Autor Thema: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)  (Read 48622 times)

Landsknecht

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Bin gespannt, wie sie in Bayern das Urteil aufnehmen. Dort werden ja seit 2023 mal eben 20.000 Euro Mindest-Partnereinkommen mit einberechnet, um die Mindestalimentation einzuhalten. Hoffe aus dem Urteil ergibt sich etwas dazu.

Böswilliger Dienstherr

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RN 153 (in Berlin gibt es bereits keine Fingernägel mehr die man vor Stress noch fressen könnte)

"Besonders fällt ins Gewicht, dass das Land Berlin nach der Föderalismusreform I im Jahr
2006 für die Grundgehaltssätze der A-Besoldung über einen erheblichen Zeitraum hinweg
bewusst von einer landesrechtlichen Anpassung der Bezüge absah
, sodass sich die Besol-
dung der Berliner Beamten gemäß Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG in Verbindung mit § 85 BBesG
im Wesentlichen nach den Grundgehaltssätzen des Bundesbesoldungs- und -versor-
gungsanpassungsgesetzes 2003/2004 richtete. Die letzte lineare Besoldungserhöhung
(um 1 %) datierte damit auf den 1. August 2004 (vgl. Abghs.-Drucks. 16/3242, S. 10), bis
schließlich das Land Berlin mit dem Gesetz zur Besoldungs- und Versorgungsanpassung für
Berlin 2010/2011 erstmals eine eigenständige Regelung traf. Diese legislative Untätigkeit,
zu der mangels Gesetzgebungsverfahren auch keine Äußerungen des Gesetzgebers vorlie-
gen, schlägt sich auch im Besoldungsindex nieder: Dieser verharrt – exemplarisch wird die
Besoldungsgruppe A 8 betrachtet – in den Jahren 2003 bis 2007 zwischen 106,17 und
106,99 und stagniert in den Jahren 2008/2009 bei 108,09, um dann im Jahr 2010 auf
107,65 zurückzufallen
(siehe oben Rn. 123). An diese Phase des vollständigen Ausfalls der
Gestaltungsverantwortung
knüpften dann erste lineare Erhöhungen an, die aber durch den
ersatzlosen Wegfall der in den Jahren 2008 und 2009 auf 940 Euro jährlich erhöhten Son-
derzahlung gegenfinanziert (vgl. Abghs.-Drucks. 16/3242, S. 18) und damit letztlich kon-
terkariert wurden. Während die Neustrukturierung der Besoldungstabellen durch das Ber-
liner Besoldungsneuregelungsgesetz vom 29. Juni 2011 die Höhe des Lebenseinkommens
insgesamt weder verringern noch erhöhen sollte, wurde doch ein Reformbedarf identifi-
ziert (vgl. Abghs.-Drucks. 16/3840, S. 80 f.; 16/4078, S. 28 f.). Auch wenn in der Folge die
Besoldung angepasst wurde, musste der Berliner Gesetzgeber im Verfahren zum Erlass des
Gesetzes zur Anpassung der Besoldung und Versorgung für das Land Berlin 2014/2015 und
zur Änderung weiterer besoldungsrechtlicher Vorschriften einräumen, sich bei der Über-
tragung der Tarifergebnisse in einem „um ein Jahr versetzten Anpassungsmodus“ zu befin-
den (vgl. Abghs.-Drucks. 17/1677, S. 64). Anzuerkennen ist zwar, dass die Rechtsprechung
des Bundesverfassungsgerichts zum Alimentationsprinzip in den folgenden Gesetzge-
bungsverfahren der Jahre 2016 bis 2020 zur Kenntnis genommen wurde (vgl. etwa
Abghs.-Drucks. 18/0390, S. 17 ff.; 18/2028, S. 16 ff.). Aber die Anstrengungen sind – insbe-
sondere in Ansehung der faktischen Versteinerung der Grundgehaltssätze in den Jahren
2004 bis 2010 –unzureichend
, um die feststellbare evidente Abkoppelung der Besoldung
von der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung wirksam zu korrigieren und damit dem
Gewährleistungsgehalt von Art. 33 Abs. 5 GG zu entsprechen. Aus den vorerwähnten Ge-
setzgebungsmaterialien lässt sich im Übrigen ablesen, dass es dem Gesetzgeber bewusst
war, dass er das verfassungsrechtlich gebotene Niveau der amtsangemessenen Besoldung
über einen langen Zeitraum hinweg nicht erreichte und dass er Jahre einer überdurch-
schnittlich positiven Besoldungsentwicklung benötigen würde, um die aufgelaufenen De-
fizite zu beseitigen. Die Stellungnahme des Senats von Berlin vom 19. August 2025 setzt
sich mit dieser Problematik nicht auseinander."

Dunkelbunter

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Hier sieht man, dass das Schreiben vom BMI leider nichts Wert sein wird bezüglich der Nachzahlungen.

„Der Gesetzgeber des Landes Berlin hat eine verfassungskonforme Regelung innerhalb der aus dem Tenor ersichtlichen Frist zu treffen. Angesichts der Besonderheiten des Beamtenverhältnisses ist eine rückwirkende Behebung nur hinsichtlich der Kläger der Ausgangsverfahren und hinsichtlich derjenigen Beamten erforderlich, über deren Anspruch noch nicht abschließend entschieden worden ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob ein förmliches Widerspruchs- oder Klageverfahren schwebt; entscheidend ist, dass sich die Beamten zeitnah gegen die Höhe ihrer Besoldung mit den statthaften Rechtsbehelfen gewehrt haben. Dadurch kann dem Haushaltsgesetzgeber nicht unklar geblieben sein, in wie vielen Fällen es möglicherweise zu Nachzahlungen kommen wird (vgl. BVerfGE 139, 64 <148 Rn. 195>; 140, 240 <316 Rn. 170>; 155, 1 <76 Rn. 183>).“

Naja...ich glaube ja an das Gute... ;-)
Hier hat sich das BMI quasi selbst gebunden, indem es darauf verzichtet hat, dass "seine" Beamte Widerspruch einlegen müssen.
Das war in Berlin nicht der Fall.

Tsja man wird sehen.
Aber gehen wir mal davon aus, dass der DH einfach dieses Rundschreiben ignoriert und nur die eine Nachzahlung bekommen, welche auch Widerspruch eingelegt haben. Vermutlich deutlich unter 5% der Bundesbeamten.
Dann werden ggf. noch unter 5% wegen dieses Rundschreibens eine Klage gegen den DH führen, da die gutgläubig davon ausgegangen sind, dass Sie kein Einspruch einlegen mussten.
Also werden, wenn es der DH darauf anlegt ggf. max nur 10% eine Nachzahlung bekommen.

Beamtenhustler

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Ja was denn nun? Einerseits werden Familienzuschläge wie in Bayern oder NRW gelobt und anderseits sind diese nicht vereinbar?

Disclaimer: Beziehe mich hier auf die Zusammenfassungen und Posts.

emdy

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Na dann auf die nächsten fünf Jahre folgenloser Untätigkeit. Fünf Jahre sind vergangen und alles was wir bekommen ist eine weitere fetischhafte Akademisierung der Rechtsprechung.

Ein bisschen "dudu" an den Berliner Senat und ansonsten Tür und Tor geöffnet für weitere vorsätzliche Fehlinterpretationen. Mit der Streichung des Vergleichs mit dem Grundsicherungsniveau wird auch die Kopplung zwischen Besoldung und tatsächlichen Unterkunftskosten geschwächt. Soviel zum besonderen Dienst- und Treueverhältnis.

Danke für nichts.

DrStrange

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zählt denn nun 80% vom Bundes-Median oder jedes BL für sich?

Böswilliger Dienstherr

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zählt denn nun 80% vom Bundes-Median oder jedes BL für sich?

Jedes BL mit seinen Besonderheiten für sich.

OLT

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Ich erwarte nun vom Bund, dass der wie auch immer geartete Billo-Spar-Entwurf komplett auf das aktuelle Urteil angepasst wird, idealerweise erhöht ihr einfach ALLES ab dem 01.01.2020 um 20% (was 1% pro Jahr der verfassungswidrigen Besoldung entspricht) und auf der Grundlage wird dann alles nachberechnet inklusive der bestehenden Erhöhungen.

Alles andere ist nicht sachgerecht.

Wird natürlich wieder mal nicht passieren, wie jeder für sich damit umgeht, entscheidet ihr :)

MoinMoin

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KI Auswertung zu möglichen Zuschlagsorgien:
[...]

Diese Punkte haben viele Juristen nach dem Urteil überrascht.

Viel Zitat und wenig Antwort, trotzdem muss ich es so loswerden: Ich finde, das trifft es wirklich gut auf den Punkt!
Ein hoch auf die KI, die phantasiert halt sich auch mal schnelle Juristen zusammen.

kleinerluis

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RN 92:
Allerdings hat der Gesetzgeber einen weiten Gestaltungsspielraum bezogen auf die Art und Weise, wie er bei der Festsetzung der Bezüge dem Gebot der Mindestbesoldung Rechnung trägt. Neben der Anhebung der Grundgehaltssätze und Veränderungen im Beihilferecht kommt insbesondere – wenn auch in gewissen Grenzen, die durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts noch nicht abschließend konkretisiert worden sind – auch eine Anhebung des Familienzuschlags in Betracht.


Jetzt bin ich überzeugt, dass die freie Heilfürsorge für Beamte kommt. Dadurch wird das Grundgehalt nicht erhöht und damit fällt jede zukünftige %-Erhöhung niedriger aus. Auch die Ruhegehaltsfähigen Beträge sind dann natürlich geringer für den DH.

Das ist eine interessante persönlich Überzeugung. Sicherlich haben Sie dann auch schon eine tolle Idee, wie das für die hier in Frage stehenden Jahre 2008-2020 rückwirkend abgewickelt und eine aA Besoldung hergestellt werden soll.

Schnarchnase81

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KI Auswertung zu möglichen Zuschlagsorgien:
[...]

Diese Punkte haben viele Juristen nach dem Urteil überrascht.

Viel Zitat und wenig Antwort, trotzdem muss ich es so loswerden: Ich finde, das trifft es wirklich gut auf den Punkt!
Ein hoch auf die KI, die phantasiert halt sich auch mal schnelle Juristen zusammen.

Es geht um die Kernpunkte und ob das jetzt die KI oder sonstiger ausgewertet hat, ist dabei völlig egal. Ich denke, dass erkennt jeder und ich denke, dass derjenige, der das nicht erkennen möchte, dies mutwillig macht, weil ihm möglicherweise auch die Ergebnisse nicht passen. Aber was will man auch von jemanden erwarten, der 15% Besoldungseinbehalt für die Pensionen nicht als Pensionsbeitrag betrachtet….

Vtdgfachangestellter

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Zitat
ALLES ab dem 01.01.2020 um 20%

Hier beliebige Sprechblase "haushälterische Verantwortung gegenüber dem Steuerzahler" oder "Vermögenswahrungspflicht" einfügen.

Böswilliger Dienstherr

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KI Auswertung zu möglichen Zuschlagsorgien:
[...]

Diese Punkte haben viele Juristen nach dem Urteil überrascht.

Viel Zitat und wenig Antwort, trotzdem muss ich es so loswerden: Ich finde, das trifft es wirklich gut auf den Punkt!
Ein hoch auf die KI, die phantasiert halt sich auch mal schnelle Juristen zusammen.

Hier sind schnelle Juristen und jetzt ruhe im Karton:

https://grafkerssenbrock.com/bverfg-besoldung-der-berliner-landesbeamten-besoldungsordnung-a-im-zeitraum-2008-bis-2020-weit-ueberwiegend-verfassungswidrig#:~:text=Was%20ist%20die%2080%2D%25%2D,den%20Schutz%20vor%20Prekarität%20sicherzustellen

Beamtenhustler

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Das ist doch auch KI-generiert :)

Vtdgfachangestellter

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Zitat
https://grafkerssenbrock.com/bverfg-besoldung-der-berliner-landesbeamten-besoldungsordnung-a-im-zeitraum-2008-bis-2020-weit-ueberwiegend-verfassungswidrig#:~:text=Was%20ist%20die%2080%2D%25%2D,den%20Schutz%20vor%20Prekarität%20sicherzustellen

Der letzte Absatz hinterlässt ich fragend zurück. Wenn wir 80% Median-Equivalänzeinkommen als unterste Schwelle zugrunde legen, dann abhängig vom Familienstand (ledig, verheiratet, Anzahl Kinder) oder weiterhin für die vierköpfige Beamtenfamilie?

Das Beispiel hier geht von Single-Beamter 1760-1840€ aus. Bei einer vierköpfigen Familie sind wir bald bei 3600€ (huch!). hat da jemand was aus dem Urteil parat? Ich lese jetzt selbst nochmal nach.