Autor Thema: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)  (Read 48884 times)

Rentenonkel

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #225 am: 20.11.2025 09:02 »

siehe Randnummer 71, Hervorhebung durch mich

Neben dem Grundgehalt sind daher solche Bezügebestandteile zu berücksichtigen, die allen Beamten einer Besoldungsgruppe unterschiedslos gewährt werden (vgl. BVerfGE 139, 64 <111 f. Rn. 93>; 140, 240 <278 Rn. 72>; 155, 1 <36 Rn. 73>).



Vielleicht bin ich ja doof, aber mal eine naive Frage. Es geht um Gehaltsbestandteile die allen Beamten einer Besoldungsgruppe unterschiedslos gewährt werden. Dann dürften doch Kinderzuschläge, Verheiratetenzuschläge etc nicht zählen? Oder heißt es, wie ich vermute, wenn der Beamte heiratet steht ihm der der Zuschlag zu und zwar jedem, unterschiedslos. Es muss halt geheiratet werden.

Ich denke, hier hat das BVerfG Bezug genommen auf die unterschiedliche Höhe der Familienzuschläge in NRW und anderswo, wo die Familenzuschläge nach Wohnort differenziert sind. Gemeint ist jedoch nach meinem Verständnis der Betrag, den ein verheirateter Beamter mit 2 Kindern und Steuerklasse 3 in der Besoldungsgruppe mindestens erhält, also der allerkleinste 4 K Beamte dieser Besoldungsgruppe ohne jedwede Sonderlocken wie Zulagen für bestimmte Berufsgruppen.

@Rheini: Das BVerfG hat im Prinzip eine Mindestbesoldung eingeführt für alle Beamten und einen gerichtlich durchsetzbaren Rechtsanspruch auf eben diese Mindestbesoldung entwickelt. Mithin können alle Beamten, die weniger bekommen, genau diese Differenz vor Gericht einklagen.

Da jedoch bis zu A 11 oder teilweise wohl sogar A 12 die Beamten weniger als diese Mindestbesoldung bekommen, spiegelt die Tabelle das Leistungsprinzip nicht wieder, ist demnach, vorsichtig formuliert, Kernschrott.

Der Gesetzgeber muss daher was neues entwickeln. Dabei muss er folgendes beachten:

Der Ausgangspunkt der neuen Tabelle muss der kleinste 4 K Beamte sein, den es in dem Rechtskreis gibt. Der muss zukünftig mindestens die Mindestbesoldung bekommen.

Alle anderen müssen bezogen auf Ihre Leistung und wegen dem Abstandsgebot mehr bekommen. Dabei muss der Gesetzgeber sich neu Gedanken darüber machen, welche Abstände zwischen den Besoldungsgruppen sachgerecht sind, welche Erfahrungsstufen sachgerecht sind, ob er die Familienangehörigen vielleicht zu 100 % in die Beihilfe aufnehmen will, ob er die Familienzuschläge neu denken will (wobei er da auch Grenzen hat) usw.

Somit ist aus meiner Sicht gestern die ganze A Tabelle gestorben und wir werden irgendwas neues bekommen.

Genau wie seinerzeit der BAT durch den TVÖD abgelöst wurde, wird auch jetzt irgendwas ganz neues kommen müssen, über das wir uns neu unterhalten müssen.

Das Partnereinkommen sehe ich dabei weiterhin nicht als Problem an, solange der Art. 33 Abs. 5 GG nicht verändert wird.

Durch die Mindestbesoldung gibt es jetzt einen Mindeststandard, den jeder Beamte zu erhalten hat. Durch das Leistungsprinzip muss mehr Leistung sich auch durch mehr Geld ausdrücken. Wenn man dann das wiederum mit einem fiktiven Partnereinkommen verrechnen würde, würde man die Bedeutung der Besoldung aus dem Blick verlieren.

Hierzu schreibt das BVerfG daher:

Durch den Bezug zur Grundsicherung wird nicht hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass die Alimentation des Beamten und seiner Familie etwas qualitativ anderes ist als staatliche Hilfe zur Erhaltung eines Mindestmaßes sozialer Sicherung und eines sozialen Standards für alle. Diesen Unterschied muss die Bemessung des Beamtengehalts deutlich werden lassen (vgl. BVerfGE 44, 249 <264 f.>; 81, 363 <378>; 99, 300 <321 f.>). Während die Grundsicherung an die Bedürftigkeit der konkreten Person anknüpft und auf die zur Sicherung des menschenwürdigen Daseins nach Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip unbedingt erforderlichen Mittel beschränkt ist (vgl. BVerfGE 125, 175 <223>; 163, 254 <277 Rn. 53> – Sonderbedarfsstufe im Asylbewerberleistungsrecht; 170, 52 <68 Rn. 37> – BAföG), steht die Besoldung gemäß Art. 33 Abs. 5 GG im Zusammenhang mit der spezifischen Pflichtenstellung des Beamten gegenüber seinem Dienstherrn und ist nach der Bedeutung des (statusrechtlichen) Amtes zu bemessen. Dieser qualitative Unterschied droht durch eine Verknüpfung der Mindestbesoldung mit der Grundsicherung schon im Ansatz verwischt zu werden.

Und das deckt sich mit Swens Aussagen, die Dienstherren haben unser aller Verstand verhext und wir stehen im Nebel.

tinytoon

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #226 am: 20.11.2025 09:02 »
Ich finde es erschreckend, dass die Rechtslage derart kompliziert zu durchdringen ist (siehe Diskussion hier), dass es nahezu unmöglich ist für sich selbst zu bewerten, ob man zukünftig verfassungswidrig besoldet wird oder nicht. Dieser Beschluss zwingt mich als technischer hD dazu auf Rechtsberatung zurückzugreien. Ich bin schlicht nicht in der Lage zukünftige Besoldungsgesetze auf diesen Beschluss hin zu prüfen. Wesentliche Aspekte wie die Anrechnung von Partnereinkommen lassen sich offensichtlich nur schwer bewerten.

Ich bin gespannt was hier noch an Erkenntnissen zusammenkommt.

Ich finde es eigentlich recht einfach...zumindest in unserem Bundesland.
(Von Ozymandias kopiert)

1 Beamter + Ehepartner + Kind über 14 + Kind unter 14
1 + 0,5 + 0,5 + 0,3 = 2.3 als Faktor zur Bestimmung des Median-Äquivalenzeinkommens.


Formel:
2.3 * Median-Äquivalenzeinkommen Baden-Württemberg * 12 Monate * 0,8 (da 80% des Median)

Für 2024 ergibt dies dann eine relevante Präkariatsschwelle für den Beamten die bei 50651,52 € liegt.

A 12/4 liegt verheiratet mit 2 Kindern bei 50761.44 €...erst ab da ist er "mindestbesoldet"
Oder muss ich da noch was zuzählen und abziehen?

Das klärt doch aber nicht gänzlich wie in Bezug auf ein Abstandsgebot sowie ein mögliche Anrechnung von Partnerschaftseinkommen in der Zukunft verfahren werden könnte. Oder hast Du dazu eine abschließende Erklärung? Ich beziehe mich auf den Bund.

Was Rentenonkel schreibt scheint plausibel. Die Mindestalimentation ist klar geregelt. Für alles weitere müssen sich die Gesetzgeer nun was neues überlegen. Hier kann vieles passieren, da es im Gestaltungsspielraum liegt.
« Last Edit: 20.11.2025 09:17 von tinytoon »

BVerfGBeliever

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #227 am: 20.11.2025 09:08 »
RN 89 + 90

Nochmal: Im Jahr 2020 war das Abstandsgebot in den Besoldungsgruppen A14, A15 und A16 eindeutig verletzt.

Trotzdem waren die jeweiligen Besoldungen laut BVerfG verfassungskonform!

Und zwar schlicht, weil die anderen drei Parameter, die aus meiner Sicht im Vergleich zum Abstandsgebot jedoch absolut pille-palle sind, erfüllt waren..

Rheini

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« Antwort #228 am: 20.11.2025 09:08 »

siehe Randnummer 71, Hervorhebung durch mich

Neben dem Grundgehalt sind daher solche Bezügebestandteile zu berücksichtigen, die allen Beamten einer Besoldungsgruppe unterschiedslos gewährt werden (vgl. BVerfGE 139, 64 <111 f. Rn. 93>; 140, 240 <278 Rn. 72>; 155, 1 <36 Rn. 73>).



Vielleicht bin ich ja doof, aber mal eine naive Frage. Es geht um Gehaltsbestandteile die allen Beamten einer Besoldungsgruppe unterschiedslos gewährt werden. Dann dürften doch Kinderzuschläge, Verheiratetenzuschläge etc nicht zählen? Oder heißt es, wie ich vermute, wenn der Beamte heiratet steht ihm der der Zuschlag zu und zwar jedem, unterschiedslos. Es muss halt geheiratet werden.

Ich denke, hier hat das BVerfG Bezug genommen auf die unterschiedliche Höhe der Familienzuschläge in NRW und anderswo, wo die Familenzuschläge nach Wohnort differenziert sind. Gemeint ist jedoch nach meinem Verständnis der Betrag, den ein verheirateter Beamter mit 2 Kindern und Steuerklasse 3 in der Besoldungsgruppe mindestens erhält, also der allerkleinste 4 K Beamte dieser Besoldungsgruppe ohne jedwede Sonderlocken wie Zulagen für bestimmte Berufsgruppen.

@Rheini: Das BVerfG hat im Prinzip eine Mindestbesoldung eingeführt für alle Beamten und einen gerichtlich durchsetzbaren Rechtsanspruch auf eben diese Mindestbesoldung entwickelt. Mithin können alle Beamten, die weniger bekommen, genau diese Differenz vor Gericht einklagen.

Da jedoch bis zu A 11 oder teilweise wohl sogar A 12 die Beamten weniger als diese Mindestbesoldung bekommen, spiegelt die Tabelle das Leistungsprinzip nicht wieder, ist demnach, vorsichtig formuliert, Kernschrott.

Der Gesetzgeber muss daher was neues entwickeln. Dabei muss er folgendes beachten:

Der Ausgangspunkt der neuen Tabelle muss der kleinste 4 K Beamte sein, den es in dem Rechtskreis gibt. Der muss zukünftig mindestens die Mindestbesoldung bekommen.

Alle anderen müssen bezogen auf Ihre Leistung und wegen dem Abstandsgebot mehr bekommen. Dabei muss der Gesetzgeber sich neu Gedanken darüber machen, welche Abstände zwischen den Besoldungsgruppen sachgerecht sind, welche Erfahrungsstufen sachgerecht sind, ob er die Familienangehörigen vielleicht zu 100 % in die Beihilfe aufnehmen will, ob er die Familienzuschläge neu denken will (wobei er da auch Grenzen hat) usw.

Somit ist aus meiner Sicht gestern die ganze A Tabelle gestorben und wir werden irgendwas neues bekommen.

Genau wie seinerzeit der BAT durch den TVÖD abgelöst wurde, wird auch jetzt irgendwas ganz neues kommen müssen, über das wir uns neu unterhalten müssen.

Das Partnereinkommen sehe ich dabei weiterhin nicht als Problem an, solange der Art. 33 Abs. 5 GG nicht verändert wird.

Durch die Mindestbesoldung gibt es jetzt einen Mindeststandard, den jeder Beamte zu erhalten hat. Durch das Leistungsprinzip muss mehr Leistung sich auch durch mehr Geld ausdrücken. Wenn man dann das wiederum mit einem fiktiven Partnereinkommen verrechnen würde, würde man die Bedeutung der Besoldung aus dem Blick verlieren.

Hierzu schreibt das BVerfG daher:

Durch den Bezug zur Grundsicherung wird nicht hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass die Alimentation des Beamten und seiner Familie etwas qualitativ anderes ist als staatliche Hilfe zur Erhaltung eines Mindestmaßes sozialer Sicherung und eines sozialen Standards für alle. Diesen Unterschied muss die Bemessung des Beamtengehalts deutlich werden lassen (vgl. BVerfGE 44, 249 <264 f.>; 81, 363 <378>; 99, 300 <321 f.>). Während die Grundsicherung an die Bedürftigkeit der konkreten Person anknüpft und auf die zur Sicherung des menschenwürdigen Daseins nach Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip unbedingt erforderlichen Mittel beschränkt ist (vgl. BVerfGE 125, 175 <223>; 163, 254 <277 Rn. 53> – Sonderbedarfsstufe im Asylbewerberleistungsrecht; 170, 52 <68 Rn. 37> – BAföG), steht die Besoldung gemäß Art. 33 Abs. 5 GG im Zusammenhang mit der spezifischen Pflichtenstellung des Beamten gegenüber seinem Dienstherrn und ist nach der Bedeutung des (statusrechtlichen) Amtes zu bemessen. Dieser qualitative Unterschied droht durch eine Verknüpfung der Mindestbesoldung mit der Grundsicherung schon im Ansatz verwischt zu werden.

Und das deckt sich mit Swens Aussagen, die Dienstherren haben unser aller Verstand verhext und wir stehen im Nebel.

Danke für deine Ausführungen. Dann habe ich das "mindestens für mich", richtig verstanden und nun warte ich gespannt auf die "Lösung" meines DH. Leider hat Berlin ja bis zum 31.03.2027 Zeit bekommen und die bereits gepostete Aussage des DH Berlin "schnellstmöglich" was zu liefern heißt ja nicht, dass "schnellstmöglich" aus seiner Sicht nicht der 31.03.2027 ist.

Das heisst allerdings auch für meinen DH, dass für Ihn der früheste Zeitpunkt wo er was liefern muss, weil er ja noch nicht mal einen Beschluss kassiert hat, wahrscheinlich nicht vor dem 31.03.2027 sein wird.

Und falls der DH wie durch BVerfGBeliever befürchtet agiert, habe ich die Möglichkeit der Rückernennung.

Beamtix

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« Antwort #229 am: 20.11.2025 09:08 »
Heißt das Urteil, dass die Berücksichtigung der Mietstufen vom Tisch sind auch bei der Alimentation ab dem 3. Kind?
Muss der Entwurf des Bundes jetzt noch einmal komplett überarbeitet werden? Die Anpassung an die tarifliche Besoldungserhöhung braucht doch auch noch ein Gesetz.

Gruenhorn

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« Antwort #230 am: 20.11.2025 09:12 »
@Glinzo:

Ich denke, Deine Berechnung ist ausgehend von einer engen Auslegung des Urteils falsch.

Schauen wir uns nochmal an, was ich eingangs geschrieben habe:

Für die Frage der Amtsangemessenheit der Grundbesoldung (das ist die, die alle bekommen, also unabhängig vom Familienstand und Anzahl der Kinder) muss der Gesetzgeber folgende Rechnung aufmachen:

1.) Ermittlung des Medianeinkommens seines Zuständigkeitsbereiches
2.) Mulitplizieren mit (1,0 + 0,5 + 0,5 +0,3) * 0,8 = 1,84

nächster Schritt

3.) Berechnen des Nettoeinkommens des Beamten, der in dieser Besoldungsstufe ist, Steuerklasse 3 hat, mit allen Zuschlägen, die jedem Beamten hier zustehen (also zum Beispiel für NRW in Mietenstufe 1) in der niedrigsten Erfahrungsstufe
4.) Bereinigen des Einkommens des Beamten um die Beiträge zur KV und PV für 4 Personen und Kindergeld

nächster Schritt:

Vergleich der beiden Beträge

Sofern der Betrag nach Nummer 4 hinter dem nach Nummer 2 zurück steht, liegt mindestens eine Unteralimentation in dieser Größenordnung für diese Besoldungsgruppe vor.

So verstanden muss man bei der Berechnung einer Mindestbesoldung die Unteralimentation für jede Besoldungsgruppe differenziert betrachten.

Daher komme ich, ausgehend von meinem Beispiel, eher zu folgendem Ergebnis:

A3: Medianeinkommen: 3864 EUR; Einkommen 3080 EUR, Unterdeckung für ALLE in A3: 784 EUR netto
A4: Medianeinkommen: 3864 EUR, Einkommen 3137 EUR, Unterdeckung für ALLE in A4: 727 EUR netto
A5: Medianeinkommen: 3864 EUR, Einkommen 3157 EUR, Unterdeckung für ALLE in A 5: 707 EUR netto

[..]
A10: Medianeinkommen: 3864 EUR, Einkommen 3747 EUR, Unterdeckung für ALLE in A10: 117 EUR netto
A11: Medianeinkommen: 3864 EUR, Einkommen 4102 EUR, keine Unterdeckung

So verstanden hilft die Berechnungsmethode, die Mindestalimentation für alle in der jeweiligen Besoldungsgruppe zu beziffern und die Verfahren für die Vergangenheit zu befrieden. Dabei gehen jedoch alle ab A11/A12 für die Vergangenheit leer aus. Deswegen wurden deren Verfassungsbeschwerden auch abgeschmettert.

Allerdings ist dadurch, dass davon 95 % der klagenden Beamten betroffen sind, insbesondere im Hinblick auf das Abstandsgebot, und das Ausmaß der Unteralimentation gerade in den kleinsten Besoldungsstufen, das Vertrauen in die Rechtmäßigkeit der Tabelle derart erschüttert, dass der Gesetzgeber die Beamtenbesoldung auf komplett neue Füße stellen muss. Er wird daher gezwungen, sich komplett neue Gedanken zu machen.

Was dabei für die Zukunft heraus kommt, bleibt demnach abzuwarten. Zukünftig wird dem Gesetzgeber jedoch nichts anderes übrig bleiben, als die Besoldung für alle  anzuheben.

So kann man das Urteil aus meiner Sicht auch interpretieren, auch wenn das Ergebnis für den höheren Dienst zu überhaupt keiner Nachzahlung führt und alle darunter auf dieses Medianeinkommen egalisiert werden.
Bei deinem ersten Stein Anteil zur Berechnung gehe ich mit.
Die Schlussfolgerung, dass die höheren Besoldungsgruppen leer ausgehen würde ich bezweifeln.  Die Prüfung des Abstandsgebots muss zum einen als Indikator für die Prüfung des Status quo verwendet werden. Wenn nur aber für die Nachzahlung die selbe Methodik angewendet wird, muss hier für diese neuen Werte doch genauso das Abstandsgebots betrachteten werden. Wenn also ae nur auf Äquivalenz Niveau 80% anghoben würden, wäre das Resultat eine Einheitsbesoldung bis A11. Die Berechnung der Fehlbeträge muss also schon die Abstände zumindest in gewissen Grenzen waren.

Rheini

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« Antwort #231 am: 20.11.2025 09:19 »
Ich denke schon aus rein praktischen Gründen, kann es keine Einheitsbesoldung bis A11 und eine sehr geringe Wertigkeit nach oben, geben. Wie bereits mehrfach geschrieben, gibt es die Möglichkeit der "Rückernennung". Wenn der DH (Verfassungsrechtliche Schranken jetzt mal ausgeblendet) diese Einheitsbesoldung einführen würde, würden alle bis A10 dies machen. Da eine Rückernennung nicht begrenzt ist, sogar alle evtl. bis A6 zurück. Ende vom Lied wäre es, dass der DH auf einmal ganz viele Beamte für einfache Aufgaben hat und erst wieder Beamte für schwierigere Fälle, ab frühestens A14 (A11 - A13 rechnen sich aus, ob es nicht mit wenig weniger, dafür viel Verantwortung weniger, sich nicht auch leben lässt).

Das ist evtl. erstmal lt. Beschluss möglich, aber in meinen Augen realitätsfern.

Schlüüü

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« Antwort #232 am: 20.11.2025 09:22 »
RdNr 115
Bei diesem Punkt sehe ich es ähnlich für den Bund.
In den vorherigen Gesetzen als auch in den zwei Entwürfen wurde die Mindestbesoldung mit der Bezugsgröße 4K errechnet.
Soweit kann das Partnereinkommen nicht rückwirkend mit einbezogen werden. Ob es für die Zukunft begründbar ist wird sich dann zeigen müssen.


Beamtix

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« Antwort #233 am: 20.11.2025 09:28 »
Ich verstehe nicht, wie das Anstandsgebot einzuhalten ist und bei Unterschreitung der 10 Prozent evident rechtswidrig ist und hier die unteren Besoldungsgruppen in Berlin unteralimentiert sind und dies bei entsprechender Anhebung nicht zu einer Verletzung des Anstandsgebots führen kann. Zudem erscheint mir die rückwirkende Abkehr von dem Einzelverdiener Modell nicht rechtmäßig zu sein. Das ist nE die Aussage des BVerfG: das Doppelverdienermodell kann nicht für rückwirkende Jahre zugrundegelegt werden, wenn das Besoldungssystem erkennbar als Alumentationsprinzip auf den Einzelverdiener abstellt.

Ich Frage mich nach den Auswirkungen auf den Entwurf des Bundes. Überall könnte man lesen, dass da etwas zeitnah kommt. Aber das rückwirkende Doppelverdienermodell oder auch die Mietstufen sind wahrscheinlich nicht mehr sinnvoll bzw vertretbar?

RArnold

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #234 am: 20.11.2025 09:30 »
Heißt das Urteil, dass die Berücksichtigung der Mietstufen vom Tisch sind auch bei der Alimentation ab dem 3. Kind?
Muss der Entwurf des Bundes jetzt noch einmal komplett überarbeitet werden? Die Anpassung an die tarifliche Besoldungserhöhung braucht doch auch noch ein Gesetz.

Die Tariferhöhung wurde bisher einfach immer nur auf Beamte übertragen, "der einfache Weg".
Es ist möglich, dass wir in Zukunft eine "einfach" zu berechnende Besoldungserhöhung jedes Jahr bekommen. So wie die Renten jedes Jahr an die allgemeine Lohnerhöhung angepasst werden.

Rentenonkel

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« Antwort #235 am: 20.11.2025 09:31 »
RN 89 + 90

Nochmal: Im Jahr 2020 war das Abstandsgebot in den Besoldungsgruppen A14, A15 und A16 eindeutig verletzt.

Trotzdem waren die jeweiligen Besoldungen laut BVerfG verfassungskonform!

Und zwar schlicht, weil die anderen drei Parameter, die aus meiner Sicht im Vergleich zum Abstandsgebot jedoch absolut pille-palle sind, erfüllt waren..

Das BVerfG sagt dazu folgendes:

Vor diesem Hintergrund kann offenbleiben, ob auch unmittelbare Verstöße gegen das Abstandsgebot vorliegen. Denn solche Verstöße würden sich in der wertenden Betrachtung angesichts der deutlichen Verletzung des Gebots der Mindestbesoldung nicht wesentlich auswirken, zumal die gegenwärtigen Abstände zwischen den einzelnen Besoldungsgruppen angesichts der gebotenen Erhöhung der Grundgehaltssätze in den unteren und mittleren Besoldungsgruppen ohnehin überholt sein dürften

und weiter

Für die Besoldungsgruppen A 14 und A 15 in den Jahren 2016 und 2017, für die Besoldungsgruppe A 14 im Jahr 2019 und für die Besoldungsgruppen A 14, A 15 und A 16 im Jahr 2020 kann bei einer eingehenden Würdigung aller alimentationsrelevanten Kriterien eine Verletzung von Art. 33 Abs. 5 GG nicht festgestellt werden. Einer wertenden Betrachtung bedarf es nur für diejenigen Besoldungsgruppen und Jahre, bei denen nicht bereits eine Unterschreitung der Mindestbesoldung festgestellt worden ist. Dies trifft auf die genannten Besoldungsgruppen und Jahre zu; es liegt jeweils nur eine (einzige) Parameterverletzung in Gestalt eines mittelbaren Verstoßes gegen das Abstandsgebot vor.

Das Gewicht dieser Parametererfüllung wird allerdings schon dadurch abgeschwächt, dass in den Jahren 2016 bis 2020 nicht bereits in den jeweils unmittelbar angrenzenden Besoldungsgruppen die Anforderungen der Mindestbesoldung verfehlt werden, sondern mit A 12 und A 13 (mindestens) zwei Besoldungsgruppen ohne derartigen Verstoß dazwischen liegen. Hinzu kommen weitere Umstände: Hinreichend gewichtige Verschlechterungen des Beihilfewesens sind in den genannten Jahren nicht festzustellen. Auf dem Gebiet der Versorgung wirkt zwar die Kürzung des Ruhegehaltssatzes von 75 % auf höchstens 71,75 % der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge durch das Versorgungsänderungsgesetz 2001 vom 20. Dezember 2001 (BGBl I S. 3926), die in der Vergangenheit isoliert betrachtet als verfassungsrechtlich unbedenklich eingestuft worden ist (vgl. BVerfGE 114, 258), laufend fort, und die daraus resultierende Notwendigkeit eines erhöhten Eigenanteils an der Altersvorsorge erfordert – gerade angesichts einer steigenden Lebenserwartung – eine Prüfung, ob eine weitere Aufzehrung zu befürchten ist (vgl. BVerfGE 140, 240 <303 Rn. 134>). Hier wirkt sich aber aus, dass keiner der volkswirtschaftlich relevanten Parameter erfüllt ist und daher (noch) Überwiegendes dafür spricht, dass die Besoldung entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards angepasst wurde, sodass den betroffenen Besoldungsgruppen gewisse finanzielle Mittel zur Unterstützung ihrer Altersvorsorge zur Verfügung gestanden haben dürften. Auch die Allgemeinheit steht vor der Herausforderung, mit dem zur Verfügung stehenden Einkommen die steigenden Kosten des demographischen Wandels zu bewältigen.


Das lässt für mich den Schluss zu, dass man bei den höheren Besoldungsgruppen für die Betrachtung der Vergangenheit nicht nur die Frage zur Mindestalimentation in den Blick nehmen muss, sondern schauen muss, ob zusätzlich zum Abstandsgebot, die zweifelsohne verletzt sein dürfte, weitere Parameter erfüllt sind, um eine Unteralimentation annehmen zu können. Die weiteren Parameter sind

a) Vergleich zum Tariflohnindex,
b) Vergleich zum Nominallohnindex,
c) Vergleich zum Verbraucherpreisindex

Nur wenn noch mindestens ein weiterer Parameter des kleinsten 4 K Beamten dieser Besoldungsgruppe erfüllt ist, ist demnach Art. 33 Abs. 5 verletzt und alle Beamten dieser Besoldungsgruppe sind unteralimentiert.

Dazu gibt es unter Randnummer 159 eine schöne Tabelle, die ich aber aufgrund mangelndem technischen Verständnis hier nicht einfügen kann.

Zerot

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #236 am: 20.11.2025 09:34 »
Gibt es hier zufällig einen Juristen im Finanzministerium der Länder z.B. B-W, Bayern, S-H usw.

Wie würde das praktisch laufen, hier sind eine Menge schlauer Leute, und wir kommen bei jedem lesen des Urteils zu einer anderen Auslegung.

Wenn die entsprechenden Juristen nicht genau wissen, wie das Bundesverfassungsgericht eine Randnummer auslegt. Greift man da zum hören und fragt nach?

Nautiker1970

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« Antwort #237 am: 20.11.2025 09:39 »
RN 89 + 90

Nochmal: Im Jahr 2020 war das Abstandsgebot in den Besoldungsgruppen A14, A15 und A16 eindeutig verletzt.

Trotzdem waren die jeweiligen Besoldungen laut BVerfG verfassungskonform!

Und zwar schlicht, weil die anderen drei Parameter, die aus meiner Sicht im Vergleich zum Abstandsgebot jedoch absolut pille-palle sind, erfüllt waren..

Und so erklärt sich dann auch, warum mit diesen merkwürdigen Parametern agiert wird. Der Dienstherr kann dadurch - wenn er es nur geschickt genug anstellt - trotz verfassungswidrigen Agierens bzgl. einzelner Aspekte seines gesetzgeberischen Tuns - am Ende mit einem verfassungskonformen Gesetz aus dem Ring gehen...

Oder um es mit Udo Lindenberg zu sagen:

Ja, der Rahmen war schon fertig
und der Rahmen war nicht schlecht
Jetzt muss nur noch der Mensch reinpassen
und den biegen wir uns schon zurecht


Knarfe1000

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« Antwort #238 am: 20.11.2025 09:43 »

Die Tariferhöhung wurde bisher einfach immer nur auf Beamte übertragen, "der einfache Weg".
Es ist möglich, dass wir in Zukunft eine "einfach" zu berechnende Besoldungserhöhung jedes Jahr bekommen. So wie die Renten jedes Jahr an die allgemeine Lohnerhöhung angepasst werden.
Vermutlich ja, weil der Besoldungsgesetzgeber gemäß des neuen Urteils jedes Jahr neu berechnen (belegen) muss, wie er die aA gewährleistet. Wie es bei den Renten auch schon seit Ewigkeiten gemacht wird. Die Höhe der Tarifabschlüsse fließt ja mittelbar in diese Berechnung mit ein.

GoodBye

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« Antwort #239 am: 20.11.2025 09:47 »
RN 89 + 90

Nochmal: Im Jahr 2020 war das Abstandsgebot in den Besoldungsgruppen A14, A15 und A16 eindeutig verletzt.

Trotzdem waren die jeweiligen Besoldungen laut BVerfG verfassungskonform!

Und zwar schlicht, weil die anderen drei Parameter, die aus meiner Sicht im Vergleich zum Abstandsgebot jedoch absolut pille-palle sind, erfüllt waren..

Das BVerfG sagt dazu folgendes:

Vor diesem Hintergrund kann offenbleiben, ob auch unmittelbare Verstöße gegen das Abstandsgebot vorliegen. Denn solche Verstöße würden sich in der wertenden Betrachtung angesichts der deutlichen Verletzung des Gebots der Mindestbesoldung nicht wesentlich auswirken, zumal die gegenwärtigen Abstände zwischen den einzelnen Besoldungsgruppen angesichts der gebotenen Erhöhung der Grundgehaltssätze in den unteren und mittleren Besoldungsgruppen ohnehin überholt sein dürften

und weiter

Für die Besoldungsgruppen A 14 und A 15 in den Jahren 2016 und 2017, für die Besoldungsgruppe A 14 im Jahr 2019 und für die Besoldungsgruppen A 14, A 15 und A 16 im Jahr 2020 kann bei einer eingehenden Würdigung aller alimentationsrelevanten Kriterien eine Verletzung von Art. 33 Abs. 5 GG nicht festgestellt werden. Einer wertenden Betrachtung bedarf es nur für diejenigen Besoldungsgruppen und Jahre, bei denen nicht bereits eine Unterschreitung der Mindestbesoldung festgestellt worden ist. Dies trifft auf die genannten Besoldungsgruppen und Jahre zu; es liegt jeweils nur eine (einzige) Parameterverletzung in Gestalt eines mittelbaren Verstoßes gegen das Abstandsgebot vor.

Das Gewicht dieser Parametererfüllung wird allerdings schon dadurch abgeschwächt, dass in den Jahren 2016 bis 2020 nicht bereits in den jeweils unmittelbar angrenzenden Besoldungsgruppen die Anforderungen der Mindestbesoldung verfehlt werden, sondern mit A 12 und A 13 (mindestens) zwei Besoldungsgruppen ohne derartigen Verstoß dazwischen liegen. Hinzu kommen weitere Umstände: Hinreichend gewichtige Verschlechterungen des Beihilfewesens sind in den genannten Jahren nicht festzustellen. Auf dem Gebiet der Versorgung wirkt zwar die Kürzung des Ruhegehaltssatzes von 75 % auf höchstens 71,75 % der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge durch das Versorgungsänderungsgesetz 2001 vom 20. Dezember 2001 (BGBl I S. 3926), die in der Vergangenheit isoliert betrachtet als verfassungsrechtlich unbedenklich eingestuft worden ist (vgl. BVerfGE 114, 258), laufend fort, und die daraus resultierende Notwendigkeit eines erhöhten Eigenanteils an der Altersvorsorge erfordert – gerade angesichts einer steigenden Lebenserwartung – eine Prüfung, ob eine weitere Aufzehrung zu befürchten ist (vgl. BVerfGE 140, 240 <303 Rn. 134>). Hier wirkt sich aber aus, dass keiner der volkswirtschaftlich relevanten Parameter erfüllt ist und daher (noch) Überwiegendes dafür spricht, dass die Besoldung entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards angepasst wurde, sodass den betroffenen Besoldungsgruppen gewisse finanzielle Mittel zur Unterstützung ihrer Altersvorsorge zur Verfügung gestanden haben dürften. Auch die Allgemeinheit steht vor der Herausforderung, mit dem zur Verfügung stehenden Einkommen die steigenden Kosten des demographischen Wandels zu bewältigen.


Das lässt für mich den Schluss zu, dass man bei den höheren Besoldungsgruppen für die Betrachtung der Vergangenheit nicht nur die Frage zur Mindestalimentation in den Blick nehmen muss, sondern schauen muss, ob zusätzlich zum Abstandsgebot, die zweifelsohne verletzt sein dürfte, weitere Parameter erfüllt sind, um eine Unteralimentation annehmen zu können. Die weiteren Parameter sind

a) Vergleich zum Tariflohnindex,
b) Vergleich zum Nominallohnindex,
c) Vergleich zum Verbraucherpreisindex

Nur wenn noch mindestens ein weiterer Parameter des kleinsten 4 K Beamten dieser Besoldungsgruppe erfüllt ist, ist demnach Art. 33 Abs. 5 verletzt und alle Beamten dieser Besoldungsgruppe sind unteralimentiert.

Dazu gibt es unter Randnummer 159 eine schöne Tabelle, die ich aber aufgrund mangelndem technischen Verständnis hier nicht einfügen kann.

Moment, die erste Stufe führt zu einer ""Vermutung" einer Verfassungswidrigkeit oder Verfassungsmäßigkeit.
Diese kann erhärtet oder widerlegt werden.

Insoweit hätte die Besoldung in diesen Gruppen ebenfalls verfassungswidrig sein können, hierzu hätte jedoch die Vermutung der Verfassungsmäßigkeit nach Prüfung der ersten Stufe widerlegt werden müssen. Ich gehe davon aus, dass aufgrund der Änderung der Rechtsprechung, wir haben uns alle auf die 115% versteift, hierzu schlichtweg nichts vorgetragen wurde.