Autor Thema: Tarifrunde 2025 - kein Geld in den Ländern  (Read 249912 times)

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Antw:Tarifrunde 2025 - kein Geld in den Ländern
« Antwort #945 am: 05.11.2025 10:53 »
Jetzt zum Thema "Ungleichbehandlung": Es gab in den letzten Jahren mit der hohen Inflation und der Energiekrise zwei Vorfälle, die kurzfristig vor allem den lebenswichtigen Teil massiv verteuert haben. Hier geht es dann im Vergleich nicht mehr darum, wie die Differenz ist, sondern dass es Menschen gibt, die sich unter umständen das tägliche Leben nicht mehr leisten können. Schaut man sich mal an, inwiefern die Tabelle gestaucht wurde, dann werden mit Sockelbeträgen meist nur die ganz unteren Gruppen in niedrigen Stufen überproportional bevorzugt. Oben bleibt dann alles gleich. Das tut man aber nicht unter der Absicht den hohen Stufen etwas wegzunehmen, sondern ALLEN weiterhin ein vernünftiges Leben ermöglichen.

Auch hier sind Sockel- und Mindestbeträge der falsche Weg, denn Tabellenstauchungen werden aus sozialen Gründen nie wieder entzerrt. Wenn wir also temporär in eine Situation laufen, in der Tariferhöhungen die Inflation nicht mehr ausgleichen können, dann wären nach oben hin abschmelzende Einmalzahlungen der richtige Weg. So könnten kleine EG die temporäre Mehrbelastung schultern, während höhere EG (hier absolut zu recht) dann temporär auf ein Stückchen "Qualitätsgeld" verzichten müssen. Das Gefüge der Tabelle verbleibt so aber gerecht.

... ein nicht unerheblicher Teil Deines "Qualitätsgelds" stammt übrigens gar nicht aus Einkommen - aber das ist eine andere Diskussion ;)

Zustreffend. Wenn es soziale Belastungen gibt, liegt es vorrangig am Staat und nicht an den AG, diese auszugleichen. Unglücklich ist dann die Verquickung, wenn der öffentliche Arbeitgeber nicht als AG, sondern als Staat agiert, bzw. sich dazu hinreisen lässt.

Wozu das führt sieht man bei der treffenden Beschreibung von Garfield: Die Entgeltgruppen 1-5 sind durch die überproportionalen Erhöhungen kaum noch existent und die Tätigkeiten werden von Externen wahrgenommen.
Übrigens höchst unsozial, so verdient der Outsourcing-Unternehmer auch noch mit, statt das Einkommen direkt beim Mitarbeiter ankommt.

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Antw:Tarifrunde 2025 - kein Geld in den Ländern
« Antwort #946 am: 05.11.2025 11:02 »
Naja, ob und inwieweit dieses Gefüge im status quo "gerecht" ist (in beide Richtungen), ist doch absolut subjektiv. Genauso kann man natürlich alles was man staucht auch wieder entzerren. Im TV-L hat man das für die IT z.B. schon in Teilen gemacht indem man die Anwendbarkeit der Tarifgruppen geändert hat. Würde man keine Spezialisten mehr finden, muss man halt agieren (was aber vom Arbeitgeber ausgehen muss, was derzeit nicht passiert).
Aus Marktwirtschaftlicher Sicht ist genau der Lohn ausreichend, für den man seine Stellen grade noch besetzen kann. Das ist in den unteren EG tendenziell zu hoch und in (einigen Jobs) in oberen EGs tendenziell zu niedrig. Aber das ist natürlich auch Job-bedingt - so sind wir beim Gehalt der Lehrer, besonders der Grundschullehrer ziemlich an der OECE-Spitze. Offensichtlich also marktwirtschaftlich deutlich zu hoch - aber wenn du mich fragst ist das genauso "richtig so" wie eine ordentliche Bezahlung der EGs bis 8.

Mir ging es am Ende nur darum eine andere Sichtweise einzubringen. Ich hoffe eh, dass man sich irgendwann dazu durchringt ein neues Tarifgefüge aufzubauen. Das jetzige ist schlicht nicht mehr zeitgemäß.

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Antw:Tarifrunde 2025 - kein Geld in den Ländern
« Antwort #947 am: 05.11.2025 11:06 »
Zustreffend. Wenn es soziale Belastungen gibt, liegt es vorrangig am Staat und nicht an den AG, diese auszugleichen. Unglücklich ist dann die Verquickung, wenn der öffentliche Arbeitgeber nicht als AG, sondern als Staat agiert, bzw. sich dazu hinreisen lässt.

Genau so und noch viel drastischer wurde in anderen Tarifverträgen aber auch agiert. Sowohl was die recht hohe Steigerung durch die Inflation als auch was die Nutzung von Sockelbeträgen angeht. Das ist also keine Sonderlocke im öffentlichen Dienst - ist ja auch nicht so, dass sich Dressel und Co leichtfertig zu Erhöhungen hinreißen lassen ;-)  (was ja auch nicht ihr Job ist)

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Antw:Tarifrunde 2025 - kein Geld in den Ländern
« Antwort #948 am: 05.11.2025 11:15 »
Zustreffend. Wenn es soziale Belastungen gibt, liegt es vorrangig am Staat und nicht an den AG, diese auszugleichen. Unglücklich ist dann die Verquickung, wenn der öffentliche Arbeitgeber nicht als AG, sondern als Staat agiert, bzw. sich dazu hinreisen lässt.

Genau so und noch viel drastischer wurde in anderen Tarifverträgen aber auch agiert. Sowohl was die recht hohe Steigerung durch die Inflation als auch was die Nutzung von Sockelbeträgen angeht. Das ist also keine Sonderlocke im öffentlichen Dienst - ist ja auch nicht so, dass sich Dressel und Co leichtfertig zu Erhöhungen hinreißen lassen ;-)  (was ja auch nicht ihr Job ist)

Fast schon traurig, dass andere denselben Fehler machen oder sich dazu hinreissen lassen. Aus AG-Sicht ja auch opportun - man gibt den Gewerkschaften, was sie gerne wollen (überproportionale Steigerung der unteren Einkommen) und sourct die Aufgaben dazu einfach aus. So sparen die AGs paradoxerweise noch.

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Antw:Tarifrunde 2025 - kein Geld in den Ländern
« Antwort #949 am: 05.11.2025 15:39 »
Dass Reinigungs- und Küchenpersonal oft nicht selbst angestellt ist, hat aber durchaus auch andere Gründe. Schaut man sich den Tarifvertrag an sieht man auch, dass Gebäudereiniger in ihrem Tarif garnicht weniger verdienen als im TV-L.


Garfield

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Antw:Tarifrunde 2025 - kein Geld in den Ländern
« Antwort #950 am: 05.11.2025 18:48 »
Dass Reinigungs- und Küchenpersonal oft nicht selbst angestellt ist, hat aber durchaus auch andere Gründe. Schaut man sich den Tarifvertrag an sieht man auch, dass Gebäudereiniger in ihrem Tarif garnicht weniger verdienen als im TV-L.

Du meinst damit, dass alle Gebäudereiniger nach Tarifvertrag bezahlt werden?

Faunus

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Antw:Tarifrunde 2025 - kein Geld in den Ländern
« Antwort #951 am: 05.11.2025 21:18 »
Dass Reinigungs- und Küchenpersonal oft nicht selbst angestellt ist, hat aber durchaus auch andere Gründe. Schaut man sich den Tarifvertrag an sieht man auch, dass Gebäudereiniger in ihrem Tarif garnicht weniger verdienen als im TV-L.

Du meinst damit, dass alle Gebäudereiniger nach Tarifvertrag bezahlt werden?


War da nicht was in Planung im ÖD mit nur noch Aufträgen an Firmen, die Tarifverträge haben?
Äh... Bundestariftreuegesetz?
Guck doch selber nach *grummel*



MoinMoin

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Antw:Tarifrunde 2025 - kein Geld in den Ländern
« Antwort #952 am: 06.11.2025 09:39 »
dann tue ich mal den Schnitzel-Gefallen :-)
mit fiktiven Zahlen...

Mitarbeiter A hat 3.000 Euro monatlich, Chef hat 4.000 Euro monatlich, Differenz also 1.000 Euro.
Schnitzel kostet 10 Euro. Chef kann also von den 1.000 Euro Mehrverdienst 100 Schnitzel monatlich mehr kaufen als Mitarbeiter A.

Die Preise steigen jetzt dank hoher Inflation um 10% an. Das Schnitzel kostet jetzt also statt 10 Euro nun 11 Euro.

Parallel steigt der Lohn bei Mitarbeiter A ebenfalls um 10% an (weil die Inflation so hoch ist), also von 3.000 Euro auf 3.300 Euro, d.h. 300 Euro mehr.

Beim Chef steigt das Gehalt nur um 8% an (er hat ja schon so viel und muss nicht so sehr vor der Inflation geschützt werden), also von 4.000 Euro auf 4.320 Euro, also um 320 Euro.
Dann hat der Chef trotz der geringeren Prozente absolut gesehen das bessere Geschäft gemacht, er hat ja schließlich 320 Euro mehr erhalten und nicht nur 300 Euro.

Wenn es jetzt aber darum geht, was man mit dem Mehr an Geld machen kann, dann kann sich der Chef von seinem Mehrverdienst in Höhe von 1.020 Euro (4.320 Euro - 3.300 Euro) auf einmal nicht mehr 100 sondern nur noch 92,7 Schnitzel kaufen. D.h. er erbringt weiterhin seine höherwertige Leistung (sonst wäre er nicht Chef, das ist ja die Grundlage der Tarifgruppen im Tarifvertrag), aber hat einen geringeren Kaufwertvorteil davon als noch vor den Preiserhöhungen und Tarifsteigerungen.

Wenn das dann noch einige Jahrzehnte so weiter geht, dann rentiert sich die Mehrarbeit bzw. größere Verantwortung usw. gar nicht mehr. Für 5 Schnitzel mehr will irgendwann niemand mehr Verantwortung übernehmen. Soweit scheint es an vielen Stellen im ÖD bereits gekommen zu sein.

Ich hoffe, das war verständlich und es sind keine Bugs in der Rechnung.

Deine Darstellung ist inhaltlich völlig richtig. Ich versuche aber mal eine andere Sichtweise ins Spiel zu bringen:
Es gibt Geld, das mehr wert ist als anderes Geld. Das (von mir) so genannte Qualtiätsgeld. Was genau meine ich damit? Jeder hat einen Lebensstil, der das grundlegende abdeckt: Ein Dach überm Kopf, Mobilität, Kinderbetreuung, nötige Versicherungen, grundlegende gesellschaftliche Teilhabe (Vereinsbeiträge...) und gesundes Essen. Das ist das nötige, was sich jeder leisten können will und letztlich auch muss um ein grundlegend zufriedenes Leben zu erfüllen. Und jeder Euro, den man darüber hinaus verdient ist das Qualitätsgeld: Das fließt in Rücklagen, in Urlaube, als Sicherheit aufs Konto, auf tolle (aber teure) Kulturverantstalungen oder in Investitionen (eigene Immoblie, Aktien...). Auf gut Deutsch: Ich brauche es ansich nicht zum Leben sondern kann mir damit Wünsche erfüllen.
Diese Schwelle ist übrigens bei jedem anders - wer in einem riesigen Haus zur Miete wohnt und nur auswärts isst, der hat auch wenig übrig.

Jetzt zum Thema "Ungleichbehandlung": Es gab in den letzten Jahren mit der hohen Inflation und der Energiekrise zwei Vorfälle, die kurzfristig vor allem den lebenswichtigen Teil massiv verteuert haben. Hier geht es dann im Vergleich nicht mehr darum, wie die Differenz ist, sondern dass es Menschen gibt, die sich unter umständen das tägliche Leben nicht mehr leisten können. Schaut man sich mal an, inwiefern die Tabelle gestaucht wurde, dann werden mit Sockelbeträgen meist nur die ganz unteren Gruppen in niedrigen Stufen überproportional bevorzugt. Oben bleibt dann alles gleich. Das tut man aber nicht unter der Absicht den hohen Stufen etwas wegzunehmen, sondern ALLEN weiterhin ein vernünftiges Leben ermöglichen.



Am Ende muss man beide Ansichten gegeneinander abwägen und die gute Mitte finden. Ich persönlich finde, dass das ganz gut geschafft wird. Mit dem nächsten Abschluss hoffe ich natürlich auch, dass man sich am TVÖD orientiert und auch mal was für die höher qualifizierten tut.
Deine These in Ehren, aber warum gab es diese Stauchung auch zu Zeiten der niedrigst Inflation.

Und richtig niemanden wird etwas weggenommen, es wird nur anderen mehr gegönnt.

Faunus

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Antw:Tarifrunde 2025 - kein Geld in den Ländern
« Antwort #953 am: 06.11.2025 10:04 »
Vielleicht weil sich der "Wert" von Arbeit (mit welchen Inhalte auch immer) insgesamt neu justiert?

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Antw:Tarifrunde 2025 - kein Geld in den Ländern
« Antwort #954 am: 07.11.2025 08:39 »
Neben der KI, steht bereits die nächste Revolution in den Startlöchern - die Deutschland auch mal wieder verpennt, was die Wertschöpfung angeht.

Die humanoide Robotik steht vor der Tür und klopft laut an.
Hier unterstützt KI die Weiterentwicklung der Fähigkeiten massivst, denn man muss keine Abläufe mehr programmieren, sondern sie erlernen diese selbst.
BMW z. B. setzt in Spartanburg schon humanoide Roboter ein.
https://www.youtube.com/watch?v=yWvZxXMxK2U
Amazon ist ein weiterer Großkunde von Figure, einem Hersteller der Roboter.

Es gibt Roboter, die einfache Aufgaben in Haushalten erledigen können, wie aufräumen. Geschirrspüler einräumen.
Das ist aber auch erst der Anfang.
Eingesetzt werden sie anfangs dort, wo einfache wiederkehrende (Produktion), anstrengende (Pflege) oder auch gefährliche Tätigkeiten zu verrichten sind.

Garfield

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Antw:Tarifrunde 2025 - kein Geld in den Ländern
« Antwort #955 am: 07.11.2025 10:31 »
Roboter funktionieren bisher nur in geschlossenen Systemen sehr gut.
Das ist schon noch ein weiter Weg, bis die wirklich in den Haushalten autonom unterwegs sind.
Gerade Haushalte sind aber auch mit das Schwierigste was es für die Robotik gibt. Da gibt es alles an Chaos-Komponenten, was einem Roboter das Leben schwer macht und Risiko für den Hersteller bedeutet.

Einfach mal den Neo Roboter, der gerade startet auf Youtube anschauen. Das ist der aktuelle Stand.

Bei der KI tauchen inzwischen auch mehr Fragen auf, als das man wirklich schon im super produktiven Betrieb wäre. Immer mehr Finanz- und Wirtschaftsexperten sagen auch, dass es jetzt schon Jahrzehnte dauern wird, bis die Konsumenten den Tech Unternehmen ihre Invests in KI wieder zurückzahlen werden. Da droht aktuell eher eine Blase zu platzen.

Robotik wird daher aus meiner Sicht die nächsten 10-15 Jahre im Kontext solcher Tarfiverhandlungen nur eine kleine bis gar keine Rolle spielen.

Thomas09

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Antw:Tarifrunde 2025 - kein Geld in den Ländern
« Antwort #956 am: 07.11.2025 10:54 »

Es gibt Roboter, die einfache Aufgaben in Haushalten erledigen können, wie aufräumen. Geschirrspüler einräumen.
Das ist aber auch erst der Anfang.


Nein gibt es nicht. Meine Arbeitgeber (Universität) ist gut dabei in der Robotik Forschung. Das ist noch ein weiter Weg.
 
Eingesetzt werden sie anfangs dort, wo einfache wiederkehrende (Produktion), anstrengende (Pflege) oder auch gefährliche Tätigkeiten zu verrichten sind.

In der Produktion sind Roboter schon seit vielen Jahrzehnten Alltag, jede Fabrik ist voll damit. Die wenigsten davon sind humanoid, macht auch nur in sehr wenigen Situationen wirklich Sinn. In dem Bereich ist Deutschland mit Kuka übrigens weltweit führend.

Natürlich werden vermehrt Aufgaben von Robotern übernommen, macht je nach Szenario auch sehr viel Sinn, aber das hier die große Revolution ausbricht ist mehr als unwahrscheinlich,
 

Modulator

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Antw:Tarifrunde 2025 - kein Geld in den Ländern
« Antwort #957 am: 07.11.2025 12:53 »
kein Tofu

Ich will hier nicht weiter darauf eingehen, da es doch off topic ist.