Autor Thema: Vorbereitung Vorstellungsgespräch und (starkes) Stottern  (Read 508 times)

WwwoooortAkrobat

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Hallo zusammen  :)

Ich möchte diesen Thread zweiteilen, um euch das Antworten leichter zu machen. Beide Teile sind zwar miteinander verbunden, aber da meine Problematik recht speziell ist und ich akut Tipps für den ersten Teil brauche, verpacke ich das übergeordnete Problem in den zweiten Teil.

Erster Teil

Ich bin 35 Jahre alt, habe mein Masterstudium Maschinenbau beendet und bewerbe mich auch im öD auf Stellen für den gtD und htD. Für den Mittwoch steht ein Vorstellungsgespräch für den Vorbereitungsdienst im gtD an. Die Fachrichtung ist technischer Umweltschutz an einem Landratsamt. Laut Forenregeln sollte man überlange Texte vermeiden, deshalb quäle ich euch hier jetzt nicht mit der Ausschreibung. Im Grunde soll das Bundesimmissionsschutzgesetz vollzogen werden. Wie würdet ihr da die Vorbereitung angehen? Ich habe mir überlegt:

Organigramm angucken
Recherche der gängigsten Gesetze
Zurechtlegen von Antworten auf die Standardfragen (Motivation, Soft Skills, ...)
allgemein technischen Umweltschutz recherchieren
Aktuelles diesbezüglich aus dem Landkreis recherchieren

Vielleicht kann auch jemand posten, der diesen Vorbereitungsdienst absolviert hat und in diesem Beruf arbeitet? Welche Erfahrungen hast du gemacht?


Zweiter Teil

Mein Problem ist, dass ich mitunter stark stottere. Vorstellungsgespräche sind ein "tolles" Vehikel, um mein Stottern für jeden sichtbar zu machen. Mein Umgang damit war immer ganz offen. Sobald ich eine Einladung zu einem VG erhalte, bestätige ich den Termin via Mail und erkläre kurz meine Situation. So können sich alle Beteiligten darauf vorbereiten. Unmittelbar vor dem VG spreche ich es dann nochmal im Beisein aller Beteiligten an und weise im selben Zug auch darauf hin, dass es wirklich kein Tabuthema ist und man offen Fragen stellen kann. Ich brauche nur einfach länger beim Sprechen.
Leider hat mein Stottern bereits bei einem VG für eine wunderbare Stelle in der Gewerbeaufsicht zur Absage geführt. Wurde mir von der Personalerin auch offen so gesagt, nachdem ich um Feedback gebeten hatte. Dafür bin ich sehr dankbar, sie hätte auch irgendeinen Bullshitgrund aufführen können.

Wie findet ihr mein Vorgehen und wie kann ich die Auswahlkommission davon überzeugen, dass sie sich mit mir kein Problemkind in die eigenen Reihen rekrutieren?

Anhang

Ich habe den zweiten Teil auch schon mal auf Reddit diskutiert, dieses Forum aber erst danach gefunden:

https://www.reddit.com/r/OeffentlicherDienst/comments/1n5mnom/absage_im_vg_wegen_stottern_welche_strategie_f%C3%BCr/

Dort gibt es mehr Infos von mir und einige Sichtweisen.
« Last Edit: 06.09.2025 09:28 von WwwoooortAkrobat »

Eukalyptus

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Lob für Deine Vorgehensweise um das Problem zu kommunizieren (Vorher mitteilen, dann noch mal kurz im Vorstellungsgespräch am Anfang). Aus meiner Sicht genau richtig.

MoinMoin

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Sehe ich genauso, bzw. würde bei uns mit zwei Pluspunkten versehen.
Klar, wenn es um nen Job mit hohen verbalen Kommunikationsanteil geht, ist es schwierig mit deinem Handicap.
Aber auch da kann man manchmal durch umorganisieren was bewegen.

Ein Hinweis. GtD ist Beamten gedöns, im TV Bereich gibt es das nicht mehr.

OnkelConny

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Zu deinem Fragen aus dem ersten Teil:
Wichtig ist eine umweltmedienübergreifende Sichtweise. Umweltrecht besteht nicht nur aus dem BImSchG, sondern muss auch Wasser (WHG), Abfall (KrWG), Bodenschutz (BBodSchG), Naturschutz, Baurecht usw. gedacht werden. Dazu gehören dann entsprechende Maßnahmen zur Vermeidung bzw. Minderung, die man benennen kann (Dichtheitsflächen, Rauchgasreinigung, Abwasserbehandlung usw.).

Die Arbeit im Umweltschutz beinhaltet sowohl Zulassungen (Genehmigungen, wasserrechtliche Erlaubnisse ...) als auch Überwachungstätigkeiten mit vor-Ort-Kontrollen. Wichtig ist dabei, dass das Ganze zudem sehr verwaltungsrechtsgeprägt ist und man sich viel mit juristischen Fragestellungen auseinandersetzen muss.

Der Vorbereitungsdienst im Umweltschutz, zumindest in NRW, bietet da einen Supereinstieg, um die vielfältigen Aufgaben kennenzulernen und vor allem halt auch den verwaltungsjuristischen Teil zu lernen. Ist dafür aber auch nochmal eine Ausbildung mit Prüfungen (Klausuren, Hausarbeit und mündlicher Abschlussprüfung).

WwwoooortAkrobat

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Viel Dank euch Dreien schon einmal. Das beruhigt mich dann etwas. Ich bemühe mich einfach von Anfang an um Transparenz. Ich habe mir auch überlegt am Ende des Gesprächs, wenn es um meine Fragen geht, sowas hier einzustreuen: "Ich weiß, dass Vorstellungsgespräche im öffentlichen Dienst in der Regel anhand eines festgelegten Interviewleitfadens gestellt werden. Gibt es vielleicht noch etwas, das sie darüber hinausgehend von mir wissen möchten?"
Einfach um den Leuten nochmal die Gelegenheit zu geben bzgl. dem Stottern nachzuhaken oder wo es sonst noch Fragezeichen gibt. Würdet ihr sowas begrüßen?

Eukalyptus

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Diese Frage, insbesondere der Verweis auf einen "Interviewleitfaden", impliziert dass der Gegenüber aus Robotern besteht die nur ein Schema abarbeiten (können) und nicht in der Lage sind auch freie Fragen zu stellen. Insofern rate ich davon ab. Natürlich kann man (sowohl Du als auch Dein Gegenüber) an Schluss des Gespräches die Frage stellen, ob die jeweils andere Seite noch Fragen hat. Ob dann deine Gegenüber auf Dein Stottern eingehen oder überhaupt eine Frage haben, kannst du nicht beeinflussen. Ich persönlich (in der Arbeitgeberrolle) würde das Stottern im Auswahlgremium besprechen, im Hinblick auf Auswirkungen für die Ausübung der Stelle. Vorher würde ich dazu nichts sagen oder fragen im Bewerbungsgespräch.

clarion

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Moin,

Das Stottern würde bei uns eine Rolle spielen, ob man im Job kommunizieren muss. Wir haben sowohl reine Backoffice, wie auch Laberjobs. Bei letzteren würde wir eher keine starken Stotterer einstellen, bei ersteren Job schon, wenn der Rest passt. Es reicht m.E. wenn Du zwei Mal hinweist, einmal per Mail und am Anfang. Am Ende würde ich es nicht noch mal sagen. Vermutlich hat man es bis dahin auch gemerkt und kann sich ein Bild machen.

Masch-Bau ist jetzt aber keine klassische Ausbildung für den ÖD. Hast Du zwischen Schulabschluss und Masterstudium irgendwo irgendetwas gearbeitet? Falls nicht, ist wohl das Stottern nicht das Haupthemmnis, einen Job zu finden.

Gewerbler

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Zu Teil 1:
Das klingt mir schonmal nicht verkehrt. Wenn du von BImSchG und den BImSchV'en schon mal was gehört hast, schadet das nix. Ist die Stelle "nur" Immissionsschutz oder ist es Umweltschutz (dann siehe Antwort von OnkelConny) oder auch Gewerbeaufsicht? Dann kämen noch technischer und sozialer Arbeitsschutz dazu.
Je nach Bundesland und Behörde gibts da halt andere Arbeitszuschnitte, daher ist das mit dem Organigramm evtl. auch nicht verkehrt.

zu Zeil 2:
Dein Vorgehen finde ich grundsätzlich gut.
Allerdings musst du dir darüber im Klaren sein, dass du in der Gewerbeaufsicht/Immissionsschutz etc. immer auch mehr oder weniger Kontakt mit Externen hast, nämlich den Firmen mit denen du zusammenarbeitest bzw. die du beaufsichtigst. Dort würde ich schon ein verbindliches und sicheres Auftreten voraussetzen, zumal man - je nach Branche und Einzelfall - natürlich in unangenehmere Situationen geraten kann. Ein Beratungsgespräch zu einem Antrag ist hier sicherlich anders als eine (unangekündigte) Kontrolle, bei der vielleicht Anordnungen getroffen werden. Bei uns läuft auch ein signifikanter Teil der Kommunikation über Telefon. Je nachdem, wie sich das Stottern bei dir konkret äußert (Häufigkeit, Stress,...) kann ich mir vorstellen, dass das dann nicht hilfreich ist. Gleichwohl kenne ich Kollegen, die zumindest leicht ausgeprägtes Stottern haben und trotzdem eine Stelle bekommen haben. Also unmöglich ist es nicht. :)

WwwoooortAkrobat

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@Eukalyptus

Deine Anmerkung nehme ich mir zu Herzen. So habe ich das noch nicht gesehen. Allerdings entspricht deine Beschreibung weitestgehend der Realität. Zwei VG hatte ich bisher im öD und beide waren nichts anderes als das Runterrattern von Fragen aus einem Katalog. Wenn mir jemand Fragen zu meinem Stottern stellen würde, wäre ich höchst erfreut, nicht nur, weil man sich mit damit auseinandersetzen möchte, sondern auch, weil es ein erfrischendes "Lebenszeichen" ist.

@clarion

Danke für deinen Beitrag!
Da hast du Recht. Die Stellen im öD für Maschinenbauer kann man an einer Hand abzählen. Allerdings ist der öD die einzige Institution, die mich nach 80 Bewerbungen überhaupt mal eingeladen hat. Die Privatwirtschaft will nichts von mir wissen. Vielleicht dazu eine kleine Frage als Einschub: Bisher wurde ich bei jeder abgearbeiteten Bewerbung im öD auch eingeladen (3 von 3, gegenüber 0 von 77 in der PW). Das erscheint mir übermäßig gut. Wird grundsätzlich jeder dessen Profil passt, also die Muss-Anforderungen erfüllt, eingeladen?

Zu deiner Frage: Ich habe ein sechsmonatiges Praktikum und eine ca einjährige Tätigkeit als Werkstudent vorzuweisen. Darüberhinaus war ich sechs Monate als wissenschaftliche Hilfskraft angestellt.

@Gewerbler

Super, danke für deinen Post, vor allem auch zum ersten Teil. Es geht tatsächlich nur um den Immissionsschutz. Auf der Seite des Landratsamtes bezeichnet man sich sogar selbst als "Team Immissionsschutz".
Auf dem Niveau meines Bildungsabschlusses gibt es keinen einzigen Job ohne tägliche Meetings, Kundenkontakt oder wie auch immer geartete (hohe) Anforderungen an das Kommunikationsverhalten.  Dessen bin ich mir bewusst.
Mir ist es auch sehr wichtig, einen realistischen Blick auf mein Vorhaben zu gewinnen. Das heißt, wenn man mir wiederholt wegen meines Stotterns absagt, werde ich nicht mehr meine Zeit und die meiner Gesprächspartner verschwenden. An dem Punkt bin ich aber noch nicht und hoffe mich auch nie dort wiederzufinden. Zumal ich keinerlei Tätigkeiten scheue und das Stottern für mich selbst absolut kein Problem ist. Das von dir beschriebene verbindliche und sichere Auftreten ist wohl der Knackpunkt, aber nur in den Augen meines Arbeitgebers. Und genau das ist das frustrierende Element dabei. Macht mich mein Stottern weniger verbindlich oder sicher? Ich weiß es nicht. Vielleicht brauche ich wirklich mal einen Realitycheck. Aber was ist dann die Alternative?

Um was für Stellen handelt es sich denn bei deinen Kollegen?

MoinMoin

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Macht mich mein Stottern weniger verbindlich oder sicher? Ich weiß es nicht. Vielleicht brauche ich wirklich mal einen Realitycheck.
Da Kommunikation immer einen Sender und einen Empfänger hat und es genügend Menschen da draußen gibt, die einen Stotterer weniger Ernst nehmen, als einen eloquenten Nixsager, hat der Stotterer es halt schwerer sich durchzusetzen.
Aber am Ende zählen die Inhalte die Kommuniziert werden.

clarion

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Beim ÖD wird normalerweise jeder eingeladen,  der die verlangten Kriterien erfüllt. Erst wenn es zu viele Bewerber mit den Musskriterien wären, würde man noch stärker vorauswählen. Normalerweise ist die Bewerberlage aber so, dass man jeden einlädt,  der so halbwegs passen könnte. Darüber hinaus ist es so, dass wir Stellen lieber gar nicht besetzen als mit in unseren Augen nicht geeigneten Kandidaten.

Dein Berufserfahrung ist gemessen an Deinem Alter eher gering. Das ist m.E. auch das größere Handicap. Da wäre die Frage, ob Du in der PW Dich um ein Praktikum bemühst, um den Fuß in die Tür zu bekommen.


Gewerbler

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@Gewerbler

Super, danke für deinen Post, vor allem auch zum ersten Teil. Es geht tatsächlich nur um den Immissionsschutz. Auf der Seite des Landratsamtes bezeichnet man sich sogar selbst als "Team Immissionsschutz".
Auf dem Niveau meines Bildungsabschlusses gibt es keinen einzigen Job ohne tägliche Meetings, Kundenkontakt oder wie auch immer geartete (hohe) Anforderungen an das Kommunikationsverhalten.  Dessen bin ich mir bewusst.
Mir ist es auch sehr wichtig, einen realistischen Blick auf mein Vorhaben zu gewinnen. Das heißt, wenn man mir wiederholt wegen meines Stotterns absagt, werde ich nicht mehr meine Zeit und die meiner Gesprächspartner verschwenden. An dem Punkt bin ich aber noch nicht und hoffe mich auch nie dort wiederzufinden. Zumal ich keinerlei Tätigkeiten scheue und das Stottern für mich selbst absolut kein Problem ist. Das von dir beschriebene verbindliche und sichere Auftreten ist wohl der Knackpunkt, aber nur in den Augen meines Arbeitgebers. Und genau das ist das frustrierende Element dabei. Macht mich mein Stottern weniger verbindlich oder sicher? Ich weiß es nicht. Vielleicht brauche ich wirklich mal einen Realitycheck. Aber was ist dann die Alternative?

Um was für Stellen handelt es sich denn bei deinen Kollegen?

Von welchem Bundesland reden wir denn? Man könnte sich dann ggf. noch informieren, wie die jeweiligen Behörden aufgebaut sind. Beispielsweise als Sonderbehörden direkt beim Land, angegliedert an die jeweiligen Bezirksregierungen, aufgeteilt an Landratsämter, Städte und Regierungspräsidien,...
Das Team Immissionsschutz ist bei uns z.B. die tatsächliche Verwaltung, dort sind keine Techniker. Das machen die Leute von der Gewerbeaufsicht dann mit und geben ihre Stellungnahmen ab.

Wie MoinMoin sagt, gibt es immer Sender und Empfänger in der Kommunikation (und man kann nicht nicht kommunizieren, oder wie war das? :) ). Je nachdem, wie ausgeprägt das Stottern bei dir ist bzw. es sich konkret äußert und wie deine Körpersprache in diesem Moment ist, kann es natürlich schon als "Unsicherheit" rüberkommen ("der ringt nach Worten, weiß nicht was er sagen will"). Das kann ich so natürlich jetzt nicht beantworten, da ich dich nicht live erlebt habe.
Vielleicht wirkt es auch unterschiedlich, je nachdem ob du es mit einem sehr eloquenten Gegenüber zu tun hast, das noch Kommunikationstraining hatte und dich gerade an die Wand reden will (z.B. Führungskraft in nem größeren Unternehmen) oder du dem Besitzer der Imbissbude nebenan, der vielleicht nur tiefen Dialekt oder auch gebrochen Deutsch spricht, erklären willst, warum er seine Gasflasche gefälligst anders sichern soll. Das Spektrum an möglichen Fällen ist halt groß und der Wille zur Zusammenarbeit mit den Behörden sicherlich auch nicht überall gleich.  8)

Ebenso weiß ich natürlich nicht, ob du Situationen "üben" kannst bzw. sich die Ausprägung des Stotterns verändert, wenn du z.B. sehr oft über die selben Themen sprichst, in denen du dich auskennst und dir sicher bist. Vermutlich hast du ja auch in der Vergangenheit schon die ein oder andere mündliche Prüfung  gemeistert.
Wie gesagt, ich kann da nur spekulieren und möchte dich auch gar nicht demotivieren oder so. Hoffe, dass das nicht so rüberkam.

Die Stellen, bei denen ich Kollegen kenne, sind Gewerbeaufsicht/Immissionsschutz (Aufgabenzuschnitt wie gesagt unterschiedlich je nach Behörde bei der sie eingesetzt sind) bzw. Wasser/Boden oder Naturschutz.