatzes der Bestenauslese gegenüber den nicht ausgewählten C 2-
Professoren durchgesetzt hat.
Jede Beförderung ist aber auf Grundlage der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung des
Beamten vorzunehmen. Mit einer solchen Beförderung werden diese dienstlichen Eigenschaf-
ten des Beamten förmlich anerkannt. Er wird in aller Regel Inhaber eines Amtes mit größerem
Verantwortungsbereich und damit aus der Gruppe derjenigen Beamten herausgehoben, die
vorher mit ihm das gleiche, geringer eingestufte Amt innehatten. Darüber hinaus gehört es zu
den überkommenen Grundlagen des Berufsbeamtentums, dass mit einem höheren Amt auch
höhere Dienstbezüge verbunden sind (vgl. BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 20.
März 2007 - 2 BvL 11/04 -, S. 14 ff.) Die Eingrenzung des Bewerberfeldes nach dem innege-
habten Amt ist mit Art. 33 Abs. 2 GG daher grundsätzlich vereinbar und entspricht dem Grund-
gedanken des Laufbahnrechts (vgl. § 25 Abs. 4 des Beamtengesetzes für das Land Nordrhein-
Westfalen).