Autor Thema: "Eigenanteil" durch die Hintertür  (Read 3243 times)

bettelmusikant

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Antw:"Eigenanteil" durch die Hintertür
« Antwort #30 am: 23.10.2025 11:28 »
Teilweise sind die GKV-Sätze höher als das, was die Beihilfe ansetzt. Merke ich z. B. bei der Physio. Liegt aber auch an der Länge der Sitzungen. Man muss sich echt mit eigenem Engagement drum kümmern und versuchen den Überblick zu behalten.

Saxum

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Antw:"Eigenanteil" durch die Hintertür
« Antwort #31 am: 23.10.2025 11:56 »
1. Eine Honorarvereinbarung ist immer "VOR" der Behandlung abzuschließen und mit den "KONKRETEN" Behandlungen und den "BERECHNETEN" Sätzen / Kosten. Eine pauschale Vereinbarung im Sinne von "im laufe der Behandlung hat sich das ergeben" ist nicht zulässig.

2. Die GKV zahlt teilweise in vielen Fällen "mehr" als die PKV, insbesondere da noch die ganzen Zuschläge und Pauschalen dazu kommen. Erst ab dem 2 oder 3 Besuch im Quartal bringt der PKV Patient "mehr" weil die Pauschale ja nur einmal pro Quartal geleistet werden. Beispiel Tumorkonferenz, die GKV zahlt hier mit EBM 50210 21,17 € und die GÖÄ 60 leistet 16,09 € (2,3 Satz) oder 24,48 (3,5 Satz). Zu der EBM Ziffer 50210 kommen ja noch einige andere Ziffern dazu, so dass beides im vergleichbaren Niveau beim 3,5 fachen Satz liegen.


3. Der z.B. 25-fache Satz kommt nur wenn dann bei hochspezialisierten Spezialisten vor, die eine äußerst seltene Erkrankung behandeln oder ähnliches und daher vor einer besonderen Schwere und Härte stehen. Eine normale zahnärztliche Behandlung fällt darunter nur, wenn es tatsächlich ein besonderer Zahnfall der in der durchschnittlichen Behandlung so nicht vorkommt.

4. Wenn beispielsweise ein 3,8 facher Satz abgerechnet wird, ist hier eine gültige Honorarvereinbarung erforderlich (Siehe Nr. 1) und auch eine entsprechende Begründung für den erhöhten Aufwand. Die Beihilfe/PKV zahlt dann in der Regel den 3,5 fachen Satz und der 0,3 fache Satz ist selbst zu zahlen.

5. Das Abrechnen von anderen Ziffern, die tatsächlich nicht erbracht wurden, ist auch nicht zulässig und müssen auch nicht bezahlt werden. Bezahlt werden muss nur das, was auch erbracht worden ist. Hier kann und soll man die Praxis um Stellungnahme und ggf. Korrektur bitten. Ansonsten nur die Rechnung teilweise begleichen, was tatsächlich erbracht wurde. Auch bei GKV gibt es das gleiche Spiel, in der beispielsweise "psychische Probleme" zusätzlich abgerechnet wurden.

6. in der Logopädie, wie auch in der Physiotherapie bzw. generell bei Heilmitteln besteht "Vertragsfreiheit" bei Privatpatienten. Man muss als Privatpatient auch nicht auf diese Preise einlassen und kann am Schalter auf einen niedrigeren Satz "verhandeln" oder eine andere Praxis aufsuchen soweit diese möglichkeit besteht. Hier hinter diesem Link kann man gut sehen, was GKV Patienten zahlen + Zuzahlung und hier die Privatpatienten mit den Steigerungssätzen. Die Beihilfe steht in der GKV nichts nach.

Organisator

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Antw:"Eigenanteil" durch die Hintertür
« Antwort #32 am: 23.10.2025 12:01 »
Gerade bei meiner (jungen) Zahnärztin habe ich auch das Problem mit dem mindestens 3,5-fachen Faktor, teils sogar 3,8, die dann natürlich nicht mehr übernommen werden. Bei den Begründungen wird auch ordentlich rumfantasiert. Es wird dann z.B. etwas von Karies an den Zähnen geschrieben, der aber gar nicht da war..
Bei der Logopädie musste ich bei den Kindern auch immer draufzahlen (teils 40€ pro Sitzung). Ich frage mich nur, wie das eigentlich funktioniert im Vergleich zu den Kassenpatienten. Für diese wurde in der Praxis keine Zusatzgebühr erhoben, obwohl sie doch dort auch nur die üblichen Kassensätze abrechnen kann, die doch auch bei der Beihilfe zugrunde gelegt werden, oder? Insofern hatte ich das Gefühl, dass ich als Privatversicherte die Melkkuh bin.

Bei Kassenpatienten werden in der ZA-Praxis massiv Zusatzentgelte erhoben, ansonsten bekäme man das "Kassenmodell".

Als Melkkuh musst du dich nicht fühlen, einfach dem Zahnarzt sagen, dass du nicht bereit bist, über die GOZ hinausgehende Beträge zu bezahlen.

Zur Logopädie hat Saxum zutreffend auf die Vertragsfreiheit verwiesen.

matthew1312

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Antw:"Eigenanteil" durch die Hintertür
« Antwort #33 am: 23.10.2025 13:31 »
Ich habe im Schnitt allein durch meine Kinder im Monat ~10-20 Einreichungen jeden Monat, inklusive fehlerhafter Bescheide und Widersprüche. Jetzt muss ich mich mit diesem Scheiß auch noch rum schlagen...ich erwäge den Wechsel in die GKV für meine Kinder - ich kann das nicht mehr.
Das tut mir leid. Ich kann es nachempfinden.

Falls noch nicht bekannt: Die Widersprüche lassen sich formwirksam ohne Papierkram digital einreichen. Über das Justizpostfach. Der Personalausweis braucht dann die elektronische Identifikationsmöglichkeit.

Ich persönlich habe mittlerweile ein Template für die Widersprüche auf meinem Smartphone. Anpassen, Druck als PDF, und ab damit fast von unterwegs. Entwurf im Stehen im ÖPNV, digitaler Versand dann nach einmaligem Korrekturlesen von zu Hause.

Klage beim Verwaltungsgericht lässt sich damit ebenfalls einreichen. Oder auch beim Finanzgericht, wenn die Steuerbehörde fragwürdige Einspruchsentscheidungen trifft.

Ändert natürlich nicht viel an dem Ärger. Vor allem das Zusammenstellen der Anlagen braucht Sorgfalt und Zeit. Und hier entstehen auch die Medienbrüche (Rechnung kam auf Papier etc.), die so unheimlich viel Zeit vernichten.

Saxum

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Antw:"Eigenanteil" durch die Hintertür
« Antwort #34 am: 24.10.2025 09:37 »
Das heißt, dass die Beträge zur Abrechnung selbst bestimmt werden, der Multiplikator hat damit nicht direkt was zu tun. Es geht um den Basis-Satz. Wie gesagt, angeblich wurde an diesen Beträgen seit den 90ern nichts angepasst.

Nur ganz kurz dazu noch was, um sicher zu gehen, im Rahmen einer Honorarvereinbarung darf die Zahnärztin auch nicht an den „Basissätzen“ bzw. -werten herausschrauben. Sie kann nur die Sätze, also die Multiplikation regeln.

Ganz ehrlich?

Ich persönlich würde mich nicht darauf einlassen und wenn die Möglichkeit besteht, eine andere Leistungserbringer/in aufsuchen. Egal ob jetzt Honorarvereinbarung oder nicht. Im Rahmen der BEMA wäre jetzt mal beispielsweise eine zweiflächige Zahnfüllung 40,95 € Wert und nach GOZ 2,3x dann 31,30 € oder 3,5x 47,64 €. Der Vergleichbare Satz, den mir hier mein Zahnarzt also auch tatsächlich, mit Begründung, in Rechnung stellt ist hier 3,0x für 40,82 €. Der „bis zu“ 3,5 fache Satz reicht in der Regel auch tatsächlich wirklich.

Man muss halt schon ein mündiger Patient werden/sein.

Beamtin89

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Antw:"Eigenanteil" durch die Hintertür
« Antwort #35 am: 24.10.2025 10:23 »
Bei Kassenpatienten werden in der ZA-Praxis massiv Zusatzentgelte erhoben, ansonsten bekäme man das "Kassenmodell".

Als Melkkuh musst du dich nicht fühlen, einfach dem Zahnarzt sagen, dass du nicht bereit bist, über die GOZ hinausgehende Beträge zu bezahlen.

Zur Logopädie hat Saxum zutreffend auf die Vertragsfreiheit verwiesen.

Naja, so einfach ist es nicht. Zumindest bei uns in der Stadt sind Logopädie-Plätze für Kinder rar gesät und das ist vermutlich auch der Grund, warum die Praxen dann hier extra zu langen. Ich hatte das mit dem Preis sogar angemerkt und wurde nur lapidar mit "Dann suchen Sie sich halt eine andere Praxis" abgespeist. Tja, da ich aber alle anderen Praxen schon abtelefoniert hatte und monatelang auf den Platz gewartet hatte, nahm ich den Preis in Kauf. Ich bezweifle aber anhand der genannten Tabelle, dass die Praxis mit einem Kassenpatienten auch die 100 Euro pro Sitzung (für 30 Minuten wohlgemerkt) verdient hätte. Also bleibe ich dabei, dass ich als Privatversicherte hier als Melkkuh diene.

Saxum

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Antw:"Eigenanteil" durch die Hintertür
« Antwort #36 am: 24.10.2025 11:26 »
Die Ansetzung von "100 € pro Sitzung" ist definitiv zu hoch, dafür können weder Beihilfe noch die PKV etwas. Im übrigen hätte man auch als GKV Versicherten zum GKV Satz "monatelang" auf den Platz warten müssen, in diesem Fall hätte man also auch getrost auf die Beihilfefähigen Höchstsätzen oder auch meinetwegen einen Satz von 1,3 vereinbaren können.

Der Punkt hier war, vielleicht sage ich das von meiner Warte hier aus "zu leicht", auch weil man im nachhinein immer klüger ist, dass man nicht die 100 € gleich unterschreiben hätte müssen sondern auch sagen kann: "Nee, aber mit dem 1,3 fachen Satz (67,76 €)  mache ich mit."

Gesetzlich versicherte zahlen im übrigen 10% der Gesamtkosten + 10 € pro Verordnung aus der eigenen Tasche. Das macht also Beispielhaft bei 10 Sitzungen, was die übliche Sitzungsdauer darstellt dann ein Eigenbetrag von 62,10 € aus. Pro Sitzung wäre das also 6,21 € die der gesetzliche selbst zahlen müsste.

Daher halte ich hier den Steigerungssatz von 1,3 für ausreichend und fair genug. Man muss halt tatsächlich, auch wenn man lapidar behandelt wird, halt sich durchsetzen wollen und Risiko gehen. Die weitere alternative dazu wäre auf Online-Logopädie auszuweichen.

Aber wie gesagt ich habe, im Gegensatz zu dir in der Situation "vor Ort" hier an einem PC Bildschirm in einer Stadt mit vielleicht ausreichend medizinischer Infrastruktur "leichter reden" und will auch nicht absprechen dass die Situation es vor Ort es vielleicht so erfordert hat. Es sollen nur persönliche Gedanken von mir dazu sein.

Dann will ich auch mitgeben, dass gegebenenfalls Kosten für nicht erstattete Heilmittel - also die Sätze die die Höchstbeträge übersteigen - in der Einkommensteuererklärung als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht werden können, wenn diese die Freigrenzen übersteigen.