Autor Thema: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)  (Read 68013 times)

Beamtix

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #675 am: 22.11.2025 06:11 »
Hallo Rentenonkel, vielen Dank für deine Ausführungen. Wie kommst du darauf, dass netto derzeit 535 pro Kind beim Bund gezahlt werden? da komme ich derzeit nicht hin. Und eine Sache hat das BVerfG ja auch gesagt: Die Grundsicherung darf nie unterschritten werden. Nur gab es dazu keine Berechnung. Der Beschluss hat überhaupt nicht nach gehalten, ob 80 Prozent des Median Äquivalenzeinkommens überhaupt für 4 Personen über der Grundsicherung liegt, obwohl er die scheinbar als absolute Untergrenze ansieht und man sich fragt, ob es jetzt behauptet, der Beamte kann sich auch mit 100 Prozent des Median Äquivalenzeinkommens zufrieden geben, wenn dies 100 Prozent der Grundsicherung entspricht. Gerade bei einer vierköpfigen Familie gibt es aber zahlreiche Transferleistungen, die bisher gar nicht berücksichtigt wurden wie auch freie Kinderbetreuung und Essen in Kita und Schule und Einmalzahlungen. DiFabio meint auch, das sei zu unzureichend berücksichtigt worden. Das BVerfG hat nunmehr diesen Maßstab nicht ganz gekippt aber doch auch irgendwie abgewertet, weil man sich fragt, was mit den 15 Prozent Abstand ist. Tut mir leid, aber ich finde den Beschluss sowas von Murkserei!

NvB

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #676 am: 22.11.2025 06:33 »
Hallo Rentenonkel, vielen Dank für deine Ausführungen. Wie kommst du darauf, dass netto derzeit 535 pro Kind beim Bund gezahlt werden? da komme ich derzeit nicht hin. Und eine Sache hat das BVerfG ja auch gesagt: Die Grundsicherung darf nie unterschritten werden. Nur gab es dazu keine Berechnung. Der Beschluss hat überhaupt nicht nach gehalten, ob 80 Prozent des Median Äquivalenzeinkommens überhaupt für 4 Personen über der Grundsicherung liegt, obwohl er die scheinbar als absolute Untergrenze ansieht und man sich fragt, ob es jetzt behauptet, der Beamte kann sich auch mit 100 Prozent des Median Äquivalenzeinkommens zufrieden geben, wenn dies 100 Prozent der Grundsicherung entspricht. Gerade bei einer vierköpfigen Familie gibt es aber zahlreiche Transferleistungen, die bisher gar nicht berücksichtigt wurden wie auch freie Kinderbetreuung und Essen in Kita und Schule und Einmalzahlungen. DiFabio meint auch, das sei zu unzureichend berücksichtigt worden. Das BVerfG hat nunmehr diesen Maßstab nicht ganz gekippt aber doch auch irgendwie abgewertet, weil man sich fragt, was mit den 15 Prozent Abstand ist. Tut mir leid, aber ich finde den Beschluss sowas von Murkserei!

Hast du dazu eine Quelle, wo DiFabio den aktuellen Beschluss analysiert und meint, die Rechnung sei unzureichend berücksichtigt worden? Wäre mal interessant was insgesamt ein Verfassungsrechtler dazu sagt.

Alexander79

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #677 am: 22.11.2025 06:33 »
*Ich wiederhole dies, da der Satz einprägsam ist:

Ich zitiere hier Ausnahmsweise mal Swen und das BVerfG:

"Nicht die individuellen Bedürfnisse des Beamten sind für die Besoldungsbemessung relevant - denn sie sind Ausdruck individueller Werteentscheidungen des jeweils einer Beschäftigung nachgehenden Beamten, der sich zu seinem Dienstherrn in einem Dienst- und auf gegenseitige Treue angelegten Verhältnis befindet -, sondern die von ihm erbrachte Leistung, die von ihm in seinem jeweils von ihm bekleideten Amt zu erbringen ist, ist das Maß der Dinge"

Falsch.

Wenn Swen dies zitiert bedeutet das.

Der Besoldungsgesetzgeber kann auch grundsätzlich anders handeln, wenn er dies sachlich sauber begründet.
Du verstehst darunter, der Besoldungsgesetzgeber hat stets so zu handeln.

Das sind zwei völlig verschiedene Paar Schuhe, sorry falsch, Swen redet von einem Sakko und du von Schuhen.

Du liest hier ein paar Stellen und ziehst nur für dich das Vorteilhafte raus und behauptest.
Ist so, ohne das ganze Urteil und vor allem andere Urteile dafür überhaupt richtig zu durchdringen.

Das BVerfG hat mehrmals geschrieben, nicht nur in diesem Urteil, das der Besoldungsgesetzgeber einen weiten Gestaltungsspielraum bei der Besoldung hat.

Bei deinen Ausführungen ist der Gestaltungsspielraum absolut fix.

Niedrigste Besoldungsstufe als Single muss exakt die gleiche Summe bekommen wie eine 4k Familie, in der gleichen Besoldungsgruppe.
Unabhängig vom Kindergeld, unabhängig der Steuerklasse und unabhängig einer Erhöhung des Familienzuschlages (etwas was das BVerfG im aktuellen Urteil selbst ins Spiel gebracht hat).

Es geht ja noch viel weiter.
Würde man deine Interpretation für absolut gegeben sehen, müsste selbst ein Beamter der nur 10% arbeitet, 100% bekommen.
Denn auch eine Teilzeitbeschäftigung wäre eine individuelle Werteentscheidung.

Beamtix

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #678 am: 22.11.2025 07:14 »
DiFabio sagt das zu der aktuellen NRW Besoldung. Dazu meint er, dass bei der Berechnung der Grundsicherung viele Faktoren wie Einmalzahlungen und anrechnungsfreie Verdienstmöglichkeiten nicht berücksichtigt wurden. Dinge wie Kita und OGS sowie Mittagessen werden mE auch nicht berücksichtigt. Genauso wie Schülerfahrkarten etc.

Der eigentliche Punkt ist aber der, dass das BVerfG im aktuellen Beschluss sagt, die Grundsicherung sei die Untergrenze. Dann mehr dich mal die Familie mit zwei Kindern. Reicht da 80 Prozent vom Medianäquivalenzeinkommen aus, um zu der Grundsicherung mit allen Aspekten und Transferleistungen zu kommen plus Krankenversicherung? Ich habe da meine Zweifel. Vom Abstand zur Grundsicherung ist nunmehr auch nicht mehr die Rede! Dh doch, dass mir das BVerfG mindestens die Grundsicherung und nicht mehr gönnt, wenn sie gleich 80 Prozent des Medianäquivalenzeinkommens ist. Und einen Abstand braucht es nicht mehr.

Rheini

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #679 am: 22.11.2025 07:25 »
Ich befürchte, und das finde ich einen nicht glücklichen Part des Beschlusses (aber evtl. durch die Veränderung der Bezugsgröße leider nicht anders machbar), die lange Umsetzungszeit. Dadurch wird zunächst m. M. nach der Status Quo bei der Besoldung, eingefroren (siehe jetzt auch Bund). Der DH wird keine Zuschläge ab dem 3. Kind (ähnlich NRW) einführen mit dem Hinweis, dass diese Zuschläge nicht in Ihrer Höhe verfassungsgemäß sind, eine Erhöhung der Mindestbesoldung wird auch nicht erfolgen mit dem Hinweis, das diese erstmal grundsätzlich neu gedacht werden muss und das BVerfG dem Land Berlin ja bis zum 31.03.2027 Zeit gegeben hat. Warum sollte dann für den Bund eine kürzerer Frist gelten?

Fazit ist, der Entwurf im Bund ist Geschichte, bevor er das Licht der Öffentlichkeit erblickt hat.

Folge ist, dass das große Bashing bis Anfang 2027 ausbleibt weil wir zwar alle hier (Erhöhungs-) Beträge in den Raum werfen können, aber alles bis zur Endgültigen Umsetzung in eine Besoldungstabelle, fast niemanden interessiert.

Weitere Folge, und das sehe ich als die größte negative Folge ist, dass min. ca. 95% der Beamten in Berlin und viele weitere Beamte in Deutschland, bis Anfang 2027 weiterhin mit einer nicht ausreichenden Besoldung, klar kommen müssen. Jetzt kann man natürlich, außer für die unteren Besoldungsgruppen mit vielen Kindern immer noch die Meinung vertreten, dass dies nicht in die existenzielle bedrohliche Armut führt, jedoch bei einigen schon und man darf nicht vergessen, dass der Beamte bis dahin in seiner Lebensentscheidung in der Schwebe ist. Insbesondere dadurch, dass bis zur Bekanntgabe der Höhe der Besoldung für die Vergangenheit und Zukunft, er in seiner Lebensführung immer in einer Ungewissheit bleibt.

Ein paar Beispiele (nicht abschliessend):

- Ergreife ich den Beamtenberuf
- bleibe ich in einem Beamtenverhältnis
- wie hoch sind die Ausgaben für meine Lebensführung (besonders in Hinblick auf Ausbildung der Kinder)
- gerade weil der Kaufpreis absolut so hoch ist, kaufe ich mir jetzt eine Immobilie oder nicht

Hier finde ich, dass eine kürzere Umsetzungsfrist in diesen Lebensentscheidungen eine Hilfe darstellt und diese kann nicht durch eine Nachzahlung, geheilt werden. Wenn man einem Kind aus Geldmangel nicht die Unterstützung geben kann die in dieser Lebensphase notwendig ist, kann man das nicht in 1 1/2 Jahren so einfach nachholen. Des Weiteren wiegt dies umso mehr, als das dieser Zustand ja schon seit Jahrzehnten anhält.

Hier kann man den DH nur seinen "Dank" und besondere "Wertschätzung" ausdrücken wenn man rückblickend darüber nachdenkt, welche Möglichkeiten man seinem Kind oder man auch selber gehabt hätte, wenn der DH von sich aus eine verfassungsgemäße Besoldung geleistet hätte.

Zusammenfassend kann man nur an die DH appellieren, diese Frist möglichst kurz zu halten (ja ja, Wunschtraum) und in diesem Punkt hätte ich mir gewünscht, dass auch das BVerfG hier eine kürzere Umsetzungsfrist angesetzt hätte. Aber evtl. habe Sie das ja getan ....
« Last Edit: 22.11.2025 07:32 von Rheini »

BVerfGBeliever

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #680 am: 22.11.2025 07:26 »
Der Singlebeamte (und eine Vierkopffamilie, wahrscheinlich auch jede Konstellation dazwischen und darüber) darf nicht unter mehr als 15 Prozent als Grundsicherung fallen.

Genau wie einige andere unterliegst du einem fundamentalen Fehlschluss!

Sowohl beim (alten) 15%-Abstand zur Grundsicherung als auch bei der (neuen) 80%-Schwelle war und ist immer NUR die 4K-Familie die Bezugsgröße und NIE der Singlebeamte (oder irgendeine andere Familienkonstellation). Die von dir beschriebene Logik gab es nie, gibt es nicht und wird es (aller Voraussicht nach) nie geben.


denn grob gesagt könnte der Singlebeamte mit 0,8* Medianeinkommen besoldet werden

Entsprechend ist auch diese Aussage absoluter Blödsinn.

Richtig ist hingegen Folgendes: Die Nettobesoldung der 4K-Familie (also Grundbesoldung plus Familienzuschläge plus Kindergeld minus Steuern minus PKV-Beiträge) muss mindestens 80% des 2,3-fachen des Median-Äquivalenzeinkommens betragen.

Diese Grundbesoldung der 4K-Familie (und NUR diese!) ist also, wenn man so will, die implizite Mindestbesoldung für den Singlebeamten.

Was heißt das konkret? Die Mindestbesoldung der 4K-Familie wird zurzeit bekanntermaßen in vielen Fällen (teilweise massiv) unterschritten. Was kann der Gesetzgeber tun, um dies zu beheben? Er darf beispielsweise ein wenig an der Beihilfe oder an den Familienzuschlägen herumschrauben (siehe Rn. 92), aber ungeachtet dessen wird er in erster Linie die Grundbesoldung anheben müssen, um über die Schwelle zu kommen. Und von dieser Anhebung profitiert dann entsprechend auch der Singlebeamte.


Den Unsinn von wegen "nur moderat"

Nix "Unsinn", sondern BVerfG-Rechtsprechung. Die Höhe der Familienzuschläge hat Grenzen, siehe Rn. 92. Und eventuell werden diese Grenzen demnächst seitens des BVerfG konkretisiert, was gegebenenfalls bei einigen hier zu Ernüchterung führen könnte..

Rheini

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #681 am: 22.11.2025 07:27 »
DiFabio sagt das zu der aktuellen NRW Besoldung. Dazu meint er, dass bei der Berechnung der Grundsicherung viele Faktoren wie Einmalzahlungen und anrechnungsfreie Verdienstmöglichkeiten nicht berücksichtigt wurden. Dinge wie Kita und OGS sowie Mittagessen werden mE auch nicht berücksichtigt. Genauso wie Schülerfahrkarten etc.

Der eigentliche Punkt ist aber der, dass das BVerfG im aktuellen Beschluss sagt, die Grundsicherung sei die Untergrenze. Dann mehr dich mal die Familie mit zwei Kindern. Reicht da 80 Prozent vom Medianäquivalenzeinkommen aus, um zu der Grundsicherung mit allen Aspekten und Transferleistungen zu kommen plus Krankenversicherung? Ich habe da meine Zweifel. Vom Abstand zur Grundsicherung ist nunmehr auch nicht mehr die Rede! Dh doch, dass mir das BVerfG mindestens die Grundsicherung und nicht mehr gönnt, wenn sie gleich 80 Prozent des Medianäquivalenzeinkommens ist. Und einen Abstand braucht es nicht mehr.

Ist die Mindestbesoldung nicht grob gesagt (plus - minus von weiteren Größen) 80% Medianäquivalenzeinkommen mal 2,3?

BVerfGBeliever

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« Antwort #682 am: 22.11.2025 07:27 »
Natürlich muss der Singlebeamte mit seinen Grundgehalt (und ohne Familienzuschlagsgedöns) und Klasse1 ebenfalls die 80% überschreiten.

Nope. Du unterliegst dem exakt gleichen Fehlschluss wie bundesjogi.

Es gibt KEINERLEI seitens des BVerfG quantifizierten Anspruch des Singlebeamten. Weder 80% noch 120% noch irgendeinen anderen Zahlenwert (und weder 0,8 MÄE noch 1,84 MÄE noch sonst eine Zahl)!

Der Singlebeamte hat aber sehr wohl Anspruch auf die exakt gleiche Grundbesoldung, die der 4K-Beamte bekommen muss, um (zusammen mit Familienzuschlägen/Kindergeld sowie abzüglich Steuern/PKV-Kosten) mindestens 80% des 2,3-fachen des Median-Äquivalenzeinkommens zu erhalten.

Ist das wirklich so unfassbar schwierig zu verstehen..?

wizzard

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« Antwort #683 am: 22.11.2025 07:59 »
Habt Ihr als Bundesbeamte eigentlich regelmäßig Widerspruch gegen die Besoldung eingelegt?

Beamtix

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #684 am: 22.11.2025 08:00 »

Ist die Mindestbesoldung nicht grob gesagt (plus - minus von weiteren Größen) 80% Medianäquivalenzeinkommen mal 2,3?
[/quote]

ME sagt das BVerfG, dass die Grundsicherung nicht unterschritten werden darf. Dh, dass 80 Prozent des Medianäquivalenzeinkommens nur dann als Untergrenze gilt, wenn es höher ist als die Grundsicherung. Von den 15 Prozent ist jetzt keine Rede mehr. DiFabio weißt aber zur NRW Besoldung zutreffend darauf hin, dass es keine richtige Berechnung der Grundsicherung gibt, weil es so viele Zusatzleistungen und Zusatzaspekte gibt, die dem Empfänger noch zufließen.

Wenn aber die absolute Mindestgröße wieder die Grundsicherung ist, dann muss vorher gerechnet werden. Dem BVerfG hat es ja ausgereicht festzustellen, dass bestimmte Besoldungsgruppen unter den 80 Prozent des Medianäquivalenzeinkommens sind. Dann war es schon fertig. Es hat aber auch gesagt, dass die Untergrenze die Grundsicherung ist, wo schon Streit herrscht, wie man das berechnet. Ein Abstand zur Grundsicherung muss nicht mehr eingehalten werden, solange man auch 80 Prozent des Medianäquivalenzeinkommens erreicht. Aber dann kann ich doch für den Bund nicht einfach vom Medianäquivalenzeinkommen im Bundesgebiet ausgehen. Ich muss zunächst die Grundsicherung berechnen. Und da sind die regionalen Unterschiede riesig.

Und der größte Unsinn ist, dass man mit dem Einebnen der Besoldungsgruppen das alles leichter erreichen kann, aber die Wertigkeit des Amtes dabei völlig aus dem Blick gerät. Rückschlüsse auf die R und W Besoldung? Fehlanzeige.

Beamtix

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« Antwort #685 am: 22.11.2025 08:01 »
Habt Ihr als Bundesbeamte eigentlich regelmäßig Widerspruch gegen die Besoldung eingelegt?

Ja, aber ich habe Schreiben bekommen, dass das unnötig sei wegen des BMI Schreibens und dass ich das nicht mehr machen sollte.

Grandia

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« Antwort #686 am: 22.11.2025 08:02 »
Der Singlebeamte (und eine Vierkopffamilie, wahrscheinlich auch jede Konstellation dazwischen und darüber) darf nicht unter mehr als 15 Prozent als Grundsicherung fallen.

Genau wie einige andere unterliegst du einem fundamentalen Fehlschluss!

Sowohl beim (alten) 15%-Abstand zur Grundsicherung als auch bei der (neuen) 80%-Schwelle war und ist immer NUR die 4K-Familie die Bezugsgröße und NIE der Singlebeamte (oder irgendeine andere Familienkonstellation). Die von dir beschriebene Logik gab es nie, gibt es nicht und wird es (aller Voraussicht nach) nie geben.


denn grob gesagt könnte der Singlebeamte mit 0,8* Medianeinkommen besoldet werden

Entsprechend ist auch diese Aussage absoluter Blödsinn.

Richtig ist hingegen Folgendes: Die Nettobesoldung der 4K-Familie (also Grundbesoldung plus Familienzuschläge plus Kindergeld minus Steuern minus PKV-Beiträge) muss mindestens 80% des 2,3-fachen des Median-Äquivalenzeinkommens betragen.

Diese Grundbesoldung der 4K-Familie (und NUR diese!) ist also, wenn man so will, die implizite Mindestbesoldung für den Singlebeamten.

Was heißt das konkret? Die Mindestbesoldung der 4K-Familie wird zurzeit bekanntermaßen in vielen Fällen (teilweise massiv) unterschritten. Was kann der Gesetzgeber tun, um dies zu beheben? Er darf beispielsweise ein wenig an der Beihilfe oder an den Familienzuschlägen herumschrauben (siehe Rn. 92), aber ungeachtet dessen wird er in erster Linie die Grundbesoldung anheben müssen, um über die Schwelle zu kommen. Und von dieser Anhebung profitiert dann entsprechend auch der Singlebeamte.


Den Unsinn von wegen "nur moderat"

Nix "Unsinn", sondern BVerfG-Rechtsprechung. Die Höhe der Familienzuschläge hat Grenzen, siehe Rn. 92. Und eventuell werden diese Grenzen demnächst seitens des BVerfG konkretisiert, was gegebenenfalls bei einigen hier zu Ernüchterung führen könnte..

Ich gehe 100% mit. Das klingt realistisch und ist direkt zu entnehmen. Ich sehe auch keinen Absatz vom BVerfG, in dem aufgehoben wird, dass die Gesamtesoldung zum allergrößten Teil durch die Grundbesoldung aufgestellt sein muss. Dadurch lässt sich zumindest erahnen, dass die Grundbesoldung mindestens in etwa 2/3 der Gesamtbesokdung ausmacht. Zumindest dürften es nicht bloß 50%, also nur der größere Teil, sein.

Denkbar wären z.B. 50% der anderen Familienmigliederanteile als max. Anteil der Familienzuschläge. Das sind in etwa 30%der Gesamtbesoldung der 4K Familie ubd das klingt schon echt heftig. Die Wahrheit erfahren wir im März 27...


Rentenonkel

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« Antwort #687 am: 22.11.2025 08:16 »
Hallo Rentenonkel, vielen Dank für deine Ausführungen. Wie kommst du darauf, dass netto derzeit 535 pro Kind beim Bund gezahlt werden?

Der Bund ist meines Wissens nach der einzige Dienstherr, der das Urteil zu den kinderreichen Beamten noch nicht umgesetzt hat. Alle anderen schon. In allen anderen Bundesländern ist der Familienzuschlag ab dem dritten Kind in etwa in der Größenordnung, allerdings teilweise nach Mietenstufen reduziert.

Die Umsetzung der Rechtsprechung zu den kinderreichen Beamten sollte auf Bundesebene mit dem jetzt diskutierten Gesetzesentwurf umgesetzt werden und zwar rückwirkend ab 2020. Dafür hat das BMI etwa 1,2 Mrd Euro eingeplant.

Nunmehr hat das BMF jedoch Sorge, dass der Wurf im Lichte des Urteils von Mittwoch vielleicht zu groß ist.

Daher musst Du als Bundesbeamtin zwei voneinander zu trennende Stränge betrachten:

1. Die Besoldung kinderreicher Beamter, also ab Kind 3
2. Die Grundbesoldung

Für den Punkt 1 wird der Kinderzuschlag im Bund vermutlich auf das angehoben, was ich beschrieben habe, oder BalBund erleuchtet uns demnächst mit einer anderen Idee

Für Punkt 2 habe ich schon einen Ausblick für die Vergangenheit gemacht und daran halte ich bis auf weiteres fest, bis mir irgendjemand eine andere Lösung präsentiert. Diese Nachzahlung steht Dir daher auch zu, allerdings noch nicht mit dem nächsten Gesetz, sondern erst mit dem übernächsten

Für die Zukunft werden wir bald eine neue Tabelle kennenlernen, die ich mal Maidowski Tabelle getauft habe. 

Wie diese Tabelle aussehen wird, kann keiner heute sagen. Das wird ein Umbruch wie seinerzeit bei den Angestellten die Umstellung von BAT auf TVÖD.


da komme ich derzeit nicht hin. Und eine Sache hat das BVerfG ja auch gesagt: Die Grundsicherung darf nie unterschritten werden. Nur gab es dazu keine Berechnung. Der Beschluss hat überhaupt nicht nach gehalten, ob 80 Prozent des Median Äquivalenzeinkommens überhaupt für 4 Personen über der Grundsicherung liegt, obwohl er die scheinbar als absolute Untergrenze ansieht und man sich fragt, ob es jetzt behauptet, der Beamte kann sich auch mit 100 Prozent des Median Äquivalenzeinkommens zufrieden geben, wenn dies 100 Prozent der Grundsicherung entspricht. Gerade bei einer vierköpfigen Familie gibt es aber zahlreiche Transferleistungen, die bisher gar nicht berücksichtigt wurden wie auch freie Kinderbetreuung und Essen in Kita und Schule und Einmalzahlungen. DiFabio meint auch, das sei zu unzureichend berücksichtigt worden. Das BVerfG hat nunmehr diesen Maßstab nicht ganz gekippt aber doch auch irgendwie abgewertet, weil man sich fragt, was mit den 15 Prozent Abstand ist. Tut mir leid, aber ich finde den Beschluss sowas von Murkserei!

Das BVerfG hat sich von den 15 % oberhalb der Grundsicherung verabschiedet und europaeinheitlich auf die 80 % verständigt.

Um es nochmal ganz deutlich zu sagen: Das führt in meinen Augen dazu, dass zukünftig die Tabelle derart neu gedacht werden muss, dass in 95 % der Fälle die Beamten auf jeden Fall oberhalb der 115 % Grundsicherung liegen. Das liegt alleine am Abstandsgebot und Leistungsgebot, was greifen muss, wenn bereits der allerkleinste Modellbeamte mit 2 Kindern zukünftig eine Mindestbesoldung in Höhe des Präkariatsniveaus haben muss, was in etwa den 115 % Grundsicherung entspricht.

Beamtix

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« Antwort #688 am: 22.11.2025 08:29 »
Ob 80 des Medianäquivalenzeinkommens in etwa 115 Prozent der Grundsicherung entspricht, hat doch keiner berechnet und ist nur eine Annahme. Das BVerfG hat das jedenfalls aus seiner Sicht nicht berechnet. Und die Unsicherheit ist noch höher, ob ich bei 0,4 bei den Kindern dahinkomme.
Warum sollten dann die Kinderzuschläge ab dem 3. Kind nach dem neuen Modell niedriger sein beim Bund? Das verstehe ich nicht. Und ich behaupte einmal, dass es für die Kinderzuschläge keine Lösung geben kann, ohne die ganzen Besoldung unter dem Aspekt der aA neu zu denken. Das Gesetz sollte ja auch das regeln, sah nur für die meisten keine Änderung vor, weil man Besoldungsgruppen eingeebnet hat. Ich weiß nicht, ob das wieder funktioniert. Aber ohne das alles neu zu ordnen, kann man nicht an einer Schraube rumdrehen und am Rest nicht.
« Last Edit: 22.11.2025 08:37 von Beamtix »

NvB

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« Antwort #689 am: 22.11.2025 08:48 »
Der absolute Gamechanger wird die reale Beamtenfamilie sein mit ab 3 Kindern.

Denn laut Rechnung wird dort im Gesamtkonzept für 5 Personen der Bedarf für ein 8 köpfige Familie mit der Grundbesoldung abgegolten und die 9 Person (also das 3. Kind) nochmal mit einem bedarfsgetreuen Familienzuschlag.

Das werden Summen sein, besonders mit Abstandsgebot und Ämterwertigkeit, da können zwei Lehrer mit A13 + 3 Kinder alle Ferien Luxusurlaub in Dubai genießen...