@Durgi: Danke
Ich bin Swen sehr dankbar für seinen Beitrag, weil er auf etwas aufmerksam gemacht hat, über das ich auch schon gestolpert bin, allerdings mir die Folgen dieser geänderten Beweis- und Darlegungslast nicht so eingeleuchtet haben, wie es Swen in seiner unnachahmlichen Art kann. Jedenfalls hilft es mir bei meiner Betrachtung der Dinge sehr.
Grundsätzlich hat das BVerfG angenommen, dass der Besoldungsgesetzgeber die Besoldung so ausstatten wollte, dass der Beamte als ALLEINVERDIENER eine Familie ab 4 Personen unterhalten können muss. Im Umkehrschluss geht mithin das BVerfG davon aus, dass der Gesetzgeber davon ausgeht, dass bei anderen Familienkonstellationen der Beamte eben nicht als Alleinverdiener den gesamten Bedarf der Familie alleine mit seinem Einkommen tragen muss. Über die Gründe, warum das BVerfG hier keinen Handlungsbedarf sieht, lässt sich sicherlich trefflich streiten. Nach meiner Einschätzung liegt das auch daran, dass es der gesellschaftlichen Realität entspricht, dass in kinderlosen Haushalten in etwa bei 90 % beide Elternteile berufstätig sind und bei einem Kind auch immer noch etwa 70 %. Erst ab dem zweiten Kind werden es unter 50 %, ab dem dritten sogar nur noch etwa 1/3. Daher vermute ich, dass es seinem weiten Ermessensspielraum unterliegt, zu bestimmen, ab welcher Familiengröße davon auszugehen ist, dass der Beamte als Alleinverdiener für den gesamten Familienunterhalt Sorge tragen muss. Mithin führt mich eine Betrachtung von 2 K und 3 K Familien in Zusammenspiel des Medianeinkommens regelmäßig in eine Sackgasse, eben weil in der Konstellation das BVerfG nicht unterstellen darf, dass auch dort schon das Alleinverdienermodell Grundlage für die Berechnung der (Gesamt-)besoldung ist.
Jetzt wird sich auf den letzten Seiten darüber gestritten, in welcher Höhe die Familienzuschläge sein dürfen. Hier liegt jedoch ein prozessuales Problem. Kein Beamter kann die Familienzuschläge isoliert betrachtet über den Klageweg angreifen. Der Beamte, der sie bekommt, kann nur auf eine amtsangemessene Besoldung als Ganzes klagen, dabei zählt nach dem aktuellen Urteil am Ende nur der Gesamtbetrag. Das „Wie“ liegt zunächst einmal im weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers.
Der einzige, der eben keine Familienzuschläge bekommt, also im Kern nur von der Grundalimentation leben kann und muss, ist der Single. Der hat auch einen Anspruch auf eine amtsangemessene Besoldung.
Jetzt muss man bei der gesamten Betrachtung jedoch, so denke ich, noch über eine weitere Brücke gehen: Die Gerichte werden bei der Frage, ob eine evident unzureichende Alimentation vorliegt, das neue Pflichtenheft prüfen. Bei der Mindestbesoldung prüfen sie ein Gesamtergebnis, bei der Fortschreibungspflicht jedoch lediglich die letzte Erfahrungsstufe.
Fangen wir mal bei „M“ an: Bei hohen Familienzuschlägen passt „M“, also check (+)
Sofern der Gesetzgeber die unterste Erfahrungsstufe kappt und eine am Ende noch eine oder zwei draufsattelt, ist auch „F“ unproblematisch, also auch dort check (+)
Wenn also bei dem neuen Pflichtenheft gar keine Verletzung irgendeines Parameters offenkundig ist, muss man das tun, was man noch vor einigen Wochen tun musste: begründen, begründen, begründen.
Jetzt muss man wiederum unterscheiden zwischen der Aufgabe der Legislative, die ein Gesetz erlassen muss, wie eine amtsangemessene Besoldung aussehen solle, und der Judikative, die prüfen will, ob diese Verfassungsgemäß ist.
Und da bleibe ich bei meiner Meinung, dass bei der Frage der Familienzuschläge der Gesetzgeber diese nach durchschnittlichen Mieten abstufen darf, wenn er das sachgerecht machen. Ob er das jetzt nach dem Wohngeld macht oder nach einer der anderen Kriterien und Tabellen, die ich schon früher mal zitiert habe, ist Geschmackssache.
Die Judikative kann jedoch in den weiten Gestaltungsspielraum nicht eingreifen. Sie kann nur prüfen, ob die Mindestbesoldung erreicht ist. Prüfmaßstab hierfür ist jedoch das Medianeinkommen, und zwar nach meiner Überzeugung des Wohnortes. Daher ist das Medianeinkommen entscheidend bei der gerichtlichen Überprüfung, der Gesetzgeber darf es allerdings, zumindest verstehe ich es so, nicht als Bezugsgröße heranziehen für die Frage, in welcher Höhe er besoldet. Mithin kann er mit Hilfe des Medianeinkommens überprüfen, ob seine Wahrnehmung am Ende passt, er darf aber nicht sagen, ich erhöhe die Familienzuschläge oder Grundalimentation, damit ich vor Gericht nicht unterliege, also ich rechne mir das Ergebnis schön. Dabei ist vor allem entscheidend, dass das Medianeinkommen tendenziell in Wohnorten höher ist, in denen auch der Mietenspiegel höher ist. Diese Tendenz ist jedoch nicht absolut. Es gibt auch Wohngegenden mit einem vergleichsweise geringen Medianeinkommen und höherer Mietenstufe und umgekehrt. Deswegen braucht der Gesetzgeber sicherlich auch einen wie auch immer gearteten „Puffer“. Prozessual wäre in jedem Fall die Beweislast auf Seiten des Klägers, der nachweisen muss, dass der Dienstherr von falschen oder fehlerhaften Zahlen ausgeht und deswegen die Familienzuschläge der Höhe nach ungerechtfertigt sein. Das dürfte, so denke ich, prozessual eine Totgeburt werden.
Hier bietet sich an, über das Abschmelzen der Familienzuschläge kurz was zu sagen: Aus meiner Sicht geht das nicht, weil mir keine sachliche Begründung einfällt, warum mit steigendem Einkommen der Mehrbedarf der Familienangehörigen sinken sollte. Daher würde dem Dienstherrn das Abstandsgebot um die Ohren fliegen. Eine Erhöhung wäre allenfalls mit einer höheren, steuerlichen Belastung zu rechtfertigen, halte ich ehrlicherweise allerdings für ausgeschlossen. Daher gehe ich davon aus, dass bis auf ein paar ganz geringe Nuancen bei gleicher Mietenstufe und gleicher Kopfzahl auch die Familienzuschläge über alle Besoldungsgruppen hinweg in der gleichen Höhe stabil bleiben.
Damit also die Grundalimentation des Beamten evident unzureichend sein könnte, muss man nach meiner Meinung am Ausgangspunkt oben links anfangen. Dort wird die Wertigkeit des Amtes festgesetzt. Dabei ist der Gesetzgeber frei, hier einen Betrag im Rahmen seines weiten Ermessensspielraums festzusetzen. Nach meiner Meinung überschreitet er jedoch seine Kompetenzen, wenn der Single Beamte abhängig vom Wohnort einen Nebenjob aufnehmen müsste, um nicht prekär besoldet zu werden. Und wenn der am schlechtesten bezahlte Beamte eine zu geringe Grundalimentation erhält, dann erhalten alle darüber hinaus wegen dem Abstandsgebot mittelbar auch zu wenig. Diese Argumentation ist die einzige, die in meinen Augen durchgreift, um nicht alleine oder überwiegend durch Familienzuschläge, sondern auch durch eine Erhöhung der Grundalimentation für alle Beamten eine Verbesserung zu erreichen. Solange man Gründe sucht und vielleicht auch findet, dass er auch anders handeln könnte, als ich denke, verkennt man aus meiner Sicht, dass man damit das Gegenteil erreicht, was sich zumindest die Betroffenen wünschen.
Ortszuschläge dürfen in meinen Augen nicht dazu führen, die Grundalimentation überhaupt über die Prekariatsschwelle anzuheben, sondern müssten insoweit elementarer Bestandteil der Grundalimentation sein. Wenn selbst diese Begründung kippen sollte, dann braucht der Gesetzgeber in meinen Augen gar nichts an der Grundalimentation machen, außer die letzte Erfahrungsstufe anzuheben und alle dazwischen ein wenig anzuheben. Ein Begründung a la mein Kollege mit zwei Kindern hat mehr als ich oder der bekommt zu hohe Familienzuschläge dürfte zum einen im Kollegenkreis nicht besonders gut ankommen, und zum anderen halte diese Argument auch juristisch für nicht verwertbar.
Insofern würde ich mich freuen, wenn sich für meine These eher mehr als weniger Argumente finden lassen, weil wenn der am schlechtesten bezahlte Beamte auf einmal eine Grundalimentation in Höhe der heutigen EF 3 statt EF1 bekommen würde, müssten alle anderen darüber auch nach dem Abstandsgebot entsprechend mehr bekommen. Nur so wird in meinen Augen eine zu niedrige Grundalimentation nicht nur nach „F“ angreifbar, sondern bereits in der denkbar niedrigsten Erfahrungsstufe.
Jede andere Betrachtung führte mich bisher prozessual in eine Sackgasse.