Ah, Stufenzuordnung – ein sehr schwieriges und komplexes Thema.
Was ich in diesem Zusammenhang aber einfach nicht mehr hören kann, ist die Aussage: „Ich bin vor einiger Zeit schon höher gruppiert worden, und habe dabei eben auch Erfahrungsstufe verloren.“ (Zitat)
Das ist im TV-L eben so geregelt und wenn einem das nicht gefällt, dann kann man zu einem TVöD-Arbeitgeber wechseln oder sich in den Gewerkschaften engagieren, um die stufengleiche Höhergruppierung im TV-L in den nächsten Tarifverhandlungen durchzusetzen. Bis dahin müssen wir eben mit dem leben, was wir haben.
Kommen wir jetzt zum konkreten Fall: Zunächst ist mir nicht ganz klar, was ein „Einspruch“ sein soll. Das erinnert mich an unsere tarifbeschäftigten Lehrkräfte, die gern mal „Widerspruch“ einlegen, wenn denen etwas nicht passt. Einspruch verbinde ich irgendwie mit Gerichtsverhandlungen und Widerspruch gibt es nur im Verwaltungsrecht. Hier sind wir aber im Arbeitsrecht und da gibt es das alles nicht, wenn man im Arbeitsrecht etwas durchsetzen will, muss man direkt Klage vor einem Arbeitsgericht erheben, alles andere fällt unter die Kategorie „unverbindliche Anfrage“, selbst wenn „Einspruch“ oder „Widerspruch“ darüber steht.
Ein gerichtlich durchsetzbarer Anspruch auf eine bestimmte Stufe besteht laut den Regelungen im TV-L nach meiner Meinung nur, wenn eine einschlägige Berufserfahrung vorliegt, also eine vergleichbare Tätigkeit ausgeübt wurde, die mit der gleichen Entgeltgruppe bewertet wurde. Das ist hier wohl nicht der Fall, also wäre Stufe 1 bei einer Neueinstellung korrekt und mindestens die Stufe 2 bei einer Umsetzung/Versetzung mit Höhergruppierung (§ 17 Abs. 4 Satz 1 TV-L). Bei einer Umsetzung/Versetzung mit anschließender Höhergruppierung könnte sich durchaus auch eine höhere Stufe ergeben, wenn man bereits eine hohe Stufe hatte und den Regelungen zur Höhergruppierung in § 17 Abs. 4 TV-L folgt.
Alles andere (förderliche Zeiten und Stufenvorweggewährungen) sind „kann-Regelungen“.
Da der Fachkräftemangel mittlerweile auch im öffentlichen Dienst angekommen ist, können die TV-L-Arbeitgeber dieses Instrument oft auch eigenverantwortlich nutzen – früher musste so was noch vom Finanzministerium genehmigt werden. Voraussetzung für die Anwendung dieser „kann-Regelungen“ ist aber, dass der Bewerber vor der Vertragsunterzeichnung schriftlich zum Ausdruck bringt, dass er oder sie das Einstellungsangebot ansonsten nicht annimmt.
Dann kann der Arbeitgeber förderliche Zeiten anrechnen oder eine Stufenvorweggewährung nach § 16 Abs. 5 TV-L machen, wenn er genau diesen Bewerber unbedingt haben möchte, er kann aber auch sagen: Nun gut, wir haben noch genügend andere geeignete Bewerber, dann bekommt halt der nächste das Einstellungsangebot.
Jetzt noch etwas aus unserer täglichen Praxis: Die Stufe steht nie im Arbeitsvertrag. Bei der Anrechnung von förderlichen Zeiten nach § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L wird allerdings eine entsprechende Nebenabrede in den Vertrag aufgenommen und bei Stufenvorweggewährungen nach § 16 Abs. 5 TV-L gibt es ein gesondertes Schreiben, da diese Zulagen laut TV-L auch jederzeit widerruflich sind.
Abschließend @clarion und @MoinMoin: Nix mit „pacta sunt servanda“. Die im Vertrag stehende Eingruppierung und ggf. Stufe hat nur deklaratorischen Charakter und ist nicht unbedingt bindend, dazu gibt es auch höchstrichterliche Urteile, die ich jetzt spontan leider nicht gefunden habe (privat habe ich leider keinen Juris-Zugang). Maßgebend ist die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit und deren Bewertung laut Entgeltordnung des TV-L sowie die oben genannten Regelungen zur Stufenzuordnung.