Autor Thema: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)  (Read 44302 times)

Maximus

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #150 am: 19.11.2025 19:43 »
"Über die Verfassungsmäßigkeit dieser konzeptionellen Änderung ist im vorliegenden Verfahren indes nicht zu entscheiden."

Die vermutlich verhängnisvollste Aussage in dem Beschluss…

Genauso sehe ich das auch. Bis Karlsruhe über das Mehrverdienermodell entscheidet, vergehen wieder Jahre. Das BMI wird dieses "Geschenk" dankend annehmen und sehr wahrscheinlich das Modell "Bayern" (fiktives Partnereinkommen von ca. 20.000 EUR) übernehmen. So kann man ordendlich Kosten sparen - zumindest für die nächsten Jahre. Schade...da haben wir alle zuviel erhofft. Es ist augenscheinlich, dass Karlsruhe einen anderen Fokus hatte. ENTLASTUNG DER Gerichte!!!

Illunis

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #151 am: 19.11.2025 19:51 »
@Nautiker: Mist, die Hoffnung war da (hätte meiner Klage geholfen)

@kleinerluis:
Naja man hätte schon einen "Hinweis" zur Verfassungsmäßigkeit geben können.
Bin ja immer noch gespannt wie die Gesetzgeber es begründet mit den Grundsätzen des Beamten u. u.a. Art 6 GG in Einklang bringen möchten.
Aber ist ja glaube schon in Karlsruhe...

Goldene Vier

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #152 am: 19.11.2025 20:04 »
Unter RD Nr steht.

Die Bezugsgröße für die Bemessung der Mindestbesoldung ist eine vierköpfige Fami-
lie, die aus dem Beamten, seinem Ehegatten und zwei Kindern, von denen eines jünger als
14 Jahre ist, besteht, deren alleiniges Einkommen im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 3 MZG die
Besoldung – einschließlich der Familienzuschläge für den Ehegatten und die ersten beiden
Kinder – ist.

Familienzuschlag meint hier nicht den zu beantragenden Ergänzungszuschlag!

In RD Nr. 71 steht ganz deutlich:

Für die anzustellende Bewertung sind die Bezüge in ihrer Gesamthöhe der Berechnung
zugrunde zu legen. Neben dem Grundgehalt sind daher solche Bezügebestandteile zu be-
rücksichtigen, die allen Beamten einer Besoldungsgruppe unterschiedslos gewährt wer-
den (vgl. BVerfGE 139, 64 <111 f. Rn. 93>; 140, 240 <278 Rn. 72>; 155, 1 <36 Rn. 73>). Maß-
geblich sind die niedrigste vom Dienstherrn für aktive Beamte ausgewiesene Besoldungs-
gruppe und die niedrigste Erfahrungsstufe (vgl. BVerfGE 155, 1 <36 Rn. 74 f.>).

Dieser Ergänzungszuschlag wäre ja nicht allen Beamten unterschiedslos zu gewähren.

Illunis

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #153 am: 19.11.2025 20:26 »
Dieser Ergänzungszuschlag wäre ja nicht allen Beamten unterschiedslos zu gewähren.

Dann halt wie in Bayern. 20k abziehen. Zuschlag gibts kein 8)

Imperator

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #154 am: 19.11.2025 20:36 »
Hat jemand eine Idee welche Prekaritätsschwelle bei Bundesbeamten angenommen wird?

Den Bundesdurchschnitt? Den Wohnort? Den Dienstort?  ???

Wie ist es, wenn man als BB beispielsweise in München oder einer anderen teuren Großstadt lebt bzw. dort seinen Dienstort hat?

Unknown

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #155 am: 19.11.2025 20:42 »
Hat jemand eine Idee welche Prekaritätsschwelle bei Bundesbeamten angenommen wird?

Den Bundesdurchschnitt? Den Wohnort? Den Dienstort?  ???

Wie ist es, wenn man als BB beispielsweise in München oder einer anderen teuren Großstadt lebt bzw. dort seinen Dienstort hat?
Meiner bescheidenen Logik nach, müsste die oberste Prekaritätsschwelle gelten. Ansonsten würde das wieder ein riesen Flickenteppuch werden, wenn dieses bei jedem einzelnen differenziert werden würde. Ich kann mich dunkel daran erinnern! Dass Swen für die Kosten der Unterkunft bei einem Bundesbeamten immer den höchsten Wert angenommen hat.

clarion

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #156 am: 19.11.2025 20:52 »
Moin, kann mir jemand erklären, warum das BVerf G, die Besoldung der höheren Dieste zumindest teilweise mit dem GG für vereinbar hält?

Sehe ich richtig, dass zum Abstandsgebot keine klaren Aussagen getroffen werden?

Finanzer

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #157 am: 19.11.2025 21:16 »
Hat jemand eine Idee welche Prekaritätsschwelle bei Bundesbeamten angenommen wird?

Den Bundesdurchschnitt? Den Wohnort? Den Dienstort?  ???

Wie ist es, wenn man als BB beispielsweise in München oder einer anderen teuren Großstadt lebt bzw. dort seinen Dienstort hat?
Meiner bescheidenen Logik nach, müsste die oberste Prekaritätsschwelle gelten. Ansonsten würde das wieder ein riesen Flickenteppuch werden, wenn dieses bei jedem einzelnen differenziert werden würde. Ich kann mich dunkel daran erinnern! Dass Swen für die Kosten der Unterkunft bei einem Bundesbeamten immer den höchsten Wert angenommen hat.

Wenn der Dienstherr in seiner Besoldung nicht bereits nach Orten differenziert hat, so muss er es hinnehmen das man den höchsten Betrag ansetzt.

Rentenonkel

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #158 am: 19.11.2025 21:16 »
Ich hoffe, mein Verstand wurde nicht verhext und ich habe das Konzept verstanden:

Für die Frage der Amtsangemessenheit der Grundbesoldung (das ist die, die alle bekommen, also unabhängig vom Familienstand und Anzahl der Kinder) muss der Gesetzgeber folgende Rechnung aufmachen:

1.) Ermittlung des Medianeinkommens seines Zuständigkeitsbereiches
2.) Mulitplizieren mit (1,0 + 0,5 + 0,5 +0,3) * 0,8 = 1,84

nächster Schritt

3.) Berechnen des Nettoeinkommens des Beamten, der in dieser Besoldungsstufe ist, Steuerklasse 3 hat, mit allen Zuschlägen, die jedem Beamten hier zustehen (also zum Beispiel für NRW in Mietenstufe 1) in der niedrigsten Erfahrungsstufe
4.) Bereinigen des Einkommens des Beamten um die Beiträge zur KV und PV für 4 Personen und Kindergeld

nächster Schritt:

Vergleich der beiden Beträge

Sofern der Betrag nach Nummer 4 hinter dem nach Nummer 2 zurück steht, liegt mindestens eine Unteralimentation in dieser Größenordnung vor.

Daher ist das sogenannte Partnereinkommen an dieser Stelle sogar für den Dienstherrn kontraproduktiv, weil nur diejenigen Sonderzuschläge bekommen, deren Partner eben kein Einkommen erzielt. Ergo ist nach Nr 3 der geringere Betrag anzusetzen, was mithin dazu führt, dass die Grundbesoldung eben der Unterschied zu Nr. 4 noch größer ist und somit noch deutlicher anzuheben ist. Über diesen Weg, wenn auch etwas versteckt, hat das BVerfG dem ganzen einen Riegel vorgeschoben.

siehe Randnummer 71, Hervorhebung durch mich

Neben dem Grundgehalt sind daher solche Bezügebestandteile zu berücksichtigen, die allen Beamten einer Besoldungsgruppe unterschiedslos gewährt werden (vgl. BVerfGE 139, 64 <111 f. Rn. 93>; 140, 240 <278 Rn. 72>; 155, 1 <36 Rn. 73>).


Sollte man darauf abzielen, dass bei der Berechnung nach Nr. 1 bereits der Partner herausgenommen werden muss, brauchen wir eine Änderung des Art. 33 GG und dafür eine 2/3 Mehrheit, weil die Erfassung der Familie in der Alimentationspflicht eines der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums ist.

Machen wir es mal anhand des Beispiels:

1.) Das Medianeinkommen liegt derzeit bei netto 2.100 EUR
2.) Das maßgebende Medianeinkommen liegt dann bei 3864 EUR

3.) Der kleinste Bundesbeamte A3, Stufe 1, bekommt mit 2 Kindern aktuell 3120,71 EUR ausgezahlt
4.) Das Kindergeld beträgt 255 EUR pro Kind, der KV Beitrag der Familie bei etwa 550 EUR EUR, ergo ist das so verstandene Einkommen bei 3080 EUR

Ergebnis: Die Unteralimentation in der Besoldungsgruppe A3 liegt bei 3864 - 3080 = 784 EUR Netto pro Monat

Somit ist die Grundalimentation in der Besoldungsgruppe A3 solange anzuheben, bis dem 4K Beamten netto mindestens 784 EUR mehr bleiben.

Für alle anderen in A3 ist die Grundbesoldung ebenfalls um diesen Betrag zu erhöhen.

Nächstes Problem: Abstandsgebot

Wenn der A3 mindestens 784 EUR mehr haben muss, muss A4 auch deutlich mehr haben

Wenn A 4 deutlich mehr haben muss, muss A 5 auch deutlich mehr haben

usw.

Für die Zukunft kann der Gesetzgeber das Ganze etwas abdämpfen, indem er

a) die Beihilfevorschriften ändert
b) die Famiienzuschläge anpasst, wobei es dabei Grenzen gibt, die es noch zu definieren gibt
c) die untersten Erfahrungsstufen abschafft (mit Übergangsregelungen)
d) die untersten Besoldungsstufen abschafft (verfassungsrechtlich schwierig, er kann ja nicht alle einfach so bis A 11 durchbefördern)
e) bestimmt gibt es noch was, was ich übersehe

InternetistNeuland

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« Antwort #159 am: 19.11.2025 21:32 »
Ich finde das Urteil ist eine riesen Enttäuschung dafür, dass die Veröffentlichung mehrere Jahre gedauert hat. Es bleiben viel zu viele Fragen ungeklärt.

Wieso wurde das Partnereinkommen nicht konkretisiert?

Wieso wird immer noch von "unterster aktiver Besoldungsgruppe" gesprochen, obwohl mehrere Bundesländer schon munter Besoldungsgruppen und Stufen eingestampft haben?

Tom1234

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« Antwort #160 am: 19.11.2025 21:40 »
Ich sehe durch die neue Rechtsprechung auch eine Vereinfachung zur Bestimmung der Bedarfe ab dem dritten Kind. Diese sind doch nunmehr klar über die Werte 0.3 und 0.5 zu ermitteln. Hieraus kann zukünftig eine einheitliche Zahlung in allen Besoldungskreisen erfolgen. Mit dieser Sicht erklärt sich auch das Lob zu den Kinderzuschlägen in NRW.

Rentenonkel

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #161 am: 19.11.2025 21:45 »
Und nochmal zu der Frage, welches Medianeinkommen zu nehmen ist:

Das BVerfG wollte absichtlich jedem Beamten und jedem Gericht leicht handhabbare Beträge an die Hand geben, damit

a) der Beamte relativ einfach ausrechnen kann, ob sich für ihn der Gang vor das Gericht lohnt und
b) auch die Gerichte einfach prüfen können, ob der Beamte offensichtlich unteralimentiert ist.

Gleichzeitig will er damit ja auch ein Verhältnis zur Leistungsfähigkeit des Besoldungsgesetzgebers ziehen und deswegen schreibt er dazu folgendes:

Die Daten sind im Internet beispielsweise auf dem gemeinsamen Statistikportal der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder allgemein verfügbar und zeigen den Median der Äquivalenzeinkommen nach Ländern

Die Medianeinkommen daher an den höchsten Beträgen zu orientieren, halte ich nicht für sachgerecht. Es ist aus meiner Sicht beim Bund der Bundesdurchschnitt zu nehmen, bei den Ländern der Durchschnitt des jeweiligen Landes.

Selbst bei dieser Betrachtung kommt man ja auf riesige Einkommensdefizite bis in A 11 hinein. Demnach müsste der kleinste Beamte das Einkommen von jemandem mit A11 erzielen.

Da kann sich jeder ausrechnen, dass wir hier über grob 8.000 bis 10.000 EUR netto pro Jahr reden. Im Prinzip für jeden, auch wenn man erstmal A 16 rausgenommen hat. Zumindest für die Vergangenheit.

Daher ist es aus meiner Sicht keine Enttäuschung. Aber warten wir mal ab, bis Swen sich geäußert hat, und uns allen den Kopf wäscht.

Ich nehme diese Summen gerne 8)

@Tom1234: Wo finde ich denn das Lob zu den Kinderzuschlägen NRW? Ich habe das einfach blind von einem Vorredner übernommen, finde dazu aber nichts ....

Finanzer

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« Antwort #162 am: 19.11.2025 21:59 »
Ich habe das ganze jetzt mal mit den Werten für Hessen durchgerechnet.... das kann doch so nicht stimmen  ???

GeBeamter

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« Antwort #163 am: 19.11.2025 22:02 »
Würde man das bundesweite Medianeinkommen nehmen, dann könnte es für Bundesbeamte, die ihren Dienst in München, Frankfurt, Hamburg, Berlin oder Köln schieben, dennoch eng werden mit der tatsächlichen Distanz zur Armutsschwelle. Wer bewirbt sich dann intern noch als Zöllner am Flughafen München? Wer lässt sich ohne Widerstand dann dorthin versetzen?
Da die Beamten in gesamten Bundesgebiet versetzt werden können, sollte ein höherer Median gewählt werden.

Gio1995

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« Antwort #164 am: 19.11.2025 22:14 »
Servus,

ich bin erst seit heute angemeldet, da ich erst gestern auf dieses Forum gestoßen bin.
Bis vor einer Woche habe ich nichts von diesem Thema der amtsangemessen Alimentation gehört oder gelesen.

Ich bin ehrlich gesagt aus allen Wolken gefallen, insbesondere da ich viele meiner Kollegen zu dem Thema befragt habe und die allermeisten auch zum ersten Mal von der aA gehört haben.

Ich habe jetzt versucht, die vielen tollen Beiträge durchzusteigen. Großen Respekt und vielen Dank an alle, die so viel Mühe reingesteckt haben.

Den Muster Widerspruch habe ich gefunden.
Meine Frage: kann ich rückwirkend auch für andere Jahre als 2025 Widerspruch einlegen, mit der Begründung, dass ich erst jetzt von dem Thema der aA Kenntnis erlangt habe?

Vielen Dank vorab für eure Hilfe!

Grüße