Autor Thema: Als Sozialarbeiter keine staatliche Anerkennung / Regulärer Weg verschlossen  (Read 2269 times)

fünfuhrtee

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Moin zusammen,
ich arbeite seit vielen Jahren in eindeutig sozialarbeiterischen Tätigkeiten und bin im öffentlichen Dienst (SuE) in einer Kommune tätig.
Beim geplanten Stellenwechsel stieß ich nun auf das Problem, dass mir die staatliche Anerkennung fehlt. Obwohl ich einen Master in Sozialer Arbeit an einer Universität erworben habe, teilt mir meine Hochschule mit, dass ich die Anerkennung aufgrund des Studienaufbaus grundsätzlich nicht erhalten könne. Man rät mir sogar, noch einmal den Bachelor nachzustudieren – an derselben Uni, an der ich meinen Master absolviert habe. Besonders irritierend finde ich, dass ich selbst Fachkräfte im Anerkennungsjahr anleiten darf.
Ab davon, dass der Stellenwechsel dann doch geklappt hat, treibt mich nun die Frage um, ob jemand von euch trotz fehlendem BA oder Diplom Soziale Arbeit doch eine staatliche Anerkennung erhalten hat (oder auch jemanden kennt, der jemanden kennt:) – sei es durch ein Dokument, eine Gleichstellungsregelung oder einen individuellen Weg über irgendeine Anerkennungsinstitution?
Oder Hat jemand bereits Erfahrungen mit einer Externenprüfung oder Gleichwertigkeitsprüfung? Wenn ja: Wo und wie lief das Verfahren ab?
Es eilt nicht, aber inzwischen ist es eine Art sportlicher Ehrgeiz geworden, das Thema zu klären. Ohne staatliche Anerkennung sind viele spannende Stellen verschlossen.
Kurz zum Hintergrund:
– Master Soziale Arbeit (Universität, kein Fern- oder Privatstudium)
– viele Jahre Berufserfahrung in der Sozialarbait, inzwischen Leitungsfunktion
Ich freue mich sehr über eure Erfahrungen, Hinweise oder Kontakte. Vielen Dank!

clarion

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Ähm wie wurdest Du ohne Bachelor zum Master zugelassen???

Fettschwanzmaki

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Nach meinem Kenntnisstand liegt es wirklich am Aufbau des Studiums, das von Hochschule zu Hochschule und von Uni zu Uni verschieden sein kann.

Du kannst den 6-semestigen B. A. absolvieren und dann ggfls. ein weiteres Jahr als "Anerkennungspraktikant" Praxiserfahrung sammeln. Auch dazu ist im Anschluss ein entsprechender schriftlicher Leistungsnachweis zu erbringen, nach Abschluss erfolgt dann die staatl. Anerkennung (also vier Jahre). Während des Anerkennungpraktikums wirst Du z. Bsp. regelmäßig supervidiert, was bei deinem Master wohl eher nicht erfolgt sein dürfte.

Dein Master-Studiengang sah damals keine staatl. Anerkennung vor. Punkt.

Lustig, dass Du jetzt noch einmal den B. A. "nachmachen" sollst, wahrscheinlich kannst Du dich dann im Praxisjahr selbst anleiten. Mach´das bitte ordentlich!

Das ist aber typisch deutsch, manche Bereiche können/dürfen/sollen nur mit "staatl. Anerkennung" "betreten" werden, da kann man noch so viel Praxiserfahrung usw. vorweisen.

Ein ehemaliger Arbeitskollege hatte das in ähnlicher Konstellation, trotz mehrere Jahre Arbeit mit schwierigster und einschlägiger Klientel "passte" sein Studienabschluss nicht zur Ausschreibung, Bewerbung von vorherein ausgeschlossen.

In manchen Kommunen oder auch staatl. Institutionen wird das mittlerweile etwas lockerer gehandhabt (Fachkräftemangel), manche wollen darauf aber auch nicht verzichten. Letztendlich schützt man natürlich auch die Arbeitskräfte, die diesen Weg damals ganz bewusst gewählt haben und "reserviert" bestimmte Arbeitsbereiche.
« Last Edit: 26.11.2025 21:30 von Fettschwanzmaki »

fünfuhrtee

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Ähm wie wurdest Du ohne Bachelor zum Master zugelassen???

intensives Studium der Zulassungsverordnung & Motivationsschreiben & Bewerbung. Beim Bachelor soziale Arbeit hat mir die gleiche Uni mit meinem Abschluss damals übrigens das zweite Semester vorgeschlagen. Also habe ich mich dann auf den Master beworben.

fünfuhrtee

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Lustig, dass Du jetzt noch einmal den B. A. "nachmachen" sollst, wahrscheinlich kannst Du dich dann im Praxisjahr selbst anleiten. Mach´das bitte ordentlich!


Darüber habe ich auch schon nachgedacht...meine Mitarbeiter/innen können ja schlecht ihren Chef anleiten - also muss ich ja wieder selber ran.

Wie geschrieben, es besteht kein Handlungsdruck, nur sportlicher Ehrgeiz einen Weg zu finden. Die Konstellation von deinem Arbeitskollegen und mir ist häufiger zu finden und betrifft ja auch Diplom Sonderpädagog/innen, Erziehungswissenschaftler/innen oder Menschen, die Erwachsenenbildung studiert haben. 

Imiak

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Da wird es wahrscheinlich keinen Weg geben, wenn dir deine Hochschule das so mitgeteilt hat. Die staatliche Anerkennung ist im jedem Bundesland irgendwie anders geregelt, für NRW (da arbeite ich) gilt da das SOBAG NRW.

Wenn man sich das mal anschaut (in § 2) wird auch klar, warum die verschiedenen Master (in NRW) nicht zu einer Anerkennung führen. Der Praxisanteil fehlt in der Regel und vor allem sehen nicht alle Masterstudiengänge das vor, was in § 2 Nr. 4 steht: "ausgewiesene Kenntnisse der relevanten deutschen Rechtsgebiete mit exemplarischer Vertiefung auf Landesebene vermittelt sowie den Erwerb administrativer Kompetenzen".
Eine Ausnahmeregelung sieht das SOBAG soweit ich das sehe da nicht vor. Nur eine Übergangsregelung, die aber für neuere Masterstudiengänge nicht greifen dürfte.

Ich kann da noch nach Bayern springen (da habe ich studiert). Das ist es das BaySozKiPädG (schön, oder?) und das beschränkt die Anerkennung gleich ganz auf Bachelor-Studiengänge und es gibt so wie ich das sehe nur eine Übergangsregelung für alte Diplom-Studiengänge - und aufgrund dieser hab ich die Anerkennung erhalten, als das dann doch mal eine Rolle gespielt hat.

Schau in das für dich gültige Gesetz (https://de.wikipedia.org/wiki/Staatliche_Anerkennung_(Sozialarbeiter)). Wenn das keine passende Regelung vorsieht, ist der Weg zur staatlichen Anerkennung mit einem Master oder irgendetwas anderem versperrt. Dafür ist natürlich das Bundesland in dem du studiert hast ausschlaggebend, nicht das wo du jetzt wohnst/arbeitest.

Nebenbei bemerkt sehe ich keinen Grund, warum alle möglichen irgendwie auch "sozialen" Tätigkeiten nun staatlich anerkannte Sozialarbeiter werden sollten.

Zitat
Besonders irritierend finde ich, dass ich selbst Fachkräfte im Anerkennungsjahr anleiten darf.
Ich kenne das tatsächlich nur so, dass Bachelor in Sozialer Arbeit oder Diplom-Sozialpädagogen/-arbeiter als Anleiter tätig sein dürfen. Also nur die, die selbst eine Anerkennung besitzen. Entweder das ist bei dir irgendwie anders oder es schaut jemand nicht so genau hin.

« Last Edit: 27.11.2025 12:12 von Imiak »

Flying

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Wo hast du denn deinen Bachelor gemacht und was fehlt für eine staatliche Anerkennung?

Ich habe meinen Bachelor in den Niederlanden gemacht und konnte anschließend über die FH Osnabrück meine staatliche Zulassung beantragen. Im Master hat man mir auch gesagt, dass der Master alleine keine staatliche Anerkennung mit sich bringen würde.

Fettschwanzmaki

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Zitat von: fünfuhrtee
intensives Studium der Zulassungsverordnung & Motivationsschreiben & Bewerbung. Beim Bachelor soziale Arbeit hat mir die gleiche Uni mit meinem Abschluss damals übrigens das zweite Semester vorgeschlagen. Also habe ich mich dann auf den Master beworben.

War das dann berufsbegleitend? Wurden keine ECTS für den Master benötigt? Hast Du vorher den B. A. in Soz.Arbeit studiert?

"Bewerbung" und "Motivationsschreiben" habe ich schon mal gehört, auch eine Zulassungsverordnung habe ich mir auch schon einmal angeschaut, aber das alleine reicht ohne ECTS nach meiner Kenntnis für einen Master nicht aus.

Mit den bisherigen Infos kann ich das nicht nachvollziehen, aber es interessiert mich generell.

Zitat von: Imiak
BaySozKiPädG

Sogar sehr schön!

Zitat
Nebenbei bemerkt sehe ich keinen Grund, warum alle möglichen irgendwie auch "sozialen" Tätigkeiten nun staatlich anerkannte Sozialarbeiter werden sollten.

Ich sehe das ähnlich kritisch.

Sonderpädagogik, Erziehungswissenschaften oder Erwachsenenbildung (u. ä.) haben vorrangig andere "Zielgruppen" im Blick. Als Augenarzt operiere ich ja auch keine Füße. Trotzdem hat beides irgendwie mit dem menschlichen Körper zu tun.

Zitat
Ich kenne das tatsächlich nur so, dass Bachelor in Sozialer Arbeit oder Diplom-Sozialpädagogen/-arbeiter als Anleiter tätig sein dürfen. Also nur die, die selbst eine Anerkennung besitzen. Entweder das ist bei dir irgendwie anders oder es schaut jemand nicht so genau hin.

Zum Glück habe ich das überlesen.



Imiak

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Zitat
Sonderpädagogik, Erziehungswissenschaften oder Erwachsenenbildung (u. ä.) haben vorrangig andere "Zielgruppen" im Blick. Als Augenarzt operiere ich ja auch keine Füße. Trotzdem hat beides irgendwie mit dem menschlichen Körper zu tun.
So ist es. Ich komme ja auch nicht an und will jetzt, weil ich irgendwie mal länger mit behinderten Menschen gearbeitet habe, Lehrer in einer Förderschule werden. Den Weg dahin mag es geben, aber der beinhaltet vermutlich mehr als nur ein wenig Erfahrung in der Arbeit mit behinderten Menschen.
Bei Pädagogen/Erziehungswissenschaftlern - das weiß ich aus eigener Erfahrung - hapert es häufig vor allem an den Rechtskenntnissen (Familien-, Straf- und Sozialrecht). Bei einem Sonderpädagogen wird das ähnlich sein. Erwachsenenbildung kenne ich nur als Master.
Und da liegt dann auch der Hund begraben. Kein Masterstudiengang in Sozialer Arbeit vermittelt die im Bachelor vermittelten Grundkenntnisse - und um die geht es bei der Anerkennung hauptsächlich - noch einmal. Dafür sind die ja auch nicht gedacht.

(Ich habe übrigens selbst eine ehemalige Kollegin, die Kindheitspädagogik im Bachelor und Soziale Arbeit im Master studiert hat. Die hatte sich auch erkundigt, ob sie die staatliche Anerkennung bekommen kann - keine Chance.)

Ich kenne übrigens nur einen Bereich, in dem "meine" Kommune die staatliche Anerkennung tatsächlich noch halbwegs zwingend vorausgesetzt hat: Das Jugendamt. Und selbst da arbeiten mittlerweile auch Nicht-Sozialarbeiter, weil man die Stellen im ASD sonst gar nicht mehr besetzt bekommt. Der TE schreibt leider nicht, um welche Bereiche es bei ihm geht - das würde mich aber tatsächlich interessieren.

fünfuhrtee

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Jetzt war ich einige Tage nicht hier und habe spannende Antworten verpasst – vielen Dank für eure Beiträge und sorry fürs nicht antworten.

Zu eurem Input Studienordnungen: habe ich ausführlich  studiert und es scheint tatsächlich keinen Weg zu geben. Aber irgendwann ist ja der sportliche Ehrgeiz geweckt...es geht ja in ganz vielen anderen Bereichen auch.

Zu der Frage der Ausbildung: Wie geschrieben habe ich keinen Bachelor und kein Diplom in der sozialen Arbeit. Mein Weg ging ging über den Umweg erstes und zweites Staatsexamen Lehramt und von da zur sozialen Arbeit und da schließlich über Teamleitung zur Abteilungsleitung in unterschiedlichen Fachgebieten bei verschiedenen Trägern. Dabei bin ich natürlich in den unterschiedlichsten Rechtsgebieten fit geworden und jetzt seit über einem viertel Jahrhundert Sozialarbeiter.
 
Als mir damals klar wurde, ich will im sozialen bleiben kam das Thema Qualifizierung auf. Vorschlag der Uni war Einstieg 2tes Semester Bachelor ohne Anerkennung von Scheinen in Vollzeit. Da die Studienordnung auch den Master berufsbegleitend zuließ, habe ich damit angefangen und war drei Jahre später fertig. Zur Zulassung...keine Ahnung, wie die das mit ECTS gemacht haben(ehrlicherweise habe ich spontan auch keine Ahnung, was ein ECTS ist). Ich habe mich beworben, meine Zeugnisse beigelegt und hatte die Zulasung. Und ein Semesterticket. War damals der erste Masterstudiengang soziale Arbeit und alles war neu...nochmal zum Thema berufsbegleitend: War von der Uni so angeboten - ich habe dafür auf 32 Std. reduziert und war einmal in der Woche und an diversen Wochenenden auf dem Campus. Zu Vollständigkeit: Richtige Uni - kein Fern- oder Bezahlstudium.


InfHorst

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Zitat
Richtige Uni

So rein interessehalber, um welche richtige Uni handelt es sich da?

bricke

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Hallo,

noch eine Info zur staatlichen Anerkennung - Bundesland Hessen: Ich habe in Hessen berufsbegleitend sowohl einen Bachelor Soziale Arbeit wie auch einen Master absolviert. Trotz der parallel ausgeübten Berufstätigkeit im sozialen Bereich - und natürlich Bereitschaft, hierzu auch eine Bericht zu schreiben - hätte ich das Anerkennungsjahr machen müssen. "Wenn Sie einen hessischen Hochschulabschluss in einem Studiengang der Sozialen Arbeit sowie eine Praxisphase nach § 2 Absatz 2 des Sozialberufeanerkennungsgesetzes absolviert haben, können Sie die staatliche Anerkennung an Ihrer Hochschule beantragen."

Da dies weder persönlich noch beruflichen in meine Planung gepasst hat, habe ich auf die staatliche Anerkennung verzichtet, habe sie allerdings auch nicht gebraucht. Was mich nur irritiert ist die höchst unterschiedliche Vorgehensweise in den Bundesländern: In Hessen zwangsweise Anerkennungsjahr, in anderen Bundesländern wird die Anerkennung mit Bachelor-Abschluss Soziale Arbeit "geschenkt".

Viel Erfolg dem Postersteller beim Recherchieren  :)

Fettschwanzmaki

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Das erklärt vieles, wenn auch nicht alles.

Das ist ja schon eine gefühlte Ewigkeit her und passt zu Deiner Unkenntnis...  ;D

ECTS = European Credit Transfer System = Metrik für Studienleistungen = Bologna-Prozess 1999.

Ebenso passt "berufsbegleitend" und "Einführung als erster Studiengang an der Uni" - "denn sie wussten nicht, was sie tun".

In verschiedenen Disziplinen ist das in ähnlicher Konstellation auch heute noch möglich. Oftmals liegen aber Zugangsvoraussetzungen bei einem berufsbegleitenden Master vor (einschlägige Berufserfahrung, 180 ECTS u. a.).

Und egal, wie "sportlich" Du bist: ich sehe da wenig Chancen, auf einen anderen Weg die staatl. Anerkennung zu erhalten. Evtl. mal das BL wechseln und dort luschern (s. Vorposting), der Föderalismus treibt mitunter ja seltsame Blüten, die man nicht verstehen muss (oder kann).


SozPädinJH

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Was mich nur irritiert ist die höchst unterschiedliche Vorgehensweise in den Bundesländern: In Hessen zwangsweise Anerkennungsjahr, in anderen Bundesländern wird die Anerkennung mit Bachelor-Abschluss Soziale Arbeit "geschenkt".

Viel Erfolg dem Postersteller beim Recherchieren  :)

In vielen Studiengängen ist das Anerkennungsjahr durch Praxissemester oder Projektarbeiten integriert. Sie erlangen auch über Praxisanteile die staatliche Anerkennung, aber eben nicht durch ein klassisches Anerkennungsjahr. In Niedersachsen gibt es das Anerkennungsjahr auch noch und auch kein "Drum herum kommen".
Wir als Einrichtung regeln dies bei unseren studierenden ErzieherInnen jedoch so, dass sie einfach weiter in auf ihrer Stelle als ErzieherIn arbeiten und nur formal für die Uni als AnerkennungspraktikantInnen gelten. Damit haben dann beide Seiten einen Gewinn davon.