Autor Thema: Kostendämpfungspauschale in BW unwirksam  (Read 70681 times)

Ozymandias

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Antw:Kostendämpfungspauschale in BW unwirksam
« Antwort #120 am: 04.07.2025 19:08 »
Widerspruch wurde nun ebenfalls ruhend gestellt, siehe oben.

Ozymandias

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Antw:Kostendämpfungspauschale in BW unwirksam
« Antwort #121 am: 07.08.2025 17:41 »
1. Die durch den Landesgesetzgeber in § 78 Abs. 2a LBG im Rahmen des Haushaltsbegleitgesetzes 2025/2026 mit Rückwirkung ab dem Haushaltsjahr 2013 geregelte Kostendämpfungspauschale verstößt nicht gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot.
2. Es verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, dass nach § 78 Abs. 2a Satz 2 2. Halbsatz LBG die Kostendämpfungspauschale nicht zeitanteilig zu ermäßigen ist, wenn die Beihilfeberechtigung erst während des laufenden Kalenderjahres begründet wird.
3. Die in der Rechtsprechung des 2. Senats des Bundesverfassungsgerichts zur Alimentation entwickelten prozeduralen Begründungspflichten des Gesetzgebers gelten nicht für die mit dem Haushaltsbegleitgesetz 2025/2026 geregelte beihilferechtliche Kostendämpfungspauschale (Fortführung der Senatsrechtsprechung im Urteil vom 04.05.2021 - 2 S 2103/20 - juris Rn. 96 ff.).


https://www.landesrecht-bw.de/bsbw/document/NJRE001616228


Zitat
Ohne Erfolg beruft sich der Kläger in diesem Zusammenhang schließlich darauf, das Bundesverwaltungsgericht habe in seinem Urteil vom 21.03.2024 (5 C 5.22 - juris Rn. 25) klargestellt, dass für die verfassungswidrige Regelung der Kostendämpfungspauschale in § 15 Abs. 1 BVO a.F. eine ausreichende gesetzliche Rechtsgrundlage nicht nachgeschoben werden könne. Die hier zu beurteilende Änderung im Landesbeamtengesetz stellt keine rückwirkend geschaffene Ermächtigungsgrundlage für die bisherige Verordnungsregelung dar. Es handelt sich vielmehr um eine sich unmittelbar aus dem Landesbeamtengesetz ergebenden Rechtsgrundlage für den Abzug einer Kostendämpfungspauschale, mit der die bisherige im Wege der Rechtsverordnung erlassene Regelung ersetzt wird.

*kopfkratzen*

AlxN

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Antw:Kostendämpfungspauschale in BW unwirksam
« Antwort #122 am: 08.08.2025 10:24 »
Zwar leuchtet die Begründung des VGH ein, dass die Prozeduralisierungspflichten hier nicht gelten sollen, da bei einer fraglichen Amtsangemessenheit der Alimentation (welche durch die"sozial gestaffelten und zumutbaren" Beiträge eines Beamten) primär die Besoldungsgesetze repariert werden müssen, allerdings ist es dennoch frustrierend zu lesen, da mittlerweile nicht mehr darauf vertraut werden kann, dass dies jemals geschieht. Es wurde ja auch schon ein Urteil zur aA gefällt, was mangels ausreichender Begründung seitens des Klägers den Ausführungen des LBV folgte und die Alimentation für verfassungsgemäß hielt.

Der VGH argumentiert hier, dass die Begründung aber auch ohne Prozeduralisierungspflicht ausreichend ausgestaltet gewesen sei (Rn.63). Allerdings hätte ich mir gewünscht, dass die Verknüpfung zur "Zumutbarkeit bzw. Angemessenheit der Besoldung" nicht so stark ausgeblendet wird (siehe Entscheidung des BVerwG zur Kostendämpfungspauschale 5 C 5.22). So blieb die sinngemäße Frage "ist es angemessen, dass einem Beamten, der ohnehin verfassungswidrig besoldet wird, sich auch noch eine Kostendämpfungspauschale gefallen lassen muss, die allein darauf abzielt dass der Dienstherr am Beamten noch mehr Geld einspart" unbeantwortet. Ich persönlich finde es unerhört, auch wenn es nur um Beträge wie 100 oder 200 € geht. Ich kann doch kein Geld von jemand einbehalten (Kostendämpfungspauschale), wenn ich ihm eigentlich noch Geld schulde (aA) und dieser das auch schon rechtzeitig deutlich gemacht hat (Widerspruch) oder es sogar verfassungsrechtlich feststeht (Urteile BVerfG).

Die Problematik der aA wurde nun schon so lange vertagt, dass ob der vielen Wahlgeschenke (mitunter zulasten der Einsparungen bei Beamten) und der Krisen der Konsolidierungsdruck auf jeglicher staatlicher Ebene so groß geworden ist - mit anderen Worten kein Geld mehr da ist, dass eine angemessene Umsetzung der ganzen Thematik fraglich wird. Nachdem man also zulasten der Beamten jahrzehntelang gespart hat und nun endlich die nächsten Krisenzeiten über uns hineingebrochen sind, hat man leider kein Geld mehr für uns übrig. Nein, vielmehr sehe ich es als wahrscheinlich an, dass dann wieder ein Beitrag zu Einsparungen von den Beamten geleistet werden soll. Das geht dann zu allererst zulasten derjenigen Beamten die dem Dienstherr vertrauen, dass er seit jeher verfassungsgemäß besoldet und ein Widerspruch also unnötig erscheint. Vertrauens- und Treueverlust vorprogrammiert.

Ozymandias

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Antw:Kostendämpfungspauschale in BW unwirksam
« Antwort #123 am: 08.08.2025 18:24 »
Leider wurde die Revision hier nicht direkt zugelassen. Ich verstehe vor allem den Part mit der Rückwirkung nicht ganz auf Anhieb.
Kenne aber auch nicht alle Beihilfegesetze und Beihilfeverordnungen auswendig.
Nach dem klaren Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, hielt ich eine solche Wendung für nicht möglich.

AlxN

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Antw:Kostendämpfungspauschale in BW unwirksam
« Antwort #124 am: 08.08.2025 20:26 »
Ich habe mir die Begründung der Rückwirkenden Regelung im Haushaltsbegleitgesetz durchgelesen und fand, dass sich (im Hinblick auf das Urteil des BVerwG) das auch überhaupt nicht so las, wie sich das BVerfG Prozeduralisierungspflichten vorstellt. Demnach sollen diese dazu führen, dass sich der Besoldungsgesetzgeber selbst vergewissert, dass er trotz seines weiten Gestaltungsspielraums rechtmäßig handelt oder sein Handeln dahingehend "kanalisiert" wird. Und wer einfach reinschreibt "Betrag xy ist zumutbar, weil es ja nur ganz wenig prozentual ausmacht", der hat halt überhaupt nicht nachgeschaut, ob sich der Beamte vielleicht in einer Situation wiederfindet, in welcher der absolute Alimentationsschutz gilt (unterhalb der 115% zur Grundsicherung). Denn dort sind keinerlei Einschnitte gestattet. Und wenn es nur um 20 € monatlich geht. Steht dieser Betrag z.B. auf meinem Wohngeldbescheid oder Kinderzuschlagsbescheid, dann bekomme ich schon allein damit alle Kosten erstattet, welche die Kita/Kindergarten betreffen.

Die Selbstvergewisserung des Gesetzgebers konnte ich jedenfalls in deren Begründung nicht erkennen. Aber vielleicht liegt das auch nur daran, dass ich mich unterhalb des hD bewege und sich die Rechtslage meinem Horizont entzieht.

AlxN

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Antw:Kostendämpfungspauschale in BW unwirksam
« Antwort #125 am: 08.08.2025 20:30 »
Es mögen zwei unterschiedliche Gebiete sein (Beihilfe und Besoldung) aber dennoch regelt alles einseitig der Besoldungsgesetzgeber. Die Vergewisserung in Richtung absoluter Alimentationsschutz sollte daher schon stattfinden, finde ich. Aber was will man von einem Gesetzgeber schon erwarten, der diese Grenze Centgenau ausrechnet und dazu außerdem das Einkommen des Partners anrechnet um sich aus diesem Schutzbereich herauszumanövrieren...

1000Baht

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Antw:Kostendämpfungspauschale in BW unwirksam
« Antwort #126 am: 09.08.2025 06:26 »
1. Die durch den Landesgesetzgeber in § 78 Abs. 2a LBG im Rahmen des Haushaltsbegleitgesetzes 2025/2026 mit Rückwirkung ab dem Haushaltsjahr 2013 geregelte Kostendämpfungspauschale verstößt nicht gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot.

https://www.landesrecht-bw.de/bsbw/document/NJRE001616228


Warum überrascht mich diese Entscheidung nicht? Passt in das Gesamtbild, wie sich die Gesetzgeber verhalten und scheinbar auch dürfen!