Autor Thema: Frage hinsichtlich Erfahrungsstufenaufstieg i.V.m. Lehrgang, Stellenaufwertung  (Read 1751 times)

haifischflosse

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Guten Tag zusammen,

bin schon länger stiller Mitleser zu diversen Themen in diesem Forum und wende mich erstmals mit einer eigenen Frage an Euch, die mich sehr beschäftigt und die ich in dieser speziellen Konstellation noch nicht beantwortet gefunden habe.

Ich bin bei einer Kommune angestellt und seit 1.11.2022 auf einer EG9b Stelle (eingruppiert aber in EG8 mit Zulage) in Erfahrungsstufe 4. Aus diesem Grund absolviere ich aktuell den Verwaltungslehrgang II, welchen ich in wenigen Monaten erfolgreich abschließen werde.

Soweit ist alles klar. Mein Vorgesetzter würde mir nun gerne höherwertige Aufgaben übertragen und die Stelle neu bewerten lassen, sodass die Stelle zu einer EG10 wird (die PIN der Stelle bleibt identisch, ich werde nicht umgesetzt, es werden lediglich Stellenanteile im GVP verändert/hinzukommen).

Meine Bedenken beziehen sich rein auf den Verlust der Erfahrungsstufe bzw. genauer des Erfahrungsstufenfortschritts. Nach meinem aktuellen Kenntnisstand müsste ich zum 1.12.26 in Erfahrungsstufe 5 kommen, richtig?

Würden der Abschluss des Verwaltungslehrganges II (Qualifikation für die eigentliche EG9b Stelle) und eine vorzeitige Veränderung der PIN nebst Stellenwert die Laufzeit der Erfahrungsstufe (negativ) beeinflussen oder überhaupt Einfluss darauf nehmen?

Leider ist es extrem schwer in meiner Kommune eine belastbare Auskunft dazu zu erhalten, weshalb ich mich recht verzweifelt an Euch wende. Das Angebot klingt natürlich zunächst verlockend, ist allerdings ein finanzieller Rückschritt mit Mehrarbeit, sollte die Erfahrungsstufe um gut 3 Jahre "zurückgesetzt" werden.

Für den Fall, dass jemand einen Hinweis hat oder gar die Lösung kennt, wäre ich extrem dankbar.

Wünsche Euch allen schon mal ein schönes Wochenende.

VG




BAT

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Die Stufe ist an die Person gebunden und unabhängig von der "Stelle".

Wenn Dir Aufgaben nach E10 übertragen werden, hast Du ab diesem Zeitpunkt E10. Deine Stufe 5 müsstest Du zum 01.11.26 bekommen. Um diese zu retten, müssten die Aufgaben auch erst ab dann wirksam übertragen werden. Vorher wäre es meines Wissens möglich, sie nicht zu übertragen, aber eine Zulage auf E10 zu zahlen. Müssen natürlich beide Seiten mitspielen.

haifischflosse

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Die Stufe ist an die Person gebunden und unabhängig von der "Stelle".

Wenn Dir Aufgaben nach E10 übertragen werden, hast Du ab diesem Zeitpunkt E10. Deine Stufe 5 müsstest Du zum 01.11.26 bekommen. Um diese zu retten, müssten die Aufgaben auch erst ab dann wirksam übertragen werden. Vorher wäre es meines Wissens möglich, sie nicht zu übertragen, aber eine Zulage auf E10 zu zahlen. Müssen natürlich beide Seiten mitspielen.


ich bedanke mich vielmals für die Einschätzung!

Ramirez

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Die Stufe ist an die Person gebunden und unabhängig von der "Stelle".

Wenn Dir Aufgaben nach E10 übertragen werden, hast Du ab diesem Zeitpunkt E10. Deine Stufe 5 müsstest Du zum 01.11.26 bekommen. Um diese zu retten, müssten die Aufgaben auch erst ab dann wirksam übertragen werden. Vorher wäre es meines Wissens möglich, sie nicht zu übertragen, aber eine Zulage auf E10 zu zahlen. Müssen natürlich beide Seiten mitspielen.

Das kann eine böse Falle sein, weil z.B. Übertragungen auf Probe bei anschließender, dauerhafter Übertragung rückgerechnet werden.
Einfach klar sagen, EG10 nur wenn die Stufenlaufzeit "geschützt" wird, sonst macht man es halt nicht. Das Risiko das man es dann nicht macht ist halt da.   

Sjuda

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Hätten die Tarifparteien den Erhalt der Stufenlaufzeit bei Höhergruppierung gewollt, hätten sie es vereinbaren können.

Das Abwarten der Aufgabenübertragung bis zu dem Zeitpunkt, ab dem es den Beschäftigten genehm ist, ist nichts andres als die bewusste Umgehung des Tarifrechts. Entweder besteht die Notwendigkeit, zusätzliche Aufgaben zu übertragen, oder sie besteht nicht.  Wenn es dem einen Mitarbeiter nicht passt, findet sich vielleicht ein anderer.

MoinMoin

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Nein, Sjuda da wird nichts umgangen. Da wird das Tarifrecht tarifkonform angewendet.
Wenn ich mit der vollständigen eingruppierungsrelevanten Übertragung von Aufgaben warte, so dass der Angestellter auch gewillt ist diese Aufgaben zu übernehmen, dann ist das keine Umgehung des Tarifrechts.

Wenn der AG aber die Aufgaben schnellstmöglich bearbeitet haben will, dann bietet er natürlich allen geeignet AN diese Aufgaben an, sofern es EG relevant ist und die müssen dann damit leben, dass Stufenlaufzeit futsch ist oder darauf verzichten, diese Aufgaben zu übernehmen und der AG darf sich jemanden anderes suchen.
Denn hier liegt ja offenkundig ein Planungsversagen des AGs vor, dass er plötzlich Aufgaben hat, ohne das dafür notwendige Personal, denen er die Aufgaben zuweisen kann.
Also auf den Stufenanstieg zu warten mit der Aufgabenerledigung ist für mich nichts anderes, als das Optimum in der Personalplanung zu erreichen, denn andernfalls müsste er ja jemanden neu einstellen, was möglicherweise länger dauert.

Sjuda

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Die Notwendigkeit, Stellen bzw. Aufgaben anzupassen, bedeutet nicht zwangsläufig ein Planungsversagen des Arbeitgebers. Es können sich bekanntlich auch Umstände ergeben, die außerhalb der unmittelbaren Einflusssphäre liegen, bspw. Gesetzesänderungen, Finanzierungsfragen oder politische Vorgaben.

Wenn hier neue Aufgaben übertragen werden sollen, die Frage nach einer Stellenausschreibung lassen wir mal außen vor, dann führt die konsequente Anwendung des Tarifrechts dazu, dass haifischflosse in die EG 10 Stufe 4 kommt. Die Stufenlaufzeit beginnt ab der Übertragung wieder bei Null.

Mit der - sachlich begründeten und notwendigen - Aufgabenübertragung nur aus einem einzigen Grund zu warten, nämlich dem, dass es dem Stelleninhaber aus persönlichem finanziellen Interesse heraus zu einem späteren Zeitpunkt besser passt, ist der Öffentlichkeit nicht zu vermitteln.

MoinMoin

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Die Notwendigkeit, Stellen bzw. Aufgaben anzupassen, bedeutet nicht zwangsläufig ein Planungsversagen des Arbeitgebers. Es können sich bekanntlich auch Umstände ergeben, die außerhalb der unmittelbaren Einflusssphäre liegen, bspw. Gesetzesänderungen, Finanzierungsfragen oder politische Vorgaben.
Nun, auch nicht selbstverschuldete fehlende Personaldecke ist für mich ein Planungsversagen. Man hat halt bei eine zu dünne Personaldecke. Und Dinge wie Gesetzesänderungen fallen im Gegensatz wie Pandemien, nicht vom Himmel.
Aber ich gebe natürlich zu, da von Planungsversagen zu sprechen ist etwas hart. Daher sollte ich da eher von einer nicht ausreichend gut geplante Personaldecke reden.  ;)
Zitat
Wenn hier neue Aufgaben übertragen werden sollen, die Frage nach einer Stellenausschreibung lassen wir mal außen vor, dann führt die konsequente Anwendung des Tarifrechts dazu, dass haifischflosse in die EG 10 Stufe 4 kommt. Die Stufenlaufzeit beginnt ab der Übertragung wieder bei Null.
Vor der Anwendung des Tarifrechts, kommt die Anwendung des Arbeitsrechts. Und das bedeutet, dass der AG eben nicht einfach so die neuen Aufgaben übertragen darf. Es ist eine Änderung des Arbeitsvertrages und der An kann und darf diese Übertragung ablehnen oder aushandeln, dass er sie zu geänderten Bedingungen annehmen wird.
Und natürlich kann der AG sich dann jemanden anderes suchen.
Zitat
Mit der - sachlich begründeten und notwendigen - Aufgabenübertragung nur aus einem einzigen Grund zu warten, nämlich dem, dass es dem Stelleninhaber aus persönlichem finanziellen Interesse heraus zu einem späteren Zeitpunkt besser passt, ist der Öffentlichkeit nicht zu vermitteln.
Ja, aber wenn der sachlich begründete Grund ist, dass der geeignetste (oder aktuell einzig zur Verfügung stehende) Kandidat, die Aufgaben erst zu einem späteren Zeitpunkt akzeptiert, dann ist das vermittelbar.
Und wenn man dann auch noch darlegt, dass er nicht gewillt ist auf Geld zu verzichten und durch die frühzeitige Übertragung sein Break Even Point in 5-10 Jahren ist (im TvöD eher nicht, im TV-L durchaus gegeben) und er bis dahin weniger Geld verdient, dann denke ich ist es durchaus auch der Öffentlichkeit zu vermitteln.

haifischflosse

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Die Notwendigkeit, Stellen bzw. Aufgaben anzupassen, bedeutet nicht zwangsläufig ein Planungsversagen des Arbeitgebers. Es können sich bekanntlich auch Umstände ergeben, die außerhalb der unmittelbaren Einflusssphäre liegen, bspw. Gesetzesänderungen, Finanzierungsfragen oder politische Vorgaben.

Wenn hier neue Aufgaben übertragen werden sollen, die Frage nach einer Stellenausschreibung lassen wir mal außen vor, dann führt die konsequente Anwendung des Tarifrechts dazu, dass haifischflosse in die EG 10 Stufe 4 kommt. Die Stufenlaufzeit beginnt ab der Übertragung wieder bei Null.

Mit der - sachlich begründeten und notwendigen - Aufgabenübertragung nur aus einem einzigen Grund zu warten, nämlich dem, dass es dem Stelleninhaber aus persönlichem finanziellen Interesse heraus zu einem späteren Zeitpunkt besser passt, ist der Öffentlichkeit nicht zu vermitteln.

auch für diese Einschätzung bedanke ich mich.

Zur Einordnung kann ich sagen, dass ich weder um höherwertige Aufgaben gebettelt habe, noch eine derzeitige Veränderung meines Aufgabengebietes anstrebe. Dadurch, dass 2 von 5 Tagen durch den Verwaltungslehrgang entfallen und somit "100% Arbeit" in 60% der Zeit erledigt wird und ich selbstverständlich keinerlei Unterstützung erfahre, ergibt es für mich auch recht wenig Sinn, noch mehr zu übernehmen.

Wenn das Ganze dann auch noch mit finanziellen Fallstricken und de facto Einbußen verbunden ist, werde ich das - ich denke verständlicherweise - ablehnen. Das wird auch jedem Beschäftigten der freien Wirtschaft wohl einleuchten.

Warum überhaupt so eine Situation? Weil seit 2021 für div. Stellen kein geeignetes Personal gefunden werden kann und die Fluktuation bei uns pro Jahr im Bereich 20% liegt, was das Problem weiter intensiviert. Somit ist das aktuelle Bestreben vorhandene Stellen zu stärken und aufzuwerten, damit Mitarbeiter gehalten werden können und nicht weiter abwandern.

Sollte - und davon ist auch nach Euren Einschätzungen auszugehen - eine Stufenlaufzeit dadurch zurückgesetzt werden, muss die Öffentlichkeit leider länger auf gewisse Dienstleistungen warten, da sich kein geeignetes Personal findet und das vorhandene aufgrund tarifrechtlicher (?) Restriktionen keine freiwilligen Einbußen hinnehmen wird. Die Situation betrifft (so ähnlich) übrigens noch ein paar weitere Mitarbeiter.