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Beschäftigte nach TVöD / TV-L / TV-H => TV-L => Thema gestartet von: Mitch am 26.11.2018 14:23

Titel: Rückwirkende Eingruppierung
Beitrag von: Mitch am 26.11.2018 14:23
Hallo mal wieder in die Runde,
mit einer Fragestellung, bei der ich mich nicht ganz "schlüssig" bin und eure Hilfe benötige.

zum Sachverhalt:
meine Einstellung 04/2015 in der EG 10/3
Höhergruppierung 11/2016 in die EG 12/3 (mit neuer TD) und somit neue beginnende Stufenlaufzeit 3 Jahre
Antrag auf Stufenlaufzeitverkürzung wurde abgelehnt.

Ein Kollege ist mit EG11 von einer anderen Behörde (gleiches Bundesland) in meine Behörde 2015 versetzt worden. Er klagte rückwirkend auf die EG12. Klage wurde stattgegeben inklusive entsprechender Nachzahlung für die Zeit in der alten Behörde und die Zeit in der neuen Behörde. Seine Tätigkeit war jeweils die gleiche (in der alten sowie der neuen Behörde), was das Gericht auch so anerkannt hatte und mit "Die Versetzung stellt keine wesentliche Änderung der Tätigkeit dar" begründete.

Nun meine Frage:
Wenn der Kollege die gleiche bzw. vergleichbare Tätigkeit mit der gleichen Stellenbeschreibung ausübt, müsste ich doch ebenfalls das Recht auf eine rückwirkende Eingruppierung EG12 ab Tag der Einstellung haben. Auch bei Einbeziehung der Ausschlussfrist von 6 Monaten hätte dies meiner Meinung nach folgende Änderung zur Folge:

Rückwirkende Höhergruppierung zur Einstellung 04/2015 in die EG12/3
Erreichen der Stufenlaufzeit 04/2018 und Stufenerhöhung in die EG12/4
Nachzahlung bei Antragstellung 11/2018 rückwirkend 6 Monate die Differenz von EG12/3 zu EG12/4, nebst Zinsen, plus noch eventueller Zeit, die das Amt für die Antragsbearbeitung benötigt.

Seht ihr das auch so oder bin ich einen Aberglauben verfallen?
Titel: Antw:Rückwirkende Eingruppierung
Beitrag von: Spid am 26.11.2018 14:38
Sofern tatsächlich eine Eingruppierung in E12 seit dem genannten Zeitpunkt vorliegt, ist das - bis auf die Zinsen - zutreffend.
Titel: Antw:Rückwirkende Eingruppierung
Beitrag von: Isie am 26.11.2018 18:06
Hallo Mitch,

eine rückwirkende Höhergruppierung ab dem Einstellungszeitpunkt gibt es nicht, sondern nur eine Korrektur der Eingruppierung. Und damit ist fraglich, ob du sofort die Stufe 3 bekommen hättest.
Titel: Antw:Rückwirkende Eingruppierung
Beitrag von: Spid am 26.11.2018 18:21
Die Eingruppierung kann nicht korrigiert werden, sie steht nicht zur Disposition des AG, der bestenfalls seine Rechtsmeinung über diese korrigieren kann.

Hinsichtlich der Stufe bei Einstellung ist es so: wenn der AG Ermessen ausüben konnte und ausgeübt hat, hat er es ausgeübt und ist daran gebunden. Gab es kein Ermessen, steht die Stufenzuordnung eh fest.
Titel: Antw:Rückwirkende Eingruppierung
Beitrag von: Isie am 26.11.2018 18:36
Okay, also Tarifautomatik in Form einer Korrektur der im Arbeitsvertrag erwähnten Entgeltgruppe. Die Stufe halte ich in dieser Situation für fraglich, weil die vorherige Beschäftigung vermutlich niedriger bewertet war. Also Verhandlungssache bei der Einstellung, aber nachträglich nicht unbedingt durchsetzbar.
Titel: Antw:Rückwirkende Eingruppierung
Beitrag von: Spid am 26.11.2018 18:51
Wenn es „Verhandlungssache“ war, ist es doch eindeutig: der AG hat eine Ermessensentscheidung getroffen und ist daran gebunden.
Titel: Antw:Rückwirkende Eingruppierung
Beitrag von: Isie am 26.11.2018 18:59
Wenn die Vorbeschäftigung ebenfalls E10-wertig war, war es eine tarifliche Einstufung in Stufe 3. Das bedeutet aber nicht, dass auch bei E 12 tarifrechtlich Stufe 3 zugestanden hätte. Deshalb wäre die Stufe Verhandlungssache gewesen. Ich fürchte, im Nachhinein wird das nichts mit dem Verhandeln.
Titel: Antw:Rückwirkende Eingruppierung
Beitrag von: Spid am 26.11.2018 19:34
Ich rate dazu, meine Ausführungen zu lesen und zu verstehen, dann erübrigt sich Furcht. Mit dem Durcheinanderwerfen von tariflichen Ansprüchen und Ermessensentscheidungen wird das aber nix.
Titel: Antw:Rückwirkende Eingruppierung
Beitrag von: Isie am 26.11.2018 20:07
Upps, den Fettnapf habe ich wohl übersehen. Ich habs befürchtet, dass er irgendwo steht.

LG Isie
Titel: Antw:Rückwirkende Eingruppierung
Beitrag von: Persi am 10.12.2018 10:35
Wenn bei Einstellung einschlägige Berufserfahrung für Stufe 3 der Entgeltgruppe 10 vorlag heißt das nicht, dass auch für die Entgeltgruppe 12 einschlägige Berufserfahrung vorgelegen hat. Da könnte eine rückwirkende Höhergruppierung ab Einstellung sogar von Nachteil sein, wenn dann keine einschlägige Berufserfahrung für E 12 vorgelegen hätte. Dabei hätte auch eine Eingruppierung in die E 12 Stufe 2 erfolgen können. Also: Über E 12 mit neuer Stufenlaufzeit freuen und auf die nächste Stufe warten ;)
Titel: Antw:Rückwirkende Eingruppierung
Beitrag von: Spid am 10.12.2018 10:48
Die Feststellung der Einschlägigkeit bezieht sich auf die Tätigkeit, nicht auf die Entgeltgruppe. Ein Eingruppierungsirrtum des AG ist regelmäßig unschädlich. Dies könnte aber ohnehin dahingestellt bleiben, da es sich ausweislich der Schilderung um eine Ermessensentscheidung handelte, mithin nicht um einschlägige, sondern um förderliche Berufserfahrung. Der AG hat mithin sein diesbezügliches Ermessen bereits ausgeübt, an die Anerkennung dieser für die auszuübende Tätigkeit förderlichen Berufserfahrung ist er somit gebunden.
Titel: Antw:Rückwirkende Eingruppierung
Beitrag von: öfföff am 10.12.2018 14:11
Welche Eingruppierung liegt eigentlich vor, wenn es keine schriftlich festgelegte Tätigkeitsbeschreibung gibt, sondern nur eine EG im Arbeitsvertrag festgelegt wurde?
Titel: Antw:Rückwirkende Eingruppierung
Beitrag von: Spid am 10.12.2018 14:18
Woher weiß der TB denn, was er zu tun hat, wenn er morgens zur Arbeit kommt? Wie hat der AG seine Pflichten aus §2 NachwG erfüllt?
Titel: Antw:Rückwirkende Eingruppierung
Beitrag von: öfföff am 10.12.2018 14:21
1) Z.b. mündliche Anweisungen der Leitung, oder auch eingespielte Tätigkeitsfelder seit Jahrzehnten.
2) Gar nicht (sofern eine schriftliche Tätigkeitsbeschreibung hierzu nötig ist)
Titel: Antw:Rückwirkende Eingruppierung
Beitrag von: D-x am 10.12.2018 14:28
Woher weiß der TB denn, was er zu tun hat, wenn er morgens zur Arbeit kommt? Wie hat der AG seine Pflichten aus §2 NachwG erfüllt?

Ist dies, bzw. die wirksam übertragenen Tätigkeiten, das, was laut § 2 Absatz 1 Satz 2 Nr. 5 NachwG auszuweisen ist?
"Kurze Charakterisierung oder Beschreibung" klingt nicht so direkt nach einer Beschreibung mit Arbeitsvorgängen, ggf. sogar mit Zeitanteilen, aus der sich für den (sachkundigen) Arbeitnehmer nachvollziehbar eine Eingruppierung nachprüfen lassen würde...
Titel: Antw:Rückwirkende Eingruppierung
Beitrag von: Spid am 10.12.2018 14:41
1) Z.b. mündliche Anweisungen der Leitung, oder auch eingespielte Tätigkeitsfelder seit Jahrzehnten.
2) Gar nicht (sofern eine schriftliche Tätigkeitsbeschreibung hierzu nötig ist)

Dann wäre die ausgeübte Tätigkeit die auszuübende Tätigkeit und die Eingruppierung ergäbe sich aus dieser.
Titel: Antw:Rückwirkende Eingruppierung
Beitrag von: Spid am 10.12.2018 14:44
Woher weiß der TB denn, was er zu tun hat, wenn er morgens zur Arbeit kommt? Wie hat der AG seine Pflichten aus §2 NachwG erfüllt?

Ist dies, bzw. die wirksam übertragenen Tätigkeiten, das, was laut § 2 Absatz 1 Satz 2 Nr. 5 NachwG auszuweisen ist?
"Kurze Charakterisierung oder Beschreibung" klingt nicht so direkt nach einer Beschreibung mit Arbeitsvorgängen, ggf. sogar mit Zeitanteilen, aus der sich für den (sachkundigen) Arbeitnehmer nachvollziehbar eine Eingruppierung nachprüfen lassen würde...

Ja, das ist hinreichend. Es gibt keinen Anspruch des AN gegen den AG, daß dieser ihn bei der Überprüfung seiner Ansprüche unterstützt.
Titel: Antw:Rückwirkende Eingruppierung
Beitrag von: MoinMoin am 10.12.2018 14:51
1) Z.b. mündliche Anweisungen der Leitung, oder auch eingespielte Tätigkeitsfelder seit Jahrzehnten.
2) Gar nicht (sofern eine schriftliche Tätigkeitsbeschreibung hierzu nötig ist)
Ja, so ist das reale Leben.
Grundsätzlich kann ich jeden nur empfehlen, sich seine ausgeübten Tätigkeiten - die man aus eben solchen Sachverhalten wie du sie beschreibst zugewiesen bekommen hat - selber zusammen zu stellen und als auszuübenden Tätigkeiten bestätigen zu lassen.
Idealerweise natürlich so zusammengestellt, dass da ein hohe EG bei rauskommt.
Und falls der AG diese nicht als asuzuübenende Tätigkeiten bestätigen möchte (weil er den Braten riecht) , dann muss man den Bleistift fallen lassen (egal was der Vorgesetzte sagt), da ja der AG etwas anderes gesagt hat.

Und Ober sticht Unter
und Verwaltung bekämpft man mit Verwaltung
Titel: Antw:Rückwirkende Eingruppierung
Beitrag von: D-x am 10.12.2018 14:55
Ja, das ist hinreichend. Es gibt keinen Anspruch des AN gegen den AG, daß dieser ihn bei der Überprüfung seiner Ansprüche unterstützt.

Wie konkret müssen diese auszuübenden Tätigkeiten, von denen hier im Forum häufig die Rede ist, denn benannt werden?

Wie ist denn das Vorgehen, wenn der Arbeitnehmer seine Eingruppierung prüfen möchte? Er prüft die ihm wirksam übertragenen Tätigkeiten und ermittelt für diese selbst die Zeitanteile, in der Hoffnung, dass die auszuführenden Tätigkeiten deckungsgleich mit den ausgeführten Tätigkeiten sind?

Titel: Antw:Rückwirkende Eingruppierung
Beitrag von: MoinMoin am 10.12.2018 15:00
So ungefähr.
Er kann ja die Zeitanteil seiner zusammenhängenden Arbeitsvorgänge dokumentieren.
Dieses von seinem Chef bestätigen lassen und dann seinem AG vorlegen und den AG auffordern zu bestätgen, ob dies die von ihm auszuübenden Tätigkeiten sind.
Danach kann er damit ermitteln welche EG er ist oder den Bleistift fallen lassen.
Titel: Antw:Rückwirkende Eingruppierung
Beitrag von: Spid am 10.12.2018 15:11
Eine stichpunktartige Aufzählung dürfte den Pflichten des AG Genüge tun. Je weniger präzise die Nachweise des AG sind, desto mehr Bedeutung kommen vor Gericht Dingen wie Arbeitsplatzaufzeichnungen zu.