Forum Öffentlicher Dienst

Beschäftigte nach TVöD / TV-L / TV-H => TV-L => Thema gestartet von: wissenschaftler am 20.10.2022 21:22

Titel: Nicht anerkannte Berufserfahrung aus früherer Werkstudententätigkeit
Beitrag von: wissenschaftler am 20.10.2022 21:22
Ich arbeite seit Anfang des Jahres als wissenschaftlicher Mitarbeiter (E13/1) an einer Universität im Rahmen meiner Promotion.

Ich habe etwa 1,5 Jahre (umgerechnet auf 40h-Wochen) Berufserfahrung als Werkstudent während meines Masterstudiums. Mein Arbeitgeber erkennt mir diese Arbeitserfahrung nicht an mit Verweis auf die Maßgaben meiner Universität hinsichtlich der Tarifverträge. Hier gelten Tätigkeiten als studentische Hilfskraft nicht als einschlägige Berufserfahrung.

Diese Maßgaben besagen jedoch auch, dass einschlägige Berufserfahrung durch mind. 51 % dieselben wahrgenommenen Aufgaben definiert ist. In meinem Fall überschneiden sich die Aufgaben zu weit größeren Anteilen, da ich im selben Forschungsprojekt in der gleichen Rolle arbeite (allerdings mit unterschiedlichem Funding, außerdem war mein früherer Arbeitgeber nicht die Universität). Dies kann ich in Ansätzen nachweisen. Meines Erachtens widersprechen die Maßgaben meiner Universität hier den darüberliegenden Tarifverträgen.

Ich sehe wenig Interesse seitens meines Arbeitgebers, einen Präzedenzfall zu schaffen, der ihren Richtlinien widerspricht. Nochmal freundlich nachfragen wird also von wenig Erfolg gekrönt sein. Würdet ihr mir empfehlen, einen Anwalt für Arbeitsrecht zu konsultieren? Wie liefe so etwas ab? Der Streitwert ist ja relativ gering.
Titel: Antw:Nicht anerkannte Berufserfahrung aus früherer Werkstudententätigkeit
Beitrag von: clarion am 20.10.2022 22:36
Hast Du Studierender wirklich eigenständig Forschung betrieben, oder eher angeleitet Teilaspekte bearbeitet?

Stufen muss man auch vor Vertragsabschluss verhandeln. Förderliche Zeiten kann der AG anerkennen,  muss er aber nicht. Aufgrund des Fachkräftemangel werden auch manchmal Stufen vorweg gewährt, aber auch das muss man verhandeln.  Ich fürchte, ,Du wirst nur im Rahmen von Bleibeverhandlungen etwas erreichen können.
Titel: Antw:Nicht anerkannte Berufserfahrung aus früherer Werkstudententätigkeit
Beitrag von: E15TVL am 20.10.2022 23:13
Würdet ihr mir empfehlen, einen Anwalt für Arbeitsrecht zu konsultieren?
Nein, du würdest sang- und klanglos untergehen und eventuell noch bei deinem AG in Ungnade fallen. Und selbst wenn man dir die 1,5 Jahre als „einschlägige Berufserfahrung“ oder als „förderliche Zeiten“ vor Vertragsabschluss anerkannt hätte, wärst du trotzdem nur in Stufe 2 gelandet - eine Ersparnis von einem Jahr. Dem stehen imho Anwaltskosten und Stress nicht im Verhältnis gegenüber.
Titel: Antw:Nicht anerkannte Berufserfahrung aus früherer Werkstudententätigkeit
Beitrag von: Coffee86 am 21.10.2022 06:40
Ich sehe hier auch nicht, wo man da jetzt einschlägige Berufserfahrung ableiten könnte. Am Ende müsste man die Tätigkeitsbeschreibungen abgleichen, aber ich denke, da würde nichts zustande kommen. Noch dazu da ich die "Umrechnung auf eine 40h/Woche" nicht ganz verstehe. Personalgewinnungsinteresse besteht auch nicht (mehr). Des Weiteren bist du ein wenig spät dran wenn dein AV seit Anfang des Jahres besteht (Stichwort Ausschlussfrist §37 TV-L).
Titel: Antw:Nicht anerkannte Berufserfahrung aus früherer Werkstudententätigkeit
Beitrag von: WasDennNun am 21.10.2022 06:54
Schätze ein Richter wird fragen, wie man Berufserfahrung haben soll, wenn man noch keinen Beruf erlernt hat.
Auszubildende die übernommen werden stehen, vor dem gleichem Problem.
Anerkennung als Förderliche Zeiten hast du ja verpasst und eine Zulage nach 16.5 werden sie dir nicht geben, weil du ja durch deine Promotion genug gebunden bist.
Titel: Antw:Nicht anerkannte Berufserfahrung aus früherer Werkstudententätigkeit
Beitrag von: wissenschaftler am 21.10.2022 09:11
Danke für die Antworten!

Hast Du Studierender wirklich eigenständig Forschung betrieben, oder eher angeleitet Teilaspekte bearbeitet?
Ja. Ich arbeite beinahe zu 100% an denselben Dingen, damals und heute. Ich war Werkstudent in einem Forschungslabor, in dem ich ein Projekt leitete. Dieses Projekt ist nun meine Promotion.

Stufen muss man auch vor Vertragsabschluss verhandeln. Förderliche Zeiten kann der AG anerkennen,  muss er aber nicht. Aufgrund des Fachkräftemangel werden auch manchmal Stufen vorweg gewährt, aber auch das muss man verhandeln.
Die Anrechnung von förderlichen Zeiten habe ich als unrealistisch eingeschätzt, da wir genügend Bewerber haben und ich auch ohne diese Erfahrung eingestellt worden wäre. Dies ändert allerdings nichts daran, dass die Berufserfahrung von Vorteil für die Tätigkeit ist.

Würdet ihr mir empfehlen, einen Anwalt für Arbeitsrecht zu konsultieren?
Nein, du würdest sang- und klanglos untergehen […]
Wieso? Wegen des geringen Streitwerts? Ich bin ja im Recht, da ich die Arbeitserfahrung habe, sie meinem Arbeitgeber zugute kommt, aber nicht vergütet wird.

[…] und eventuell noch bei deinem AG in Ungnade fallen.
Solche politischen Gründe sehe ich als Hauptproblem.

Und selbst wenn man dir die 1,5 Jahre als „einschlägige Berufserfahrung“ oder als „förderliche Zeiten“ vor Vertragsabschluss anerkannt hätte, wärst du trotzdem nur in Stufe 2 gelandet - eine Ersparnis von einem Jahr. Dem stehen imho Anwaltskosten und Stress nicht im Verhältnis gegenüber.
Die Anwaltskosten sehe ich ebenfalls als weiteres Problem (aufgrund des Risikos, zu scheitern).

Ich sehe hier auch nicht, wo man da jetzt einschlägige Berufserfahrung ableiten könnte. Am Ende müsste man die Tätigkeitsbeschreibungen abgleichen, aber ich denke, da würde nichts zustande kommen.
Ich arbeite praktisch zu 100% an den gleichen Dingen. Ich kann mir keine einschlägigere Tätigkeit auf dieser Welt vorstellen, da ich genau in dem gleichen Projekt in der gleichen Rolle arbeite.

Noch dazu da ich die "Umrechnung auf eine 40h/Woche" nicht ganz verstehe.
Ich habe die abgerechneten Stunden summiert und durch 40h geteilt. Dies ergibt die Anzahl der Arbeitswochen relativ zu einer Vollzeitstelle.

Des Weiteren bist du ein wenig spät dran wenn dein AV seit Anfang des Jahres besteht (Stichwort Ausschlussfrist §37 TV-L).

Es ist für mich ausreichend, wenn eine etwaige Änderung sechs Monate rückwirkend eintritt. Die höhere Stufe kommt mir ja über meine gesamte tarifliche Laufbahn zugute.

Schätze ein Richter wird fragen, wie man Berufserfahrung haben soll, wenn man noch keinen Beruf erlernt hat.
Auszubildende die übernommen werden stehen, vor dem gleichem Problem.
Ich hatte einen berufsqualifizierenden Hochschulabschluss. Somit ist der Fall anders gelagert als bei Auszubildenenden.

Rehm-Kommentar zum TV-L:
Zitat
Die Beschäftigung als studentische Hilfskraft erfolgt jedoch vor dem berufsqualifizierenden Abschluss, so dass eine Berufserfahrung nicht vorliegen kann. Damit ist die Anerkennung ausgeschlossen. Anders stellt sich die Lage bei der wissenschaftlichen Hilfskraft dar. Deren Einstellung erfolgt erst nach dem Hochschulabschluss. Einschlägigkeit wird meist zu bejahen sein, wenn eine der Qualifikation entsprechende Tätigkeit wahrgenommen wird. […]. Die Beschäftigung als wissenschaftliche Hilfskraft ist als Zwischenlösung aus Haushaltsgründen im Hochschulbereich keine Seltenheit. Es ist nicht zu rechtfertigen, wenn die Betroffenen aus Gründen, die sie nicht beeinflussen können, Nachteile hinnehmen müssen.
Quelle:  https://www.rehm-verlag.de/eLine/portal/start.xav?start=%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27tvlhd_865ff48cb485a040451a4c466958441f%27%5D  (https://www.rehm-verlag.de/eLine/portal/start.xav?start=%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27tvlhd_865ff48cb485a040451a4c466958441f%27%5D)

Nächste Schritte:
Vielleicht ist es sinnvoll, nochmal freundlich bei der Personalabteilung nachzufragen? Bislang existiert nur eine sehr kurze Korrespondenz bei meiner Einstellung über das offizielle Formular.

Die Eingruppierungsentscheidung traf übrigens eine Sachbearbeiterin der Personalabteilung. Die Vorgesetzten meines Lehrstuhls erkennen mir die Berufserfahrung vermutlich durchaus an. Ich möchte allerdings ungerne meinen Professor stark in diese etwas mühselige Angelegenheit involvieren.
Titel: Antw:Nicht anerkannte Berufserfahrung aus früherer Werkstudententätigkeit
Beitrag von: Albeles am 21.10.2022 09:34
Dein Zitat:
Wieso? Wegen des geringen Streitwerts? Ich bin ja im Recht, da ich die Arbeitserfahrung habe, sie meinem Arbeitgeber zugute kommt, aber nicht vergütet wird.


Dann bist Du im ÖD eh falsch. Weil Dir von Anfang an das Gehalt vorenthalten wird, durch das durchlaufen des Stufensystems  ;)
Und ob Du Recht hast, muss im Zweifelsfall ein Richter klären. Wobei zu beachten ist, "Recht haben", heißt nicht immer Recht zu bekommen.

Titel: Antw:Nicht anerkannte Berufserfahrung aus früherer Werkstudententätigkeit
Beitrag von: Organisator am 21.10.2022 10:45
Rehm-Kommentar zum TV-L:
Zitat
Die Beschäftigung als studentische Hilfskraft erfolgt jedoch vor dem berufsqualifizierenden Abschluss, so dass eine Berufserfahrung nicht vorliegen kann. Damit ist die Anerkennung ausgeschlossen. Anders stellt sich die Lage bei der wissenschaftlichen Hilfskraft dar. Deren Einstellung erfolgt erst nach dem Hochschulabschluss. Einschlägigkeit wird meist zu bejahen sein, wenn eine der Qualifikation entsprechende Tätigkeit wahrgenommen wird. […]. Die Beschäftigung als wissenschaftliche Hilfskraft ist als Zwischenlösung aus Haushaltsgründen im Hochschulbereich keine Seltenheit. Es ist nicht zu rechtfertigen, wenn die Betroffenen aus Gründen, die sie nicht beeinflussen können, Nachteile hinnehmen müssen.


Ich habe etwa 1,5 Jahre (umgerechnet auf 40h-Wochen) Berufserfahrung als Werkstudent während meines Masterstudiums.

Somit widerspricht der Kommentar deiner Auffassung. Du hast während des Masterstudiums gearbeitet und nicht wie im Kommentar genannt, erst nach Abschluss. Somit konntest du als studentische Hilfskraft nicht auf Niveau eines wissenschaftlichen Hochschulabschlusses arbeiten und demzufolge keine einschlägige Berufserfahrung sammeln.
Titel: Antw:Nicht anerkannte Berufserfahrung aus früherer Werkstudententätigkeit
Beitrag von: WasDennNun am 21.10.2022 11:50
Schätze ein Richter wird fragen, wie man Berufserfahrung haben soll, wenn man noch keinen Beruf erlernt hat.
Auszubildende die übernommen werden stehen, vor dem gleichem Problem.
Ich hatte einen berufsqualifizierenden Hochschulabschluss. Somit ist der Fall anders gelagert als bei Auszubildenenden.
Welchen Beruf hattest du während der Ausübung der Tätigkeiten die du jetzt als einschlägige Berufserfahrung anerkannt bekommen möchtest?
Du warst als Werkstudent eingestellt? Und hast somit auch "nur" Tätigkeiten eines Werkstudenten übertragenen bekommen und ausgeübt?

Ich denke der Richter wird darauf abstellen, dass du keine einschlägige Berufserfahrung erwerben konntest, da du ja nicht den Beruf ausgeübt hast, sondern "nur" Erfahrungen in gleichgelagerten Tätigkeit.

Förderliche Zeiten also wolltest du nicht, wäre aber eleganter gegangen.

Bleibt nur noch Zulage nach §16.5

Aber wie schon geschrieben: Hättest du die einschlägige Berufserfahrung, dann würdest du jetzt in Stufe 2 sein, hättest also in der Tat ein Jahr gewonnen, nicht mehr und weniger.

Ich fände es gut, wenn du dich da durchklagst, damit da mal ein Zeichen gesetzt wird, denke aber du wirst mindestes zum LAG gehen müssen, da die erste Instanz, es aufgrund obiger Begründung platt abbügeln wird (so meine unmassgebliche Einschätzung)
Titel: Antw:Nicht anerkannte Berufserfahrung aus früherer Werkstudententätigkeit
Beitrag von: Isie am 21.10.2022 13:32
Werkstudent ist ein Begriff aus dem Sozialversicherungsrecht und keine Berufsbezeichnung, sagt also nichts über die Tätigkeit aus. Wenn es sich bei den auszuübenden Tätigkeiten um typische Tätigkeiten einer studentischen Hilfskraft gehandelt hat, dürften sie vermutlich nicht die Voraussetzungen einer einschlägigen Berufserfahrung erfüllen. Wenn es dagegen dieselben Tätigkeiten waren, wie sie später als Beschäftigter auszuüben waren/sind und das nachweisbar ist, könnte es klappen.
Titel: Antw:Nicht anerkannte Berufserfahrung aus früherer Werkstudententätigkeit
Beitrag von: Organisator am 21.10.2022 13:57
Werkstudent ist ein Begriff aus dem Sozialversicherungsrecht und keine Berufsbezeichnung, sagt also nichts über die Tätigkeit aus. Wenn es sich bei den auszuübenden Tätigkeiten um typische Tätigkeiten einer studentischen Hilfskraft gehandelt hat, dürften sie vermutlich nicht die Voraussetzungen einer einschlägigen Berufserfahrung erfüllen. Wenn es dagegen dieselben Tätigkeiten waren, wie sie später als Beschäftigter auszuüben waren/sind und das nachweisbar ist, könnte es klappen.

Können denn Tätigkeiten ohne Master-Abschluss für WiMi-Tätigkeiten im Zuge einer Promotion einschlägige Berufserfahrung sein? Die bisherigen Tätigkeiten können ja nicht nahezu unverändert fortgesetzt werden, da der Abschluss fehlte.
Titel: Antw:Nicht anerkannte Berufserfahrung aus früherer Werkstudententätigkeit
Beitrag von: WasDennNun am 21.10.2022 14:16
Werkstudent ist ein Begriff aus dem Sozialversicherungsrecht und keine Berufsbezeichnung, sagt also nichts über die Tätigkeit aus. Wenn es sich bei den auszuübenden Tätigkeiten um typische Tätigkeiten einer studentischen Hilfskraft gehandelt hat, dürften sie vermutlich nicht die Voraussetzungen einer einschlägigen Berufserfahrung erfüllen. Wenn es dagegen dieselben Tätigkeiten waren, wie sie später als Beschäftigter auszuüben waren/sind und das nachweisbar ist, könnte es klappen.

Können denn Tätigkeiten ohne Master-Abschluss für WiMi-Tätigkeiten im Zuge einer Promotion einschlägige Berufserfahrung sein? Die bisherigen Tätigkeiten können ja nicht nahezu unverändert fortgesetzt werden, da der Abschluss fehlte.
Widerspruch, du kannst auch einen Affen die Tätigkeiten übertragen und er wäre eingruppiert.
Was haben Tätigkeiten und ihre Eingruppierung mit einem Abschluss zu tun? Nichts!

Wenn er jedoch die gleichen Tätigkeiten als Werkstudent übertragen und ausgeübt hat, dann waren die Tätigkeiten eben EG13 Tätigkeiten und er hätte (wenn beiderseitige TV Bindung herrscht) in die EG12 eingruppiert werden müssen.

Ob man dann (weil identische Tätigkeiten) sich eine einschlägige Berufserfahrung erarbeitet, wäre eben die spannende Frage, die nur ein Gericht klären kann.
Titel: Antw:Nicht anerkannte Berufserfahrung aus früherer Werkstudententätigkeit
Beitrag von: wissenschaftler am 21.10.2022 14:19
Somit widerspricht der Kommentar deiner Auffassung. Du hast während des Masterstudiums gearbeitet und nicht wie im Kommentar genannt, erst nach Abschluss. Somit konntest du als studentische Hilfskraft nicht auf Niveau eines wissenschaftlichen Hochschulabschlusses arbeiten und demzufolge keine einschlägige Berufserfahrung sammeln.

Ich habe nach meinem Bachelorabschluss gearbeitet.

Ein paar Details: Die Promotionsordnung regelt, dass ein Bachelorabschluss nur in Ausnahmefällen für die Zulassung ausreichend ist. Ich bin als wissenschaftlicher Mitarbeiter eingestellt, wobei mein aktueller Vertrag an die Promotion gebunden ist. Grundsätzlich könnte ich allerdings auch unabhängig von einer Promotion angestellt sein (und diese bspw. erst kurz vor Abschluss anmelden). Insofern ist meine Tätigkeit auch als Bachelorabsolvent möglich, zumindest in den ersten Jahren.

Bleibt nur noch Zulage nach §16.5
Eine Zulage wird denke ich nicht durchsetzbar sein. Denn man müsste ja erläutern, wieso ich im Gegensatz zu anderen eine Zulage erhalte. Und hier wären wir wieder beim Ursprungsproblem der Anrechenbarkeit meiner Berufserfahrung.

Ich fände es gut, wenn du dich da durchklagst, damit da mal ein Zeichen gesetzt wird, denke aber du wirst mindestes zum LAG gehen müssen, da die erste Instanz, es aufgrund obiger Begründung platt abbügeln wird (so meine unmassgebliche Einschätzung)

An sich habe ich darauf Lust. Allerdings schrecken mich die möglichen Kollateralschäden ab. Eine Alternative ist, bei einer Anwaltskanzlei für Arbeitsrecht nach einer kurzen kostenlosen Ersteinschätzung zu fragen. Mit dieser Einschätzung und den hier gesammelten Informationen könnte ich mich dann freundlich an die Personalabteilung wenden.

Werkstudent ist ein Begriff aus dem Sozialversicherungsrecht und keine Berufsbezeichnung, sagt also nichts über die Tätigkeit aus. Wenn es sich bei den auszuübenden Tätigkeiten um typische Tätigkeiten einer studentischen Hilfskraft gehandelt hat, dürften sie vermutlich nicht die Voraussetzungen einer einschlägigen Berufserfahrung erfüllen. Wenn es dagegen dieselben Tätigkeiten waren, wie sie später als Beschäftigter auszuüben waren/sind und das nachweisbar ist, könnte es klappen.“

Genau! Dementsprechend empfinde ich die Maßgaben meiner Universität nicht als rechtens. Diese schließen Tätigkeiten aufgrund der Berufsbezeichnung und nicht aufgrund der Inhalte von der Einschlägigkeit aus.

Titel: Antw:Nicht anerkannte Berufserfahrung aus früherer Werkstudententätigkeit
Beitrag von: WasDennNun am 21.10.2022 14:23
Somit widerspricht der Kommentar deiner Auffassung. Du hast während des Masterstudiums gearbeitet und nicht wie im Kommentar genannt, erst nach Abschluss. Somit konntest du als studentische Hilfskraft nicht auf Niveau eines wissenschaftlichen Hochschulabschlusses arbeiten und demzufolge keine einschlägige Berufserfahrung sammeln.

Ich habe nach meinem Bachelorabschluss gearbeitet.
Also nicht mit der beruflichen Ausbildung eines Wissenschaftlichen Mitarbeiters, sondern "nur" als BSC.
Womit es eben an der Einschlägigkeit der Beruflichen Ausbildung und Erfahrung dem Richter mangeln wird.

Und die Tätigkeiten waren mit EG13 eingruppiert? und du hast wegen fehlender Voraussetzung in der Person die EG12 erhalten?
Oder wie ist das vertraglich abgelaufen?

Zitat
Ein paar Details: Die Promotionsordnung regelt, dass ein Bachelorabschluss nur in Ausnahmefällen für die Zulassung ausreichend ist. Ich bin als wissenschaftlicher Mitarbeiter eingestellt, wobei mein aktueller Vertrag an die Promotion gebunden ist. Grundsätzlich könnte ich allerdings auch unabhängig von einer Promotion angestellt sein (und diese bspw. erst kurz vor Abschluss anmelden). Insofern ist meine Tätigkeit auch als Bachelorabsolvent möglich, zumindest in den ersten Jahren.
Du bist jetzt eingestellt mit Tätigkeiten der EG13 (WiMi) und vorher? Welche Tätigkeiten wurden dir da nachweislich (und gerichtsfest) übertragen?
Zitat
Bleibt nur noch Zulage nach §16.5
Eine Zulage wird denke ich nicht durchsetzbar sein. Denn man müsste ja erläutern, wieso ich im Gegensatz zu anderen eine Zulage erhalte. Und hier wären wir wieder beim Ursprungsproblem der Anrechenbarkeit meiner Berufserfahrung.

Ich fände es gut, wenn du dich da durchklagst, damit da mal ein Zeichen gesetzt wird, denke aber du wirst mindestes zum LAG gehen müssen, da die erste Instanz, es aufgrund obiger Begründung platt abbügeln wird (so meine unmassgebliche Einschätzung)

An sich habe ich darauf Lust. Allerdings schrecken mich die möglichen Kollateralschäden ab. Eine Alternative ist, bei einer Anwaltskanzlei für Arbeitsrecht nach einer kurzen kostenlosen Ersteinschätzung zu fragen. Mit dieser Einschätzung und den hier gesammelten Informationen könnte ich mich dann freundlich an die Personalabteilung wenden.

Werkstudent ist ein Begriff aus dem Sozialversicherungsrecht und keine Berufsbezeichnung, sagt also nichts über die Tätigkeit aus. Wenn es sich bei den auszuübenden Tätigkeiten um typische Tätigkeiten einer studentischen Hilfskraft gehandelt hat, dürften sie vermutlich nicht die Voraussetzungen einer einschlägigen Berufserfahrung erfüllen. Wenn es dagegen dieselben Tätigkeiten waren, wie sie später als Beschäftigter auszuüben waren/sind und das nachweisbar ist, könnte es klappen.“

Genau! Dementsprechend empfinde ich die Maßgaben meiner Universität nicht als rechtens. Diese schließen Tätigkeiten aufgrund der Berufsbezeichnung und nicht aufgrund der Inhalte von der Einschlägigkeit aus.
Sofern du nachweisen kannst, dass du Tätigkeiten die der EGO Allg. Teil I EG13 entsprechen (Beschäftigte mit abgeschlossener wissenschaftlicher Hochschulbildung und
entsprechender Tätigkeit)
seinerzeit übertragen bekommen hast, könnte da ein Schuh draus werden.
Ich bezweifle, dass dem aber offiziell so war.
Das du solche Tätigkeiten ausgeübt hast, steht tariflich nicht zur Debatte.
Titel: Antw:Nicht anerkannte Berufserfahrung aus früherer Werkstudententätigkeit
Beitrag von: Organisator am 21.10.2022 14:30
Widerspruch, du kannst auch einen Affen die Tätigkeiten übertragen und er wäre eingruppiert.
Was haben Tätigkeiten und ihre Eingruppierung mit einem Abschluss zu tun? Nichts!

Wenn er jedoch die gleichen Tätigkeiten als Werkstudent übertragen und ausgeübt hat, dann waren die Tätigkeiten eben EG13 Tätigkeiten und er hätte (wenn beiderseitige TV Bindung herrscht) in die EG12 eingruppiert werden müssen.

Ob man dann (weil identische Tätigkeiten) sich eine einschlägige Berufserfahrung erarbeitet, wäre eben die spannende Frage, die nur ein Gericht klären kann.

Stimmt. Dann wäre die Frage zu klären, ob die Tätigkeit als Werkstudent der jetzigen Tätigkeit weitgehend entspricht.

@ TE: Hat man dir in der aktuellen Promotionsstelle genau die gleichen Tätigkeiten übertragen wie damals als Werkstudent? (Hinweis: Nicht was du tatsächlich gemacht hast, sondern was dir an Aufgaben übertragen wurde)

Eine Eingruppierung der Werkstudent-Tätigkeiten nach E12 wäre ein Indiz dafür.
Titel: Antw:Nicht anerkannte Berufserfahrung aus früherer Werkstudententätigkeit
Beitrag von: wissenschaftler am 21.10.2022 15:46
Und die Tätigkeiten waren mit EG13 eingruppiert? und du hast wegen fehlender Voraussetzung in der Person die EG12 erhalten?

Die Werkstudententätigkeit war außerhalb der Tarifverträge.

Welche Tätigkeiten wurden dir da nachweislich (und gerichtsfest) übertragen?
@ TE: Hat man dir in der aktuellen Promotionsstelle genau die gleichen Tätigkeiten übertragen wie damals als Werkstudent? (Hinweis: Nicht was du tatsächlich gemacht hast, sondern was dir an Aufgaben übertragen wurde)

Das Abschlusszeugnis meiner Werkstudententätigkeit ist mein Primärnachweis. Es beschreibt explizit, dass meine Tätigkeiten in signifikanten Teilen über Hilfsarbeiten hinausragten: es belegt die Erstellung eines wissenschaftlichen Papiers als Erstautor als eine der Primäraufgaben. Ich kann nachweisen, dass dieses sich thematisch stark mit meiner Promotion (allerdings auch mit meiner Masterarbeit) überschneidet.
Außerdem beschreibt es Tätigkeiten, die ebenso als wissenschaftlicher Mitarbeiter notwendig sind, bspw. die Entwicklung von Modellen in einem spezifischen wissenschaftlichen Kontext.

Für meine Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter wurden mir kaum schriftlich Aufgaben übergeben. Der Vertrag ist sehr generisch. Er bezieht sich jedoch auf meine Promotion, dessen Thema offiziell angemeldet ist. Er beschreibt außerdem Lehrtätigkeiten, die maximal deutlich unter 50% und praktisch momentan nahe 0% liegen. Die Werkstudententätigkeit enthält keine nachweislichen Lehrtätigkeiten. Die Stellenausschreibungen für wissenschaftliche Mitarbeiter in unserer Gruppe sind nahe an den Tätigkeiten der Werkstudentenstelle. Wie geschrieben kategorisiert auch ausschließlich die Personalabteilung meine Berufserfahrung als nicht einschlägig. Ggf. kann mein jetziger Vorgesetzter mir diese Erfahrung bescheinigen, wobei ich diesen eigentlich aus dieser Angelegenheit heraushalten möchte, da er sicher keine Lust auf einen Disput mit der Personalabteilung hat.
Titel: Antw:Nicht anerkannte Berufserfahrung aus früherer Werkstudententätigkeit
Beitrag von: Isie am 21.10.2022 15:53
Zitat von: WasDennNun link=topic=119255.msg259929#msg259929
Wenn er jedoch die gleichen Tätigkeiten als Werkstudent übertragen und ausgeübt hat, dann waren die Tätigkeiten eben EG13 Tätigkeiten und er hätte (wenn beiderseitige TV Bindung herrscht) in die EG12 eingruppiert werden müssen.

Ob man dann (weil identische Tätigkeiten) sich eine einschlägige Berufserfahrung erarbeitet, wäre eben die spannende Frage, die nur ein Gericht klären kann.

Studentische und wissenschaftliche Hilfskräfte sind vom Geltungsbereich des TV-L ausgeschlossen. Aber  das Vorliegen einer einschlägigen Berufserfahrung ist nicht davon abhängig, dass ein entsprechender Arbeitsvertrag bestand. Der Nachweis der Einschlägigkeit wird allerdings wohl nicht so einfach sein.
Titel: Antw:Nicht anerkannte Berufserfahrung aus früherer Werkstudententätigkeit
Beitrag von: Organisator am 21.10.2022 15:56
Da wie beschrieben keine genauen Arbeitsvorgänge definiert wurden und z.B. die jetzt übertragene Lehrtätigkeit vorher überhaupt nicht gefordert wurde, halte ich es für schwierig nachzuweisen, dass die bisherige Tätigkeit (als Werkstudent) nahezu unverändert (als WiMi) fortgesetzt wird.

Ein Indiz könnte die Bezahlung als Werkstudent sein. Liegt sie deutlich unter E13 wirds wohl nichts.
Titel: Antw:Nicht anerkannte Berufserfahrung aus früherer Werkstudententätigkeit
Beitrag von: E15TVL am 22.10.2022 10:51

Würdet ihr mir empfehlen, einen Anwalt für Arbeitsrecht zu konsultieren?
Nein, du würdest sang- und klanglos untergehen […]
Wieso? Wegen des geringen Streitwerts? Ich bin ja im Recht, da ich die Arbeitserfahrung habe, sie meinem Arbeitgeber zugute kommt, aber nicht vergütet wird.

[…] und eventuell noch bei deinem AG in Ungnade fallen.
Solche politischen Gründe sehe ich als Hauptproblem.

Und selbst wenn man dir die 1,5 Jahre als „einschlägige Berufserfahrung“ oder als „förderliche Zeiten“ vor Vertragsabschluss anerkannt hätte, wärst du trotzdem nur in Stufe 2 gelandet - eine Ersparnis von einem Jahr. Dem stehen imho Anwaltskosten und Stress nicht im Verhältnis gegenüber.
Die Anwaltskosten sehe ich ebenfalls als weiteres Problem (aufgrund des Risikos, zu scheitern).
Nein, du bist mit hoher Wahrscheinlichkeit eben nicht im Recht. Und mit in "Ungnade fallen" meine ich nicht politische Gründe. Du zerrst deinen AG vor Gericht bzw. nervst ihn mit einem Anwalt, obwohl du - wie schon gesagt - nicht im Recht bist. Wieso sollte man so einen Querulanten für zukünftige Aufgaben, Stellen oder Entwicklungschancen berücksichtigen? (Also mal aus Sicht des AG gesprochen).

Die Chancen, dass du aufgrund guter Arbeit eventuell eine Stufenvorweggewährung bekommst, erachte ich für weitaus realistischer. Eine solche Stufenvorweggewährung ist z. B. zur Bindung von qualifizierten Fachkräften möglich (s. § 16 Abs. 5).
Titel: Antw:Nicht anerkannte Berufserfahrung aus früherer Werkstudententätigkeit
Beitrag von: WasDennNun am 22.10.2022 11:20
Nein, du bist mit hoher Wahrscheinlichkeit eben nicht im Recht.
Da lehnst du dich aber sehr weit raus.
Natürlich kann er eine einschlägige Berufserfahrung in seiner Tätigkeit als Werkstudent erworben haben.
Ich zitiere mal einbisserl haufe https://www.haufe.de/oeffentlicher-dienst/tvoed-office-professional/entgelt-34222-einschlaegige-berufserfahrung-entgeltgruppen-2-bis-15-vka_idesk_PI13994_HI14982509.html (https://www.haufe.de/oeffentlicher-dienst/tvoed-office-professional/entgelt-34222-einschlaegige-berufserfahrung-entgeltgruppen-2-bis-15-vka_idesk_PI13994_HI14982509.html):

 Die Beurteilung der Einschlägigkeit bisheriger Berufserfahrung hängt davon ab, ob die bisherige Tätigkeit ein Wissen und Können erfordert, welches auch für die neue Tätigkeit einzusetzen ist.

Paper schreiben, forschen ... check erledigt
Lehre betreiben ... check Fail

Zu beachten ist, dass nicht schon die Ähnlichkeit der bisher ausgeübten Tätigkeit ausreicht, um von einer einschlägigen Berufserfahrung ausgehen zu können. Damit die Berufserfahrung als "einschlägig" angesehen werden kann, muss sie der Beschäftigte auf dem Niveau der geforderten Tätigkeit erworben haben. Dies ist der Fall, wenn mit der neuen Tätigkeit die frühere Tätigkeit im Wesentlichen unverändert fortgesetzt wird oder die frühere und die darauffolgende Tätigkeit zumindest gleichartig sind. Eine Gleichartigkeit ist anzunehmen, wenn der Beschäftigte die Berufserfahrung in einer Tätigkeit erlangt hat, die in ihrer eingruppierungsrechtlichen Wertigkeit der Tätigkeit entspricht, die er nach seiner Einstellung auszuüben hat. Dies bedeutet, dass Zeiten in niedriger bewerteten Tätigkeiten keine einschlägige Berufserfahrung im Tarifsinn vermitteln können.
Dass heißt, wenn er als Werksstudent WiMi Tätigkeiten übertragen bekommen hat und ausgeübt hat, dann kann dies durchaus eine Einschlägigkeit begründen.

Grundsätzlich gilt jedoch ein Berufspraktikum nach dem Tarifvertrag für Praktikantinnen/Praktikanten des öffentlichen Dienstes (TVPöD) vom 27. Oktober 2009 sowohl beim Bund als auch bei Arbeitgebern im Bereich der VKA als Erwerb einschlägiger Berufserfahrung für den Praktikumsberuf (Protokollerklärung zu Abs. 2)

Na könnte man den Werksstudenten reininterpretieren

Im Übrigen spielt die Form von Beschäftigung (also Arbeitsverhältnis, Beamtenverhältnis, Selbstständigkeit), in der die Berufserfahrung erworben wurde, für die Berücksichtigung keine Rolle. Unerheblich ist auch, ob die Berufserfahrung in Vollzeit oder in Teilzeit erworben wurde.

Da nicht als Angestellter in niedriger EG(und niedrigeren Tätigkeiten), sondern als Werkstudent beschäftigt, hängt es eben von den nachweislich ausgeübten Tätigkeiten ab, ob sie einschlägig sind.

Zitat
Die Chancen, dass du aufgrund guter Arbeit eventuell eine Stufenvorweggewährung bekommst, erachte ich für weitaus realistischer. Eine solche Stufenvorweggewährung ist z. B. zur Bindung von qualifizierten Fachkräften möglich (s. § 16 Abs. 5).
Sehe ich nicht so. Es ist eine Promotionsstelle, da ist die Gefahr des Wegganges schlechter für die Verwaltung zu verargumentieren.

Tariflich wäre im Kern die förderlichen Zeiten ganz leicht begründbar gewesen und hätte der Prof locker initiieren können.

Ein Personaler kann aber locker hier eBE anerkennen und würde da keinen Rüffel vom LRH bekommen. Nur wenn die nicht wollen, weil sie Angst haben, Geld sparen wollen oder unfähig sind... so what.

Bleibt nur die Klärung vor Gericht.
Aber wenn man wegen des Profs so was nicht macht, dann hat man halt einen Prof, der kein Bock auf Personaldinge hat, kenne da andere, die sich da Proaktiver um ihre Schäfchen kümmern.
Titel: Antw:Nicht anerkannte Berufserfahrung aus früherer Werkstudententätigkeit
Beitrag von: JesuisSVA am 22.10.2022 11:49
Grundsätzlich gilt jedoch ein Berufspraktikum nach dem Tarifvertrag für Praktikantinnen/Praktikanten des öffentlichen Dienstes (TVPöD) vom 27. Oktober 2009 sowohl beim Bund als auch bei Arbeitgebern im Bereich der VKA als Erwerb einschlägiger Berufserfahrung für den Praktikumsberuf (Protokollerklärung zu Abs. 2)

Na könnte man den Werksstudenten reininterpretieren

Nein. Die tarifliche Regelung ist absolut eindeutig.
Titel: Antw:Nicht anerkannte Berufserfahrung aus früherer Werkstudententätigkeit
Beitrag von: cyrix42 am 22.10.2022 19:47
Moin zusammen,

ich bringe mal auch das folgende Urteil mit in die Diskussion ein: BAG, Urteil v. 27.3.2014 – 6 AZR 571/12

Dort wird geklärt, dass
*) nicht die Bezeichnung oder Finanzierung der Stelle relevant ist, sondern ausschließlich, ob die Tätigkeit i.W. so fortgeführt wird
*) die Teilzeitquote irrelevant ist: Fünf Jahre auf Teilzeit sind immer noch 5 Jahre Berufserfahrung.

Ich selbst habe (allerdings nach meinem Diplom) während der Promotion als WHK (neben einem Stipendium) gearbeitet. Diese Zeit musste mir dann bei meiner Post-Doc-Stelle an einer anderen Uni aufgrund des Urteils -- nach Vorlage einer entsprechenden Tätigkeitsbeschreibung -- in Verbindung mit TV-L §40 Nr. 5 1. Satz 4 in voller Höhe als einschlägige Berufserfahrung anerkannt werden, was dann einen Sprung von Stufe 2 in Stufe 4 und eine Nachzahlung zu wenig gezahlter Bezüge nach sich zog.

Der vorliegende Fall unterscheidet sich dem gegenüber nur in folgenden relevanten Punkten:
*) Die Berufserfahrung des TE wurde während seines Master-Studiums, also vor Abschluss eines Wissenschaftlichen Studiums erworben. Dürfte aber irrelevant sein, da es um die auszuübenden Tätigkeiten und nicht um die Person geht.
*) Der frühere Arbeitgeber war nicht die Universität. Wer war denn dann Arbeitgeber gemäß Arbeitsvertrag? Bisher kenne ich es nur so, dass WHK und SHK über die Unis angestellt sind, selbst wenn die Finanzierung aus beliebig seltsamen Töpfen erfolgt. Die Frage hat zwar keinen Einfluss auf die Frage, ob einschlägige Berufserfahrung vorliegt, wohl aber darauf, ob man von der Sonderregelung für Wissenschaftliche Beschäftigte hier Gebrauch machen kann, oder aber, ob nur die allgemeinen Regeln des TV-L §16 angewendet werden. Im zweiten Fall führt die Anerkennung ja bestenfalls auf die Einstellung in Stufe 2 bzw. 3 zum jeweiligen Stufenbeginn. Ist dagegen der vormalige Arbeitgeber eine Hochschule oder Forschungseinrichung, so werden die Zeiten einschlägiger Berufserfahrung ungekürzt übernommen, was insbesondere nicht nur zu einer Einstufung in einer höheren Stufe, sondern auch innerhalb einer Stufe zu schon gewisser zurückgelegter Stufenlaufzeit führen kann.

Insofern würde ich an deiner Stelle erst einmal den Personalrat der Uni, der für die Vertretung deiner Interessen zuständig ist, kontaktieren und mit denen die Sachlage durchgehen. Kann ja sein, dass deine Uni-Verwaltung nicht alle notwendigen Kenntnisse hat. Ich musste meine auch erst einmal auf z.B. obiges Urteil hinweisen...
Titel: Antw:Nicht anerkannte Berufserfahrung aus früherer Werkstudententätigkeit
Beitrag von: JesuisSVA am 22.10.2022 20:13
BAG, Urteil v. 27.3.2014 – 6 AZR 571/12 ist in Deinem Fall ergangen?
Titel: Antw:Nicht anerkannte Berufserfahrung aus früherer Werkstudententätigkeit
Beitrag von: cyrix42 am 22.10.2022 20:18
Nein, natürlich nicht. Habe ich diesen Eindruck erweckt?

Ich habe nur meine Personalabteilung auf dieses Urteil hingewiesen, weil man mir die Zeiten als WHK nicht anerkennen wollte mit der Begründung, dass man erst ab einer Arbeitszeit von > 10h/Woche über Anerkennung als einschlägige Berufserfahrung überhaupt anfange nachzudenken...
Titel: Antw:Nicht anerkannte Berufserfahrung aus früherer Werkstudententätigkeit
Beitrag von: JesuisSVA am 22.10.2022 20:29
Da Du schriebst „Diese Zeit musste mir dann bei meiner Post-Doc-Stelle an einer anderen Uni aufgrund des Urteils -- nach Vorlage einer entsprechenden Tätigkeitsbeschreibung -- in Verbindung mit TV-L §40 Nr. 5 1. Satz 4 in voller Höhe als einschlägige Berufserfahrung anerkannt werden…“, entstand bei mir der Eindruck.
Titel: Antw:Nicht anerkannte Berufserfahrung aus früherer Werkstudententätigkeit
Beitrag von: cyrix42 am 22.10.2022 20:32
Ah ok. Ich hätte besser schreiben sollen "mit Verweis auf das Urteil, oder Ähnliches. Jedenfalls habe ich nicht geklagt, sondern nur darauf verwiesen.
Titel: Antw:Nicht anerkannte Berufserfahrung aus früherer Werkstudententätigkeit
Beitrag von: JesuisSVA am 22.10.2022 20:41
Das genügt ja zumeist auch.
Titel: Antw:Nicht anerkannte Berufserfahrung aus früherer Werkstudententätigkeit
Beitrag von: WasDennNun am 22.10.2022 21:55
Ah ok. Ich hätte besser schreiben sollen "mit Verweis auf das Urteil, oder Ähnliches. Jedenfalls habe ich nicht geklagt, sondern nur darauf verwiesen.
Danke für die Infos, wird sicherlich helfen.
Ich persönlich sehe aber gerade in diesem und deinem Fall das Problem, dass sich viele WiMis zu Bittstellern und Knechte degradieren (müssen, mussten oder wollen).
Ich bin glücklicherweise immer mit vollen Stellen und unter Anerkennung meiner vorherigen Leistungen zur Promotion gerutscht. Zum Teil weil ich Personaler genervt habe, zum Teil weil die Profs (proaktiv) mitgezogen haben und zum Teil, weil ich die tariflichen Möglichkeiten denen erklärt habe.

Insofern würde ich schon fast einen Spendenaufruf erwägen, damit der TE hier mal Butter bei die Fische durch Klage erbringt.

Titel: Antw:Nicht anerkannte Berufserfahrung aus früherer Werkstudententätigkeit
Beitrag von: wissenschaftler am 23.10.2022 13:41
Vielen Dank für die vielen Antworten bislang! Ich bin beeindruckt, mit welcher Kompetenz und inhaltlichen Tiefe hier argumentiert wird.

Zum Thema Lehrverpflichtung:

Die Regellehrverpflichtung der WiMi-Stelle beträgt 4 LVS (Lehrveranstaltungsstunde) oder 4 SWS. Dies sind 3 Zeitstunden pro Woche in der Vorlesungszeit (7,5% einer 40h-Woche) oder <5% bezogen auf das gesamte Semester. Diese Lehrverpflichtung kann jedoch vom Arbeitgeber reduziert werden, wie bei mir geschehen (mündlich und nicht schriftlich). Praktisch habe ich im vergangenen Semester insgesamt(!) weniger als 8 Zeitstunden gelehrt. Sicherlich werde ich in Zukunft auch mal eine Masterarbeit betreuen. Dazu bin ich jedoch meines Wissens nicht verpflichtet (im Sinne der praktischen Umsetzung bei uns am Lehrstuhl), insbesondere nicht in den ersten 1-2 Jahren der Tätigkeit (um die es hier geht).

Vermutlich habe ich in der Werkstudentenstelle mehr Erfahrung in der „Lehre“ (im allgemeinen Sinne) gesammelt als bislang in der WiMi-Stelle. Dies liegt daran, dass ich eine Menge Erfahrung in meinem Spezialbereich habe und mit dieser ab und zu angestellte Masterstudenten oder Berufseinsteiger anleitete oder half. Dies kann ich allerdings nicht so einfach schriftlich nachweisen.

Unterm Strich ist für die WiMi-Stelle vor allem eines relevant: Forschungserfahrung mit allem, was dazu gehört. Und dies ist eindeutig das Primärziel beider Stellen. Deswegen überschneidet sich mein Arbeitsalltag in beiden Stellen praktisch auch fast komplett.

Nein, du bist mit hoher Wahrscheinlichkeit eben nicht im Recht.
Ich führte in beiden Berufen praktisch die fast identischen Tätigkeiten aus. Ich kann mir wie geschrieben keine einschlägigere Tätigkeit auf diesem Planeten vorstellen. Mir ist vollkommen unersichtlich, wieso meine Erfahrung nicht einschlägig sein sollte. Ob ich Recht bekäme ist natürlich eine andere Frage – mit allen von dir beschriebenen Implikationen.

Aber wenn man wegen des Profs so was nicht macht, dann hat man halt einen Prof, der kein Bock auf Personaldinge hat, kenne da andere, die sich da Proaktiver um ihre Schäfchen kümmern.

Meinem Professor liegen die Arbeitsbedingungen seiner Studenten sehr am Herzen. In diesem Fall ist ihm das Problem nicht bewusst.

Bei einer nachdrücklichen Einforderung der eBE meinerseits habe ich die Sorge, dass diese Forderung mit juristischer Akrobatik abgewiesen wird. Dann wirkte es vermutlich so, als versuchte ich mich auf moralisch fragwürdiger Grundlage zu bereichern. Hieraus entsprängen folgende Probleme:
-   Wir sind eine sehr große Gruppe und ich habe kaum direkten Kontakt zum Professor und dem Büromanagement-Team. Dieses Ereignis dominierte dann deren Eindruck meiner Person.
-   Vermutlich gibt es viele Bereiche einer Organisation, die mit Kulanz und Nachsichtigkeit am Leben gehalten werden. Vermutlich wäre man hier bei mir in Zukunft zaghafter.

Die Berufserfahrung des TE wurde während seines Master-Studiums, also vor Abschluss eines Wissenschaftlichen Studiums erworben.
Ich schloss vor Aufnahme der Werkstudententätigkeit ein Bachelorstudium an einer Universität ab.

Der frühere Arbeitgeber war nicht die Universität. Wer war denn dann Arbeitgeber gemäß Arbeitsvertrag?

Der frühere Arbeitgeber war ein Unternehmen. Ich arbeitete dort in einer Abteilung, die fast ausschließlich Grundlagenforschung betrieb (also keine produktnahe Forschung) – ähnlich wie an einer Universität. Würde man den Arbeitgeber auf dem Zeugnis schwärzen, so wäre für einen Dritten auch ein akademischen Arbeitgeber plausibel.

Was wie du schriebst zusätzlich interessant ist:
Zitat von: BAG – 6 AZR 571/12
c) Das Landesarbeitsgericht hat die Vorbeschäftigung des Klägers in dem Zeitraum vom 1. Oktober 2006 bis 30. September 2007 im Ergebnis zutreffend in vollem Umfang als anzurechnende Zeit einschlägiger Berufserfahrung beurteilt. Der Erwerb einschlägiger Berufserfahrung iSv. § 40 Nr. 5, § 16 Abs. 2 Satz 3 TV-L setzt keinen Mindestbeschäftigungsumfang in Höhe einer bestimmten Teilzeitquote voraus. Das ergibt eine an Wortlaut, Zusammenhang und Zweck orientierte Auslegung der Tarifnorm.
In meinem Fall beträgt die Beschäftigungsdauer als Werkstudent mehr als zwei Jahre. Die im Eingangspost beschriebenen 18 Monate sind auf 40-Stundenwochen umgerechnet. Somit wäre ggf. noch zusätzliche Berufserfahrung anrechenbar.

Vielen Dank für den Hinweis auf das Urteil!

Insofern würde ich an deiner Stelle erst einmal den Personalrat der Uni, der für die Vertretung deiner Interessen zuständig ist, kontaktieren und mit denen die Sachlage durchgehen.

Das ist eine gute Idee, sobald wir hier zu einem hinreichenden Konsens konvergieren.

Insofern würde ich schon fast einen Spendenaufruf erwägen, damit der TE hier mal Butter bei die Fische durch Klage erbringt.
Spenden nehme ich gerne an ;)
Titel: Antw:Nicht anerkannte Berufserfahrung aus früherer Werkstudententätigkeit
Beitrag von: WasDennNun am 23.10.2022 14:14
Die Berufserfahrung des TE wurde während seines Master-Studiums, also vor Abschluss eines Wissenschaftlichen Studiums erworben.
Ich schloss vor Aufnahme der Werkstudententätigkeit ein Bachelorstudium an einer Universität ab.
Was eben kein wissenschaftlichen Hochschulstudium ist.
Darin liegt ja die krux:
Es wird dann davon ausgegangen, dass du keine berufliche Erfahrung im Bereich der EG13 ansammeln konntest.
Weil du eben diese Ausbildungshöhe noch nicht hattest.

Das ist halt so ein Standardgedanke von der Verwaltung, dass man eben bei Tätigkeiten mit niedrigere EG oder ohne entsprechender Ausbildung die eBE eben nicht erarbeiten kann.

Grundsätzlich korrekt, in deinem Fall aber zweifelhaft.

Und die zwei Jahre Werkstudent würden halt zu einer Einstufung in der Stufe 2 mit 0 Jahren Laufzeit bei der Einstellung führen.
Also hast du durch die fehlende Anerkennung 1 Jahr verloren.

Wenn du also eine schriftliche bestätigte Darstellung deiner Werkstudenten Tätigkeiten hast
(Also  Welches Projekt du bearbeitet hast, dessen Inhalte und deine Paperliste)
und diese der Verwaltung vorlegst und die aktuellen Tätigkeiten
(Also  Welches Projekt du jetzt bearbeitest, dessen Inhalte )
Das ganz als 100% deckungsgleiche Tätigkeiten in der Forschung vom Prof bestätigen läßt.
Und die Verwaltung (und den PR)  mit der Nase drauf stößt, dass es zu 100% Deckungsgleich ist, dann könnte ja noch ein Wunder passieren.
Sonst muss das Wunder eben ein Richter vollbringen oder du die Kröte schlucken.
Titel: Antw:Nicht anerkannte Berufserfahrung aus früherer Werkstudententätigkeit
Beitrag von: cyrix42 am 23.10.2022 17:09
Wie ich schon schrieb, interpretiere ich das BAG-Urteil so, dass die auszuübenden Tätigkeiten entscheidend sind, nicht die ggf. nicht erfüllten Voraussetzungen in der Person. Insofern wäre es m.E. irrelevant, ob zuvor ein wissenschaftliches Studium (aka Master-Abschluss) vorlag, oder nicht, *wenn* die übertragenen Aufgaben i.W. 1:1 fortgesetzt werden.

Da es hier aber um eine Tätigkeit außerhalb des Hochschulbereichs (bzw. der Forschungsinstitute) geht, geht es, wenn du keine drei Jahre Berufserfahrung zusammenbekommst, sowieso nur um die Frage, ob du in Stufe 2 eingestellt hättest werden müssen (mit neu startender Stufenlaufzeit), oder eben nicht. Es geht also um 1 Jahr; mehr nicht.

Und ob nun Einschlägigkeit vorliegt, muss anhand der konkreten auszuübenden Tätigkeiten entschieden werden. Wie auch WasDennNun schon schrieb: Lass' dir bestätigte Bescheinigungen über deine auszuübenden Tätigkeiten damals und jetzt geben. Wenn die i.W. gleich sind, müssen sie dir das Jahr anrechnen; sonst nicht. Dass du in deiner Zeit als Werksstudent keine Lehre übertragen bekommen hast, ist hierbei schon hinderlich. Inwiefern die forschende Tätigkeit vergleichbar war, müsste man dann genauer betrachten. Das war natürlich in meinem Fall damals einfacher, weil ich tatsächlich einfach als WHK genauso Übungsgruppen betreut habe wie als WiMi, nur eben nicht in dem zeitlichen Umfang. Bei dir müsste eben eine genaue Beschreibung deiner Tätigkeiten klären, dass du diese i.W. unverändert fortsetzt.
Titel: Antw:Nicht anerkannte Berufserfahrung aus früherer Werkstudententätigkeit
Beitrag von: JesuisSVA am 23.10.2022 17:18
Es geht doch um eine Tätigkeit "in einem Forschungslabor". Ich würde ein Forschungslabor durchaus als "Forschungseinrichtung" betrachten.
Titel: Antw:Nicht anerkannte Berufserfahrung aus früherer Werkstudententätigkeit
Beitrag von: cyrix42 am 23.10.2022 17:21
Ah ok. Ich weiß nicht, wie weit der Begriff gefasst ist und vom TV-L verstanden wird. Naiv ging ich davon aus, dass hier nur etwas wie Fraunhofer, Max Planck und Co. gemeint wären. Und danach klang jetzt die Beschreibung des TE nicht, sondern nach Privat-Unternehmen. Aber vielleicht täusche ich mich da auch...
Titel: Antw:Nicht anerkannte Berufserfahrung aus früherer Werkstudententätigkeit
Beitrag von: JesuisSVA am 23.10.2022 17:35
§ 40 TV-L gilt nur für Beschäftigte der Hochschulen und Forschungseinrichtungen der Länder, also wären die genannten Forschungsgesellschaften als aktueller Arbeitgeber davon ebenfalls nicht betroffen, selbst wenn sie TV-L-Anwender wären. Im Sachverhalt ist maßgeblich, ob der derzeitige Arbeitgeber unter § 40 TV-L fällt, was als Universität der Fall sein sollte. Bei § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L fehlt die Einschränkung auf "der Länder", sondern dort geht es um "Zeiten mit einschlägiger Berufserfahrung an anderen Hochschulen oder außeruniversitären Forschungseinrichtungen". Und ein Forschungslabor, egal ob es von Haribo oder einem Institut der Fraunhofer- oder Max-Planck-Gesellschaft betrieben wird, stellt ja wohl eine außeruniversitäre Forschungseinrichtung dar.