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Allgemeines und Sonstiges => allgemeine Diskussion => Thema gestartet von: Frauken am 15.02.2021 16:30

Titel: Frage zum Bereitschaftsdienst
Beitrag von: Frauken am 15.02.2021 16:30
Guten Abend,
ich hätte mal eine Frage zum Bereitschaftsdienst (TVÖD-K). Wie verhält sich folgender Sachverhalt:

Normalerweise Einsatz beim Bauhof (Straßenreinigung, Grünschnitt), während Oktober - Ostern zusätzlich Winterdienst. 39 Wochenstunden stehen im Arbeitsvertrag, andere Aufgaben können zugeteilt werden. Soweit so gut.

Oktober hieß es wegen vieler krankheitsbedingter Ausfälle, dass wir nun alle auch am Wochenende bereit sein sollen. So wirklich Bereitschaft gibt es nicht angeordnet, der Leiter sagt halt, wir sollen das Telefon dabei haben und binnen 1 Stunde ggf. am Haus sein um streuen zu können.

Da das jetzt schon ewig geht, mehrere Fragen:

- Muss ich tatsächlich unbezahlt und ohne Stunden jederzeit am WE abrufbereit sein? Chef sagt, wegen Corona könne man ja am Wochenende sowieso nix machen, allerdings habe ich Haus und Familie, bei mir gibt es immer was zu tun.

- Ich habe jetzt viele Überstunden bekommen und bisher nur Zuschläge, wenn ich abends im Einsatz war. Tagsüber am Wochenende nicht.

- Wann kann man die Stunden abfeiern? Bei uns macht jeder irgendwie, wie er mag, einer lässt sich ständig was auszahlen, anderer lässt sie auf dem Konto, ich bin unsicher, was besser ist.

Danke.
Titel: Antw:Frage zum Bereitschaftsdienst
Beitrag von: Spid am 15.02.2021 16:39
Dann hat der Vorgesetzte Rufbereitschaft angeordnet. Ob der AG sich das zurechnen lassen muß, kommt auf die Umstände des Einzelfalls an. Ich würde dazu tendieren, daß dem so ist. Mithin besteht Anspruch auf die entsprechende Vergütung.

Handelt es sich tatsächlich um Überstunden im Tarifsinne?
Titel: Antw:Frage zum Bereitschaftsdienst
Beitrag von: Frauken am 15.02.2021 16:45
Dann hat der Vorgesetzte Rufbereitschaft angeordnet. Ob der AG sich das zurechnen lassen muß, kommt auf die Umstände des Einzelfalls an. Ich würde dazu tendieren, daß dem so ist. Mithin besteht Anspruch auf die entsprechende Vergütung.

Handelt es sich tatsächlich um Überstunden im Tarifsinne?

Nun, also wir arbeiten ganz normal unter der Woche 39 Wochenstunden, ein Zeitausgleich von den am Wochenende (meistens Freitags nachmittags oder abends oder Samstags bei mir) anfallenden Stunden ist in der darauf folgenden Woche garnicht möglich, das heißt, die Zeit läuft ganz normal aufs Konto.

Ich glaub bei uns sind die Begrifflichkeiten kaum jemandem wirklich bekannt, da wird alles was über 39 Wochenstunden ist, als "Überstunden" beschrieben, glaube das interessiert auch irgendwie niemanden, also es läuft aufs Konto, ab und an macht man mal einen Gleittag und feiert die Stunden ab, andere lassen es auszahlen (aber ohne Zulage oder dergleichen).
Titel: Antw:Frage zum Bereitschaftsdienst
Beitrag von: Spid am 15.02.2021 16:55
Wenn die Arbeitsstunden angeordnet sind und über die WAZ Vollzeitbeschäftigter hinausgehen, sind es grundsätzlich Überstunden.
Titel: Antw:Frage zum Bereitschaftsdienst
Beitrag von: Frauken am 15.02.2021 17:10
Ok, also wir haben jetzt keine schriftliche Anordnung oder dergleichen, aber das ganze läuft bei uns halt einfach immer mündlich ab, Chef kommt rein, sagt "Wochenende bereit halten" und damit ist alles gesagt. Es ist also nicht etwa so, dass wir jetzt Samstags arbeiten und dann kommende Woche drauf den zB Donnerstag oder so frei haben. Somit heißt es, hat man immer über 39 Wochenstunden bei Vollzeit.
Titel: Antw:Frage zum Bereitschaftsdienst
Beitrag von: Spid am 15.02.2021 17:13
Bei der Anordnung bedarf es nicht der Schriftform.
Titel: Antw:Frage zum Bereitschaftsdienst
Beitrag von: Frauken am 15.02.2021 17:26
Ok, das denke ich mir, man muss ja nicht alles schriftlich machen. Eine mündliche Anweisung reicht mir persönlich auch völlig aus. Aber das entbindet nicht davon, dass es Arbeitszeit ist, wenn es heißt, ich soll von 8-20 Uhr per Telefon verfügbar sein und binnen 1 Stunde am Einsatzort sein? Also für mich ist es nerviger als wenn ich einfach für X Stunden arbeiten würde, da ich am Wochenende somit nicht mal eine Waschmaschine anstellen kann, wenn ich nicht weiß, ob ich in 1 Stunde die Wäsche aufhängen kann.
Titel: Antw:Frage zum Bereitschaftsdienst
Beitrag von: Spid am 15.02.2021 17:29
Es ist keine Arbeitszeit. Es ist Rufbereitschaft - und entsprechend als solche zu vergüten. Ebenso wie die tatsächliche Inanspruchnahme während der Rufbereitschaft als Arbeitszeit zuzüglich Zuschlägen zu vergüten ist. Beides schriftlich unter Fristsetzung vom AG einfordern, bei Nichterfüllung Lohnklage vor dem ArbG erheben.
Titel: Antw:Frage zum Bereitschaftsdienst
Beitrag von: Frauken am 15.02.2021 17:34
Es ist keine Arbeitszeit. Es ist Rufbereitschaft - und entsprechend als solche zu vergüten. Ebenso wie die tatsächliche Inanspruchnahme während der Rufbereitschaft als Arbeitszeit zuzüglich Zuschlägen zu vergüten ist. Beides schriftlich unter Fristsetzung vom AG einfordern, bei Nichterfüllung Lohnklage vor dem ArbG erheben.

Ah ok.

Also beispielsweise: Rufbereitschaft von 8-20 Uhr und tatsächlich werde ich z.B. von 16-20 Uhr abgerufen:

Rufbereitschaft muss vergütet werden von 8-16 Uhr und tatsächliche Arbeitszeit (Überstunden) mit Zulage für angeordnete Überstunden von 16-20 Uhr?
Titel: Antw:Frage zum Bereitschaftsdienst
Beitrag von: Spid am 15.02.2021 17:42
Für die Rufbereitschaft von 8-20 Uhr wird eine tägliche Pauschale je Entgeltgruppe bezahlt. Sie beträgt für die Tage Montag bis Freitag das Zweifache, für Samstag, Sonntag sowie für Feiertage das Vierfache des tariflichen Stundenentgelts nach Maßgabe der Entgelttabelle. Für die tatsächliche Inanspruchnahme wird die Zeit jeder einzelnen Inanspruchnahme einschließlich der hierfür erforderlichen Wegezeiten  jeweils  auf  eine  volle  Stunde  gerundet und  mit  dem Entgelt für Überstunden sowie mit etwaigen Zeitzuschlägen bezahlt.
Titel: Antw:Frage zum Bereitschaftsdienst
Beitrag von: Frauken am 15.02.2021 17:44
Für die Rufbereitschaft von 8-20 Uhr wird eine tägliche Pauschale je Entgeltgruppe bezahlt. Sie beträgt für die Tage Montag bis Freitag das Zweifache, für Samstag, Sonntag sowie für Feiertage das Vierfache des tariflichen Stundenentgelts nach Maßgabe der Entgelttabelle. Für die tatsächliche Inanspruchnahme wird die Zeit jeder einzelnen Inanspruchnahme einschließlich der hierfür erforderlichen Wegezeiten  jeweils  auf  eine  volle  Stunde  gerundet und  mit  dem Entgelt für Überstunden sowie mit etwaigen Zeitzuschlägen bezahlt.

Krass. Ok.....Danke! Das hat einem kein Mensch mal erklärt. Es heißt immer nur: Ihr könnt doch sowieso momentan nichts machen.


Ich habe mir das hier mal durchgelesen:
https://www.haufe.de/oeffentlicher-dienst/tvoed-office-professional/tvoed-at-8-ausgleich-fuer-sonderformen-der-arbeit_idesk_PI13994_HI1413411.html

Das würde doch heißen, bei angeordneten Überstunden nachts in der EG 6 (bei mir) bekomme ich 50 % Zuschlag, derzeit bekomme ich irgendwas um die 20 Prozent, also nur den Nachtzuschlag. 
Titel: Antw:Frage zum Bereitschaftsdienst
Beitrag von: Spid am 15.02.2021 17:47
Das ist zutreffend. Besser wäre es aber, nicht irgendwo im Internet nach so etwas zu schauen, sondern den Tarifvertrag selber zur Hand zu nehmen - wo derlei geregelt ist.
Titel: Antw:Frage zum Bereitschaftsdienst
Beitrag von: Frauken am 15.02.2021 17:49
Das ist zutreffend. Besser wäre es aber, nicht irgendwo im Internet nach so etwas zu schauen, sondern den Tarifvertrag selber zur Hand zu nehmen - wo derlei geregelt ist.

Klar werde ich auch tun. Bisher hab ich wohl immer naiv gedacht: Das wird schon passen so wie es ist.