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Beamte und Soldaten => Beamte des Bundes und Soldaten => Thema gestartet von: PolareuD am 15.02.2023 10:37

Titel: [Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 15.02.2023 10:37
Nach der Anregung durch Finanzer habe ich mal diesen Sammelthread erstellt zum Thema "amtsangemessene Alimentation". Bitte nur der Sache dienliche Informationen posten und keine Gerechtigkeitsdebatten führen!

Ich hoffe es finden sich genügend Helfer, die beim Zusammendampfen der Informationen aus dem Thread "Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)" behilflich sind.
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 15.02.2023 10:56
Das, was die Kollegen, schreiben, ist durchgehend richtig. Da die im Länderforum geführten umfassenden Diskussionen um verschiedene Themenbereiche kreisen, fasse ich hier noch einmal zentrale Grundlagen zum Verständnis zusammen, um die Tragweite verständlich zu machen. Als Ergebnis kann hier festgehalten werden: Wer bislang keinen Widerspruch gegen seine aktuelle Besoldung eingelegt hat, sollte das unter allen Umständen bis zum Ende des Jahres tun.

Nachfolgen skizziere ich zunächst die maßgeblichen Grundlagen, insbesondere den juristischen Zusammenhang von Grundsicherungsniveau und Mindestalimentation (Abschnitt 1). Danach referiere ich die diesbezüglich wichtigsten Ergebnisse der aktuellen Verfassungsgerichtsentscheidung (Abschnitt 2), was schließlich in eine Zusammenfassung mündet (Abschnitt 3), aus der schließlich zentrale Folgen abgeleitet werden (Abschnitt 4).

Die Materie ist leider nicht immer ganz leicht zu verstehen und deshalb auch nicht immer völlig einfach darzustellen. Ich hoffe, dass die Grundrichtung trotzdem klar wird, weshalb ich vielfach mit Fettdruck arbeite, um zentrale Aussagen oder Grundlagen hervorzuheben. Zugleich unterteile ich den Beitrag in zwei Teile (Abschnitt 1 und 2 sowie Abschnitt 3 und 4)

1. Alimentationsprinzip, Grundsicherungsniveau und Mindestalimentation

Aus dem Alimentationsprinzip – der Pflicht des Dienstherrn, seine Beamte und ihre Familien lebenslang amtsangemessen zu alimentieren – folgt das sogenannte Mindestabstandsgebot, das besagt, dass der Abstand zwischen dem sozialhilferechtlichen Grundsicherungsniveau und der Alimentation in der untersten Besoldungsgruppe der Besoldungsordnung A mindestens 15 % betragen muss. Das hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 15.11.2015 entsprechend festgelegt; der Besoldungsgesetzgeber ist verpflichtet diese Vergleichsschwelle als Mindestwert einzuhalten (BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 17. November 2015 – 2 BvL 19/09 – Rn. 93 ff.).

1977 hat das Bundesverfassungsgericht festgelegt und seitdem durchgehend wiederholt, dass die Prüfung der Amtsangemessenheit der Besoldung anhand einer vierköpfigen Beamtenfamilie zu erfolgen hat, die über nur einen Ernährer verfügt (BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 30. März 1977 – 2 BvR 1039/75 – Rn. 71 ff.). Zwar verwendet es den dort benutzten Begriff der „Normalfamilie“ heute nicht mehr. Allerdings hält es aus praktischen Erwägungen nach wie vor an der sog. vierköpfigen Alleinverdienerfamilie als aus der bisherigen Besoldungspraxis abgeleitete Bezugsgröße fest (BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 4. Mai 2020 – 2 BvL 4/18 – Rn. 47 ff. wie auch im Folgenden): Die Mindestalimentation bemisst sich an einem verheirateten Beamten mit zwei Kindern, der sich in der Eingangsstufe der untersten Besoldungsgruppe befindet.

Die Nettoalimentation jenes Beamten muss – wie schon hervorgehoben – mindestens 15 Prozent oberhalb dem Grundsicherungsniveau liegen, das der Staat sozialrechtlich einer vierköpfigen Familie ohne Ernährer schuldet. Damit stellt die Mindestalimentation zunächst den Ausgangspunkt, die Basis, der A-Besoldung dar: Ein verfassungswidriges Unterschreiten der amtsangemessen Alimentation in der untersten Besoldungsgruppe der A-Besoldung hat zur Folge, dass die Alimentation des auf ihr aufbauenden weiteren Gefüges mit zunehmender ursprünglicher Unterschreitung ebenfalls nicht amtsangemessen sein kann. Über Querbeziehungen gilt das im gleichen Maße für die B- und R-Besoldung.

Insofern musste das Bundesverfassungsgericht nun im aktuellen Verfahren anhand der A-Besoldung die Mindestalimentation betrachten, obgleich die Besoldungsordnung A de jure nicht Streitgegenstand gewesen ist. Denn streitgegenständlich ging es im aktuellen Verfahren um die Berliner Richterbesoldung. Allerdings konnte über ihre Rechtskonformität unter anderem nur über den „Umweg“ der A-Besoldung entschieden werden, da die Besoldungsordnung R ebenfalls mittelbar auf der Mindestalimentation fußt, die eben anhand der A-Besoldung ermittelt wird.

Dabei kommt dem aktuellen Beschluss seine sehr weitreichende Bedeutung zu, weil das Bundesverfassungsgericht bislang noch nicht darüber entschieden hatte, ob die Methodik, die das Land Berlin und so identisch oder in weitgehend ähnlicher Form auch der Bund und die anderen Länder zur Festlegung des Grundsicherungsniveau verwenden, verfassungskonform ist oder nicht.

Juristisch war und ist dabei von einigem Belang, dass einerseits Grundsicherungsleistungen sozialrechtlich nur teilweise auf gesetzgeberischen Pauschalisierungen beruhen, der Sozialgesetzgeber aber im Übrigen und insbesondere bei den Unterkunfts- und Heizkosten sowie bei den sog. Bedarfen für Bildung und Teilhabe an den tatsächlichen Bedürfnissen der Leistungsempfänger anknüpft, weshalb die Höhe der Gesamtleistungen bei gleicher Haushaltsgröße erheblich divergieren können (ebd., Rn. 51), und dass andererseits die Alimentationshöhe beamten- und besoldungsrechtlich weitgehend keine über Pauschalisierungen hinausgehende Individualisierungen kennt.

Das Sozialrecht auf der einen Seite und das Beamten- und Besoldungsrecht auf der anderen gehen nicht ineinander auf, sondern umspannen unterschiedliche Rechtsgebiete, sodass das Bundesverfassungsgericht nun entscheiden musste, in welcher Form welche sozialrechtlichen Pauschalisierungen statthaft zur Bestimmung des sozialhilferechtlichen Grundsicherungsniveaus herangezogen werden dürfen und ggf. müssen, um eine verfassungskonforme Relation zwischen Grundsicherung und Mindestalimentation zu gewährleisten, die eben – wie oben dargestellt – mindestens 15 % oberhalb des Grundsicherungsniveau liegen muss.

Der Bund und die Ländern greifen bislang in Teilen oder als Ganzes auf den jeweils aktuellen Existenzminimumbericht der Bundesregierung zurück, um die fünf maßgeblichen Faktoren zur Festsetzung des Grundsicherungsniveaus zu bestimmen, die da sind:

(a) die Regelleistung für zwei in einer Bedarfsgemeinschaft lebende Erwachsene sowie

(b) die nach Alter gewichteten durchschnittlichen Regelbedarfe für zwei in der Bedarfsgemeinschaft lebende Kinder sowie darüber hinaus

(c) die berücksichtigungsfähigen Unterkunfts- und

(d) Heizkosten sowie

(e) die gewichteten Bedarfe für Bildung und Teilhabe.

Für das Jahr 2014, das hier zur weiteren Veranschaulichung der Thematik ausgewählt wird, hat der damals aktuelle neunte Existenzminimumbericht folgende Pauschalwerte für die fünf Faktoren zugrunde gelegt (vgl. BT-Drs. 17/11425 vom 7.11.2012):

(a) Regelleistung für zwei Erwachsene: 704,- € pro Monat (ebd., S. 3, Nr. 4.1.1)

(b) Regelleistung für zwei Kinder: 516,- € pro Monat (ebd., S. 5, Nr. 5.1.1)

(c) Unterkunftskosten: 380,- € pro Monat (ebd., S. 4, Nr. 4.1.2)

(d) Heizkosten: 84,- € pro Monat (ebd., S. 4, Nr. 4.1.3)

(e) Bedarfe für Bildung und Teilhabe: 38,- € pro Monat (ebd., S. 5, Nr. 5.1.2)

Das Grundsicherungsniveau betrug demnach in Summe 1.722,- €.

Die Netto-Alimentationshöhe als Pendant zur Grundsicherung umfasst zunächst das Gehalt als Ganzes, also neben dem Grundgehalt die weiteren Bezügebestandteile, die allen Beamten einer Besoldungsgruppe gewährt werden wie beispielsweise Zulagen, Zuschlägen, Sonderzahlungen etc.; davon sind die Steuern und danach die Kosten einer die Beihilfeleistung des Dienstherrn ergänzenden Krankheitskosten- und Pflegeversicherung in Abzug zu bringen, während am Ende das Kindergeld hinzuzuaddieren ist (BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 4. Mai 2020 – 2 BvL 4/18 – Rn. 72 ff. wie auch im Folgenden).

Die Mindestalimentation wird wie dargelegt anhand eines verheirateten Beamten mit zwei Kindern ermittelt, der sich in der Eingangsstufe der untersten Besoldungsgruppe befindet. Sie muss 15 % oberhalb der Grundsicherung liegen, musste also nach dieser bislang nicht nur vom Land Berlin, sondern auch vom Bund und allen anderen Ländern identisch oder in weitgehend identischer Form angestellten Berechnung anhand des Existenminmumberichts mindestens 1980,- € betragen.

Das Bundesverfassungsgericht hat für einen entsprechenden Berliner Beamten im Jahr 2014 eine Nettoalimentation von 1.974,- € ermittelt (ebd., Rn. 151). Sofern also das Bundesverfassungsgericht die Methodik, zur Bestimmung des Grundsicherungsniveau pauschalisierende Werte anhand des Existenzminimumberichts zu verwenden, für verfassungskonform erachtet hätte, wäre die Besoldungspraxis des Landes Berlin im Jahr 2014, was die Mindestalimentation betrifft, nicht zu beanstanden gewesen.

Denn die Vergleichsschwelle gibt – unter anderem wegen der oben gezeigten unterschiedlichen Zweckstellung von Sozialrecht auf der einen und Beamten- und Besoldungsrecht auf der anderen Seiten – keinen bis auf den letzten Euro exakt zu berechnenden Wert an, sondern ermittelt eine Dimension: Eine um sechs Euro pro Monat unterschrittene Mindestalimentation hätte kaum die Gewähr dafür leisten können, dass das Besoldungssystem als Ganzes (im de jure betrachteten Fall: die Besoldungsordnung R) verfassungswidrig sein sollte. Sie wäre vom Verfassungsgericht mit hoher Wahrscheinlichkeit als am untersten Ende einer noch verfassungskonformen Alimentationspraxis betrachtet worden.

In diesem Sinne führt das Bundesverfassungsgericht aus, dass die Verletzung des Mindestabstandsgebots bei einer niedrigeren Besoldungsgruppe ein Indiz für die unzureichende Ausgestaltung der höheren Besoldungsgruppen ist: Je deutlicher der Verstoß ausfällt und je mehr Besoldungsgruppen hinter dem Mindestabstandsgebot zurückbleiben, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, eines verfassungswidrigen Verstoßes gegen das Alimentationsprinzips und desto eher ist damit zu rechnen, dass es zu einer spürbaren Anhebung des gesamten Besoldungsniveaus kommen muss, um die gebotenen Abstände zwischen den Besoldungsgruppen wahren zu können (ebd., Rn. 49).


2. Die aktuelle Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts

Das Bundesverfassungsgericht hat nun entschieden, dass mit Blick auf das Grundsicherungsniveau die pauschalisierten Werte

(a) der Regelleistung für zwei in einer Bedarfsgemeinschaft lebende Erwachsene sowie

(b) der nach Alter gewichteten durchschnittlichen Regelbedarfe für zwei in der Bedarfsgemeinschaft lebende Kinder

jeweils im Anschluss an den Existenzminimumbericht realitätsgerecht sind und sie deshalb mit den sich aus der Verfassung ergebenden Normen als im Einklang befindlich erklärt (ebd., Rn. 54). Beide Sozialleistungen dürfen weiterhin in pauschalisierter Form Anwendung bei der mittelbaren Bestimmung der Mindestalimentation erfahren. Das sozialhilferechtliche Grundsicherungsniveau als Referenzwert zu Erstellung der Mindestalimentation wird diesbezüglich also weiterhin anhand des Existenzminimumberichts erstellt werden können.

Es hat darüber hinaus entschieden,

(d) dass so lange, wie die Grundsicherungsträger nicht dafür sorgen, dass mittels regionaler und lokaler Heizspiegel ein realitätsgerecht differenzierender Heizwert regional und lokal pauschalisiert werden kann, bei der Ansetzung der Heizkosten von Höchstwerten auszugehen ist, weshalb es die vom Land Berlin und praktisch allen Ländern und dem Bund vollzogene Methodik, undifferenziert auf die niedrigeren Beträge des Existenzminimumberichts zurückzugreifen, als einen Normverstoß und deshalb für verfassungswidrig erklärt hat (ebd. Rn. 58 ff.). Die undifferenzierten Pauschalwerte des Existenzminimumberichts dürfen diesbezüglich nicht mehr verwendet werden. Dem Bundessozialgericht folgend, legt es fest, dass die pauschalisierten Richtwerte den bundesweiten Heizspiegeln entnommen werden können (ebd., Rn. 62). Dem Vorlagebeschluss folgend setzte es die Heizkosten für das Jahr 2014 auf 155,13 € pro Monat fest, also um rund 70,- € höher als der Existenzminimumbericht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.9.2017 – 2 C 56.16 u.a. – Rn. 208);

(e) Auch hat das Bundesverfassungsgericht die Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts dahingehend bestätigt, dass eine undifferenzierte Bemessung der Bedarfe für Bildung und Teilhabe anhand des Existenzminimumberichts zu nicht realitätsgerechten Pauschalisierungen führt, was einen Normverstoß darstellt, weshalb ein entsprechende Rückgriff auf den Existenzminimumbericht, wie ihn heute praktisch alle Bundesländer und auch der Bund vollziehen, verfassungswidrig ist (BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 4. Mai 2020 – 2 BvL 4/18 –, Rn. 64 ff. auch im Folgenden). Die undifferenzierten Werte des Existenzminimumberichts dürfen diesbezüglich nicht mehr verwendet werden.

Darüber hinaus konnte das Bundesverfassungsgericht genauso wie das Bundesverwaltungsgericht keine realitätsgerechten Kosten für jene Bedarfe für Bildung und Teilhabe ermitteln, da die Grundsicherungsbehörden bislang kein angemessenes Instrumentarium für eine entsprechende Beobachtung und Datengewinnung entwickelt haben. Es hat deshalb rechtskräftig entschieden, dass der Gesetzgeber zukünftig dafür zu sorgen hat, dass die entsprechenden Datenlücken geschlossen werden.

Darüber hinaus hat das Bundesverfassungsgericht, auch wenn es für den Zeitraum von 2009 bis 2015 ebenfalls zu keinem realitätsgerechten Ergebnis gelangen konnte, mit Blick auf die Bedarfe für Bildung und Teilhabe doch deutlich höhere Werte als die deutschen Besoldungsgesetzgeber und das Bundesverwaltungsgericht ermittelt. Da diese Bedarfe offensichtlich ein wichtiger Bestandteil der Familienzuschläge sind, ist davon auszugehen, dass zukünftig die Familienzuschläge nicht nur im Land Berlin, sondern auch bundesweit und damit ebenfalls in Niedersachsen verhältnismäßig deutlich steigen werden. Die derzeit noch nicht realitätsgerechten Werte hat das Bundesverfassungsgericht für 2014 auf  monatlich 74,46 € festgelegt und damit um 36,- € höher als der Existenziminimumbericht (ebd., Rn. 145 f.).


(c) Mit Blick auf die Bestimmung der Heizkosten – und damit an der für das zukünftige deutsche Besoldungsniveau zentralen Stelle – erklärte das Bundesverwaltungsgericht den undifferenzierten Rückgriff auf die pauschalisierten Werte des Existenzminimumberichts ebenfalls zu einen Normverstoß; auch er führt zu keiner realitätsgerechten Betrachtung, stellt einen Verfassungsverstoß dar, ist also verfassungswidrig und darf zukünftig diesbezüglich nicht mehr verwendet werden.

Stattdessen hebt das Bundesverfassungsgericht hervor, dass es realitätsgerecht ist, auf statistische Höchstwerte zurückzugreifen, die die Bundesagentur für Arbeit dem Verfassungsgericht vorgelegt hat (ebd., Rn. 55 ff.). Auf deren Grundlage legte das Bundesverfassungsgericht die für 2014 anzusetzenden Unterkunftskosten auf monatlich 950,- € fest und damit um 570,- € höher als der Existenzminimumbericht.
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 15.02.2023 10:57
3. Zusammenfassung

Der Existenzminimumbericht gelangt für das Jahr 2014 auf Grundlage der von ihm zugrunde gelegten Pauschalisierungen zu folgenden Faktoren und folgendem Grundsicherungsniveau (s. Abschnitt 1):

(a) Regelleistung für zwei Erwachsene: 704,- € pro Monat

(b) Regelleistung für zwei Kinder: 516,- € pro Monat

(c) Unterkunftskosten: 380,- € pro Monat

(d) Heizkosten: 84,- € pro Monat

(e) Bedarfe für Bildung und Teilhabe: 38,- € pro Monat

Das Grundsicherungsniveau bezifferte er so auf die monatliche Summe von 1.722,- € bzw. jährliche Summe von 20.664,- €. Daraus resultierte für die Mindestalimentation unter Beachtung der 15%igen Vergleichsschwelle eine Summe von 23.764,- €.


Das Bundesverfassungsgericht setzt hingegen für das Jahr 2014 als verfassungskonform fest (s. Abschnitt 2):

(a) Regelleistung für zwei Erwachsene: 704,- € pro Monat

(b) Regelleistung für zwei Kinder: 516,- € pro Monat

(c) Unterkunftskosten: 950 ,- € pro Monat

(d) Heizkosten: 155,13 ,- € pro Monat

(e) Bedarfe für Bildung und Teilhabe: 74,46,- €

Das Grundsicherungsniveau setzte es so auf die monatliche Summe von rund 2.400,- € bzw. jährliche Summe von 28.820,- € bezifferte (ebd., Rn. 146). Daraus resultierte für die Mindestalimentation unter Beachtung der 15%igen Vergleichsschwelle eine Summe von rund 33.143,- €. Da es eine Nettoalimentation eines verheirateten Beamten mit zwei Kindern in der Eingangsstufe der untersten Besoldungsgruppe der Besoldungsordnung A im Jahr 2014 von monatlich rund 1.974,- € und also jährlich rund 23.688,- € festgestellt hat, wurde die Mindestalimentation im Land Berlin in jenem Jahr um rund 9.455,- € unterschritten.


4. Folgen

1) Formal hat das Bundesverfassungsgericht am 4. Mai eine Entscheidung zur Berliner R-Besoldung in den Jahren 2009 bis 2015 getroffen. Es hat rechtskräftig entschieden, dass die Berliner R-Besoldung in den sieben Jahren durchgehend verfassungswidrig gewesen ist. Das Land Berlin hat nun bis zum 31.07.2021 Zeit, eine neue Besoldungssystematik für die Besoldungsordnung R zu entwickeln, die auf Grundlage der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts den verfassungswidrigen Zustand behebt und in den notwendigen Fällen nachträglich heilt (ebd., Tenor).

2) Die Heilung besteht darin, dass für die Berliner Richter und Staatsanwälte, die zeitnah und mit den statthaften Rechtsbehelfen Widerspruch gegen ihre Besoldung eingelegt haben, genauso wie für jene Richter und Staatsanwälte, die ein Klageverfahren gegen ihre Besoldung angestrengt haben, eine rückwirkende Behebung der Unteralimentation zu erfolgen hat. Die Unteralimentation muss anhand der Nachzahlung der rechtswidrig entgangenen Alimentationsbeträge behoben werden (ebd., Rn. 181 ff.). Der Ausgangspunkt jener Nachzahlungshöhe – also die zu gering bemessene Mindestalimentation – beläuft sich für jene sieben Jahre auf insgesamt rund 61. 000,- € (vgl. ebd., Rn. 153 f.). Von diesem Wert ausgehend, muss nun die Netto-Alimentation der betroffenen Richter und Staatsanwälte neu bemessen werden.

3) Da das Bundesverfassungsgericht ausschließlich über die Berliner R-Besoldung der Jahre 2009 bis 2015 entschieden hat, die für die Entscheidung nötigen Berechnungen zur A-Besoldung dabei nur Mittel zum Zweck waren – also eine amtsangemessene R-Besoldung festsetzen zu können, für die die Mindestalimentation anhand der A-Besoldung zu bestimmen war –, sie selbst also de jure nicht Bestandteil der Entscheidung sein konnte, ist über die Berliner A-Besoldung noch nicht rechtskräftig entschieden worden.

4) Diese Entscheidung ist zukünftig am Vorlagebeschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.09.2017 (BVerwG 2 C 58.16) zu fällen, der über die Berliner A-Besoldung der Jahre 2008 bis 2015 befunden und ihn danach nach Karlsruhe überstellt hatte. Da das Bundesverfassungsgericht seine Entscheidung mittels identischer Rechtsbetrachtung treffen wird, ist davon auszugehen, dass sie zu identischen Ergebnissen gelangt. Erst damit liegt dann ein rechtskräftiger Beschluss zur Berliner A-Besoldung vor.

5) Darüber hinaus besteht die Alimentation von Beamten wie oben skizziert nicht nur aus der Besoldung, also dem Grundgehalt und ggf. weiteren Zulagen, Zuschlägen und Sonderzahlungen, sondern sie beinhaltet über die Beihilfeleistung, aber auch über steuerrechtliche Eingriffsmöglichkeiten, die der Besoldungsgesetzgeber zukünftig jeweils verändern darf, die Möglichkeit weiterer Ausgestaltung (BVerfG, Beschluss vom 04.05.2020 – 2 BvL 4/18 – Rn. 47 ff.).

6) Denn der Besoldungsgesetzgeber verfügt hinsichtlich der Strukturierung der Besoldung über einen breiten Gestaltungsspielraum, wie er das jeweilige Besoldungssystem ausformt (ebd.). Nichtsdestotrotz geht das Bundesverfassungsgericht aber in gefestigter Rechtsprechung davon aus, dass die Wahrscheinlichkeit für eine spürbare Anhebung des gesamten Besoldungsgefüges und damit also auch zur Anhebung der Grundgehälter desto größer ist, je deutlicher der Verstoß gegen das Mindestabstandsgebot ausfällt und je mehr Besoldungsgruppen hinter ihm zurückbleiben (ebd., Rn. 49). Ein Verstoß von mehr als 30 % stellt dabei einen sehr deutlichen Verstoß gegen das Mindestabstandsgebot dar; zugleich kann die begründete Vermutung geführt werden, dass heute im Land Berlin selbst die Besoldungsgruppe A 11 nicht das Mindestalimentationsniveau erreicht, sodass also offensichtlich recht viele Besoldungsgruppe hinter der Mindestalimentation zurückbleiben.

6) Da die vom Bundesverfassungsgericht festgestellten Normverstöße bei der Festsetzung der anhand der A-Besoldung zu bestimmenden Mindestalimentation sich in Teilen oder als Ganzes ebenfalls in sämtlichen aktuellen Besoldungsgesetzen der Besoldungsordnungen A, B und R wiederfinden, ist zugleich davon auszugehen, dass derzeit sämtliche A- , B- und R-Besoldungen in Deutschland verfassungswidrig sind. Das gilt hinsichtlich ihrer prozeduralen Grundlagen genauso wie für ihre materiellen Anforderungen. Die vom Bundesverfassungsgericht festgelegte Mindestalimentation liegt sehr hoch über jeder Netto-Alimentation, die der Bund und die Länder ihren Beamten in der untersten Besoldungsgruppe gewährt hat. Das Besoldungsniveau wird sich in Deutschland in den nächsten Jahren generell deutlich erhöhen.

7) Insofern sollte es, sofern das in der Vergangenheit noch nicht geschehen ist, dringend angeraten sein, gegen die aktuelle Besoldung Widerspruch einzulegen, da ohne einem zeitnahen Widerspruch eventuelle Ansprüche, die sich aus einer Unteralimentation ergeben, zum Ende des Kalenderjahrs verfallen.

8) Das zum Beispiel hier (https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,114363.45.html) am 31.07. um 12:18 Uhr eingestellte Muster sollte die Kriterien für einen statthaften Rechtsbehelf erfüllen. Jedoch ersetzen diese Zeilen insgesamt keine professionelle Rechtsberatung durch einen Anwalt. Im Zweifelsfall ist es immer angeraten, eine professionelle Rechtsberatung einzuholen. Zugleich ist davon auszugehen, dass die maßgeblichen Gewerkschaften und Verbände bis zum Ende des Jahres gleichfalls statthafte Rechtsbehelfe zur Verfügung stellen werden.
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: Pensionär007 am 15.02.2023 12:57
Super Idee, mit dem Sammelthread. Hoffentlich schlagen sich hier dann nicht auch noch alle verbal die Köpfe ein.
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 15.02.2023 12:58
Referentenentwurf 2021

https://www.berliner-besoldung.de/wp-content/uploads/2021/06/Referentenentwurf-vom-03.02.2021.pdf

Referentenentwurf 2023

https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/gesetzgebungsverfahren/DE/Downloads/referentenentwuerfe/D3/BBVAngG.pdf;jsessionid=B8CF8B7169721D35C86F3563FE1A15BF.1_cid295?__blob=publicationFile&v=2

Beschluss BVerfG BvL 4/18

https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/05/ls20200504_2bvl000418.html
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: Kaldron am 15.02.2023 18:00
Die letzte bekannte Version des Widerspruchs (S.169):

https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,114508.msg265433.html#msg265433 (https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,114508.msg265433.html#msg265433)
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 18.02.2023 18:55
Aspekte der Besoldung vom Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages:

https://www.bundestag.de/resource/blob/906958/1a97bad8fbd694caf2f3e333c3cb8f67/WD-6-049-22-pdf-data.pdf

Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 18.02.2023 18:57
Stellungnahmen zum aktuellen Referentenentwurf 2023:

https://www.gdp.de/gdp/gdpbupo.nsf/id/DE_Update-Beamtenbesoldung?open&ccm=000

https://www.dpolg-bundespolizei.de/aktuelles/news/nur-schatten-kein-licht/
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: Warzenharry am 20.02.2023 08:41
Stellungnahmen zum aktuellen Referentenentwurf 2023:

https://www.gdp.de/gdp/gdpbupo.nsf/id/DE_Update-Beamtenbesoldung?open&ccm=000

https://www.dpolg-bundespolizei.de/aktuelles/news/nur-schatten-kein-licht/


Moin Moin,

der Link mit dem "nur Schatten kein Licht" sagt eigentlich alles, worüber wir auch in dem anderen Thread schreiben...
Wenn jetzt alle, welche an diesem Enrtwurf beteiligt werden, zum selben Schluss kommen, dann kann das Ding doch nicht so durch gehen oder wie seht ihr das?

Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: Hummel2805 am 20.02.2023 11:19
In der einen Stellungsnahme steht folgendes:

"Kleine positive Punkte gibt es dann doch noch, nämlich der Abschmelzbetrag zählt nicht mehr, wenn man mehr als zwei Kinder hat und die Abschmelzbeträge erhöhen sich nicht beim A9er mit Zulage und beim A13er mit Zulage. Das lassen wir aber mal unkommentiert!"

Auf welcher Seite des Entwurfes steht das denn?
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: sapere aude am 20.02.2023 12:29
In der einen Stellungsnahme steht folgendes:

"Kleine positive Punkte gibt es dann doch noch, nämlich der Abschmelzbetrag zählt nicht mehr, wenn man mehr als zwei Kinder hat und die Abschmelzbeträge erhöhen sich nicht beim A9er mit Zulage und beim A13er mit Zulage. Das lassen wir aber mal unkommentiert!"

Auf welcher Seite des Entwurfes steht das denn?

Zu § 41 (S. 70)
... Der Abschmelzbetrag wird von der Summe der alimentativen Ergänzungszuschläge für Verheiratete und für das erste und zweite Kind abgezogen. Der alimentative Ergänzungszuschlag ab dem dritten Kind wird in voller Höhe gewährt. ...

Dies ist aber keine Wohltat, sondern ergibt sich aus dem Gesetzentwurf:
§ 41 (2) nimmt kein Bezug auf  auf § 41 (1) Nr. 3.

Anlage VII führt nur "ganze" Besoldungsgruppen aus. A9Z und A13Z müssen demnach m.E. der Besoldungsgruppe A9 bzw. A13 zugeordnet werden. Insoweit gibt es keine Erhöhung des Abschmelzbetrages von A9 zu A9Z bzw. A13 zu A13Z.
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: Hummel2805 am 20.02.2023 12:55
Vielen Dank, hatte ich völlig überlesen.

Also ich erhalte für 3 Kinder Familienzuschlag und den AEZ dann ohne Abschmlezbetrag?
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: Bastel am 20.02.2023 13:01
Vielen Dank, hatte ich völlig überlesen.

Also ich erhalte für 3 Kinder Familienzuschlag und den AEZ dann ohne Abschmlezbetrag?

Ich lese das so, A13, hat drei Kinder und lebst in Mietstufe 2. Abschmelzbetrag beträgt ca. 200€.
Für die ersten beiden Kinder beträgt der AEZ ca. 140€, die werden abgeschmolzen. Der AEZ fürs dritte Kind bleibt unangetastet.
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: sapere aude am 20.02.2023 14:13
Vielen Dank, hatte ich völlig überlesen.

Also ich erhalte für 3 Kinder Familienzuschlag und den AEZ dann ohne Abschmlezbetrag?

Ich lese das so, A13, hat drei Kinder und lebst in Mietstufe 2. Abschmelzbetrag beträgt ca. 200€.
Für die ersten beiden Kinder beträgt der AEZ ca. 140€, die werden abgeschmolzen. Der AEZ fürs dritte Kind bleibt unangetastet.

So sehe ich es auch!

Heirat = 1. Abschmelzung
1. Kind = 2. Abschmelzung
2. Kind = 3. Abschmelzung
3. Kind und weitere = keine (weitere) Abschnmelzung.

§ 41
Alimentativer Ergänzungszuschlag
(1) Ein Beamter, Richter oder Soldat erhält einen wohnortabhängigen Zuschlag
(alimentativer Ergänzungszuschlag) nach Anlage VII, in den Fällen, dass
1. er verheiratet ist,
2. ihm Kindergeld für ein Kind oder zwei Kinder gezahlt wird,
3. ihm Kindergeld für weitere Kinder gezahlt wird.

(2) Ab der Besoldungsgruppe A 5 wird der nach Absatz 1 Nummer 1 und 2 zustehende Zuschlag abzüglich der in Anlage VII für die Besoldungsgruppe des Besoldungsempfängers ausgewiesenen Abschmelzbetrags gezahlt.

Ich hoffe, dies sind noch dienliche Informationen im obengenannten Sinne. 
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 20.02.2023 15:45
Rundschreiben des BMI von 2021

Amtsangemessene Alimentation; hier: Umgang mit erhobenen Widersprüchen bzw. geltend gemachten Ansprüchen

http://www.verwaltungsvorschriften-im-internet.de/bsvwvbund_14062021_D3302009421.htm
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: Hummel2805 am 20.02.2023 16:06
Ich verstehe das nicht!

Bei A 11, 3 Kindern und Mietstufe II - Wie hoch ist der AEZ?
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: sapere aude am 20.02.2023 16:57
Ich verstehe das nicht!

Bei A 11, 3 Kindern und Mietstufe II - Wie hoch ist der AEZ?

Der Abschmelzbetrag wird von der Summe der alimentativen Ergänzungszuschläge für Verheiratete und für das erste und zweite Kind abgezogen. Der alimentative Ergänzungszuschlag ab dem dritten Kind wird in voller Höhe gewährt.

Ich würde daher so rechnen:

Summe Verheiratete und für das erste und zweite Kind bei Mietstufe II = 0+0+126,00 = 126
Abschmelzbetrag nach § 41 Absatz 2 bei A13 = 204,00
AEZ Verheiratete und für das erste und zweite Kind = 126,00 - 204,00 = 0

Summe ab dem dritten Kind = 146,00
Abschmelzbetrag nach § 41 Absatz 2 bei A13 = 0
AEZ ab dem dritten Kind = 146,00

AEZ Insgesamt = 146,00
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: sapere aude am 21.02.2023 06:43
Ich verstehe das nicht!

Bei A 11, 3 Kindern und Mietstufe II - Wie hoch ist der AEZ?

Der Abschmelzbetrag wird von der Summe der alimentativen Ergänzungszuschläge für Verheiratete und für das erste und zweite Kind abgezogen. Der alimentative Ergänzungszuschlag ab dem dritten Kind wird in voller Höhe gewährt.

Ich würde daher so rechnen:

Summe Verheiratete und für das erste und zweite Kind bei Mietstufe II = 0+0+126,00 = 126
Abschmelzbetrag nach § 41 Absatz 2 bei A13 = 204,00
AEZ Verheiratete und für das erste und zweite Kind = 126,00 - 204,00 = 0

Summe ab dem dritten Kind = 146,00
Abschmelzbetrag nach § 41 Absatz 2 bei A13 = 0
AEZ ab dem dritten Kind = 146,00

AEZ Insgesamt = 146,00

Bei A11 (irgendwo hatte ich A13 gelesen) beträgt der Abschmelzungsbetrag 124,00.
AEZ Verheiratete und für das erste und zweite Kind = 126,00 - 124,00 = 2
AEZ drittes Kind = 146,00
AEZ Insgesamt = 148,00
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: Finanzer am 21.02.2023 10:01
Ein Hinweis in eigener Sache:

Der Gedanke hinter diesem Thread war, als möglichst übersichtliche Informationsansammlung zu dienen.

Die letzten Beiträge waren zwar richtig, wichtig und themenbezogen, wären im Diskussionsthread aber besser aufgehoben  ;)

Bitte in Zukunft beachten.
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 21.02.2023 19:39
Der Artikel betrifft zwar in erster Linie nur das Bundesland Hessen, es gibt aber auch Querbezüge zur Bundesbesoldung.

https://hessen.de/presse/weitere-anpassung-der-besoldung-und-versorgung
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 27.02.2023 13:58
Stellungnahme des VBB zum Referentenentwurf 2023

https://www.vbb.dbb.de/aktuelles/news/position-des-vbb-zum-gesetzentwurf-fuer-eine-amtsangemessenen-bundesbesoldung/
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: Frankeee2022 am 27.02.2023 14:01
Ich verstehe das nicht!

Bei A 11, 3 Kindern und Mietstufe II - Wie hoch ist der AEZ?

Der Abschmelzbetrag wird von der Summe der alimentativen Ergänzungszuschläge für Verheiratete und für das erste und zweite Kind abgezogen. Der alimentative Ergänzungszuschlag ab dem dritten Kind wird in voller Höhe gewährt.

Ich würde daher so rechnen:

Summe Verheiratete und für das erste und zweite Kind bei Mietstufe II = 0+0+126,00 = 126
Abschmelzbetrag nach § 41 Absatz 2 bei A13 = 204,00
AEZ Verheiratete und für das erste und zweite Kind = 126,00 - 204,00 = 0

Summe ab dem dritten Kind = 146,00
Abschmelzbetrag nach § 41 Absatz 2 bei A13 = 0
AEZ ab dem dritten Kind = 146,00

AEZ Insgesamt = 146,00

Wie sieht es mit den Nachzahlungen eigentlich aus, in Bezug auf die AEZ? Wird man da die "alten" Mietstufen heranziehen oder die gegenwärtigen Mietstufen, wenn es zur Auszahlung kommen soll? Miene Gemeinde hatte all die Jahre zuvor die Mietstufe IV, ab 2023 die Mietstufe III.
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: Finanzer am 27.02.2023 14:50
Wie sieht es mit den Nachzahlungen eigentlich aus, in Bezug auf die AEZ? Wird man da die "alten" Mietstufen heranziehen oder die gegenwärtigen Mietstufen, wenn es zur Auszahlung kommen soll? Miene Gemeinde hatte all die Jahre zuvor die Mietstufe IV, ab 2023 die Mietstufe III.

Ein Hinweis in eigener Sache:

Der Gedanke hinter diesem Thread war, als möglichst übersichtliche Informationsansammlung zu dienen.

Die letzten Beiträge waren zwar richtig, wichtig und themenbezogen, wären im Diskussionsthread aber besser aufgehoben  ;)

Bitte in Zukunft beachten.
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: SeppelMeier am 27.02.2023 16:59
Stellungnahme Deutscher Richterbund
 https://www.drb.de/positionen/stellungnahmen/stellungnahme/news/5-2023 (https://www.drb.de/positionen/stellungnahmen/stellungnahme/news/5-2023)
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: Finanzer am 01.03.2023 09:18
https://www.pkv.de/positionen/referentenentwurf-eines-gesetzes-zur-sicherstellung-einer-amtsangemessenen-bundesbesoldung-und-versorgung-sowie-zur-aenderung-weiterer-vorschriften/

Stellungnahme des PKV-Verbandes zur Referendenentwurf.
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: Lichtstifter am 01.03.2023 10:55
Ich denke mal, dies ist der Sache auch dienlich. Speziell für bisher Untätige, die noch eine Formulierung für ihr Anliegen benötigten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

auch in meiner (Geschäftsbereichsbehörde des BMI) Behörde ist das Thema hier fast vollständig unbekannt und wird tlw. sogar eher belächelt. Da immer wieder die Frage nach einem Musterwiderspruch aufkommt, möchte ich hier "meinen" Widerspruch zur Verfügung stellen.

Als Jurist, der das Juristenauswahlverfahren des BMI überstanden hat, würde ich mir zwar nicht trauen, aber ich habe mir doch Mühe gegeben ;-) Das Schreiben basiert auf der großartigen Vorlage des DRB NRW (https://www.drb-nrw.de/nachrichten-1/meldungen-des-landesverbandes/nachricht/news/musterwidersprueche-2022). Ich habe hier einige (wenige) bundesspezifische Anpassungen vorgenommen. Das Argument bzgl. dürftiger Bewerberlage habe ich entfernt. Hier liegen mir einfach keine belastbaren Zahlen für den Bund vor.

Hier aber mal der Widerspruch. Er ist an das BVA zu richten. Es genügt mE ein "Einwurf Einschreiben". Klar, der Inhalt des Widerspruchs kann damit im Zweifel nicht nachgewiesen werden, aber hier direkt mit PZU oder Gerichtsvollzieher zu arbeiten, dürfte nicht notwendig sein.

"Absender






An das

Bundesverwaltungsamt



                                 30.11.2022

Personalnummer: XXX
Widerspruch gegen die Besoldung im Jahr 2022


Sehr geehrte Damen und Herren,

gegen die Höhe meiner Dienstbezüge für das Jahr 2022 lege ich vorsorglich
   
Widerspruch
ein und beantrage,

mich rückwirkend zum 1. Januar 2022 amtsangemessen zu alimentieren,

ferner,

   das Ruhen des Widerspruchsverfahrens.

Begründung:

Unter Hinweis auf den Amtsermittlungsgrundsatz bitte ich, die Verfassungsmäßigkeit der mir gewährten Besoldung umfassend unter allen denkbaren Gesichtspunkten zu prüfen. Meine nachfolgenden Ausführungen sind nicht als Begrenzung der Prüfung zu verstehen, sondern vielmehr als Anregung für die Prüfung.
Zur Begründung meines Widerspruchs wird auf die Ausführungen in der grundlegen-den Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 5. Mai 2015 (2 BvL 17/09 u.a., BGBl I 2015, 728) und die nachfolgenden verfassungsgerichtlichen Entscheidungen verwiesen. Besonders hervorzuheben ist dabei der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2020 (2 BvL 4/18, DRiZ 2020, 316), mit dem die Richterbesoldung im Land Berlin als verfassungswidrig beurteilt wurde. In seiner Entscheidung hat das Gericht seine Rechtsprechung aus dem Jahr 2015 fortgeführt und hinsichtlich der für die Berechnung der Amtsangemessenheit maßgeblichen Kriterien ausgeschärft. So hat es u.a. festgestellt, dass in den Fällen, in denen in der untersten Besoldungsgruppe der gebotene Mindestabstand zum Grundsicherungsniveau nicht ein-gehalten ist, ein solcher Verstoß sich auf das gesamte Besoldungsgefüge auswirkt.

In diesem Zusammenhang ist auch die aktuelle Inflation (10,4 % im Oktober 2022) zu berücksichtigen, der für den Bund keine Besoldungsanpassung gegenübersteht. Die-se Situation hat merkliche, reale Kaufkraftverluste zur Folge und verschärft die verfassungsrechtlichen Bedenken. Diese Bedenken werden auch – mit Blick auf das sog. „Abstandsgebot“ – durch Einführung des Bürgergeldes weiter vertieft und verschärft. Zumindest in unteren Besoldungsstufen wird der notwendige Abstand zu staatlichen Sozialleistungen nicht mehr gewahrt. Von einer amtsangemessenen Besoldung kann nicht mehr gesprochen werden.

Wenngleich die oben genannten Beschlüsse des BVerfG in erster Linie die Gesetzgeber der Länder Nordrhein-Westfalen und Berlin in die Pflicht nehmen, hat auch der Bundesgesetzgeber entsprechend seiner Verpflichtung zur Gewährung einer verfassungskonformen Besoldung (Artikel 33 Absatz 5 Grundgesetz) die Besoldung des Bundes an den neu justierten Maßstäben auszurichten (vgl. - RdSchr. d. BMI v. 14.6.2021 - D3-30200/94#21 - 178#6 -).

Während die Länder nunmehr zumindest versuchen, den Anforderungen an eine verfassungsgemäße Besoldung gerecht zu werden, bleibt der Bundesgesetzgeber bislang untätig.

Aus den vorstehenden Gründen ist es erforderlich, zur Rechtswahrung aus allen möglichen Gesichtspunkten und rechtlichen Erwägungen Widerspruch gegen die Besoldung des Jahres 2022 einzulegen. Klarstellend wird darauf hingewiesen, dass mein Antrag alle Besoldungsbestandteile i. S. des § 1 Abs. 2 und 3 BBesG umfasst, auch familienbezogene Bestandteile.

Außerdem beantrage ich, den Widerspruch bis zu einem Abschluss der noch offenen Verfahren ruhen zu lassen (vgl. - RdSchr. d. BMI v. 14.6.2021 - D3-30200/94#21 - 178#6 -).
Ich bitte, den Eingang des Widerspruchs schriftlich zu bestätigen, und rege zudem an, klarstellend auf die Einrede der Verjährung zu verzichten.


Mit freundlichen Grüßen

"

Würde mich freuen, wenn es hilft :-)

Viele Grüße!
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 01.03.2023 12:46
Hintergrundinformation zur Wahrung seines Rechtsanspruchs auf Gewährung einer amtsangemessenen Alimentation



Besoldungsansprüche, die sich nicht unmittelbar aus Gesetz ergeben, bedürfen einer vorherigen Geltendmachung; sie können erst ab dem hierauf folgenden Monat gewährt werden (Bundesverwaltungsgerichts v. 4.05.2017 (2 C 60/16): Rn. 14). Für einen Nachzahlungsanspruch wegen verfasssungswidrig nicht amtsangemessener Alimentation gilt dagegen das Prinzip der zeitnahen Geltendmachung. Diese Rechtsprechung folgt dem Grundgedanken, dass der Beamte kundtun muss, wenn er sich mit der gesetzlich vorgesehenen Alimentation nicht zufrieden geben will (BVerwG, Urteil vom 28. Juni 2011 – 2 C 40.10 – USK 2011, 147 Rn. 7). Sein Begehren kann nicht durch bloße Rechtsanwendung der Behörden entschieden werden, sondern setzt eine Klärung der normativen Grundlagen der Besoldung voraus (vgl.  BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2008 – 2 C 28.07 – juris Rn. 21).

Dieser Anspruch kann grundsätzlich erst zukünftig, d.h. ab dem auf die erstmalige Geltendmachung folgenden Monat anerkannt werden (vgl. zur unionsrechtswidrigen Zuvielarbeit  BVerwG, Urteil vom 17. September 2015 – 2 C 26.14– Buchholz 232.0 § 87 BBG 2009 Nr. 1 Rn. 25 m.w.N. sowie für die Geltendmachung eines unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs wegen altersdiskriminierender Besoldung  BVerwG, Urteil vom 6. April 2017 – 2 C 11.16-).

Eine rückwirkende Leistungsbewilligung kommt nur in Betracht, wenn die – neu erlassene – Rechtsgrundlage dies vorsieht oder wenn sich die Verpflichtung zur rückwirkenden Leistungsgewährung aus verfassungsrechtlichen Gründen ergibt. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts folgt aus der Feststellung eines Verfassungsverstoßes grundsätzlich die Verpflichtung des Gesetzgebers, diesen rückwirkend zu beseitigen (BVerfG, Beschluss vom 19. Juni 2012 – 2 BvR 1397/09 – BVerfGE 131, 239 <265> m.w.N.).

Diese Überlegung trifft materiell auch für den Bereich der Beamtenbesoldung zu. Wenn die bisherige Alimentation nicht ausgereicht hat, einen amtsangemessenen Lebenszuschnitt zu gewährleisten, musste der betroffene Beamte eigenes Vermögen hierfür einsetzen oder Schulden aufnehmen (wenn er eine nicht-amtsangemessene Lebensführung vermeiden wollte). Diese „Vorleistung“ nachträglich auszugleichen erscheint aus Rechtsgründen geboten; Grenze hierfür ist grundsätzlich nur die Einrede der Verjährung.

Ausnahmen von der rückwirkenden Regelungspflicht hat das Bundesverfassungsgericht aber im Interesse verlässlicher Finanz- und Haushaltsplanung bei haushaltswirtschaftlich bedeutsamen Normen anerkannt. Gerade bei besoldungsrechtlichen Normen sei überdies zu beachten, dass die Alimentation des Beamten der Sache nach die Befriedigung eines gegenwärtigen Bedarfs aus gegenwärtig zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln darstelle. Eine allgemeine rückwirkende Behebung des Verfassungsverstoßes sei daher mit Blick auf die Besonderheiten des Beamtenverhältnisses nicht geboten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. November 2015 – 2 BvL 19/09 u.a. – BVerfGE 140, 240 Rn. 170 m.w.N.). Im Bereich der Beamtenbesoldung kann sich eine rückwirkende Heilung von Verfassungsverstößen deswegen personell auf diejenigen Beamten beschränken, die ihre Ansprüche geltend gemacht haben, ohne dass über ihren Anspruch schon abschließend entschieden wurde, und sachlich auf den Zeitpunkt des laufenden Haushaltsjahres, in dem der Beamte seine Unteralimentierung gegenüber dem Dienstherrn erstmals geltend gemacht hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. März 1990 – 2 BvL 1/86 – BVerfGE 81, 363 <385>).

Soweit der geltend gemachte Anspruch nicht auf die verfassungswidrige Unterschreitung der Mindestalimentation zurückgeführt wird, hält indes auch das Bundesverfassungsgericht nur eine Rückwirkung für erforderlich, die einen Anspruch auf Nachzahlung „ab dem Zeitpunkt seiner erstmaligen Beanspruchung“ einräumt (BVerfG, Beschluss vom 19. Juni 2012 – 2 BvR 1397/09 – BVerfGE 131, 239 <266>). Entsprechendes gilt für die vorliegende Behauptung eines unzutreffend festgesetzten Auslandszuschlags, weil damit kein Verfassungsverstoß dargetan wird. Art. 33 Abs. 5 GG verpflichtet den Gesetzgeber nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht, bei der Festsetzung der Beamtenbezüge einen spezifischen Ausgleich für regional erhöhte Lebenshaltungskosten zu gewähren (BVerfG, Urteil vom 6. März 2007 – 2 BvR 556/04 – BVerfGE 117, 330<344>).

Ansprüche sind demnach haushaltsjahrnah geltend zu machen, also immer spätestens bis zum Ende des jeweiligen Kalenderjahres. Nach dem in dem Runderlass genannten Schreiben verzichtet der Dienstherr allerdings ausnahmsweise auf die Einrede der Verjährung für die Zeit ab dem 01.01.2021. Somit hast Du für die Jahre 2021 und 2022 wohl Glück.

Für die Zeit davor (2019 und 2020) sind die Ansprüche allerdings verjährt.

Sobald über deinen Antrag insgesamt entschieden wird, wirst sich der Dienstherr voraussichtlich bei etwaigen Nachzahlungsansprüchen dem Grunde nach auf die Einrede der Verjährung berufen.
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 02.03.2023 11:14
Stellungnahme von Prof. em. Dr. Dr. h. c. Ulrich Battis zur Änderung des Sächsischen Besoldungsgesetzes vom 07.10.2022.

Die Stellungnahme bezieht sich explizit auf das sächsische Besoldungsgesetz lässt sich aber in weiten Teilen auf die Bundesbesoldung übertragen.

https://www.sbb.de/fileadmin/user_upload/www_sbb_de/pdf/2022/GK_und_FK/Stellungnahmen/StN_Battis_4_Gesetz_dienstr_Vorschriften_10_2022.pdf
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: Aloha am 02.03.2023 13:40
Stellungnahme Deutscher Richterbund
 https://www.drb.de/positionen/stellungnahmen/stellungnahme/news/5-2023 (https://www.drb.de/positionen/stellungnahmen/stellungnahme/news/5-2023)

Vielen Dank für den Link. Sollte das Gesetz so kommen, ist mit der Stellungnahme des drb damit Widerspruch und Klage argumentativ schon praktisch fertig... Traurig, dass es so weit gekommen ist überhaupt - siehe auch Stellungnahme Battis.
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: xap am 03.03.2023 18:38
Die Stellungnahmen des dbb und vbob liegen mittlerweile vor. Links kann ich noch nicht beisteuern, ggf lade ich sie irgendwo hoch. Oder hat jemand offizielle Links dazu?
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: MasterOf am 03.03.2023 20:13
Die Stellungnahmen des dbb und vbob liegen mittlerweile vor. Links kann ich noch nicht beisteuern, ggf lade ich sie irgendwo hoch. Oder hat jemand offizielle Links dazu?

Wär super wenn du sie hochladen könntest, habe auch keine Links gefunden.
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 04.03.2023 17:59
Die Stellungnahme vom dbb und vbob zum aktuellen Referentenentwurf von 2023 liegen zwar öffentlich noch nicht vor. Aber unter dem folgenden Link ist die Stellungnahme zum Referentenentwurf von 2021 zu finden:

https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/gesetzgebungsverfahren/DE/Downloads/stellungnahmen/gesetz-zur-anpassung-der-bundesbesoldung-und-versorgung-2021-2022-stellungnahmen/dbb.pdf?__blob=publicationFile&v=3

Parallelen sind vermutlich zu erwarten.

Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 06.03.2023 11:10
Anbei die Stellungnahmen des dbb und vbob zum aktuellen Referentenentwurf vom 16.01.2023. Die Dokumenten stehen als Download über den Link bis zum 13.06.2023 zur Verfügung.


Danke.

Hier der Link zu den Stellungnahmen von dbb und vbob.

https://we.tl/t-4XfaijMYmR
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: xap am 06.03.2023 11:28
Anbei die Stellungnahmen des dbb und vbob zum aktuellen Referentenentwurf vom 16.01.2023. Die Dokumenten stehen als Download über den Link bis zum 13.06.2023 zur Verfügung.


Danke.

Hier der Link zu den Stellungnahmen von dbb und vbob.

https://we.tl/t-4XfaijMYmR

Korrektur: bis zum 13.03.2023! :)
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: Finanzer am 07.03.2023 08:04
https://rsw.beck.de/driz/top-thema/2021/10/04/Aufk%C3%BCndigung-des-beamtenrechtlichen-Dienst-und-Treueverh%C3%A4ltnisses

Ein sehr lesenswerter Artikel von Prof. Dr. Dr. h.c. Ulrich Battis über die Spannungen, welche sich durch das einseitige aufkündigen des Treueverhältnisses durch den Dienstherren ergeben.
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: Warzenharry am 07.03.2023 08:25
So langsam könnte man annehmen, dass das Streikverbot, bei weiterer Missachtung der Beschlüsse des BVerfG, kaum noch zu begründen sein wird.
Das Problem ist nur, dass wir ressortübergreifend nicht gut genug organisiert sind.

Wenn man wenigstens 20% der Bundesbeamten dazu bringen könnte, "auf ihren Körper zu hören" und evtl. mal öfter zum Arzt zu gehen, würde dass schon mal ein Schuss vor den Bug des BMI geben.

Sollte das Streikverbot irgendwann fallen, dann sollten auch ALLE Beamten zusehen, dass sie an einem Warnstreik teilnehmen.
Man pokert hier mit den Beamten und hoft auf deren moralischen Kompass, dass Berufs-Feuerwehrleute und Polizisten eben NICHT streiken, selbst wenn Sie es dürften.
Es ist aber extremst fahrlässig, darauf zu wetten.
Man stelle sich mal vor, die Beamten würden einfach mal 3 Tage nicht zum Dienst erscheinen, möglichst in allen Bundesbehörden...das wäre der Supergau / KO für die Regierung.

Sicherheitsbehörden, BEetzA, Kanzleramt, BMI, BMVg, AA um nur wenige zu nennen.

Was würde das passieren.....dann würde man an unsere Moral appellieren und uns als Unmenschen darstellen, wenn es aber um eine Beendigung dieses wiederrholten, massiven und bewusten Verfassungsbruchs geht, dann spielen Moral und Werte keine Rolle. Dann zählt nur der Haushalt und die Wiederwahl.

Dass es hintenrum viel Teurer wird, sollte es so kommen, sieht man nicht oder hält es für so unwarscheinlich, dass
man das Risiko in Kauf nimmt.  >:( >:(
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 08.03.2023 12:19
Potentiell in 2023 anstehende Entscheidungen des BVerfG mit Bezug zur amtsangemessenen Alimentation:

2 BvL 2/16,                 Aussetzungs- und Vorlagebeschlüsse des Verwaltungsgerichts der Freien Hansestadt
2 BvL 3/16,                 Bremen zu der Frage, ob einzelne Vorschriften des bremischen Besoldungsrechts zur
2 BvL 4/16,                 Höhe der Besoldung für verschiedene Besoldungsgruppen der Besoldungsordnungen A,
2 BvL 5/16,                 C und R in den Jahren 2013 und 2014 wegen Verstoßes gegen Art. 33 Abs. 5 GG
2 BvL 6/16                  verfassungswidrig sind.

2 BvL 13/18                Aussetzungs- und Vorlagebeschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts
                                 zu der Frage, ob einzelne Vorschriften des schleswig-holsteinischen Besoldungsrechts zur
                                 Höhe der Besoldung für die Besoldungsgruppe 7 der Besoldungsordnung A im Jahr 2007
                                 wegen Verstoßes gegen Art. 33 Abs. 5 GG verfassungswidrig ist.

2 BvL 5/19                 Aussetzungs- und Vorlagebeschluss des Bundesverwaltungsgerichts zu der Frage, ob
                                 einzelne Vorschriften des niedersächsischen Besoldungsrechts zur Höhe der Besoldung für
                                 verschiedene Besoldungsgruppen der Besoldungsordnung A in den Jahren 2005 bis 2012
                                 und in den Jahren 2014 bis 2016 wegen Verstoßes gegen Art. 33 Abs. 5 GG
                                 verfassungswidrig sind.

https://www.bundesverfassungsgericht.de/DE/Verfahren/Jahresvorausschau/vs_2023/vorausschau_2023_node.html
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: OpaJürgen am 09.03.2023 12:05
Die Stellungnahme des Deutschen Richterbundes zum aktuellen Entwurf des BMI:

https://www.drb.de/positionen/stellungnahmen/stellungnahme/news/5-2023
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: flip am 09.03.2023 12:33
Die Stellungnahme des Deutschen Richterbundes zum aktuellen Entwurf des BMI:

https://www.drb.de/positionen/stellungnahmen/stellungnahme/news/5-2023

Guten Morgen, das wurde schon am 27.02.2023  hier
https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,120049.msg280047.html#msg280047 (http://hier
https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,120049.msg280047.html#msg280047)
gepostet.
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: Phoenix am 14.03.2023 18:59
https://www.gdp.de/gdp/gdpber.nsf/id/DE_Quo-vadis-Amtsangemessene-Alimentation-Nicht-vor-2024?open&ccm=000
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: flip am 15.03.2023 11:39
ver.di  Stellungnahme zum Referentenentwurf des BBVAngG
https://ufile.io/ndvqwcnf (https://ufile.io/ndvqwcnf)
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: flip am 15.03.2023 11:43
dgb  Stellungnahme zum Referentenentwurf des BBVAngG
https://ufile.io/qkfdww96 (https://ufile.io/qkfdww96)
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: Warzenharry am 15.03.2023 11:49
Lieber Flip, die Links sind defekt.
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: flip am 15.03.2023 12:04
ver.di  Stellungnahme zum Referentenentwurf des BBVAngG
https://ufile.io/ndvqwcnf (https://ufile.io/ndvqwcnf)
https://c.gmx.net/@329160330611525076/qH_rJjkyTc6xnOLrS4lxyw (https://c.gmx.net/@329160330611525076/qH_rJjkyTc6xnOLrS4lxyw)
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: flip am 15.03.2023 12:06
dgb  Stellungnahme zum Referentenentwurf des BBVAngG
https://ufile.io/qkfdww96 (https://ufile.io/qkfdww96)
https://c.gmx.net/@329160330611525076/QpWJHI-2TACQo-5zt6IZaQ (https://c.gmx.net/@329160330611525076/QpWJHI-2TACQo-5zt6IZaQ)
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: Bastel am 15.03.2023 13:12
Die Links gehen nicht.
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: Floki am 15.03.2023 13:30
Bei mir funktionieren die Links wunderbar. Danke !
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: CoTrainer am 15.03.2023 13:32
Die aktuellen Links funktionieren!

Vielen Dank hierfür @ flip, wenngleich die Stellungnahmen aus meiner Sicht eher schwach sind und die verfassungsrechtlichen Probleme zumindest nicht in Gänze durchdringen.

Weiß jemand, wie der weitere Zeitplan aussieht? Überarbeitung Enturf (es sollen ja zumindest die aktuellen Berechnungsparameter eingepflegt werden), Ressortabstimmung, weiteres Gesetzgebungsverfahren...
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 21.03.2023 18:15
Hintergrundinformationen zu den ggf. in 2023 anstehenden Entscheidungen des BVerfG.


Wen es interessiert, findet hier noch ein paar Informationen zum Thema...

https://www.berliner-besoldung.de/weitere-normenkontrollantraege-vor-der-entscheidung/

https://www.berliner-besoldung.de/wp-content/uploads/2023/03/Weitere-Normenkontrollantraege-vor-der-Entscheidung-5.pdf
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 04.04.2023 08:56
Musterwiderspruch 2023

https://www.gdp.de/gdp/gdpber.nsf/id/DE_Musterantrag-Widerspruch-amtsangemessene-Alimentation?open&ccm=000
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: MisterS am 04.04.2023 10:34
https://rsw.beck.de/driz/top-thema/2021/10/04/Aufk%C3%BCndigung-des-beamtenrechtlichen-Dienst-und-Treueverh%C3%A4ltnisses

Ein sehr lesenswerter Artikel von Prof. Dr. Dr. h.c. Ulrich Battis über die Spannungen, welche sich durch das einseitige aufkündigen des Treueverhältnisses durch den Dienstherren ergeben.

Gibt es den Artikel noch irgendwo? Der Link führt leider inzwischen wo anders hin
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 04.04.2023 11:47
https://rsw.beck.de/driz/top-thema/2021/10/04/Aufk%C3%BCndigung-des-beamtenrechtlichen-Dienst-und-Treueverh%C3%A4ltnisses

Ein sehr lesenswerter Artikel von Prof. Dr. Dr. h.c. Ulrich Battis über die Spannungen, welche sich durch das einseitige aufkündigen des Treueverhältnisses durch den Dienstherren ergeben.

Gibt es den Artikel noch irgendwo? Der Link führt leider inzwischen wo anders hin



https://www.filemail.com/d/tdmeowupmdcflsh
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: Big T am 06.04.2023 11:47
ohne Anwalt selbst Klagen - so geht`s:

https://www.thueringer-beamtenbund.de/amtsangemessene-alimentation/haeufig-gestellte-fragen/

Vielen Dank an den tbb!!
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 13.04.2023 12:42
Erwartungen des BDK in 2023 zur amtsangemessenen Alimentation

https://www.bdk.de/der-bdk/was-wir-tun/aktuelles/die-frage-nach-der-amtsangemessenen-alimentation-was-wir-vom-jahr-2023-erwarten-1
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 20.04.2023 12:29
Stellungnahme des vbba (20.03.23) zum aktuellen Referentenentwurf des BMI.

https://www.vbba.de/aktuelles/news/sicherstellung-der-amtsangemessenen-bundesbesoldung-und-versorgung/

Dank an Knarfe1000!
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: Knarfe1000 am 20.04.2023 12:35
Stellungnahme des vbba (20.03.23) zum aktuellen Referentenentwurf des BMI.

https://www.vbba.de/aktuelles/news/sicherstellung-der-amtsangemessenen-bundesbesoldung-und-versorgung/

Dank an Knarfe1000!
Gerne. Auch wenn ich es beim ersten Lesen nicht glauben wollte, was der Bund vorhat. Ein Nachlesen im Referentenentwurf hat mich leider eines Besseren belehrt    ::)
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: BeuteZoellner am 24.04.2023 10:54
https://rsw.beck.de/driz/top-thema/2021/10/04/Aufk%C3%BCndigung-des-beamtenrechtlichen-Dienst-und-Treueverh%C3%A4ltnisses

Ein sehr lesenswerter Artikel von Prof. Dr. Dr. h.c. Ulrich Battis über die Spannungen, welche sich durch das einseitige aufkündigen des Treueverhältnisses durch den Dienstherren ergeben.

Gibt es den Artikel noch irgendwo? Der Link führt leider inzwischen wo anders hin

https://web.archive.org/web/20230315025232/https://rsw.beck.de/driz/top-thema/2021/10/04/Aufkündigung-des-beamtenrechtlichen-Dienst-und-Treueverhältnisses (https://web.archive.org/web/20230315025232/https://rsw.beck.de/driz/top-thema/2021/10/04/Aufkündigung-des-beamtenrechtlichen-Dienst-und-Treueverhältnisses)
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 27.04.2023 13:53
Kurzer Überblick zur Prüfsystematik des BVerfG gemäß Beschluss 2 BvL 4/18

Vielen Dank an Rentenonkel für seinen Beitrag zur Erstellung des nachfolgenden Überblicks.

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Prüfstufe 1


Prüfparameter 1: Vergleich Besoldung und Tarifentwicklung im öffentlichen Dienst

Indiz für eine evidente Missachtung des Alimentationsgebotes, wenn Differenz zwischen der Besoldungsentwicklung und den Tarifergebnissen der Angestellten im öffentlichen Dienst mindestens 5 Prozent des Indexwertes der erhöhten Besoldung innerhalb eines 15 Jahres-zeitraum beträgt.
 
Prüfparameter 2: Vergleich mit Nominallohnindex

Indiz für eine evidente Missachtung des Alimentationsgebotes, wenn Abweichung der Besoldungsentwicklung von der Entwicklung des Nominallohnindex mindestens 5 Prozent des Indexwertes der erhöhten Besoldung innerhalb eines 15 Jahreszeitraum beträgt.

Prüfparameter 3: Vergleich mit Verbraucherpreisindex

Indiz für eine evidente Missachtung des Alimentationsgebotes, wenn Abweichung der Besol-dungsentwicklung von der Entwicklung des Verbraucherpreisindex mindestens 5 Prozent des Indexwertes der erhöhten Besoldung innerhalb eines 15 Jahreszeitraum beträgt

Prüfparameter 4: Systeminterner Besoldungsvergleich

Verringerung der Abstände der Bruttogehälter in den Besoldungsgruppen infolge unterschied-lich hoher linearer Anpassungen bei einzelnen Besoldungsgruppen oder zeitlich verzögerter Besoldungsanpassungen. Verstoß gegen das Abstandsgebot, wenn die Abstände zwischen zwei vergleichbaren Besoldungsgruppen um mindestens 10 Prozent in den zurückliegenden fünf Jahren abgeschmolzen werden.

Prüfparameter 5: Vergleich mit Besoldung der anderen Besoldungsgesetzgeber (Bund/Länder)

Indiz für eine verfassungswidrige Unteralimentation, wenn das streitgegenständliche jährliche Bruttoeinkommen einschließlich etwaiger Sonderzahlungen 10 Prozent unter dem Durch-schnitt des Bundes und anderer Länder im gleichen Zeitraum liegt.

Sind 3 von 5 Prüfparametern der ersten Prüfstufe evident sachwidrig besteht die Vermutung einer verfassungswidrigen Unteralimentation.


Prüfstufe 2


Auf der zweiten Prüfungsstufe sind die Ergebnisse der ersten Prüfungsstufe mit den weiteren alimentationsrelevanten Kriterien im Rahmen einer Gesamtabwägung zusammenzuführen.
Sind ein oder zwei Prüfparameter der 1. Prüfstufe verletzt, müssen die Ergebnisse der ersten Prüfstufe, insbesondere das Maß der Über- bzw. Unterschreitung der Prüfparameter, zusammen mit den auf der zweiten Prüfstufe ausgewerteten alimentationsrelevanten Kriterien im Rahmen der Gesamtabwägung eingehend gewürdigt werden.

Alimentationsrelevanten Kriterien:

a)   Das Ansehen des Amtes in den Augen der Gesellschaft
b)   Vom Amtsinhaber geforderte Ausbildung und Beanspruchung
c)   Einstellungsquote von überdurchschnittlich qualifizierten Fachkräften für den höheren Justizdienst oder allgemein für den Beamtendienst
d)   Niveaus der Beihilfe- und Versorgungsleistungen (Beihilfebemessungssatz / Beitragshöhe PKV)
e)   Kürzungen der Altersversorgung
f)   Besoldungsvergleich mit den durchschnittlichen Bruttoverdiensten sozialversicherungspflichtig Beschäftigter mit vergleichbarer Qualifikation und Verantwortung in der Privatwirtschaft unter Beachtung des beamtenrechtlichen Besoldungs- und Versorgungssystems


Prüfstufe 3


Ergibt die Gesamtabwägung der 1. Und 2. Prüfstufe, dass die zur Überprüfung gestellte Besoldung grundsätzlich als verfassungswidrige Unteralimentation einzustufen ist, bedarf es auf der dritten Stufe der Prüfung, ob dies im Ausnahmefall verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein kann. In dem Fall ist, entsprechend dem Grundsatz der praktischen Konkordanz, im Rahmen einer Abwägung zu einem schonenden Ausgleich zu kommen. Einseitige Besol-dungskürzungen aus fiskalischen Gründen zu Lasten der Beamtenschaft sind nicht erlaubt.
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In ausführlicher Form ist dieser Beitrag zu finden unter #5760 vom 27.04.2023
https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,114508.msg297178.html#new
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: Unknown am 28.04.2023 09:14
Als Ergänzung noch von PolareuD.

Der Nutzer Swen Tanortsch hat die sechs maßgeblichen Entscheidungen des BVerfG seit 2012 im Hauptthema ausgelistet, die ich gerne hier wiedergeben möchte.

1.
- BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 - (https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2012/02/ls20120214_2bvl000410.html)
Isabel Schübel-Pfister, Additiv, alimentativ, attraktiv: Das "Triple A" der Besoldung von Professoren und anderer Beamtengruppen im Lichte des Alimentationsprinzips, in: Becker/Lange (Hrsg.), Linien der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, erörtert von den wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Bd. 3, 2014, S. 269 (274 f., 289 ff.).

2.
- BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 05. Mai 2015 - 2 BvL 17/09 -, https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2015/05/ls20150505_2bvl001709.html

3.
- BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 17. November 2015 - 2 BvL 19/09 -, https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2015/11/ls20151117_2bvl001909.html
Josef Franz Lindner, Besoldung und "Schuldenbremse" - Analyse der neuen Dogmatik des BVerfG zum Alimentationsprinzip, VBl. 2015, S. 801 ff.
Arne Pilniok, Die Dogmatik des Alimentationsprinzips zwischen Kontinuität und Innovation: Anmerkungen zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Richterbesoldung, ZBR 2015, S. 361 ff.
Timo Hebeler, Die verfassungsrechtlichen Maßstäbe für die Beamtenbesoldung nach der Richterbesoldungsentscheidung des Bundesverfassungsgerichts - Eine kritische Würdigung, in: ZBR 2015, S. 289 ff.
Martin Stuttmann, BVerfG zur A-Besoldung: Die Besoldung aller Beamtengruppen muss angehoben werden, NVwZ 2016, S. 184 ff.
Markus Jerxen, Besoldungsfragen vor dem Bundesverfassungsgericht, in: Fabian Scheffczyk, Kathleen Wolter (Hrsg.): Linien der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, erörtert von den wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Bd. 4, 2016, S. 343 (344 ff.).

4.
BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 23. Mai 2017 - 2 BvR 883/14 -, https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2017/05/rs20170523_2bvr088314.html
Arno Wieckhorst, Die Begründungspflicht des Besoldungsgesetzgebers als zahnloser Tiger, DÖV 2021, S. 361 (364).

5.
BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 16. Oktober 2018 - 2 BvL 2/17 -, https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2018/10/ls20181016_2bvl000217.html
Josef Franz Lindner, Die "zweite Säule" des Alimentationsprinzips - zur Begründungspflicht des Besoldungsgesetzgebers, ZBR 2019, S. 83 ff.

6.
BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 04. Mai 2020 - 2 BvL 4/18 -, https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/05/ls20200504_2bvl000418.html
Martin Stuttmann, Die Besoldungsrevolution des BVerfG, Der Mindestabstand zum Grundsicherungsniveau, NVwZ-Beilage 2020, S. 83 ff.
Torsten Schwan, Neue bundesverfassungsgerichtliche Direktiven für die Besoldungsdogmatik und ihre Folgen für das zukünftige Alimentationsniveau, DÖV 2021, S. 368 ff.
Alexia Tepke/Andreas Becker, Goldene Besoldungszeiten nach den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts von Mai 2020 zur Mindest- und Familienalimentation?, ZBR 2022, S. 145 ff.

Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: Pendler1 am 28.04.2023 16:31
Der Beitrag von @Unknown zeigt doch, dass das "Alimentationsprinzip" ein bürokratisches Monster geworden ist.

Als nicht Volljurist kaum noch zu durchschauen.

Und wenn man es versteht, dann sagt der Dienstherr: "Ätsch, interessiert mich nicht."

Das BVerfG kann doch entscheiden, wie es möchte. Betrifft immer das "Innenverhältnis", und der Dienstherr sagt - wie bereits gesagt - Ätsch :)

Auch wenn ich mich (selber seit elfundzwanzig Jahren Beamter) sehr unbeliebt mache:

Das Besoldungsrecht/die Alimentation -wie es momentan gehandhabt wird - gehört auf den Müllhaufen der Geschichte.

Wir haben das 21. Jahrhundert - mit Regeln aus dem 19. Jahrhundert kommt man da nicht weiter.

Dinge ändern sich halt mal - Oder: Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben :)))
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: Prüfer SH am 28.04.2023 16:39
Der Beitrag von @Unknown zeigt doch, dass das "Alimentationsprinzip" ein bürokratisches Monster geworden ist.

Als nicht Volljurist kaum noch zu durchschauen.

Und wenn man es versteht, dann sagt der Dienstherr: "Ätsch, interessiert mich nicht."

Das BVerfG kann doch entscheiden, wie es möchte. Betrifft immer das "Innenverhältnis", und der Dienstherr sagt - wie bereits gesagt - Ätsch :)

Auch wenn ich mich (selber seit elfundzwanzig Jahren Beamter) sehr unbeliebt mache:

Das Besoldungsrecht/die Alimentation -wie es momentan gehandhabt wird - gehört auf den Müllhaufen der Geschichte.

Wir haben das 21. Jahrhundert - mit Regeln aus dem 19. Jahrhundert kommt man da nicht weiter.

Dinge ändern sich halt mal - Oder: Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben :)))

Selbst einen firmen Juristen zu finden ist extrem schwierig leider. Ich stimme dir absolut zu.
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 29.04.2023 07:41
Berechnungen zum Ausmaß der Unteralimentation von Bundesbeamten mit Wohnsitz in Bundesland Bayern sowie von bayrischen Landesbeamten.


Ich habe mir auch mal angeschaut wie hoch das Bürgergeld einer 4k Familie (Kinder 8 bzw. 13 Jahre) in München ist. Ich bin auf einen Nettobetrag i.H.v. 3550 EUR im Monat für 2023 gekommen. Davon gehen knapp 1800 EUR auf die Regelleistung und bis zu 1800 EUR für die Mietkosten.

Interessanter Vergleich zu den momentan 2.732 Euro brutto bei A2/1 mit Familienzuschlag Stufe 3..


Nun wird's mal wieder etwas länger - ich habe jetzt mal auf Grundlage des bayerischen Grundsicherungsniveaus die Unteralimentation insbesondere von Bundesbeamten bemessen. Das Ergebnis dürfte für sich selbst sprechen.

Die nachfolgenden Zeilen zeigen auf Grundlage von PolareuDs Daten, wie sich die Besoldung bayerischer Landesbeamter (III.) und von Bundesbeamten mit Dienstsitz in Bayern (IV.) gestaltet. Vorweg erfolgt noch eine kurze Betrachtung offensichtlich noch zusätzlicher Sozialtarife (I.). Dabei bleibt zugleich festzuhalten, dass ich mir den Link der Stadt München jetzt nicht im Detail angesehen habe. Ich habe deshalb ebenfalls das Grundsicherungsniveau ohne Beachtung der im Link genannten Beträge vollzogen, um mir einen entsprechenden Überblick zu verschaffen (II.). Abschließend lege ich dann auch noch einmal diese Beträge zugrunde, weil ich mich nicht dem Vorwurf aussetzen will, ggf. ungeprüft zu hohe Werte vorausgesetzt zu haben (V.). Das Ergebnis der nachfolgenden Betrachtung zeigt das Maß der Unteralimentation ein weiteres Mal auf - dieses Mal am Beispiel der bayerischen Landesbeamten bzw. der Bundesbeamten mit Dienstsitz in Bayern.


I. Zusätzliche Sozialtarife

Wenn ich es richtig sehe, dann muss zur realitätsgerechten Bemessung des Grundsicherungsniveaus auch noch der Sozialtarif der Kinderbetreuungskosten addiert werden, der im Link nicht ausgeworfen wird, da seit 2019 Kinder von Grundsicherungsempfängern das Recht auf eine beitragsfreie Betreuung haben. Das Bundesverfassungsgericht führt diesbezüglich aus:

"Von erheblicher praktischer Bedeutung sind auch die Kosten für die Kinderbetreuung. Seit dem 1. August 2019 dürfen von Grundsicherungsempfängern für die Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und Kindertagespflege keine Beiträge mehr erhoben werden (vgl. § 90 Abs. 4 SGB VIII i.d.F. des Art. 2 Nr. 2 Buchstabe c des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Qualität und zur Teilhabe in der Kindertagesbetreuung vom 19. Dezember 2018 <BGBl I S. 2696>; die Gegenfinanzierung erfolgt im Rahmen des Finanzausgleichs <vgl. Art. 3 und Art. 4 des zuletzt genannten Gesetzes>). Dabei handelt es sich – anders als beim Kindergeld – nicht um eine Vergünstigung, die allen Kindern zuteil wird. Eltern, die keine Sozialleistungen beziehen, müssen diese Leistungen (zumindest teilweise) bezahlen." (Rn. 69)

Zwar fängt das Land Bayern die anfallenden Kosten durch Zuschüsse zu einem gewissen Teil auf (vgl. https://www.stmas.bayern.de/kinderbetreuung/finanzierung/index.php). Allerdings verbleiben dennoch erhebliche Kosten, die bei der Bemessung des Grundsicherungsniveaus zu beachten wären. Denn nehmen wir mal die folgenden Daten zur Grundlage (https://www.brk-kitas.de/anmeldung/kosten/), dann wäre von folgenden zusätzlichen monatlichen Sozialtarifen in den ersten 18 Lebensjahren eines Kindes auszugehen:

307,- € x 3 Jahre =  921,- €
  79,- € x 3 Jahre =  237,- €
Summe:                 1.158,- € : 18 Jahre = 64,33 €

Der monatliche Grundsicherungsbetrag müsste entsprechend für zwei Kinder um monatlich noch einmal knapp 130,- € zu erhöhen sein. Damit wäre von einem Grundsicherungsniveau in Höhe von rund 3.700,- € auszugehen. Da - wenn ich das richtig sehe - Bundesbeamte mit Dienstsitz in Bayern von ihrem Dienstherrn keine Bezuschussung erfahren, gestalten sich die entsprechenden Sozialtarife für sie wie folgt:

307,- € x 3 Jahre =  921,- €
179,- € x 3 Jahre =  537,- €
Summe:                 1.458,- € : 18 Jahre = 81,- €

Hier wäre entsprechend von einem um monatlich rund 160,- € höheren Grundsicherungsbedarf auszugehen.


II. Bemessung des Grundsicherungsniveau in Bayern

Das Grundsicherungsniveau setzt sich auf konservativer Bemessungsgrundlage, also unter Beachtung nur der Kosten, die sich auf eine enge Lesart der aktuellen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts stützen, wie folgt zusammen:

Regelsätz:                         1.610,00 €
kalte Unterkunftskosten:    1.379,00 €
Heizkosten                           185,33 €
Bed. f. Bild. u. Teilh.               59,00 €

Als Ergebnis liegen ohne die Sozialtarife, aber ebenso ohne die nicht als Regelleistungen ermittelbaren Kosten für bspw. Schulfahrten und -ausflüge, Schulbeförderung, Lernförderung, Aufwendungen für das Mittagessen usw. Grundsicherungsbedarfe in Höhe von 3.233,33 € vor. Der Betrag von 3.550,- € kommt mir vom Gefühl her ggf. leicht zu hoch vor - aber selbst mit einem ggf. niedrigeren Betrag als dem nachfolgend zugrunde gelegten würden die entsprechenden Ergebnisse prinzipiell kaum anders aussehen (kannst Du Deine Berechnungsgrundlage noch einmal öffentlich machen, PolareuD?). Von daher werde ich unter V. noch einmal niederigere Beträge voraussetzen.


III. Das Besoldungsniveau von Landesbamten

Die Nettoalimentation eines in der Besoldungsgruppe A 3/2 besoldeten Bayerischen Beamten ergibt sich wie folgt, wenn man von einer monatlichen Bruttobesoldung ausgeht, der die Höchstsätze zugrunde gelegt werden (https://oeffentlicher-dienst.info/c/t/rechner/beamte/by?id=beamte-bayern&g=A_3&s=3&f=K2&mst=VII&zulageid=10.1&z=100&zulage=&stkl=1&r=&zkf=):

Bruttobesoldung:       40.686,92 €
- Einkommensteuer:    2.182,00 € (zugrunde gelegter BEG-Anteil: 531,64 €)
- PKV-Kosten:             7.916,16 €
+ Kindergeld:             6.000,00 €
Nettoalimentation:    36.588,76 €
mtl. Alimentation:       3.049,06 €
(https://www.bmf-steuerrechner.de/bl/bl2023/resultbl2023.xhtml?acckey=true)

Im Ergebnis verbleibt hier eine Alimentation, die deutlich unterhalb des Grundsicherungsniveaus liegt. Da allerdings die niedrigste Besoldung als Vergleichsmaßstab zum Grundsicherungsniveau zugrundezulegen ist, bemessen wir auch diese (https://oeffentlicher-dienst.info/c/t/rechner/beamte/by?id=beamte-bayern&g=A_3&s=0&f=K2&mst=I&zulageid=10.1&z=100&zulage=&stkl=1&r=&zkf=):

Bruttobesoldung:       37.220,00 €
- Einkommensteuer:    1.380,00 € (zugrunde gelegter BEG-Anteil: 531,64 €)
- PKV-Kosten:             7.916,16 €
+ Kindergeld:             6.000,00 €
Nettoalimentation:    33.923,84 €
mtl. Alimentation:       2.826,99 €
(https://www.bmf-steuerrechner.de/bl/bl2023/resultbl2023.xhtml?acckey=true)

Wie nicht anders zu erwarten, wird in Bayern, nicht zuletzt durch die verfassungswidrige Annahme, der Dienstherr dürfte unbesehen ein Partnereinkommen von jährlich 20.000,- € zugrunde legen, eine hohe Zahl an Beamten weithin unterhalb des Grundsicherungsniveaus alimentiert. Denn schauen wir mal, ab wann wir eine Nettoalimentation von monatlich etwa 3.700,- €, also rund 44.400,- € jährlich erreichen, die auf Grundlage von PolareuDs Daten und den oben dargelegten erhöhten Sozialtarifen als in etwa realitätsgerecht anzunehmen sind. Unter diesen Prämissen ergibt sich das folgende Ergebnis:

Bruttobesoldung:       51.130,00 €
- Einkommensteuer:    4.812,00 € (zugrunde gelegter BEG-Anteil: 531,64 €)
- PKV-Kosten:             7.916,16 €
+ Kindergeld:             6.000,00 €
Nettoalimentation:    44.401,84 €
mtl. Alimentation:       3.700,15 €
(https://www.bmf-steuerrechner.de/bl/bl2023/resultbl2023.xhtml?acckey=true)

Sofern wir von einem monatlichen Grundsicherungsbetrag in Höhe von rund 3.700,- € ausgehen, müsste ein alleinverdiender verheirateter bayerischer Beamter mit zwei Kindern im Jahr eine Bruttobesoldung von rund 51.130 €, also monatlich rund 4.260,- €, beziehen, um zumindest auf Höhe der Grundsicherung besoldet zu werden.

Legen wir wieder Höchstwerte zugrunde, dann erreicht selbst die Besoldungsgruppe A 10/2 mit einer jährlichen Bruttobesoldung von 50.082,- € nicht das Grundsicherungsniveau (https://oeffentlicher-dienst.info/c/t/rechner/beamte/by?id=beamte-bayern&g=A_10&s=0&f=K2&mst=VII&zulageid=10.1&z=100&zulage=&stkl=1&r=&zkf=). Betrachten wir hingegen die Ortsklasse I, dann erreicht die Besoldungsgruppe A 10/4 mit einer jährlichen Bruttobesoldung von 50.675.54 € nicht das Grundsicherungsniveau (https://oeffentlicher-dienst.info/c/t/rechner/beamte/by?id=beamte-bayern&g=A_10&s=4&f=K2&mst=I&zulageid=10.1&z=100&zulage=&stkl=1&r=&zkf=).

Die 15 % oberhalb der Grundsicherung liegende Mindestalimentation dürfte unter den dargestellten Prämissen mit hoher Wahrscheinlichkeit selbst von Teilen der Besoldungsgruppe A 11 kaum erreicht werden - die Mindestalimentation wäre jedoch der niedrigsten Besoldungsgruppe zu gewähren, also in Bayern derzeit der Besoldungsgruppe A 3/2. Wie schon in der Vergangenheit an anderer Stelle dargelegt, muss davon auszugehen sein, dass bei einer realitätsgerechten Bemessung selbst bei einem verfassungswidrigen Hinzurechnen von 20.000,- € die heute der Besoldungsgruppe A 3/2 gewährte Besoldung nicht ausreicht, um die Mindestalimentation zu garantieren.


IV. Das Besoldungsniveau von Bundesbeamten mit Dienstsitz in Bayern

Wie gestaltet sich nun die Bundesbesoldung? Dazu lege ich zunächst weiterhin ein Grundsicherungsniveau von rund 3.700,- € zugrunde und im nächsten Abschnitt die konservativere Bemessung.

Die Bruttobesoldung in der untersten Besoldungsgruppe A 2/1 beträgt zurzeit 32.789.28 € und verfehlt die 51.130,- € um über 18.000,- € (https://oeffentlicher-dienst.info/c/t/rechner/beamte/bund?id=beamte-bund&g=A_2&s=0&f=3&z=100&zulage=&stkl=1&r=&zkf=). Damit verbleibt eine monatliche Lücke zum Grundsicherungsniveau von rund 1.500,- €.

Und ab wann erreicht ein Bundesbeamter eine Bruttobesoldung in Höhe von 51.130,00 €? Das Jahresbrutto eines nach A 10/4 besoldeten Bundesbeamten beträgt 49.640.64 € (https://oeffentlicher-dienst.info/c/t/rechner/beamte/bund?id=beamte-bund&g=A_10&s=4&f=3&z=100&zulage=&stkl=1&r=&zkf=). Erst die Besoldungsgruppe A 10/5 übersteigt mit 52.028.40 € das bayerische Grundsicherungsniveau (https://oeffentlicher-dienst.info/c/t/rechner/beamte/bund?id=beamte-bund&g=A_10&s=5&f=3&z=100&zulage=&stkl=1&r=&zkf=). Entsprechend wird ein nach A 11/1 eingruppierter Bundesbeamter mit 48.834.36 € besoldet, sodass auch er noch das Grundsicherungsniveau recht deutlich verfehlt (https://oeffentlicher-dienst.info/c/t/rechner/beamte/bund?id=beamte-bund&g=A_11&s=1&f=3&z=100&zulage=&stkl=1&r=&zkf=). Erst die Besoldungsgruppe A 11/2 überschreitet mit einer Bruttobesoldung in Höhe von 51.302.40 € knapp das bayerische Grundsicherungsniveau (https://oeffentlicher-dienst.info/c/t/rechner/beamte/bund?id=beamte-bund&g=A_11&s=2&f=3&z=100&zulage=&stkl=1&r=&zkf=). Dabei wäre allerdings zu bedenken, dass Bundesbeamten keine Bezuschussung der Kinderbetreuungskosten durch das Land Bayern erfahren, wodurch sich für sie die Kinderbetreuungskosten noch einmal recht deutlich erhöhen. Da die der Besoldungsgruppe A 12/1 mit 51.996.36 € knapp oberhalb des Grundsicherungsniveaus liegen dürfte (https://oeffentlicher-dienst.info/c/t/rechner/beamte/bund?id=beamte-bund&g=A_12&s=1&f=3&z=100&zulage=&stkl=1&r=&zkf=), kann wohl davon ausgegangen werden, dass heute mindestens weite Teile der nach A 12 besoldeten Bundesbeamten in Bayern mit einer nicht geringen Wahrscheinlichkeit noch unterhalb der Mindestalimentation besoldet werden - jedenfalls, sofern man ein nicht konservativ bemessenes Grundsicherungsniveau voraussetzte.

V. Bemessung mit einem konservativ bemessenen Grundsicherungsniveau

Betrachtet man das bayerische Grundsicherungsniveau in Höhe von 3.233,33 €, dann fehlen hier auf jeden Fall die Sozialtarife der Kinderbetreuungskosten in Höhe von 160,- €. Auch geht Färber in ihrem ZBR-Beitrag aus dem letzten Monat von mindestens rund 60,- € an anerkannten Bedarfen für Bildung und Teilhabe pro Kind aus, sodass allein mit diesen Beträgen von einem Grundsicherungsniveau von rund 3.450,- € auszugehen wäre. Die weiteren Vergünstigungen der Stadt München bleiben nachfolgend außerhalb der Betrachtung. Um die entsprechende Bruttobesoldung zu ermitteln, die zu einer Nettoalimentation in Höhe von monatlich 3.450,- € bzw. jährlich 41.400,- € führt, gehe ich wie zuvor vor:

Bruttobesoldung:       47.086,00 €
- Einkommensteuer:    3.770,00 € (zugrunde gelegter BEG-Anteil: 531,64 €)
- PKV-Kosten:             7.916,16 €
+ Kindergeld:             6.000,00 €
Nettoalimentation:    41.399,84 €
mtl. Alimentation:       3.499,99 €

Unter dieser Prämisse verbliebe die Bruttobesoldung der Besoldungsgruppe A 9/1 in Höhe von 40.828,20 € noch unterhalb des konservaitv bemessenen bayerischen Grundsicherungsniveaus (https://oeffentlicher-dienst.info/c/t/rechner/beamte/bund?id=beamte-bund&g=A_9&s=1&f=3&z=100&zulage=&stkl=1&r=&zkf=). Da der Besoldungsgruppe A 2/1 derzeit eine jährliche Bruttobesoldung in Höhe von 32.789,28 € gewährt wird, verfehlt sie das entsprechende Grundsicherungsniveau um jährlich mehr als 8.600,- €.

Betrachtet man nun weiterhin das konservativ bemessene Grundsicherungsniveau in Höhe von 3.450,- € und erstellt auf dessen Grundlage die Mindestalimentation, dann beläuft sich diese auf 3.967,50 € pro Monat bzw. 47.610,- € pro Jahr (die Mindestalimentation liegt per definitionem 15 % oberhalb des Grundsicherungsniveaus). Bemisst man nun wiederum die Bruttobesoldung, die auf äquivalenter Höhe zur Mindestalimentation liegt, dann erhält man folgendes Ergebnis:

Bruttobesoldung:       55.500,00 €
- Einkommensteuer:    5.974,00 € (zugrunde gelegter BEG-Anteil: 531,64 €)
- PKV-Kosten:             7.916,16 €
+ Kindergeld:             6.000,00 €
Nettoalimentation:    47.609,84 €
mtl. Alimentation:       3.967,49 €
(https://www.bmf-steuerrechner.de/bl/bl2023/resultbl2023.xhtml?acckey=true)

Auf Basis einer konservativen Bemessung des bayerischen Grundsicherungsniveaus verfehlt selbst noch ein in der Besoldungsgruppe A 11/3 besoldeter Bundesbeamter mit einer Bruttobesoldung in Höhe von 53.754,48 € das Mindestabstandsgebot beträchtlich, nämlich um jährlich mehr als 1.700,- €. Die der Besoldungsgruppe A 2/1 gewährte Bruttobesoldung in Höhe von 32.789,28 € (https://oeffentlicher-dienst.info/c/t/rechner/beamte/bund?id=beamte-bund&g=A_2&s=0&f=3&z=100&zulage=&stkl=1&r=&zkf=) verbleibt um rund 21.000,- € unterhalb des auf Grundlage des Mindestabstandsgebots zu erwartenden Besoldungsniveaus. Das Besoldungsniveau verbleibt bei gut 60 % des auf Höhe der Mindestalimentation zu erwartenden Niveaus. Darin zeigt sich das eklatante Maß der Unteralimentation.
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: NvB am 29.04.2023 10:13
Wegen dieser wiederkehrenden Diskussion habe ich die letzten Tage länger auf Rentenonkel geantwortet: Es muss grundsätzlich zwischen der gesetzgeberischen Gestaltungsdirektive und dem verfassungsgerichtlichen Prüfunngs- und Kontrollauftrag unterschieden werden (vgl. die Nr. 5738, 5743 und 5754). Diesen Unterschied zu durchdringen, ist wichtig, um zu verstehen, was hinsichtlich des aktuellen Gesetzgebungsverfahrens schiefläuft. Ich versuche es hier noch einmal konzentriert:

a) Die auf evidente Sachwidrigkeit beschränkte verfassungsgerichtliche Kontrolle

Es ist grundsätzlich so, dass das Bundesverfassungsgericht die jeweilig geltende Gesetzeslage hinsichtlich des jeweils zu kontrollierenden Jahres prüft. Von daher sollten wir uns, da wir hier die Rechtslage betrachten und nicht wissen, wie es weitergeht, für 2023 an der heute bestehenden Rechtslage orientieren (die sich noch ändern kann). Für die vergangenen Jahre ist dann ebenfalls die jeweils geltende Rechtslage zu prüfen. Die Prüfung erfolgt - wie die Tage dargelegt - auf evidente Sachwidrigkeit hin und betrachtet, ob die gewährte Nettoalimentation ggf. evident unzureichend ist. In diesem Sinne ist es zu verstehen, dass das Bundesverfassungsgericht eine zurückhaltende, auf den Maßstab evidenter Sachwidrigkeit beschränkte verfassungsgerichtliche Kontrolle durchführt (LS. 3 der aktuellen Entscheidung, hierbei handelt es sich um eine ständige Rechtsprechung).

b) Der den Gesetzgeber treffende verfassungsrechtliche Gestaltungsauftrag

Der Gesetzgeber wiederum hat eine amtsangemessene Alimentation zu gewähren. Dass er eine amtsangemessene Alimentation gewährt, hat er im Gesetzgebungsverfahren sachgerecht zu begründen, da eine amtsangemessene Alimentation der Verfassung nicht unmittelbar, als fester und exakt bezifferbarer Betrag zu entnehmen ist (Rn. 26 der akutellen Entscheidung, hierbei handelt es sich ebenfalls um eine ständige Rechtsprechung). Er hat dafür grundsätzlich einen verfassungsrechtlich weiten Entscheidungsspielraum, weshalb das Bundesverfassungsgericht nicht kontrollieren kann, ob der Gesetzgeber dabei die gerechteste, zweckmäßigste und vernünftigste Lösung gewählt hat (Rn. 27, ebenfalls ständige Rechtsprechung). Der weite Entscheidungsspielraum gilt sowohl hinsichtlich der Struktur als auch hinsichtlich der Höhe der Besoldung. In diesem Sinne ist es zu verstehen, dass die in Art. 33 Abs. 5 GG enthaltene Garantie eines „amtsangemessenen“ Unterhalts lediglich eine den Besoldungsgesetzgeber in die Pflicht nehmende verfassungsrechtliche Gestaltungsdirektive darstellt, wie sie aus Art. 33 Abs. 5 GG resultiert (Rn. 26, ebenfalls ständige Rechtsprechung). Innerhalb des ihm zukommenden Entscheidungsspielraums muss der Gesetzgeber das Besoldungsrecht den tatsächlichen Notwendigkeiten und der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse anpassen. Die von ihm jeweils gewählte Lösung – hinsichtlich Struktur und Höhe der Alimentation – unterliegt allerdings der gerichtlichen Kontrolle (ebd., gleichfalls ständige Rechtsprechung).

Dabei sind die Parameter des bundesverfassungsgerichtslichen Prüfungshefts methodisch ungeeignet, die Höhe eine amtsangemessenen Alimentation mathematisch zu bestimmen, da die Begründungspflicht des Gesetzgebers sich nicht auf mathematische Operationen erstrecken kann, sondern eine sachgerechte Betrachtung beinhalten muss - denn es liegt ob des weiten Entscheidungsspielraums, über den er verfügt, in seiner eigenen Hand, die Gesetzeslage so zu verändern, wie er das für sachgerecht hält. In diesem Sinne ist es zu verstehen, wenn das Bundesverfassungsgericht hervorhebt: "Die Parameter sind weder dazu bestimmt noch geeignet, aus ihnen mit mathematischer Exaktheit eine Aussage darüber abzuleiten, welcher Betrag für eine verfassungsmäßige Besoldung erforderlich ist. Ein solches Verständnis würde die methodische Zielrichtung der Besoldungsrechtsprechung des Senats verkennen." (Rn. 30)

c) Folgen

Es ist letztlich völlig unerheblich - auch wenn das die Besoldungsgesetzgeber weiterhin in der Regel nicht zur Kenntnis nehmen -, ob der Gesetzgeber innerhalb des Begründungsverfahrens mit welchen Mitteln auch immer zu einem mathematischen Ergebnis gelangt, das zeigte, dass die zu gewährende Nettoalimentation am Ende in der untersten Besoldungsgruppe mindestens 15 % oberhalb des Grundsicherungsniveaus läge. Denn wie gerade zitiert und zuvor dargelegt, ist auch der vierte Parameter der ersten Prüfungsstufe des bundesverfassungsgerichtlichen Prüfungshefts nicht geeignet, hinreichende Aussagen über die zukünftig vorzunehmende Gestaltung einer amtsangemessenen Alimentation zu machen. Es dient vielmehr nur der nachträglichen Prüfung und Kontrolle des ggf. amtsangemessenen Gehalts vonseiten der Gerichtsbarkeit.

In diesem Sinne ist es zu verstehen, dass der wiederkehrende Versuch der Gesetzgeber, sich an die Gewährung einer amtsangemessenen Alimentation mittels der Mindestalimentation heranzurechnen, regelmäßig die aus Art. 33 Abs. 5 GG resultierende Gestaltungsperspektive verfehlt, nämlich das Recht des öffentlichen Dienstes unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln. Die Pflicht des Dienstherrn in seiner Gestalt als Besoldungsgesetzgebers ist es hingegen

- Beamte, Richtern und Staatsanwälte sowie ihre Familien lebenslang angemessen zu alimentieren und ihnen nach ihrem Dienstrang, nach der mit ihrem Amt verbundenen Verantwortung und nach der Bedeutung der rechtsprechenden Gewalt und des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren (Rn. 23, st.Rspr.)

- dabei den Bezug der Besoldung sowohl zu der Einkommens- und Ausgabensituation der Gesamtbevölkerung als auch zur Lage der Staatsfinanzen, das heißt zu der sich in der Situation der öffentlichen Haushalte ausdrückenden Leistungsfähigkeit des Dienstherrn, herzustellen (ebd., st.Rspr.)

- zugleich im Rahmen seiner Verpflichtung zu einer dem Amt angemessenen Alimentation auch (a) die Attraktivität der Dienstverhältnisse von Beamten, Richtern und Staatsanwälten für überdurchschnittlich qualifizierte Kräfte, (b) das Ansehen des Amtes in den Augen der Gesellschaft, (c) die vom Amtsinhaber geforderte Ausbildung und seine Beanspruchung zu berücksichtigen (Rn. 25, st.Rspr.)

- innerhalb des ihm zukommenden Entscheidungsspielraums das Besoldungsrecht den tatsächlichen Notwendigkeiten und der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse anzupassen.

Sofern der Gesetzgeber also bspw. untere Besoldungsgruppen streichen will (wie nun ebenso der Bund), dann kann er das nicht mit dem Ziel rechtfertigen, damit in der untersten Besoldungsgruppe eine amtsangemessene Alimentation gewähren zu wollen - denn das ist kein innerdienstliches, unmittelbar amtsbezogenes Kriterium, das der Dienstherr aber als Folge aus Art. 33 Abs. 2 - dem Leistungsprinzip - zu beachten hat, um zu garantieren, dass die Bezüge entsprechend der unterschiedlichen Wertigkeit der Ämter abgestuft sind (Rn. 43, st.Rspr.).

Entsprechend könnte er ein solches Streichen sachlich mit bspw. gestiegenen Anforderungen an das Amt oder der Attraktivität der Dienstverhältnisse von Beamten für überdurchschnittlich qualifizierte Kräfte begründen. Dabei hätte er dann allerdings gleichfalls zu beachten, dass die prägenden Strukturmerkmale des Berufsbeamtentums nicht unverbunden nebeneinander stehen, sondern eng aufeinander bezogen sind (Rn. 24, st.Rspr.). Eines dieser Strukturmerkmale ist der zu beachtende hergebrachte Grundsatz des Abstandsgebots zwischen den Besoldungsgruppen (Rn. 45). Sofern der Gesetzgeber untere Besoldungsgruppen streicht, hat er zu berücksichtigen, dass er damit die Besoldungssystematik verändert und dass er dabei entsprechend das Leistungsprinzip zu beachten hat. Denn für die entsprechend übergeleiteten Beamten wirkt ein solches Streichen wie ein Beförderungserfolg - der Gesetzgeber hat von daher in diesen Fällen regelmäßig sachgerecht zu begründen, dass diese Überleitung innerhalb der Rechtslage keine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG beinhaltet.

Da also ein solches Streichen sachlich keinerlei Zusammenhang mit dem Mindestabstandsgebot aufweisen kann - jenes ist wie gesagt kein innerdienstlichse, unmittelbar amtsbezogenes Kriterium -, hat der Gesetzgeber, sofern er untere Besoldungsgruppen streichen wollte, darüber hinaus zu beachten, dass sich der 15 %ige Abstand zum Grundsicherungsniveau auf den einfachen Dienst bezieht, da es sich ja bei den Empfängern von Grundsicherungsleistungen um Arbeitssuchende handelt. Wenn nun also durch ein solches Streichen Abstände zwischen den Besoldungsgruppen verändert werden - was zwangsläufige Folge solcher Entscheidungen ist -, dann hat der Gesetzgeber weiterhin zu garantieren, dass unter Beachtung des Leistungsprinzips jedem Beamten weiterhin eine amtsangemessene Alimentation zu gewähren ist, dass also die Bezüge entsprechend der unterschiedlichen Wertigkeit der Ämter abgestuft sind, da jedem Amt eine Wertigkeit immanent ist, die sich in der Besoldungshöhe widerspiegeln muss, und da die Wertigkeit insbesondere durch die Verantwortung des Amtes und die Inanspruchnahme des Amtsinhabers bestimmt wird (Rn. 43).

Wenn nun also einem entsprechend übergeleiteten Beamten bei nicht veränderter Leistungsfähigkeit (eine größere Leistungsfähigkeit könnte ggf. durch Weiter- und Fortbildungsmaßnahmen erzielt werden, die hier aber nicht erfolgen, da die Überleitung in diesen Fällen zwangsläufig geschehen muss) regelmäßig sowohl ein höheres Amt zugewiesen als auch damit verbunden eine höhere Besoldung gewährt wird, dann spricht vieles dafür, dass hier ein Verstoß gegen das allgemeine Abstandsgebot vorliegt, da offensichtlich kein innerdienstliches, unmittelbar amtsbezogenes Kriterium der Grund der hier nun gewährten höheren Besoldung sein kann, sondern offensichtlich wiederum der Mindestabstand zum Grundsicherungsniveau - und damit läge auch hier eine sachwidrige Begründung vor, da es auch hier dann erneut nur darum ginge, sich an die Mindestalimentation heranzurechnen. Eine solche "Mathematisierung" ist aber wie oben zitiert nicht sachgerecht und ebenso auch nicht hinreichend, da die Heranziehung der volkswirtschaftlichen Parameter im Prüfungsheft des Bundesverfassungsgerichts vor allem der Rationalisierung der verfassungsrechtlichen Prüfung dient und von daher eben nicht dahingehend missverstanden werden kann, dass sich die Höhe der amtsangemessenen Besoldung unter Rückgriff auf statistische Daten exakt berechnen ließe (Rn. 28).

Nun gut, das war nun wieder etwas länger - und ließe sich bspw. auch hinsichtlich der Frage nach der zugrundezulegenden Steuerklasse fortführen (das Bundesverfassungsgericht legt bei der Prüfung regelmäßig die Steuerklasse 3 zugrunde und wird das bei nicht veränderter steuerrechtlicher Gesetzgebung weiterhin nicht verändern); ich denke aber, dass deutlich wird, wieso es wichtig ist, zwischen dem bundesverfassungsgerichtlichen Prüfprogramm, das der Prüfung und Kontrolle dient, und der gesetzgeberischen Gestaltungsdirektive zu unterscheiden, die dem Gesetzgeber sehr viel mehr Pflichten auferlegt, als einfach nur das Prüfprogramm im Begründungsverfahren nachzuvollziehen. Er hat jede wesentliche Veränderung des Besoldungsrecht verhältnismäßig zu den damit erzielten Ergebnissen sachgerecht zu begründen und dabei die dafür notwendigen innerdienstlichen, unmittelbar amtsbezogenen Kriterien in den Blick zu nehmen.

@ PolareuD

Hab Dank für die dargelegten Daten - ich halte es für wahrscheinlich, dass die Mietobergrenze von 1444 € sowie die Heiz- und Warmwasserkosten von 364 € nicht so ohne Weiteres heranzuziehen sein werden, da hier ggf. außergewöhnliche Höchstwerte vorlägen, die das Bundesverfassungsgericht aber ausschließen will, da es sie als ggf. nicht realitätsgerecht betrachtet, sondern als statistische Ausreißer, die auf außergewöhnlichen Lebenssituationen beruhen, weshalb es das 95 %-Perzentil für die kalten Unterkunftskosten heranzieht und die Heizspiegel für die Heizkosten (vgl. die Rn. 59; entsprechend bin ich bei meinen Berechnungen vorgegangen, wobei mir das aktuelle 95 %-Perzentil nicht vorliegt; es dürfte ggf. erst im Verlauf des nächsten Monats und dann auch nur für 2022 vorliegen). Aber die Frage zu beantworten, bliebe müßig - denn die Prüfung mit den von mir herangezogenen geringeren Beträgen zeigt schon für sich den eklatanten Gehalt der Unteralimentation - und auch darin zeigt sich der prinzipielle Unterschied zwischen der Prüfung und gerichtlichen Kontrolle auf der einen Seite und der gesetzgeberischen Gestaltungsperspektive auf der anderen. Denn sofern selbst bei nicht hinreichender Datenlage die Kontrolle zu dem Ergebnis kommt, dass eine gewährte Alimentation evident unzureichend und damit nicht amtsangemessen, also verfassungswidrig ist, bedarf es hier keiner Betrachtung ggf. weiterer Bedarfsposten, da eine verfassungswidrige Unteralimentation dadurch nicht noch verfassungswidriger werden würde. Die gerichtliche Kontrolle kann am Ende prinizipiell zu nur zwei Ergebnissen kommen: entweder ist eine gewährte Alimentation amtsangemessen und damit verfassungskonform oder sie ist es nicht, was zum Ergebnis führt, dass sie verfassungswidrig ist - auch eine ggf. gerade noch amtsangemessene Alimentation wäre noch verfassungskonform.

Dahingegen hat der Gesetzgeber eine verfassungskonforme Alimentation zu gewährleisten. Er kann sich also nicht darum herumdrücken, seiner Verpflichtung zur Anpassung der Besoldung an die Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse  nachzukommen, indem er diese Entwicklung nicht sachgerecht zur Kenntnis nähme. Denn seine Pflicht ist es, die Besoldung der Beamten, Richter und Staatsanwälte zu der Einkommenssituation und -entwicklung der Gesamtbevölkerung in Bezug zu setzen, um so tatsächlich gewährleisten zu können, dass er ihnen eine amtsangemessene Alimentation gewährt. Im Hinblick auf diese prinzipielle Unterscheidung der gerichtlichen Kontrolle von der gesetzgeberischen Gestaltungsdirektive führt das Bundesverfassungsgericht bezüglich der Sozialtarife entsprechend aus:

"Weil die gewährten Vorteile überwiegend regional und nach den Lebensumständen der Betroffenen höchst unterschiedlich ausfallen, ist es für Gerichte kaum möglich, hierzu – zumal rückwirkend – Feststellungen zu treffen. Hinzu kommt, dass noch aufzuklären wäre, inwiefern bei der Ermittlung der Regelsätze diese Vergünstigungen berücksichtigt worden sind. Solange aber auch ohne Berücksichtigung etwaiger geldwerter Vorteile feststeht, dass der Mindestabstand zum Grundsicherungsniveau nicht gewahrt ist, sind Feststellungen zu Art und Umfang der genannten geldwerten Vorteile mangels Entscheidungserheblichkeit entbehrlich. Auch insoweit ist in erster Linie der Besoldungsgesetzgeber gefordert, die Entwicklung der Lebensverhältnisse zu beobachten, um Art und Ausmaß der geldwerten Vorteile zu ermitteln und die Höhe der Besoldung diesen kontinuierlich im gebotenen Umfang anzupassen" (Rn. 71).
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: Lichtstifter am 02.05.2023 10:43
"Die verfassungsrechtliche Entfaltung des Alimentationsbegriffs und die im jeweiligen Besoldungsrechtskreis getroffenen Regelungen sind sehr komplex. [...] Eine fehlerfreie Berücksichtigung sämtlicher Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts für alle 17 Besoldungsrechtskreise mit unterschiedlichen Ausgestaltungen im Bereich der Grundbesoldung, differenzierten Familienzuschlägen, gegebenenfalls ergänzt um Sonderzahlungen und allgemeine Stellenzulagen oder Strukturzulagen ist heute - auch Kennern der Materie - kaum mehr möglich. [...] Mit der Benennung von objektiv überprüfbaren Kriterien und wiederholten Präzisierungen für die Besoldungsgesetzgeber durch das Bundesverfassungsgericht bedarf es jetzt in jedem Besoldungsrechtskreis deutlich erkennbarer und klarer Verbesserungen, um das massiv erschütterte Vertrauen der Beamtinnen und Beamten wieder zurückzugewinnen und den Alimentationskreislauf zu durchbrechen. [...] Trotz des weiten Gestaltungsspielraums war und ist die Höhe der Besoldung nicht in das vollständig freie Ermessen der Besoldungsgesetzgeber gestellt, sondern unter Berücksichtigung der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung auszugestalten." (Tepke/Becker, ZBR 2022, S. 145 (153 f.); der Rest des Zitats lässt sich hier nachlesen: http://zbr-online.de/click_buy/2022/schwan.pdf)
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: Aloha am 02.05.2023 12:49
Selbst beschäftige ich mich leider erst seit 2020 mit dem Thema Alimentation und habe seitdem erstaunlich viel über politische Ab- und Irrläufe gelernt. Trotz der Hoffnung auf langfristige Heilung der Situation durch das BVerfG (Danke an Swen T. für die zahlreichen Einführungen ins und Erläuterungen zum Thema), möchte ich doch noch zu Lebzeiten angemessen alimentiert werden (- und hoffe, das geht schneller als bei der gesellschaftlichen und politischen Einschätzung zum Pädagonen Peter[sen]).

Vielfach wurde hier im Forum ja bereits darüber diskutiert, wie man beim Thema "Verfassungsgemäße Alimentation" Druck auf den Gesetzgeber aufbauen könnte angesichts von vielfach letargischen bis scheintoten "Gewerkschaften".

Leider glauben viele Beamtinnen und Beamte immer noch, dass Sie amtsangemessen alimentiert seien und Konzepte wie 4-Kopf-Famimile, 15% Abstand zur Mindestbesoldung und Amtsangemessenheit der Besoldung, etc. sind oft böhmische Dörfer. Zuletzt hörte ich den Satz (NRW) "Irgendwie bekomme ich ja jetzt mehr Geld mit der neuen Kinderzulage. Die Gewerkschaften haben das, glaube ich, verlangt. Ich find's gut.". Sorry, das war eine Aussage von promovierten Juristen - was soll man da noch sagen!

Wo ich angesetzt habe, ist die die Argumentation beim Gehaltbeutel: Legt jedes Jahr Widerspruch ein, das kostet eine Briefmarke Porto, keine Gefahr für Irgendwas, kann Euch jedes Jahr vielstellige Nachzahlungen bringen, ich mach's auch. So konnte ich die Zahl der (mir bekannten Widerspruche) in meinem Umfeld von 1/14 in 2020 auf 12/15 in 2023 steigern. Sogar der Jurist von oben schickt jetzt einen Brief ;-)

Stellt Euch mal vor, die Besoldungsstellen bekommen bundesweit Millionen Widersprüche.
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PublicHeini am 03.05.2023 09:50
Kann ich jetzt auch noch rückwirkend für die Jahre 2020 und ff. Widerspruch einlegen? Muss ich das dann für jedes Jahr einzeln machen oder kann ich dann in einem Widerspruch für die anderen Jahre auch mitmachen?
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: Lichtstifter am 03.05.2023 10:14
Antwort gibt es auf Seite 2

Jedes Jahr für das laufende Jahr ein neuer Widerspruch, um auf "Nummer sicher" zu gehen.
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 03.05.2023 10:20
Kann ich jetzt auch noch rückwirkend für die Jahre 2020 und ff. Widerspruch einlegen? Muss ich das dann für jedes Jahr einzeln machen oder kann ich dann in einem Widerspruch für die anderen Jahre auch mitmachen?

Widersprüche sind nur für das laufende Jahr möglich und müssen jährlich erneut erhoben werden.

Zur Info: Der Sammelthread dient nur zur Darstellung der wichtigsten Informationen rund um das Thema "Amtsangemessene Alimentation". Fragen und Diskussionen sollen und können im dazugehörigen Diskussionsthread "Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)" gestellt werden.
https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,114508.0.html
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: Einigung2023 am 03.05.2023 15:30
Laut Verdi liegt der Referentenentwurf zwischenzeitlich in 2. Fassung vor (s. Link):

https://tk-it-bayern.verdi.de/beamte/++co++edfe9326-e273-11ed-ada4-001a4a160110

Der link führt aber zu dem 1. Entwurf stand Januar 2023. auch sind im Text von Verdi genau die Punkte aus der 1. Fassung kritisiert. Vllt meinten die mit 1. Entwurf den aus von Horst Seehofer 🤷‍♂️
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: Hummel2805 am 04.05.2023 07:07
Das ist eindeutig, der Artikel bezieht sich auf den Ersten von Horst Seehofer.

Da kann man mal sehen, was unser Horst für uns gemacht hat! Wäre der noch weiter Innenminster gewesen, hätte er sich gegen den Olafzwerg durchgesetzt!
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: Knarfe1000 am 04.05.2023 07:57
Komisch, dass vom 2. Entwurf so gar nichts nach außen dringt.
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: Hummel2805 am 04.05.2023 08:09
Das ist die totale "Vollverarsche", wie bei allen anderen Projekten der Regierung.
Das Gesetz sollte zum 01.07.2023 in Kraft treten, wir haben nicht mal einen Kabinettsentwurf, geschwiege denn dazu eine Beratung des Innenausschusses im Deutschen Bundestag.

Ich nehme stark an, dass man die Sache zusammen mit der Besoldungserhöhung durchzieht, dann kommt der AEZ erst zum 01.01.2024!
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: Finanzer am 04.05.2023 09:14

Zur Info: Der Sammelthread dient nur zur Darstellung der wichtigsten Informationen rund um das Thema "Amtsangemessene Alimentation". Fragen und Diskussionen sollen und können im dazugehörigen Diskussionsthread "Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)" gestellt werden.
https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,114508.0.html

Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 04.05.2023 10:34
@ Admin

Der Sammelthread "Amtsangemessene Alimentation" dient zur komprimierten und übersichtlichen Darstellung des Diskussionsthreads "Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)". Um die Übersichtlichkeit zu erhalten wäre es sinnvoll folgende Beiträge zu Verschieben:

Antworten: #3, 8-13, 15-18, 21-22, 28-30, 32, 35, 37-38, 42, 45-47, 50-51, 55, 59-60, 64-71

Die Verschiebung kann in den Diskussionsthread "Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)"erfolgen.

Mein letzter Beitrag hier mit der Nummer 73 kann dann selbstverständlich gelöscht werden.
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: Admin2 am 07.05.2023 03:55
Einzelne Beiträge können nicht verschoben werden.
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: flip am 09.05.2023 10:10
„Die Übertragung von Tarifergebnissen auf die Besoldung der Beamtinnen und Beamten des Bundes erfolgt beim Bund zeitgleich und systemkonform. Dabei werden prozentuale Steigerungsraten üblicherweise durch den parlamentarischen Gesetzgeber ohne gesonderten Berechnungsschlüssel gleichermaßen auf die Besoldung übertragen.“
Allerdings wird es eine Einschränkung geben: „Bis zum 31.12.2024 werden allerdings prozentuale Erhöhungen der Besoldung noch um 0,2 Prozentpunkte vermindert und die dadurch „freigesetzten“ Mittel der Versorgungsrücklage als Sondervermögen zugeführt. Über alle anderen monetären Bestandteile des Tarifvertrags wird üblicherweise einzelfallbezogen entschieden. Richtschnur ist insoweit eine systemkonforme Übertragung auf die Besoldung, üblicherweise im Rahmen einer Volumenadäquanz zum Tarifergebnis“, so ein BMI-Sprecher.

Da die Bundesinnenministerin allerdings bei der Landtagswahl zum 21. Landtag in Hessen am 8. Oktober 2023 prominent mitmischen möchte, darf erwartet werden, dass sie das Thema zuvor „abgeräumt“ hat.

[Quelle: vbob aktuell]
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: Bastel am 09.05.2023 10:38
Glaubt irgendjemand, dass sie gewinnt??
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: Lichtstifter am 09.05.2023 10:57
Es war einmal ein Bundesbeamter, der wollte amtsangemessen alimentiert werden. Es war ein Kampf, der über Jahre auszutragen war, aber seine Helfer hatten nur Referentenentwürfe, die Platzpatronen gleichkamen. Da war aber noch die Zauberin Nancy, die mit viel Magie zeitnah einen Ausgleich der Missstände hervorbrachte und damit nicht nur den althergebrachten Grundsätzen des Beamtentums, sondern auch der modernen Welt Rechnung trug, dass selbst dem Prof. Dr. Dr. h.c. Battis ehrfürchtig die Ohren schlackerten. Untere Besoldungsgruppen mussten nicht mehr abgeschafft werden, eher konnte man bereits verloren geglaubte wieder zurückholen. Ein A1er befand sind fortan 20% über dem Grundsicherungsnivea(u). Beamte vermehrten sich wie die Karnickel. Die Kinder wuchsen friedfertig und mit viel Wissen für erneuerbare Energieen und zur Bekämpfung des Klimawandels auf. Von einer bevorstehenden Verfassungskrise konnte keine Rede mehr sein.
Dies bescherte ihr viel Ruhm, welcher ihr zur Eroberung Hessens mehr als hilfreich war.
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: Knarfe1000 am 09.05.2023 11:28
Glaubt irgendjemand, dass sie gewinnt??
Nein, aber das dürfte für die Besoldungsthematik Bund auch keine Rolle spielen. Oder übersehe ich was?
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: Finanzer am 09.05.2023 13:29
Zur Info: Der Sammelthread dient nur zur Darstellung der wichtigsten Informationen rund um das Thema "Amtsangemessene Alimentation". Fragen und Diskussionen sollen und können im dazugehörigen Diskussionsthread "Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)" gestellt werden.
https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,114508.0.html

Bitte beachten.
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 15.05.2023 10:36
Vielen Dank an Swen Tanortsch!

Da die Bestenauslese einerseits an das Qualifikationsniveau gebunden ist und letzteres sich andererseits wiederum im Laufbahnprinzip Bahn bricht, kann es keine Betrachtung ausschließlich anhand bspw. von MINT-Fächer geben. Vielmehr werden die für die verschiedenen Laufbahnen vom Gesetzgeber festgelegten Qualitätsanforderungen betrachtet (unabhängig davon, dass die meisten Gesetzgeber das Laufbahnprinzip in den letzten Jahren nicht unerheblich aufgeweicht haben) und dann die Besoldung der entsprechend Beschäftigten mit Vergleichsgruppen außerhalb des Öffentlichen Diensts verglichen. BVerfGBeliever hat dabei am Bremer Beispiel hinsichtlich der Besoldungsgruppe A 13 einen weiteren Vergleich herangezogen. Ein weiteres typisches Beispiel hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Vorlagebeschluss vom 22.09.2017 - 2 C 4.17 - hinsichtlich eines zunächst nach A 9 und später nach A 10 besoldeten Polizeioberkommissars in Berlin wie folgt begründet (https://www.bverwg.de/entscheidungen/pdf/220917B2C4.17.0.pdf):

Zunächst hat es noch einmal die maßgeblichen Grundlagen betrachtet, wie sie das Bundesverfassungsgericht in seiner Rechtsprechung entwickelt hat:

"Damit die Entscheidung für eine Tätigkeit als Beamter auch für überdurch-
schnittlich qualifizierte Kräfte attraktiv ist, muss sich die Amtsangemessenheit
der Alimentation auch durch ihr Verhältnis zu den Einkommen bestimmen, die
für vergleichbare und auf der Grundlage entsprechender Ausbildung erbrachte
Tätigkeiten außerhalb des in Rede stehenden öffentlichen Dienstes erzielt wer-
den (BVerfG, Urteil vom 5. Mai 2015 - 2 BvL 17/09 u.a. - BVerfGE 139, 64
Rn. 124). Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu einen Vergleich mit den
durchschnittlichen Bruttoverdiensten sozialversicherungspflichtig Beschäftigter
mit vergleichbarer Qualifikation und Verantwortung angestellt und auf die Daten
der Verdienststrukturerhebung des Statistischen Bundesamts zurückgegriffen.
In dem die Besoldungsgruppe A 10 in Sachsen betreffenden Verfahren hat es
als Bezugspunkt auf die Verdienste der Gruppe aller Vollzeitbeschäftigten in der
Leistungsgruppe 2 (herausgehobene Fachkräfte) mit Fachhochschulabschluss
abgestellt (BVerfG, Beschluss vom 17. November 2015 - 2 BvL 19/09 u.a. -
BVerfGE 140, 240 Rn. 137)." (ebd., Rn. 78).

Daraufhin ist es hinsichtlich des Prozentsatzes der Vollzeitbeschäftigten aus der Leistungsgruppe 2 mit Fachhochschulabschluss, die einen geringeren Monatsverdienst hatten als das Grundgehalt für die Besoldungsgruppe A 10 in Berlin zu folgenden Ergebnissen gelangt (Rn. 80):


                  Grundgehalt 1. Stufe    Grundgehalt Endstufe
2006                            4                           33
2010                            3                           25
2014                            2                           19

Dieses Ergebnis hat es wie folgt betrachtet:

"Diese Diskrepanz ist an Deutlichkeit kaum zu überbieten. Sie liegt sogar über
den bereits vom Bundesverfassungsgericht als 'deutliche Diskrepanz' und ver-
fassungswidrig eingestuften Vergleichszahlen des Bundeslandes Sachsen. Die
Zahlen belegen überdies die Entwicklungstendenz: Im Verlauf der Jahre 2006
bis 2014 hat sich das relative Besoldungsniveau der Beamten in der Endstufe
um 14 Prozentpunkte (weiter) verschlechtert." (Rn. 82)

Im Anschluss hat es hinsichtlich der Besoldungsgruppe A 9 hervorgehoben, dass es für die betreffenden Ämter  angezeigt erscheine, auf das Erfordernis eines Fachhochschulabschlusses zu verzichten und den Vergleich daher
mit allen Vollzeitbeschäftigen der Leistungsgruppe 2 anzustellen. Auch diese Daten könnten den vom Statistischen Bundesamt hierfür im Berufungsverfahren vorgelegten Zahlen entnommen werden. Sie zeigten folgendes Bild hinsichtlich des Prozentsatzes der Vollzeitbeschäftigten aus der Leistungsgruppe 2, die einen geringeren Monatsverdienst hatten als das Grundgehalt in der Besoldungsgruppe A 9 (Rn. 83 f.):

                          Grundgehalt 1. Stufe   Grundgehalt Endstufe
2006                                    5                             27
2010                                    4                             20
2014                                    2                             16

Dieses Ergebnis betrachtete das Bundesverwaltungsgericht wie folgt:

"Auch in diesem Vergleich ergibt sich, dass im Jahr 2006 bereits 95 % der ver-
gleichbaren Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft mehr verdient haben als ein
Berufsanfänger der Besoldungsgruppe A 9; im Jahr 2014 sind es sogar 98 %
und damit fast alle. Gemessen an der Endstufe aus A 9 haben im Jahr 2006
immerhin noch 73 % der vergleichbaren Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft
mehr verdient, im Jahr 2014 sind es sogar 84 %." (Rn. 85)

Auf Grundlage der beiden Vergleiche ist es zu folgenden abschließenden Ergebnis gelangt:

"Insgesamt zeigt die Gegenüberstellung daher, dass die Verdienste der Berliner
Beamten gegenüber den vergleichbar Beschäftigten in der Privatwirtschaft
deutlich geringer sind. Dies gilt in besonderer Weise für die Berufsanfänger, die
Aussage gilt aber auch für die Endstufe der jeweiligen Besoldungsgruppe.
Durchgängig zeigt sich eine weitere Verschlechterung mit fortschreitender Zeit.
Relativ hat sich der Vergleich zulasten der Beamtenbesoldung weiter verscho-
ben, bei der Relation zum Grundgehalt der Endstufe sogar um 14 % (A 10)
bzw. 11 % (A 9)." (Rn. 86)

Wenn auch das Berliner Beispiel wegen der eklatanten Unteralimentation eine besondere Schwere aufweist, steht es i.d.R. in den anderen Bundesländern nur bedingt besser. Ein Vergleich der Besoldung und Entlohnung vergleichbarer Leistungsgruppen fällt durchgehend eher nicht zugunsten ersterer aus, um es mal so auszudrücken. Das kann zugleich wenig verwundern, da eben die in allen 17 Rechtskreisen gewährte Nettoalimentation allein deshalb bereits evident unzureichend ist, da sie weiterhin zumindest in den unteren Besoldungsgruppen das Mindestabstandsgebot verletzt. Da diese Verletzung sich wegen des Abstansgebots zwischen den Besoldungsgruppen offensichtlich durchgehend auf alle Besoldungssystematiken erstreckt und diese entsprechend ebenfalls als verletzt bedeutet, darf davon ausgegangen werden, dass sämtliche Besoldungsgruppen in allen Besoldungsordnungen entweder hinsichtlich des absoluten oder zumindest hinsichtlich des relativen Alimentationsschutzes verletzt sind. Die Vergleiche auf der zweiten Prüfungsstufe - wie gerade auch wieder das Berliner Beispiel gezeigt hat - bestätigen so die Ergebnisse der ersten, also die Vermutung einer evidenten Unteralimentation.

Das Bundesverfassungsgericht kann eine Prüfung im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung nur auf Grundlage der gesetzlichen Regelungen vornehmen, MoniMoin, was wiederum bedeutet: Der Gesetzgeber hat in seinen Entscheidungen ebenfalls den Art. 3 Abs. 1 GG zu beachten, also dass wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln sind. Im Rahmen des in Laufbahnen vollzogenen öffentlichen Dienstrechts sind entsprechend die an das Qualifikationsniveau gebundenen Voraussetzung des Amts zu beachten, soll heißen: Den Ämtern, die mit der identischen Besoldung besoldet werden (also denen dieselbe Besoldungsgruppe zugeordnet werden können), ist eine weitgehend gleiche Leistung und Verantwortung zuzuordnen, sie sind entsprechend als wesentlich Gleiches zu begreifen; denn wäre von einer unterschiedlichen Leistung und/oder Verantwortung auszugehen, stellten sich die beiden Ämter als wesentlich Ungleiches dar, sodass sie nach Art. 33 Abs. 5 GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG nicht weitgehend gleich besoldet und alimentiert werden dürften. Graduell unterschiedliche Anforderungen an Leistung und Verantwortung innerhalb einer Besoldungsgruppe kann der Dienstherr dabei wiederum im gesetzlichen Rahmen und unter Beachtung des Alimentationsprinzips aus Art. 33 Abs. 5 GG durch bspw. verschiedene Ämterzulagen oder Leistungsprämien regeln, die gewährleisten, dass das jeweilige Amt amtsangemessen alimentiert wird, ohne gegen Art. 3 Abs. 1 GG zu verstoßen. Soweit erstreckt sich also die Aufgabe des Gesetzgebers, wie sie sich aus der Verfassung ableiten lässt.

Davon abzusehen unterliegt allerdings der Kontrollauftrag des Bundesverfassungsgericht darin, den verfassungsmäßigen Gehalt von Rechtsnormen zu prüfen - wie es in ständiger Rechtsprechung hervorhebt, darf es also nicht prüfen, ob der Gesetzgeber politisch oder moralisch zweckdienlich handelte (denn das sind innerhalb unserer verfassungmäßigen Ordnung Fragen, die sich die Exekutive und Legislative stellen müssen), sondern der Prüfauftrag erstreckt sich auf die Frage, ob eine einfachgesetzliche Rechtsnorm im Einklang mit den höherwertigen Verfassungsnormen steht, kann also nur kontrollieren, ob eine Rechtsnorm evident (also eindeutig) sachwidrig ist oder nicht:

"Es ist nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts zu prüfen, ob der Gesetzgeber dabei die gerechteste, zweckmäßigste und vernünftigste Lösung gewählt hat [...]. Dem weiten Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers entspricht vielmehr eine zurückhaltende, auf den Maßstab evidenter Sachwidrigkeit beschränkte Kontrolle der einfachgesetzlichen Regelung [...]. Im Ergebnis beschränkt sich die materielle Kontrolle dabei auf die Frage, ob die Bezüge der Richter und Staatsanwälte evident unzureichend sind. Ob dies der Fall ist, muss anhand einer Gesamtschau verschiedener Kriterien und unter Berücksichtigung der konkret in Betracht kommenden Vergleichsgruppen geprüft werden" (vgl. die Rn. 27 in der aktuellen Entscheidung).

Von daher hat das Bundesverfassungsgericht also hinsichtlich des Laufbahn- und Leistungsprinzips unter anderem zu prüfen, ob die Attraktivität eines Amts hinsichtlich der vom Gesetzgeber zu beachtenden Bestenauslese gegeben ist oder nicht - und dabei kann es also nicht betrachten, ob es politisch sinnvoller wäre, bspw. IT'ler, die vom Gesetzgeber derselben Besoldungsgruppe zugeordnet worden sind, höher zu alimentieren als entsprechende Geisteswissenschaftler - diese Aufgabe unterliegt vielmehr dem Gesetzgeber. Sofern also der Gesetzgeber auf formal identischer Grundlage - also z.B. einem i.d.R. fünfjährigen Hochschulstudium, das mit einem Masterabschuss beendet wird, und einem zweijährigen Vorbereitungsdienst - Beamten unterschiedlicher Fachrichtungen mit dem identischen Grundgehalt besoldet - in der Höhe des Grundgehalts offenbart sich zuvörderst das Leistungsprinzip -, steht das im Einklang mit Art. 3 Abs. 1 GG, solange auch hinsichtlich der mit ihrem Amt verbundenen Verantwortung keine so starken Unterschiede gegeben sind, als dass diese Ämter sich als wesentlich Ungleiches herausstellten.

So verstanden vergleicht nun das Bundesverfassungsgericht auf der zweiten Prüfungsstufe seines Prüfungshefts wesentlich Ungleiches - die Besoldung von Beamten und die Entlohnung von Arbeitnehmern -, indem es versucht, eine möglichst gleichwertige Vergleichsgrundlage zu schaffen, indem es die jeweiligen Leistungsgruppen und deren Voraussetzungen in den Blick nimmt. Dabei geht es innerhalb des Vergleichs eben im Sinne des (verfassungs-)gerichtlichen Prüfauftrag nicht darum, am Ende festzustellen, ob der Gesetzgeber hier nun die gerechteste, zweckmäßigste oder vernünftigste Lösung gewählt hat, sondern "nur", ob die Regelung evident sachwidrig ist - und das ist sie nur dann, wenn sie nicht mit der Verfassung in Einklang steht, wenn also mit hinreichender Sicherheit gesagt werden kann, dass durch die einfachgesetzliche Regelung eine Verfassungsnorm verletzt wird, was in unserem Fall heißt, wenn ein nachgewiesener Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 vorliegt, also das Leistungsprinzip durch die einfachgesetzliche Regelung verletzt wird. Entsprechend betrachtet das Bundesverfassungsgericht auf der zweiten Prüfungsstufe, nachdem auf der ersten Prüfungsstufe die Vermutung einer verfasungswidrigen Unteralimentation indiziert worden ist, ob sich diese Vermutung erhärtet oder nicht, indem es die Besoldung und Entlohnung von denselben Leistungsgruppen zuzuordnenden Tätigkeiten in den Blick nimmt und dabei voraussetzt, dass die Attraktivität eines Amtes und damit die Möglichkeit der Bestenauslese nur dann gegeben sein kann, wenn die Alimentation hoch genug ist, um entsprechend mit der Privatwirtschaft um Nachwuchs zu konkurrieren bzw. die jeweils bereits verbeamteten Beschäftigten im Dienstverhältnis zu erhalten. Es geht ihm also in der Prüfung weiterhin nicht darum, ob die gerechteste, zweckmäßigste oder vernünftigste Lösung gewählt worden ist, sondern nur, ob die gesetzliche Regelung - in unserem Fall: die Höhe der Besoldung - hinreichend ist, um mit der Verfassungsnorm im Einklang zu stehen, um also zu gewährleisten, dass das Leistungsprinzip weiterhin erfüllt wird.

Als Ergebnis kann die (verfassungs-)gerichtliche Prüfung also innerhalb von identischen Besoldungsgruppen nicht nach unterschiedlichen Prüfkriterien differenzieren, da die Prüfung davon ausgehen muss - solange sie die Höhe der Besoldung und also den amtsangemessenen Charakter der gewährten Alimentation prüft und nicht die jeweilige Ämterzuordnung -, dass die in der jeweils identischen Besoldungsgruppe eingruppierten IT'ler oder Geisteswissenschaftler über weitgehend dieselbe Leistungsfähigkeit verfügen, sodass die mit ihrem Amt verbundene Verantwortung ebenfalls weitgehend gleich ist. In diesem Sinne ist das konkrete Prüfverfahren auf der zweiten Prüfungsstufe zu verstehen und so betrachtet nicht widersprüchlich, sondern im Sinne des Prüfauftrags effektiv: Es ermöglicht an dieser Stelle ein weiteres Indiz (um mehr geht es nicht), ob eine einfachgesetzliche Rechtsnorm im Einklang mit den höherwertigen Verfassungsnormen steht oder nicht.
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 15.05.2023 10:38
Zur Info: Der Sammelthread dient nur zur Darstellung der wichtigsten Informationen rund um das Thema "Amtsangemessene Alimentation". Fragen und Diskussionen sollen und können im dazugehörigen Diskussionsthread "Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)" gestellt werden.
https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,114508.0.html

Bitte beachten.
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 05.06.2023 14:39
Aktueller ZBR-Beitrag 06/2023

Das im Wandel begriffene Alimentationsprinzip vor den konkreten Normenkontrollverfahren 2 BvL 2/16 bis 2 BvL 6/16

http://www.zbr-online.de/

Leseprobe: http://www.zbr-online.de/click_buy/2023/schwan.pdf

Kostenpflichtig!
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 07.06.2023 12:00
Als Einzelartikel im PDF-Format ist der ZBR-Beitrag "Das im Wandel begriffene Alimentationsprinzip vor den konkreten Normenkontrollverfahren 2 BvL 2/16 bis 2 BvL 6/16" erhältlich unter:

https://shop.kohlhammer.de/das-im-wandel-begriffene-alimentationsprinzip-vor-den-konkreten-normenkontrollverfahren-2-bvl-2-16-bis-2-bvl-6-16-978-3-00-102390-2.html

Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: Lichtstifter am 07.06.2023 12:15
Zitat
Bei FragdenStaat/ Open Knowledge foundation findet man viel über Untätigkeitsklagen.
https://forum.okfn.de/t/untaetigkeitsklage/987


https://dejure.org/gesetze/VwGO/161.html
Abs. 3
Zitat
In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.

Wenn sich weiterhin nichts tut in Sachen amtsangemessener Alimentation oder bei den Tarifrunden dann hätte man da ein schönes Mittel in der Hand. Jedenfalls wenn man genug Mitstreiter findet. Pro 1000 Leute die Untätigkeitsklagen einreichen entstehen für die beklagten Dienstherren 483.000 Euro Kosten.  8)

Oder man gründet gleich noch eine neue Gewerkschaft für amtsangemessene Alimentation und organsiert darüber massenhafte Untätigkeitsklagen.

In den letzten 3 Jahren ist jedenfalls in Sachen amtsangemessener Alimentation (für alle) nicht viel geschehen.

Vom Nutzer Ozymandias
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 07.06.2023 19:56
Vielen Dank an SwenTanortsch für die nachfolgenden Berechnungen!

Wenn ich mich recht erinnere, habe ich entsprechende Berechnungen hier im Forum bereits durchgeführt, allerdings trügt mich ggf. auch meine Erinnerung. Von daher erstelle ich hier noch einmal entsprechende Bemessungen. Da für das aktuelle Jahr 2023 offensichtlich noch kein 95 %-Perzentil oder eine entsprechende Mitteilung des PKV-Verbands vorliegen, gehe ich in das Jahr der letzten bundesverfassungsgerichtlichen Entscheidung zurück und betrachte also die Besoldungssystematik im Jahr 2020, das zugleich, denke ich, als Ausgangspunkt der mit der Corona-Krise eingeleiteten Zeit nach der "Zeitenwende" betrachtet werden kann. Hierzu bemesse ich zunächst das Grundsicherungsniveau sowie die Mindestalimentation (I) und im Anschluss die gewährte Nettoalimentation sowie den Fehlbetrag (II). Daraufhin betrachte ich dann die Mindestbesoldung mit der Folge für die Besoldungssystematik (III). Entsprechend hätte sich ebenso der Besoldungsgesetzgeber im Gefolge der aktuellen Entscheidung veranlasst sehen müssen, die gewährte Alimentation auf ihren verfassungskonformen Gehalt zu überprüfen. Da hier kein Gesetzgebungsverfahren begründet werden muss, gehe ich zugleich in doppelter Hinsicht vor, indem ich hinsichtlich der kalten Unterkunftskosten (a) das 95 %-Perzentil für Bayern in Höhe von 1.400,- € und (b) das 2020 niedrigste 95 %-Perzentil heranziehe, das sich mit 700,- € 2020 in Sachsen-Anhalt finden lässt. Diese zweite Berechnung kann als nicht realitätsgerecht hinsichtlich der Bemessung der Mindestalimentation angesehen werden, da es dem Beamten nicht zuzumuten ist, seinem Wohnsitz in dem Ort zu wählen, der die niedrigsten Wohnkosten aufweist (Rn. 60 der aktuellen Entscheidung), was für Bundesbeamte noch einmal besonders zu beachten wäre - andererseits soll hier ein Aufschluss über die Besoldungssystematik erstellt werden, sodass es sich anbietet, den Vergleich selbst unter nicht realitätsgerechten Prämissen zu vollziehen. Die Betrachtung mündet in einem kurzen Fazit (IV).


I. Grundsicherungsniveau und Mindeszalimentation 2020

Insgesamt sind der Bemessung des Grundsicherungsniveaus zunächst die Regelsätze für zwei Erwachsene und zwei nach dem Alter zu differenzierenden Kindern zugrundezulegen, wie sie dem Existenzminimumbericht der Bundesregierung entnommen werden können. Sie betrugen 2020 780,- € und 588,- €. Weiterhin können die Kosten für die Bedarfe für Bildung und Teilhabe sowie der monetäre Gegenwert der Sozialtarife nicht realtitätsgerecht bemessen werden, da zu ihnen vom Gesetzgeber bislang keine entsprechenden Daten veröffentlicht worden sind. Von daher können nur die sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebenden Beträge herangezogen werden, die 2020 pro Kind 37,23 € betragen haben. Darüber hinaus wurde 2020 nach dem Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz vom 30.06.2020 je Kind ein steuerfrei zu stellender Bonus von 300,- € gewährt, der ebenfalls hier mit einzubeziehen ist. Tatsächlich muss aber in der Realität hinsichtlich der Kosten für die Bedarfe für Bildung und Teilhabe sowie hinsichtlich des monetären Gegenwerts der Sozialtarife von beträchtlich höheren Beträgen ausgegangen werden als der so zugrunde gelegte Betrag von 124,46 €, was bei der nachfolgenden Betrachtung der Fehlbeträge im Hinterkopf zu behalten wäre. Die Heizkosten sind 2020 anhand des jeweils geltenden Bundesweiten Heizspiegel mit den Abrechnungsdaten des Vorjahrs zu bemessen, die entsprechend 2020 22,61 € pro qm betrugen. In Bayern wie auch Sachsen-Anhalt ist von einer Wohnfläche von 90 qm für eine vierköpfige Familie auszugehen, sodass von monatlichen Heizkosten in Höhe von 169,58 € auszugehen ist. Auf dieser Basis lassen sich nun zwei Grundsicherungsnvieaus und Mindestalimentationen erstellen:


                                                   (a)                               (b)
Regelsätze:                                                1.368,-- €
+ Kalte Unterkunftskosten:        1.400,-- €                         700,-- €
+ Heizkosten:                                               169,58 €
+ Kosten der Bedarfe für
Bildung und Teilhabe/                                    124,46 €
Sozialtarife:

Grundsicherungsbedarf:            3.062,04  €                     2.362,04 €
Mindestalimentation:                 3.521,35 €                     2.716,35 €


II. Gewährte Nettoalimentation und Fehlbetrag 2020

Heranzuziehen ist die Besoldung eines verheirateten Beamten mit zwei Kindern, der in der niedrigsten Erfahrungsstufe der untersten Besoldungsgruppe, also nach A 3/1, eingruppiert war. Heranzuziehen sind die Besoldungsbestandteile, die allen Beamten der Besoldungsgruppe gewährt worden sind. Nach dem Besoldungsrechner ergibt sich für 2020 das nachfolgende Bild hinsichtlich der Bruttobesoldung (https://oeffentlicher-dienst.info/c/t/rechner/beamte/bund/a?id=beamte-bund-2020neu&g=A_3&s=1&f=3&z=100&zulage=&stj=2023&stkl=1&r=0&zkf=0); zur Bemessung der steuerlichen Veranlagung ist laut der entsprechenden Mitteilung des PKV-Verbands ein BEG-Anteil in Höhe von 485,42 € heranzuziehen (https://www.bmf-steuerrechner.de/bl/bl2020/resultbl2020.xhtml?acckey=true). Die PKV-Kosten betrugen 2020 602,42 €. Als Kindergeld wurden monatlich jeweils 204,- € gewährt. Entsprechend ergibt sich das folgende Bild:

Grundgehalt:                                 2.301,21 €
+ Familienzuschläge:                        436,87 €
Bruttobesoldung:                           2.738,08 €
- Einkommensteuer:                         104,50 €
- PKV-Beitrag:                                  602,42 €
+ Kindergeld:                                   408,-- €

Nettoalimentation:                           2.439,16 €
Grundsicherungsbedarf: 3.062,04 €                      2.362,04 €
Fehlbetrag (absolut):        622,88 €                          ---
Fehlbetrag (%):                  20,3 %
Mindestalimentation:     3.521,35 €                     2.716,35 €
Fehlbetrag (absolut):     1.082,19 €                        354,31 €
Fehlbetrag (%):                 30,7 %                           13,0 %


III. Mindestbesoldung und Fehlbetrag

Die Mindestbesoldung kann nach den ZBR-Beiträgen des letzten und dieses Jahrs als der Äquivalenzwert betrachtet werden, der genau auf der Höhe der Mindestalimentation liegt, entsprechend ergibt sich das "Besoldungsäquivalent zur Mindestalimentation". Hierzu werden von der Mindestalimentation das Kindergeld subtrahiert und die PKV-Kosten addiert. Damit erhält man die Nettobesoldung, die sich äquivalent zur Mindestalimentation verhält. Addiert man hierzu die steuerliche Veranlagung, erhält man das entsprechende Besoldungsäquivalent, also die Bruttobesoldung auf Höhe der Mindestalimentation (a). Im Anschluss werden mit Ausnahme des Grundgehaltssatzes die weiteren Besoldungskomponenten subtrahiert, sodass man das "Grundgehaltsäquivalent zur Mindestalimentation" erhält, also den Grundgehaltsbetrag, der genau auf Höhe der Mindestalimentation liegt. Es kann nun zu Vergleichzwecken mit den Tabellenwerten verglichen werden. Da es sich hier um ein indizielles Mittel handelt, können die Nachkommastellen grundsätzlich auf ganze Zahlen aufgrundet werden. Darüber hinaus müsste ich eigentlich ein "Spitzausrechnung" vornehmen, da die Besoldung erst zum 01.03.2020 erhöht worden ist. Die Berechnung erspare ich mir aber, da es ja nur um ein allgemeines Bild geht. In der Realität würden die Fehlbeträge noch etwas größer sein, da die Besoldung in den ersten beiden Monaten des Jahres 2020 geringer ausgefallen ist. Entsprechend ergibt sich das folgende Bild, für dessen Bemessung man insgesamt kaum eine Stunde Zeit benötigt:


Mindestalimentation:                    3.522,- €                     2.717,- €   
- Kindergeld:                                                    408,- €
+ PKV-Beitrag:                                                 603,- €
Äquivalente Nettobesoldung:         3.717,- €                     2.912,- €
+ Einkommensteuer:                       465,- €                        187,- €
Besoldungsäquivalent:                  4.182,- €                     3.099,- €
- Familienzuschläge:                                         437,- €
Grundgehaltsäquivalent:               3.745,-  €                    2.662,- €
tatsächliche gewährte
Grundbesoldung (A 3/1):                                 2.302,- €         
Fehlbetrag (absolut):                    1.443,-                          360,- €
Fehlbetrag (%):                               38,5 %                     13,5 %

Ein Grundgehalt in Höhe von 3.745,- € ist keinem Bundesbeamten in den Besoldungsgruppen A3 bis A 8 gewährt worden. In der Besoldungsgruppe A 9 hat erst die letzte Erfarungsstufe diesen Betrag knapp überschritten; in A 9/8 wurde ein Grundgehaltssatz in Höhe von 3.754,27 € gewährt. In A 10 überschritt erst die Besoldungsgruppe A 10/5 das Grundgehaltsäquivalent, in A 11/2 wurden die identischen 3745,12 € gewährt. Erst in der Besoldungsgruppe A 12 überstieg der Grundgehaltssatz ausnahmslos den Wert, der indiziell auf Höhe der Mindestalimentation gelegen hat. Entsprechend zeigt sich die Besoldungssystematik hinsichtlich eines in Bayern gelegenen Dienstorts in neun von 14 Besoldungsgruppen als verletzt; der indizielle Fehlbetrag lag bei 38,5 %, womit sich die Grundbesoldung indiziell um fast 2/5 zu gering entpuppt. Entsprechend offenbart sich die Systematik der Bundesbesoldung in einem so starken Maße als verletzt, dass es offensichtlich ausgeschlossen ist, den Ausschluss der deutlichen Erhöhung der Grundgehaltssätze sachgerecht begründen zu können.

Betrachtet man nun einen Dienstort in Sachsen-Anhalt, dann erreicht dort kein Beamter in der Besoldungsgruppe A 3 das Grundgehaltsäquivalent in Höhe von 2.662,- €. Erst die Besoldungsgruppen A 4/7, A 5/6, A 6/4, A 7/3 und A 8 mit einer Grundbesoldung von 2.685,05 in der ersten Erfahrungsstufe übersteigen jeweils das Grundgehaltsäquivalent. Dabei bliebe aber zu beachten, dass unter Bemessung anhand einer "Spitzausrechnung" auch hier noch ggf. ein Unterschreiten nicht unwahrscheinlich ist. Ebenfalls fällt ins Gewicht, dass die Kosten der Bedarfe für Bildung und Teilhabe sowie des monetären Gegenwerts der Sozialtarife mit 124,46 € offensichtlich zu gering angesetzt worden sind. Entsprechend darf davon auszugehen sein, dass hier indiziell mindestens sechs der 14 Besoldungsgruppen 2020 als verletzt zu betrachten wären. Damit zeigt sich auch im Zusammenhang mit dem indiziellen prozentualen Fehlbetrag von 13,5 %, dass selbst in einem Bundesgebiet mit einem geringen Grundsicherungsniveau weiterhin eine deutliche Verletzung des Besoldungssystematik gegeben ist. Der Gesetzgeber wäre also selbst diesbezüglich gezwungen (gewesen), die Vermeidung der Anhebung der Grundgehaltssätze sachgerecht zu begründen, ohne dass ihm das in Anbetracht dessen, dass fast die Hälfte der Besoldungsgruppen von der Verletzung der Besoldungssystematik betroffen ist, möglich (gewesen) sein sollte.

IV. Fazit

Die Betrachtung der Mindestbesoldung anhand von Äquivalenzbeträgen zur Mindestalimentation ermöglicht indiziell eine umfassende Prüfung der Besoldungssystematik, so wie das in den beiden ZBR-Beiträgen methodisch dargelegt wird. Sie kommt für das in Augenschein genommene Jahr 2020, das den Ausgangspunkt der seitdem sich vollziehenden schweren ökonomischen Verwerfungen bildet, zu den dargelegten Ergebnissen. Zugleich sollte man davon ausgehen können, dass sich die Sachlage seitdem kaum substanziell verbessert hat. Nicht umsonst ist 2021 eine nominale Besoldungsanpassung um 1,2 % zum 01.04. erfolgt, die also eine reale Erhöhung um 0,9 % bedeutet hat, und 2022 erfolgte einer nominale Besoldungserhöhung zum 01.04. um 1,8 %, was real einem Wert von 1,35 % entspricht. Damit ist in jenem Zeitraum der Besoldungsindex von 2020 100 auf Ende 2022 auf 102,3 gestiegen. Die Verbraucherpreise sind 2021 um 3,1 % gestiegen und 2022 um 7,9 %. Damit steht dem genannten Besoldungsindex ein Verbraucherpreisindex von 111,2 gegenüber. Wie man in Anbetracht der in diesem Beitrag vollzogenen Prüfung ohne eine substanzielle Anhebung der Grundgehaltssätze zu einer wieder amtsangemessenen Alimentation zurückfinden will, bleibt entsprechend das Geheimnis - bislang - der Bundesregierung. Es dürfte ausgeschlossen sein, dass sich ein solches Ansinnen sachgerecht begründen ließe. Ohne eine sachgerechte Begründung sind aber keine Gesetzesnovellierungen möglich, die als verfassungskonform anzusehen wären.

Wie gesagt, all das kann man zeitlich in rund einer Stunde bemessen und betrachten. Es besteht von daher kein sachlicher Grund, nicht umgehend zur Tat zu schreiten - es sei denn, man wollte weiterhin offensichtlich gezielt verhindern, "das massiv erschütterte Vertrauen der Beamtinnen und Beamten wieder zurückzugewinnen und den Alimentationsklagekreislauf zu durchbechen". Entsprechend endet der wichtige Beitrag Alexia Tepkes und Andreas Beckers - der beiden wichtigen Besoldungsspezialisten des dbb - aus dem letzten Jahr wie folgt: "Es gilt vielmehr Gesetze zu erlassen, die die Besoldung - unabhängig von der persönlichen Lebensgestaltung im Familienbereich - finanziell so ausgestalten, dass nicht nur die absolute Mindestbesoldung gewährt, sondern das Vertrauen der Beamtinnen und Beamten in ihren Dienstherrn auf tatsächlichen Erhalt der verfassungsrechtlich zustehenden amtsangemessenen Alimentation unter Berücksichtigung des Leistungsgedankens zurückgewonnen wird. Diese Aufgabe kann das Bundesverfassungsgericht den Dienstherrn nicht abnehmen." (ZBR 2022, S. 153 f.)
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 08.06.2023 14:21
Übertragung des Tarifabschlusses 2023 auf Beamte und Versorgungsempfänger

Referentenentwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Bundesbesoldung und -versorgung für 2023/2024 und zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften

https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/gesetzgebungsverfahren/DE/Downloads/referentenentwuerfe/D3/BBVAnpAendG2023_2024_RefE.pdf;jsessionid=2493243342CF1BBA9A873CE193F41A72.1_cid373?__blob=publicationFile&v=1
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 08.06.2023 14:22
Zur Info: Der Sammelthread dient nur zur Darstellung der wichtigsten Informationen rund um das Thema "Amtsangemessene Alimentation". Fragen und Diskussionen sollen und können im dazugehörigen Diskussionsthread "Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)" gestellt werden.
https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,114508.0.html

Bitte beachten.
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: Organisator am 21.06.2023 08:35
Könnte mir jemand bitte grob sagen was auf mich zukommen würde?

Habe 2 Kinder, nicht bei mir im Haushalt lebend wegen Trennung. Bekomme den Kinderbezogenen Familienzuschlag da die Mutter keine Beamte ist.

Was würde sich für mich ändern bzw. Verbessern?

Zur Info: Der Sammelthread dient nur zur Darstellung der wichtigsten Informationen rund um das Thema "Amtsangemessene Alimentation". Fragen und Diskussionen sollen und können im dazugehörigen Diskussionsthread "Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)" gestellt werden.
https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,114508.0.html

Bitte beachten.
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 22.06.2023 08:06
Quellenangaben zu den Berechnungen vom 07.06.2023. Vielen Dank an Swen!


1) Die Regelbedarfe ergeben sich aus § 2 der Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung 2020 (RBSFV 2020) v. 15.10.2020 (BGBl. I 2019 S. 1452 - vgl. https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav#__bgbl__%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27bgbl119s1452.pdf%27%5D__1687377850750). Die Regelbedarfsstufe 2 in Höhe von 389,- € pro Monat gibt die Regelbedarfe für einen Erwachsenen, der mit einem Ehegatten oder Lebenspartner oder in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft mit einem Partner zusammenlebt. Für zwei entsprechende Erwachsene ergibt sich ein monatlicher Regelbedarf in Höhe von 778,- €. Die Regelbedarfe von zwei Kindern sind nach dem Alter auf Grundlage der Regelbedarfsstufen 4 bis 6 zu gewichten. Der Schlüssel zur Gewichtung sieht wie folgt aus:

- Regelbedarfsstufe 4 (Jugendlicher vom Beginn des 15. bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres):
4 x 328,- €
- Regelbarfsstufe 5 (Kind vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres):
8 x 308,- €
-Regelbedarfsstufe 6 (Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres):
6 x 250,- €
- gewichtete Summe pro Kind: 5276,- € : 18 = 293,11 €. Regelbedarf für zwei Kinder: 586,22 €

Der Regelbedarf für eine vierköpfige Bedarfsgemeinschaft beträgt 778,- € + 586,22 € = 1.364,22 € (die Differenz zu den am 07.06. herangezogenen 1.368,- € ist für mich auf die Schnelle nicht aufzuklären).

2) Die kalten Unterkunftskosten für das Jahr 2020 sind der von der Bundesagentur für Arbeit herausgegebenen "Aktualisierung der Auswertung zum Verfahren einer verfassungsrechtlichen Prüfung des Bundesbesoldungsgesetzes (Vorgang 2 BvL 4/18)" mit dem Erstellungsdatum vom 18.05.2021 zu entnehmen. Hier sind auf die "Laufenden Kosten der Unterkunft: 95 %-Perzentil der Größenklasse für Bedarfe an Partner-Bedarfsgemeinschaften mit zwei Kindern" abzustellen (die Statistik ist nicht öffentlich zugänglich). Die kalten Unterkunftskosten setzen sich aus dem 95 %-Perzentil der laufenden Unterkunfts- und dem 95 %-Perzentil der laufenden Betriebskosten zusammen.

Die niedrigsten kalten Unterkunftskosten wies 2020 Sachsen-Anhalt auf: Das erstgenannte 95 %-Perzentil betrug 500,- €, das letztgenannte 200,- €, was hier in der Summe zu kalten Unterkunftskosten in Höhe von 700,- € führt.

Die höchsten kalten Unterkunftskosten wies zunächst einmal Hamburg auf, wobei es hier zu einer Verzerrung der statistischen Daten im Gefolge überproportional hoher Kosten bei der Unterbringung von Grundsicherungsberechtigten in Flüchtlingsunterkünften gekommen ist, weshalb die Daten so nicht herangezogen werden können, vgl. für die Jahre 2017 bis 2019 VG Hamburg, Beschl. v. 29.09.2020 - 20 K 7506/17 -, Rn. 87 (https://www.landesrecht-hamburg.de/bsha/document/MWRE200004703), dem hier ebenso für das Jahr 2020 gefolgt wird, da sich die statistische Verzerrung ebenfalls 2020 offensichtlich weiterhin fortgesetzt hat (das entsprechende 95 %-Perzentil der laufenden Unterkunftskosten ist von 2017 nach 2018 als einziges der 16 Bundesländer extrem angestiegen, nämlich um mehr 200 %, sodass die Beträge im Gefolge so nicht herangezogen werden können). Von daher sind der genannten Statistik als Höchstwerte die kalten Unterkunftskosten für Bayern zu entnehmen, die sich 2020 aus dem 95 %-Perzentil der laufenden Unterkunftskosten in Höhe von 1.150,- € sowie dem 95 %-Perzentil der laufenden Betriebskosten in Höhe von 250,- € zusammengesetzt haben, sodass ein Betrag in Höhe von 1.400,- € zu Grunde zu legen ist.

3. Die angemessenen Heizkosten werden vom Bundessozialgericht in ständiger Rechtsprechung anhand der von der co2online GmbH erstellten "Kommunalen Heizspiegel" bemessen, worin das Bundesverwaltungsgericht und das Bundesverfassungsgericht ihm gefolgt sind. Es ist das Produkt zu bilden aus dem Wert, der auf "extrem hohe" Heizkosten bezogen auf den jeweiligen Energieträger und die Größe der Wohnanlage hindeutet, und dem Wert, der sich für den Haushalt als abstrakt angemessene Wohnfläche nach den Ausführungsbestimmungen der Länder ergibt (BSG, Urt. v. 02.07.2009 - B 14 AS 36/08 R -, Rn. 23 ff.). Diese Methode hat das Bundesverfassungsgericht wie gesagt in der aktuellen Entscheidung als realitätsgerecht betrachtet (vgl. in der aktuellen Entscheidung die Rn. 62 f.), weshalb es wie das Bundesverwaltungsgericht den für das jeweilige Besoldungsjahr geltenden "Bundesweiten Heizspiegel" mit den Abrechnungsdaten des Vorjahrs herangezogen hat (BVerwG, Beschl. v. 22.09.2017 - 2 C 56.16 -, Rn. 170 und BVerwG, Beschl. v. 30.10.2018 - 2 C 32.17 -, Rn. 110 ff.). Als Heizkosten ist für das Jahr 2020 im Gefolge der Entscheidungen der genannten drei Gerichte auf den Heizspiegel 2020 mit den Abrechnungsdaten des Vorjahrs abzustellen (https://www.heizspiegel.de/fileadmin/hs/heizspiegel/heizspiegel-2020/heizspiegel-2020.pdf). Hier ist auf der S. 4 der vergleichbare Höchstwert heranzuziehen, der sich entsprechend auf den Energieträger Fernwärme und die Gebäudefläche 100 bis 250 qm erstreckt und 22,61 € pro qm zu Grunde legt. Als Wohnfläche ist i.d.R. die Unterkunftsgröße heranzuziehen, die die Bundesländer aufgrund von § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung festgesetzt haben (WoFG v. 13.09.2001 BGBl. I 2001 S. 2376). Sowohl in Sachsen-Anhalt als auch in Bayern ist entsprechend eine Wohnfläche von 90 qm für eine vierköpfige Bedarfsgemeinschaft heranzuziehen, vgl. für Sachsen-Anhalt die Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung des Mietwohnungsneubaus in Sachsen-Anhalt, RdErl. des MRS v. 23.02.1993 (MBl. LSA Nr. 27/1993, S. 1285); RdErl. des Ministeriums für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr v. 10.03.1995 (MBl. LSA Nr. 31/1995, S. 1133); vgl. a. LSG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 17.12.2018 - L 4 AS 481/17 -, Rn. 30; vgl. für Bayern Ziff. 22.2 der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Inneren über die Wohnraumförderungsbestimmungen 2012 (WFB 2012) v. 11.01.2012 (AllMBl. 2012 S. 20), die zuletzt durch die Bekanntmachung v. 28.11.2019 (BayMBl. 2019 Nr. 533) geändert worden ist.

Entsprechend ergeben sich in beiden Rechtskreisen jährliche Heizkosten in Höhe von 22,61 € x 90 = 2.034,90 € bzw. von monatlich 169,58 €.

4. Die Kosten für die Bedarfe für Bildung und Teilhabe sowie der monetäre Gegenwert für die Sozialtarife lassen sich weiterhin für beide Rechtskreise nicht hinreichend realitätsgerecht heranziehen, da sie bislang von der jeweiligen Landesregierung nicht hinreichend vorgelegt worden sind. Entsprechend können weiterhin nur die - deutlich zu geringen - Pauschalbeträge herangezogen werden, wie sie den gesetzlichen Bestimmungen entnommen werden können (vgl. in der aktuellen Entscheidung die Rn. 64 ff.). Diese Methodik betrachtet das Bundesverfassungsgericht zur gerichtlichen Prüfung als sachgerecht, sofern auch ohne Berücksichtigung der realitätsgerechten Beträge feststeht, dass der Mindestabstand zum Grundsicherungsniveau verletzt ist (vgl. in der aktuellen Entscheidung die Rn. 71), was hier der Fall ist. Der Betrag ist zwischen 2011 und 2020 mit 37,23 € je Kind unverändert geblieben (vgl. in der aktuellen Entscheidung die Rn. 145 f.). Im Jahr 2020 wurde darüber hinaus nach dem Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz v. 30.06.2020 (BGBl. I 2020 S. 1512) ein steuerfrei zu stellender Bonus von 300,- € je Kind gewährt, der bei der Bemessung des Grundsicherungsniveaus entsprechend zu beachten ist.

Es ergeben sich (nicht realitätsgerecht) Kosten in Höhe von 2 x (37,23 € + 25 €) = 124,46 €.

5. Im Ergebnis muss wegen der in Ziff. 1 genannten Ungenauigkeit korrigiert von einem Grundsicherungsbedarf in Höhe von 2.358,26 € (und nicht von  2.362,04 €) in Sachsen-Anhalt und von 3.058,26 € (und nicht von 3.062,04  €) in Bayern ausgegangen werden.

Eventuell hört sich nun die Bemessung ob der Länge des Beitrags kompliziert an - tatsächlich ist sie ganz einfach, wenn man der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung in der aktuellen Entscheidung ab der Rn. 50 folgt und sobald man auf Grundlage der genannten Quellen die jeweiligen Bemessungsposten zusammengestellt hat. Weiterführende Infos findest Du auch in dem bekannten DÖV-Beitrag aus dem letzten Jahr ab der S. 199, der Beitrag beginnt dort auf der S. 198.
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 22.06.2023 08:13
Zur Info: Der Sammelthread dient nur zur möglichst übersichtlichen Darstellung der wichtigsten Informationen rund um das Thema "Amtsangemessene Alimentation". Fragen und Diskussionen können und sollen im dazugehörigen Diskussionsthread "Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)" gestellt werden.
https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,114508.0.html

Bitte beachten!
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 26.06.2023 09:35
Stellungnahme des DRB zur Übernahme des Tarifabschlusses 2023 auf die Beamtenbesoldung sowie deren verfassungsrechtliche Bewertung.

https://www.drb.de/positionen/stellungnahmen/stellungnahme/news/14-2023-1
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 19.09.2023 12:41
Einschätzung Prof. Dr. Ulrich Battis zum geplanten AEZ:

Zitat
Zum Referentenentwurf des Gesetzes zur Sicherstellung einer angemessenen Bundesbesoldung und -versorgung (BBVAngG) vom 16.01.2023 zur Umsetzung der Entscheidungen des BVerG vom 04.05.2020 stellte er – mit dem Deutschen Richterbund – fest, dass die Verfassungspflicht aus Art. 33 Abs. 5 GG nicht den Familienstand, sondern das Amt betrifft. Demnach entsprechen  die „Vergoldung der Beamtenkinder“ über die Beihilfe und die Anhebung der Einstiegsgehälter für den einfachen und den mittleren Dienst nicht dem Gebot der amtsangemessenen Besoldung und Versorgung. Gleiches gilt Battis zufolge für einen nach oben abschmelzenden alimentativen Ergänzungszuschlag.

Quelle: https://www.esv.info/aktuell/oeffentliches-dienstrecht-zwischen-tradition-und-technischem-fortschritt/id/130809/meldung.html
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 09.10.2023 09:30
Berechnungen des Fehlbetrages der untersten Besoldungsgruppe A3 im Verhältnis zur verfassungsrechtlichen Mindestalimentation für das Jahr 2022.

https://www.berliner-besoldung.de/wp-content/uploads/2023/07/Referentenentwurf-des-BMI-zu-BBVAngG-Stand-v.-16.01.2023-1.pdf

Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 02.11.2023 11:34
"Eventuelle Anpassung" des Alimentativen Ergänzungszuschlags         
               
Mietenstufe nach der Anlage
zur Wohngeldverordnung           für Verheiratete   für das erste Kind   für das zweite Kind   für das dritte Kind   für das vierte und jedes weitere Kind
jeweils
         
            
I                                                       0                           0                         244                         229                           234
II                                                      0                           0                         384                         250                           254
III                                                     0                          33                        495                         275                           279
IV                                                     0                          174                       521                         303                           307
V                                                       0                         303                       550                         324                           328
VI                                                     30                        413                       573                         355                           359
VII                                                   157                       442                       608                         392                           396
               
Besoldungsgruppe   Abschmelzbeträge*   Besoldungsgruppe   Abschmelzbeträge*   Besoldungsgruppe   Abschmelzbeträge*
A5                                   4,44                            B1                        326,34                         R2                326,34
A6                                  13,32                           B2                        361,86                         R3                388,50
A7                                  29,97                           B3                        414,03                         R4                      ?
A8                                  46,62                           B4                        468,42                         R5                 530,58
A9                                  68,82                           B5                        530,58                         R6                 589,41
A10                                89,91                           B6                        589,41                         R7                 646,02
A11                                137,64                         B7                        646,02                         R8                 705,96
A12                                165,39                         B8                        705,96                         R9                 780,33
A13                                226,44                         B9                        780,33                         R10               1072,26
A14                                239,76                         B10                      1012,32                        W1                239,76
A15                                326,34                         B11                      1072,26                        W2                368,52
A16                                388,50                                                                                         W3                446,22
               
* Erhöhung um 11% ggü. dem Referentenentwurf vom 16.01.2023               


Quellen: 1) https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,114508.msg317555.html#msg317555
             2) https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,114508.msg317574.html#msg317574
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 02.11.2023 11:35
Zur Info: Der Sammelthread dient nur zur möglichst übersichtlichen Darstellung der wichtigsten Informationen rund um das Thema "Amtsangemessene Alimentation". Fragen und Diskussionen können und sollen im dazugehörigen Diskussionsthread "Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)" gestellt werden.
https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,114508.0.html

Bitte beachten!
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: BlauerJunge am 05.11.2023 17:41
In Ergänzung zu PolareuD

Mietenstufen der Gemeinden nach Ländern ab 1. Januar 2023 gemäß Wohngeldverordnung
https://www.gesetze-im-internet.de/wogv/anlage.html
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 15.11.2023 16:16
Widerspruch des vbob für das Jahr 2023

Vielen Dank an xap für die Bereitstellung des Musterwiderspruchs!


——————————————————————————————————-

Absender

Mustertext Widerspruch gegen Besoldung
An die
zuständige Bezügestelle (bitte individuell anpassen)

Datum
Personalnummer: ………………………..
Antrag auf Gewährung einer amtsangemessenen Alimentation

Sehr geehrte Damen und Herren,

Beamtinnen und Beamte haben Anspruch auf Erhalt einer jeweils amtsangemessenen Alimentation nach Art. 33 Abs. 5 GG.

Dazu hat das Bundesverfassungsgericht in grundlegenden und umfassenden Entscheidungen (vgl. nur Bundesverfassungsgericht, Zweiter Senat, Beschluss vom 17. November 2015 zur sog. A-Besoldung – Az.:2 BvL 5/13) ausdrückliche und verbindliche Festlegungen getroffen. Diese Vorgaben hat es in seiner Entscheidung vom 04. Mai 2020 (vgl. BVerfG 2 BvL4/18) zur Besoldung von Richterinnen und Richtern in Berlin ausdrücklich bestätigt, konkretisiert und die Berechnungsparameter präzisiert. Dabei wurde insbesondere das Abstandsgebot zum allgemeinen Grundsicherungsniveau als ein eigenständiger hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums hervorgehoben.

Den mit Art. 33 GG vorgegebenen und durch Rechtsprechung ausgeschärften Vorgaben ist der Besoldungsgeber Bund auch in 2023 bislang nicht nachgekommen.

Im Hinblick auf die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes gehe ich davon aus, dass die mir gewährte Besoldung nicht ausreichend ist, sodass ich gegen diese Widerspruch einlege und beantrage, mir eine amtsangemessene Besoldung zu gewähren, die den in dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2015 sowie aus dem Jahr 2020 aufgestellten Parametern und damit dem Grundsatz der amtsangemessenen Alimentation entspricht.

(Optional:

Die Gewährung einer amtsangemessenen Besoldung für diese(s) Kind(er), die den im Urteil vom Bundesverfassungsgericht vom 4. Mai 2020 (2 BvL6/17 u.a.) festgelegten Grundsätzen entspricht.)
Gleichzeitig bitte ich bis zur verfassungsgemäßen Umsetzung der Entscheidung durch den für meine Besoldung zuständigen Gesetzgeber meinen Antrag ruhen zu lassen, auf die Einrede der Verjährung zu verzichten und mir das zu bestätigen.

Mit freundlichen Grüßen
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 20.11.2023 08:56
Stellungnahme der Deutschen Zoll- und Finanzgewerkschaft (BDZ) zum Referentenentwurf vom 16.01.2023

https://www.bdz.eu/fileadmin/user_upload/www_bdz_eu/images/Themen/Stellungnahmen/230222_BDZ_Stellungnahme_BBVAngG.pdf

Sachstand des BDZ zur Umsetzung des geplanten BBVAngG vom 17.11.2023

https://www.bdz.eu/aktuelles/news/bmi-vernachlaessigt-weiterhin-umsetzung-der-verfassungsgemaessen-besoldung/
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 20.11.2023 08:58
Zur Info: Der Sammelthread dient nur zur möglichst übersichtlichen Darstellung der wichtigsten Informationen rund um das Thema "Amtsangemessene Alimentation". Fragen und Diskussionen können und sollen im dazugehörigen Diskussionsthread "Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)" gestellt werden.
https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,114508.0.html

Bitte beachten!
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: Murat am 21.11.2023 09:56
Ich glaube nicht das während der Arbeitszeit das Forum gelesen wird als fleißiger Staatsdiener , oder ?  ;D
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: was_guckst_du am 21.11.2023 10:28
..der "Staatsdiener" ist sogar dazu verpflichtet, sich jederzeit über die für sein Amt wichtigen Umstände zu informieren...jederzeit bedeutet in diesem Zusammenhang auch insbesonders während der Arbeitszeit...und in der heutigen Zeit holt der "Staatsdiener" sich relevante Informationen natürlich überwiegend online und mitunter auch aus diesem Forum...

...dabei ist es dem "Staatsdiener" ziemlich egal, was andere glauben oder nicht glauben... 8)
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 22.11.2023 08:57
Erneut "angeblich" überarbeitete Werte zum AEZ (Bearbeitungsstand: 19.10.2023)

Mietenstufe                      Verheiratet   1. Kind   2. Kind   3. Kind   ab dem 4. Kind
         
           
I                                              0             159       305        277                 281
II                                             0             261       329        297                 301
III                                            0             371       349        322                 326
IV                                            0             499       372        350                 354
V                                            35             581       398        373                 377
VI                                         132             609       420        410                 414
VII                                        246             637       449        447                 451
               
Besoldungsgruppe   Abschmelzbeträge*   Besoldungsgruppe   Abschmelzbeträge*   
A5                                   5,00                            B1                        314,00           
A6                                  16,00                           B2                        348,00           
A7                                  32,00                           B3                        397,00           
A8                                  48,00                           B4                        448,00           
A9                                  69,00                           B5                        507,00           
A10                                90,00                           B6                        563,00           
A11                                135,00                         B7                        k.A.               
A12                                161,00                         B8                         k.A.               
A13                                219,00                         B9                         k.A.               
A14                                232,00                         B10                       k.A.               
A15                                314,00                         B11                       k.A.               
A16                                371,00                                                                         

Für die R- und W-Besoldung liegen keine aktualisierten Werte vor!


Quelle:

https://www.filemail.com/d/ewuiziblyzwiqmu
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 22.12.2023 13:09
Vergleich zum Aktionismus der Bundesländer um eine Antsangemessene Alimentation herzustellen.



Von: Uwe Freitag, Daniel Puskepeleitis, Wolfgang Ranft, Felix Rupprecht, Stefan Schlagenhaufer und Jan Schumann
21.12.2023 - 19:20 Uhr

Kurz vor Weihnachten gibt es für Millionen Beamte in Deutschland gute Nachrichten.

Wegen der Bürgergeld-Erhöhung zum neuen Jahr heben viele Bundesländer auch die Besoldungsstufen für ihre Landesbeamten an. Heißt: Um den Lohnabstand zu den Bürgern mit Grundsicherung zu wahren, kriegen plötzlich auch die Beamten mehr Geld!

Hintergrund: Der Bürgergeld-Regelsatz erhöht sich zum neuen Jahr von 502 auf 563 Euro pro Monat. Das sogenannte Lohnabstandsgebot soll sicherstellen, dass auch niedrige Löhne die erhöhten Sozialhilfeleistungen übersteigen – und ein Anreiz zur Aufnahme einer Beschäftigung entsteht („Arbeit soll sich lohnen.“).
Bundesländer müssen 15 Prozent Lohnabstand einhalten

Im Jahr 2020 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass der Staat seiner sogenannten Alimentationspflicht für Staatsdiener nur nachkommt, wenn ein Mindestabstand zwischen Grundsicherung und Besoldung besteht.

Konkret heißt das, dass die Nettobesoldung von Staatsdienern, inklusive Kindergeld und Familienbezüge, mindestens 15 Prozent über der Grundsicherung liegen muss.

BILD hakte nach und gibt den Überblick. DAS erwartet Sie in Ihrem Bundesland:
Alles neu in Berlin

In Berlin kommen massive Erhöhungen, weil das Lohnniveau schon seit einigen Jahren nicht mehr an das Lohnabstandsgebot angepasst wurde! Zudem werden weitreichende Nachzahlungen fällig.

Die Berliner Beamtenbesoldung in der Besoldungsgruppe A 4 (Jahre 2016 bis 2018) und A 5 (Jahre 2018 und 2019) war nach Überzeugung des Verwaltungsgerichts Berlin verfassungswidrig zu niedrig, weil das Lohnabstandsgebot nicht eingehalten wird.

Die Beamtenbesoldung genügte in den untersuchten Jahren 2016 bis 2019 sogar bis einschließlich der Besoldungsgruppe A 10 „nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen des sog. Mindestabstandsgebots zur Grundsicherung“.
Hamburg erhöht

Um den vom Bundesverfassungsgericht geforderten Abstand zur Grundsicherung einzuhalten, wurde mit am 17. November 2023 für die Einzelfälle, in denen dieser Abstand nicht gewahrt ist, ein Besoldungsergänzungszuschuss eingeführt.

Damit wird eine ausreichende Besoldung in den Fällen sichergestellt, in denen das Familieneinkommen nicht den von der Verfassung vorgegebenen Mindestbedarf der Familie deckt. Der Zuschuss hat aber keine weiteren Auswirkungen auf die Besoldungsstufen.

Verändert sich das Grundsicherungsniveau, werden die vorgesehenen Beträge überprüft und bei Bedarf durch eine entsprechende Gesetzesänderung angepasst. Dies ist auch im Hinblick auf die Anhebung des Bürgergeldes vorgesehen. Die Entscheidung trifft dann die Hamburgische Bürgerschaft.
Mecklenburg-Vorpommern erhöht

Mecklenburg-Vorpommern will die Besoldung im Beamtenbereich für Berufseinsteiger und Beamte mit Kindern zusätzlich aufstocken. So sollen Beamte, die sich noch in der niedrigsten Besoldungsstufe A4 befinden, in die Stufe A5 befördert werden. Das Land reagiert damit auf die bevorstehende Erhöhung des Bürgergeldes.

Trotz der geplanten Übertragung des Tarifabschlusses der Länder vom 9. Dezember auf den Beamtenbereich habe in Mecklenburg-Vorpommern ohne weitere Maßnahmen der erforderliche Lohnabstand nicht mehr gewahrt werden können.

Die Gesetzesänderung soll rückwirkend zum 1. Januar 2023 in Kraft treten, muss zuvor aber noch im Landtag beraten und beschlossen werden.
Hessen erhöht

Die Besoldungsgruppen A 4 und A 5 werden in Hessen nicht mehr vergeben, sodass alle Berufseinsteiger in Hessen mindestens in der Besoldungsgruppe A 6 beginnen.

Vor dem Hintergrund des Bürgergeldes wurde im Jahr 2023 die hessische Besoldung zum 1. Januar 2023 um drei Prozent, zum 1. August 2023 um 1,89 Prozent angepasst und wird sie zum 1. Januar 2024 erneut um weitere drei Prozent erhöht.

Rheinland-Pfalz will Lohnabstand wahren

Das Land will „den Abstand zum sozialrechtlichen Grundsicherungsniveau in der niedrigsten Besoldungsgruppe“ wahren. Die Landesregierung hat darüber hinaus gestern angekündigt, das Tarifergebnis für die Beschäftigten der Länder 1:1 auf den Beamtenbereich zu übertragen.
Saarland erhöht

Auch das Saarland will erhöhen! Der konkrete Zeitplan zur Umsetzung werden in einem Spitzengespräch mit den Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes am 16. Januar 2024 besprochen.
Sachsen-Anhalt will anheben, aber …

Eine Anhebung der Beamten in der Besoldungsgruppe A 4 auf A 5 ist noch in der Diskussion. Die Wahrung eines ausreichenden Abstandes zu der Grundsicherung ist allerdings nicht der alleinige Zweck bei den Überlegungen.

Eine Hebung des Einstiegsamtes von Besoldungsgruppe A 4 auf A 5 hat keine Hebung der Besoldung der Beamten in den anderen Besoldungsgruppen zur Folge.
BaWü prüft noch

Baden-Württemberg prüft, ob „über den Tarifvertrag hinaus noch weitergehende Anpassungen bei den unteren Besoldungsgruppen vorgenommen“ werden müssen, um den Abstand zum Existenzminimum zu wahren.
Bayern hat erst im März angepasst

In Bayern ist keine Umgruppierung von A4 auf A5 geplant. Bayern hat erst im März dieses Jahres die Besoldungssätze angepasst, nachdem das Bundesverfassungsgericht 2020 die Alimentation hinsichtlich des Mindestabstands zur Grundsicherung neu definiert hatte.

Das Einstiegsgehalt bei A3 beträgt in Bayern 2438 Euro, bei A4 2504 Euro (seit 1.1.23).
Brandenburg verweist auf Tarifvertrag

Die Landesregierung Brandenburg und die Gewerkschaften haben entschieden, die Tarifeinigung in den Tarifverhandlungen für die Beschäftigten der Länder vom 9. Dezember 2023 auf die Beamten Pensionäre des Landes zu übertragen. Das war’s!
Keine Erhöhung in Bremen

Bremen hat bereits 2022 alle A4-Beamten auf A5 angehoben. In Bremen werden wegen der Bürgergelderhöhung keine anderen Besoldungsstufen angehoben!
Niedersachsen plant keine Anpassungen

In Niedersachsen wurde die Besoldungsgruppe A 4 bereits im Jahr 2019 gestrichen. Die Beamtinnen und Beamten aus dieser Besoldungsgruppe wurden in die Besoldungsgruppe A 5 gehoben. Weitere Anpassungen sind derzeit nicht geplant.
Sachsen verweist auf Tarifvertrag

Im sächsischen Besoldungsrecht ist die A 5 die niedrigste Besoldungsgruppe. In Bezug auf Besoldungsanpassungen wird die Übertragung des Tarifvertrages auf die sächsischen Beamten, Richter und Versorgungsempfänger angestrebt. Von den entsprechenden Anpassungen wären alle Besoldungsgruppen erfasst.
Schleswig-Holstein prüft

Die Besoldungsgruppen A 4 und A 5 sind 2022 entfallen. Das unterste Einstiegsamt wurde damit auf A 6 angehoben.

„Im Rahmen des in 2024 anstehenden Gesetzgebungsvorhabens zur Anpassung der Besoldung und Beamtenversorgung wird geprüft, ob ergänzende Regelungen im Bereich der Beamtenbesoldung erforderlich sind.“
Thüringen prüft

In Thüringen gibt es seit der Abschaffung des einfachen Dienstes im Jahr 2015 weder die Besoldungsgruppe A 4 noch A 5. Die niedrigste Besoldungsgruppe bildet seitdem die Besoldungsgruppe A 6.

„Die Erhöhung der Regelsätze des Bürgergeldes zum 1. Januar 2024 um durchschnittlich 12 Prozent hat erheblichen Einfluss auf die Alimentation. Dieser muss daher bei jeder Bürgergeld-Erhöhung geprüft und – soweit erforderlich - Anpassungen unter Einhaltung des Abstandsgebotes vorgenommen werden“, hieß es.

Derzeit wird die systemgerechte Übertragung des Tarifabschlusses der Länder vom 9. Dezember 2023 auf die Thüringer Beamten und Richter geprüft.
Bundesbeamte

Mit dem Gesetz zur Anpassung der Bundesbesoldung und -versorgung für die Jahre 2023 und 2024 wird die Besoldung für alle Berechtigten angehoben!

Insbesondere führt die Gewährung des Sockelbetrags von 200 Euro zusätzlich zur linearen Erhöhung in Höhe von 5,3 Prozent zu einem Ausbau des Abstands der untersten Besoldungsgruppen zur sozialen Grundsicherung.


https://m.bild.de/bild-plus/politik/inland/politik-inland/lohnanstieg-wegen-buergergeld-erhoehung-in-diesen-bundeslaendern-winkt-beamten-m-86499572.bildMobile.html

Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 22.12.2023 13:10
Zur Info: Der Sammelthread dient nur zur möglichst übersichtlichen Darstellung der wichtigsten Informationen rund um das Thema "Amtsangemessene Alimentation". Fragen und Diskussionen können und sollen im dazugehörigen Diskussionsthread "Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)" gestellt werden.
https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,114508.0.html

Bitte beachten!
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 22.12.2023 19:15
Fachanwälte für Verwaltungsrecht und Erfahrungen im Besoldungsrecht

1) Kanzlei Lenders: https://www.rechtsanwalt-lenders.de/

2) Kanzlei Merkle & Rühmkorf: https://ra.de/anwalt/rechtsanwalt-mediator-patrick-merkle

3) Kanzlei Meidert & Kollegen: https://www.meidert-kollegen.de/rechtsbereich/beamtenrecht/?portfolioCats=35

4) Kanzlei Neie: https://www.neie.de/arbeit/beamtenrecht/

5) Liste von Kanzleien des tbb: https://www.thueringer-beamtenbund.de/fileadmin/user_upload/www_thueringer-beamtenbund_de/pdf/2023/Liste_von_Fachanwaelten_Verwaltungsrecht_A.pdf
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 23.12.2023 19:12
Gibt es eigentlich schon ein Muster zur Klagebegründung?

Der tbb wollte eines bereitstellen, was bis jetzt aber noch nicht vorliegt.

Der Landesverband Berlin des DRB hat entsprechende Muster für den Zeitraum 2016 bis 2020 öffentlich zur Verfügung gestellt:

https://www.drb-berlin.de/themen-und-positionen/besoldung-und-beihilfe/widerspruch-und-klage/widerspruch-und-klage/news/besoldung-musterklage
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: Murat am 27.12.2023 09:53
https://www.merkur.de/wirtschaft/ampel-will-offenbar-bei-beamten-gehaeltern-sparen-haushalt-2024-zr-92739208.html

 ;D ;D ;D ;D ;D
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 29.12.2023 08:33
Gegendarstellung der GdP zu den aktuellen Sparplänen des Besoldungsgesetzgebers

https://www.gdp.de/gdp/gdp.nsf/id/de_gdp-warnt-polizeibeamten-greift-man-nicht-ins-portemonnaie-beamte-sind-nicht-kreditgeber-des-fi

Danke @ Hugo für die Info.
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 29.12.2023 08:34
Zur Info: Der Sammelthread dient nur zur möglichst übersichtlichen Darstellung der wichtigsten Informationen rund um das Thema "Amtsangemessene Alimentation". Fragen und Diskussionen können und sollen im dazugehörigen Diskussionsthread "Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)" gestellt werden.
https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,114508.0.html

Bitte beachten!
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 08.01.2024 10:35
Der Beschluss enthält Hinweise zur weiteren Verfahrensdauer der für 2023 angekündigten Entscheidungen.


Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 21.12.2023, Az. 2 BvL 3/19 - Vz 3/23

„Im Zweiten Senat des Bundesverfassungsgerichts sind derzeit 51 Normenkontrollverfahren aus den Jahren 2016 bis 2023 anhängig,…“

„Die als Leitverfahren ausgewählte Gruppe von Vorlagen befindet sich in der Schlussphase der Erstellung von Senatsvoten. In ausgewählten weiteren Verfahren - so auch im vorliegenden Verfahren - werden derzeit die Zustellungen und Anforderung von Stellungnahmen vorbereitet und durchgeführt. Schließlich soll durch Beschäftigung eines zusätzlichen Wissenschaftlichen Mitarbeiters im folgenden Jahr eine noch intensivere Förderung der Normenkontrollvorlagen erleichtert werden.“

https://rewis.io/urteile/urteil/5oy-21-12-2023-2-bvl-319-vz-323/
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: Finanzer am 08.01.2024 13:33
Ein interessanter Ansatz von User lotsch zum Thema Verzinsung der Besoldungsansprüche:

Neues zu Verzugszinsen:
Das nachfolgende Schreiben habe ich an 32 Richtervereine und Beamtenorganisationen verschickt:

Sehr geehrte Damen und Herren,

in dem beim Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) anhängigen fachgerichtlichen Ausgangsverfahren begehrt der Beschwerdeführer die Feststellung, dass er verfassungswidrig unteralimentiert werde. Seine Klage hatte der damals 53-jährige und anwaltlich vertretene Kläger im Jahr 2004 beim vorlegenden Gericht anhängig gemacht.

Heute ist der Kläger, ein Richter, 73 Jahre alt und nicht bei guter Gesundheit. Er wolle die abschließende Entscheidung noch erleben, schreibt er in der Verzögerungsrüge, die nun abgelehnt wurde.

https://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/portal/t/19ke/page/bsjrsprod.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=10908&fromdoctodoc=yes&doc.id=jb-KVRE457972301&doc.part=L&doc.price=0.0&doc.hl=1#focuspoint

Selbst wenn er es noch erleben wird, und Recht bekommt, was anzunehmen ist, und der Gesetzgeber Reparaturgesetze erlassen hat, wird seine evtl. Nachzahlung wohl um ca. 50 % durch die Inflation entwertet, da der Gesetzgeber eine Verzinsung ausgeschlossen hat. Kann das rechtmäßig sein? Gerecht ist es nicht, aber das ist eine moralische Betrachtung, um die es hier nicht geht.

Am 14.04.2023 habe ich sie gebeten bei ihren Musterklagen eine Klageerweiterung bezüglich Verzugszinsen zu berücksichtigen (siehe meine E-Mail vom 14.04.2023). Damals habe ich als Rechtsgrundlagen § 288 BGB und die EU-Zahlungsverzugsrichtlinie genannt.

Da es sich bei der Beamtenbesoldung und –versorgung um eigentumsgleiche Rechte handelt ist es fraglich, ob die Gesetzesnorm in den Besoldungsgesetzen, welche eine Verzinsung verbietet, überhaupt mit dem Grundgesetz und dem EU-Recht vereinbar sind. Bei meinen Recherchen hierzu bin ich auf einen interessanten Aufsatz von Prof. Dr. Dr. Hofmann gestoßen, der sich mit dem Recht auf Eigentum befasst (siehe Anlage) https://www.jura.uni-frankfurt.de/50633855/15-menschenrechtsschutz.pdf . Es ist nicht verwunderlich, dass unter den Schutz des Eigentums auch die Beamtenbesoldung , Pensionsansprüche und deren Verzinsung fällt. Besonders interessant für unser Anliegen dürfte das Urteil bezüglich der Bevorzugung öffentlich- rechtlicher Krankenhäuser bei der Berechnung der Verzugszinsen von geschuldetem Lohn zu Lasten der Arbeitnehmer sein, der einen Eingriff iSd Art. 1. ZP darstellt (Meidanis ./.GRE, 22.05.2008). Leider habe ich nichts Näheres zu dem Urteil im Internet gefunden. Falls ihnen das Urteil vorliegt, wäre es nett, wenn sie es mir zukommen lassen würden.

Es wäre schön, wenn sie die Verzinsung von Besoldungsforderungen weiter vorantreiben könnten und in ihre Musterklagen aufnehmen könnten, z.B. im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens vor dem EuGH.

Mit freundlichen Grüßen

Diskussion hierzu bitte im Besoldungsthread der Länder.
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 10.01.2024 16:04
Vergleich der aktuell gewährten Jahresbesoldung 2022 (obere Tabelle) mit der indiziellen Jahresbesoldung nach Anwendung des BVerfG Beschlusses 2 BvL - 4/18 unter Beibehaltung der existierenden relativen Abstände zwischen den einzelnen Besoldungsgruppen (untere Tabelle)


         Stufe 1         Stufe 2         Stufe 3         Stufe 4         Stufe 5         Stufe 6         Stufe 7         Stufe 8
A 3 28.448,88 € 29.090,76 € 29.732,88 € 30.249,72 € 30.766,44 € 31.283,40 € 31.800,36 € 32.317,08 €
A 4 29.044,20 € 29.811,36 € 30.578,64 € 31.189,44 € 31.800,36 € 32.411,16 € 33.021,72 € 33.585,84 €
A 5 29.263,08 € 30.218,40 € 30.985,68 € 31.737,72 € 32.489,64 € 33.257,04 € 34.008,48 € 34.744,80 €
A 6 29.889,48 € 31.001,76 € 32.129,04 € 32.990,40 € 33.883,32 € 34.744,80 € 35.699,88 € 36.530,04 €
A 7 31.377,48 € 32.364,36 € 33.664,44 € 34.995,12 € 36.295,08 € 37.610,76 € 38.597,52 € 39.584,04 €
A 8 33.194,16 € 34.384,56 € 36.060,00 € 37.751,88 € 39.443,04 € 40.617,72 € 41.807,88 € 42.982,56 €
A 9 35.825,16 € 36.999,84 € 38.848,08 € 40.727,28 € 42.575,04 € 43.831,32 € 45.138,12 € 46.412,52 €
A 10 38.346,60 € 39.959,76 € 42.293,52 € 44.637,60 € 47.025,36 € 48.687,12 € 50.348,40 € 52.010,64 €
A 11 43.831,32 € 46.299,36 € 48.751,44 € 51.219,72 € 52.913,52 € 54.607,44 € 56.301,36 € 57.995,64 €
A 12 46.993,32 € 49.913,28 € 52.849,20 € 55.768,92 € 57.801,72 € 59.802,00 € 61.818,60 € 63.867,48 €
A 13 55.107,72 € 57.850,08 € 60.576,24 € 63.318,84 € 65.206,32 € 67.110,12 € 68.997,24 € 70.852,32 €
A 14 56.672,40 € 60.205,20 € 63.754,44 € 67.287,24 € 69.723,12 € 72.175,56 € 74.611,20 € 77.063,52 €
A 15 69.271,44 € 72.465,84 € 74.901,60 € 77.337,84 € 79.773,72 € 82.193,52 € 84.613,44 € 87.016,80 €
A 16 76.418,16 € 80.128,80 € 82.935,48 € 85.742,64 € 88.533,48 € 91.356,84 € 94.163,64 € 96.938,64 €



         Stufe 1         Stufe 2         Stufe 3         Stufe 4         Stufe 5         Stufe 6         Stufe 7         Stufe 8
A 3 47.382,00 € 48.451,06 € 49.520,52 € 50.381,32 € 51.241,93 € 52.102,93 € 52.963,94 € 53.824,54 €
A 4 48.373,51 € 49.651,23 € 50.929,14 € 51.946,44 € 52.963,94 € 53.981,23 € 54.998,13 € 55.937,68 €
A 5 48.738,06 € 50.329,16 € 51.607,08 € 52.859,61 € 54.111,94 € 55.390,06 € 56.641,59 € 57.867,94 €
A 6 49.781,34 € 51.633,86 € 53.511,36 € 54.945,96 € 56.433,13 € 57.867,94 € 59.458,64 € 60.841,28 €
A 7 52.259,62 € 53.903,29 € 56.068,59 € 58.284,85 € 60.449,95 € 62.641,24 € 64.284,70 € 65.927,76 €
A 8 55.285,33 € 57.267,96 € 60.058,42 € 62.876,27 € 65.692,92 € 67.649,37 € 69.631,60 € 71.588,04 €
A 9 59.667,30 € 61.623,74 € 64.702,01 € 67.831,84 € 70.909,31 € 73.001,66 € 75.178,16 € 77.300,69 €
A 10 63.866,79 € 66.553,53 € 70.440,44 € 74.344,54 € 78.321,38 € 81.089,07 € 83.855,95 € 86.624,43 €
A 11 73.001,66 € 77.112,22 € 81.196,19 € 85.307,15 € 88.128,19 € 90.949,44 € 93.770,69 € 96.592,53 €
A 12 78.268,02 € 83.131,25 € 88.021,07 € 92.883,90 € 96.269,56 € 99.601,05 € 102.959,73 € 106.372,16 €
A 13 91.782,66 € 96.350,10 € 100.890,56 € 105.458,40 € 108.602,02 € 111.772,83 € 114.915,85 € 118.005,51 €
A 14 94.388,66 € 100.272,59 € 106.183,89 € 112.067,82 € 116.124,81 € 120.209,39 € 124.265,98 € 128.350,35 €
A 15 115.372,53 € 120.692,85 € 124.749,64 € 128.807,23 € 132.864,23 € 136.894,44 € 140.924,85 € 144.927,67 €
A 16 127.275,49 € 133.455,62 € 138.130,18 € 142.805,54 € 147.453,73 € 152.156,07 € 156.830,83 € 161.452,64 €


Vielen Dank an 0xF09F9881 für die Berechnungen!
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 10.01.2024 16:06
Zur Info: Der Sammelthread dient nur zur möglichst übersichtlichen Darstellung der wichtigsten Informationen rund um das Thema "Amtsangemessene Alimentation". Fragen und Diskussionen können und sollen im dazugehörigen Diskussionsthread "Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)" gestellt werden.
https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,114508.0.html

Bitte beachten!
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: AndreasS am 31.01.2024 13:30
https://www.berliner-besoldung.de/bverfg-fordert-stellungnahmen-ein-hpr-kann-liefern/ (https://www.berliner-besoldung.de/bverfg-fordert-stellungnahmen-ein-hpr-kann-liefern/)

...
Mit der höchstrichterlichen Entscheidung in Sachen Berliner Besoldung ist vermutlich noch in diesem Jahr zu rechnen. Das Bundesverfassungsgericht hat mit Schreiben vom 16.11.2023 die Gewerkschaften, Berufsverbände, Spitzenverbände sowie den HPR des Landes Berlin angeschrieben und um Stellungnahme gemäß § 27a BVerfGG gebeten.

In dem Schreiben teilt die Vizepräsidentin des BVerfG, Frau Prof. Dr. Doris König mit, dass das Land Berlin gebeten worden ist, zu erläutern, was der inhaltlichen Erstreckung des “Reparaturgesetzes zur R-Besoldung im Land Berlin von 2009-2015” auf die A-Besoldung entgegenstand.

Das BVerfG-Schreiben, welches  dem HPR-Vorstand bereits Anfang Dezember 2023 vorlag, wurde leider erst mit der Einladung zur heutigen HPR-Sitzung (30.01.2024) den Gremiumsmitgliedern zur Kenntnis gegeben. Mithin eine zu kurze Frist, um als Liste eine Stellungnahme beizusteuern.
...

Stellungnahme zum amtsangemessenen Gehalt der 2009 bis 2015 vom Land Berlin gewährten Beamtenalimentation

https://www.berliner-besoldung.de/wp-content/uploads/2024/01/Stellungnahme-fuer-DIE-UNABHAeNGIGEN-29.01.24.pdf (https://www.berliner-besoldung.de/wp-content/uploads/2024/01/Stellungnahme-fuer-DIE-UNABHAeNGIGEN-29.01.24.pdf)

Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 08.02.2024 16:37
Kurzübersicht über anhängige Normenkontrollverfahren zu besoldungsrechtlichen
Verfahren (Stand 27. Dezember 2023):

https://fragdenstaat.de/anfrage/anhaengige-verfahren-zur-verfassungswidrigen-besoldung-der-beamten/

Vielen Dank, lotsch!
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 16.02.2024 18:24
Stellungnahme des HPR Berlin zur Anfrage des BVerfG. Die Aussagen können größtenteils auch auf den Bundesbesoldungsgesetzgeber übertragen werden in Bezug auf Verzögerungstaktiken zur Umsetzung des Beschlusses 2 BvL 4/18 auf Kosten der Belegschaft.

https://www.berlin.de/hpr/_assets/stellungnahme_hpr_vom_30.01.2024.pdf?ts=1708019930
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: lotsch am 19.02.2024 09:43
Neues zu Verzugszinsen.

Ich schlage vor, dass ihr bei Klagen zur amtsangemessenen Besoldung die beiliegende Klageerweiterung verwendet oder eurem Rechtsanwalt übergebt. Ich weise darauf hin, dass das keine Rechtsberatung darstellt, sondern ein kollegialer Rat ist.

Sehr geehrte Frau Rechtsanwältin, sehr geehrter Herr Rechtsanwalt,

Es ist fraglich, ob das Verbot von Verzugszinsen, welches in allen Besoldungsgesetzen geregelt ist (z.B. Art. 4 Abs. 4 BayBesG) mit dem Grundgesetz und Europarecht vereinbar ist.
Mehrfach wurde vom BVerwG darauf hingewiesen, dass sowohl die Beamtenbesoldung, wie auch die Beamtenversorgung als grundrechtsähnliches Recht angesehen wird.
Ein Verbot von Verzugszinsen dürfte deshalb Art. 14 Abs. 1 GG, Art. 17 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, sowie Art. 1 des Zusatzprotokolls zur EMRK, widersprechen.

Hierzu möchte ich ihnen folgende Abhandlung von Prof. Dr. Dr. Rainer Hofmann zusenden:
https://www.jura.uni-frankfurt.de/43680490/_-15-Menschenrechtsschutz.pdf
und insbesondere auf folgendes Verfahren hinweisen:
Auch die Bevorzugung öffentlich- rechtlicher Krankenhäuser bei der Berechnung der Verzugszinsen von geschuldetem Lohn zu Lasten der Arbeitnehmer stellt einen sonstigen Eingriff iSd Art. 1. ZP dar (Meidanis ./.GRE, 22.05.2008).

Selbst der Landesverband Brandenburg des Deutschen Richterbundes zweifelt die Verfassungskonformität des Ausschlusses von Verzugszinsen an und schreibt in einer Stellungnahme an das BVerfG vom 29. Januar 2024 folgendes:
„Aus Sicht des Landesverbands Brandenburg des Deutschen Richterbundes wird daher das Bundesverfassungsgericht erwägen müssen, ob wirklich an dem Erfordernis individuellen vorherigen Rechtsschutzes festzuhalten ist, der Ausschluss der Verzinsung der Nachzahlungen verfassungskonform sein kann sowie, ob durch eine praxistauglichere Konkretisierung der aufgestellten Kriterien in der Entscheidung Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Umsetzungsgesetze minimiert werden können.“
https://www.drb-brandenburg.de/fileadmin/Landesverband-Brandenburg/Stellungnahme_BVerfG-final.pdf

Ich möchte für ihre Verfahren folgende Klageerweiterung vorschlagen, damit dieser leidliche Umstand endlich einmal vor dem BVerfG verhandelt wird. Eine Rechtsanwaltskanzlei für Beamtenrecht hat bereits zugesagt die Klageerweiterung in ihren Schriftsätzen zu berücksichtigen.

Klageerweiterung
 
Außerdem wird für die Besoldungsnachzahlung ein Verzugszinssatz in Höhe von 5 % (oder 9 % ?) über dem Basiszinssatz nach § 288 Abs. 1 (oder 2 )und zusätzlich für jeden Monat der Besoldungsnachzahlung eine Verzugspauschale von 40,00 € gem. § 288 Abs. 5 BGB verlangt.
 
Begründung:

Es ist davon auszugehen, dass der Ausschluss der Verzinsung der Nachzahlungen von Besoldung gem. (z.B. Art. 4 Abs. 4 BayBesG) gegen Art. 14 GG, Art. 17 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, sowie Art. 1 des Zusatzprotokolls zur EMRK, verstoßen. Die Beamtenbesoldung sowie die Beamtenversorgung stellen ein grundrechtsähnliches Recht dar und unterstehen dem Schutz des Art. 33 Abs. 5 GG sowie der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG. Es wird auf die Abhandlung von Prof. Dr. Dr. Rainer Hofmann https://www.jura.uni-frankfurt.de/43680490/_-15-Menschenrechtsschutz.pdf
und insbesondere auf folgendes Verfahren hingewiesen: (Meidanis ./.GRE, 22.05.2008).
Außerdem wird auf die Stellungnahme des Landesverbandes Brandenburg des Deutschen Richterbundes an das BVerfG vom 29. Januar 2024 verwiesen, in dem dieser die Verfassungskonformität des Ausschlusses von Verzugszinsen anzweifelt:
„Aus Sicht des Landesverbands Brandenburg des Deutschen Richterbundes wird daher das Bundesverfassungsgericht erwägen müssen, ob wirklich an dem Erfordernis individuellen vorherigen Rechtsschutzes festzuhalten ist, der Ausschluss der Verzinsung der Nachzahlungen verfassungskonform sein kann sowie, ob durch eine praxistauglichere Konkretisierung der aufgestellten Kriterien in der Entscheidung Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Umsetzungsgesetze minimiert werden können.“
https://www.drb-brandenburg.de/fileadmin/Landesverband-Brandenburg/Stellungnahme_BVerfG-final.pdf

Nachdem Art. 4 BayBesG nichtig ist, wird somit § 288 Abs. 1 und 5 BGB Anspruchsgrundlage. Die Vorschrift dient der Umsetzung der unionsrechtlichen Zahlungsverzugsrichtlinie 2011 – RL 2011/7/EU vom 16.02.2011 (ZVerzugsRL 2011). Deshalb ist EU-Recht zu beachten.
Es handelt sich bei der Beamtenbesoldung zwar nicht um ein Entgelt für den geleisteten Dienst i.e.S., jedoch ist die Alimentation als Äquivalent zu dem geleisteten Dienst anzusehen, da nach EU-Recht Beamte und Arbeitnehmer gleichzusetzen sind. Arbeitnehmer sind „Gläubiger von Entgeltforderungen“. Denn sie haben einen Anspruch auf Zahlungen von Lohn und Gehalt, das der Arbeitgeber für die erhaltene Arbeitsleistung bezahlen muss. Der Arbeitgeber ist kein Verbraucher, sondern Unternehmer im Sinne von § 14 Abs. 1 BGB. Danach ist Unternehmer jede „natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.“ Damit entspricht die Beamtenbesoldung dem Entgeltbegriff des § 286 Abs. 3.
In dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts BAG – 8 AZR 26/18 wird in
den Rn. 9 bis 22 umfangreich dargelegt, dass § 288 Abs. 5 BGB grundsätzlich auch für Arbeitnehmer gilt.
Lediglich § 12 a ArbGG hat aufgrund der lex-specialis-Regel den Vorrang. Diese Regelung gilt aber nicht im Beamtenbereich.
 
Der EuGH hat in verschiedenen Urteilen wiederholt darauf hingewiesen, dass nach EU-
Recht Beamte als Arbeitnehmer zu betrachten sind.
Der EuGH hat in seiner Vorbemerkung zum Fall Kreuziger ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Einzelne seine nach EU-Recht bestehenden Ansprüche unabhängig davon geltend machen kann, ob der Staat in seiner Eigenschaft als Arbeitgeber oder als Hoheitsträger  Dienstherr von Beamten) handelt. In dem einen wie dem anderen Fall muss nämlich verhindert werden, dass der Staat aus der Nichtbeachtung des Unionsrechts Nutzen ziehen kann.
Es kommt somit grundsätzlich nicht auf den Status (als Beamter und/oder Angestellter) an,
sobald, wie hier, ein Bezug zum EU-Recht besteht.
Die Vergleichbarkeit von Beschäftigten ist von allgemeiner Bedeutung für alle Sachverhalte,
in denen der allgemeine Grundsatz der Gleichbehandlung des Unionsrechts gemäß Art. 20
EU-GRCh anzuwenden ist, was daraus folgt, dass nationales Recht gem. Art. 51 Abs. 1 EU-
GRCh – objektiv – der Durchführung von Unionsrecht dient, auch wenn kein ausdrücklicher
Bezug darauf erfolgen sollte. Im Recht der Mitgliedstaaten vorgenommene Statuseinteilungen sind insoweit als solche daher ohne Relevanz; denn eine Differenzierung
ist nur in Bezug auf die jeweilige Beschäftigungsbedingung und einen objektiven Unterschied
in der Aufgabenstellung rechtfertigungsfähig. Eine Vergleichbarkeit besteht schon dann,
wenn Arbeitnehmer und Beamte in den gleichen Aufgabenfeldern eingesetzt werden und
die gleiche berufliche Verantwortung haben, wie das bei Lehrkräften, den meisten
Kommunalbeschäftigten, aber auch in vielen anderen Verwaltungsbereichen einschließlich
der in Ministerien Tätigen der Fall ist (a. a. O.). (vgl. von Roetteken, jurisPR-ArbR 29/2019 Anm.)
 
Der Beklagte ist wegen der verzögerten Vergütungszahlung nach § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB ohne vorherige Mahnung zur Leistung der Verzugszinsen verpflichtet. Einer Mahnung von Seiten des Klägers bedurfte es nicht, weil der Schuldner gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB auch ohne Mahnung in Verzug 12 13 14 15 16 - 6 - 5 AZR 385/20 ECLI:DE:BAG:2021:240621.U.5AZR385.20.0 - 7 - kommt, wenn für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist und er zu dieser Zeit nicht leistet. Deren Fälligkeit bestimmt sich nach dem Zeitpunkt, zu dem die Vergütung bei tatsächlicher Beschäftigung in den einzelnen Abrechnungsperioden fällig geworden wäre (st. Rspr., vgl. BAG 24. August 2016 - 5 AZR 853/15 - Rn. 40). Trotz der Gesamtberechnung entstehen die Annahmeverzugsansprüche nicht erst am Ende des Annahmeverzugs, sondern sukzessive währenddessen und werden mit dem jeweiligen Abrechnungszeitraum fällig (vgl. BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 251/11 - Rn. 31, BAGE 141, 340). Gemäß Art. 4 Abs. 3 S. 1 BayBesG, der auf das Dienstverhältnis des Klägers Anwendung findet, werden die Bezüge monatlich im Voraus bezahlt.
Nach § 286 Abs. 4 BGB kommt der Schuldner nicht in Verzug, solange die Leistung aufgrund eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat. Zu vertreten hat der Schuldner nach § 276 Abs. 1 Satz 1 BGB Vorsatz und Fahrlässigkeit, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem Inhalt des Schuldverhältnisses zu entnehmen ist. Der Gesetzgeber hat das fehlende Verschulden als Einwand ausgestaltet, für den der Schuldner darlegungs- und beweispflichtig ist. Er ist gehalten, im Einzelnen darzulegen und ggf. zu beweisen, dass die geschuldete Leistung zum Fälligkeitszeitpunkt unterblieben ist, ohne dass ihn ein Verschulden trifft (st. Rspr., vgl. BAG 28. August 2019 - 10 AZR 549/18 - Rn. 38 mwN, BAGE 167, 361). Dabei hat die Feststellung des Verschuldens einheitlich für alle Verzugsfolgen zu erfolgen (vgl. MüKoBGB/Ernst 8. Aufl. BGB § 286 Rn. 111), mithin auch für den Verzugszins nach § 288 Abs. 1 BGB.
Der Ausschluss des Schuldnerverzugs wegen unverschuldeten Rechtsirrtums ist an strenge Voraussetzungen geknüpft. Grundsätzlich erfordert der Geltungsanspruch des Rechts, dass der Schuldner das Risiko eines Rechtsirrtums selbst trägt und nicht dem Gläubiger zuschieben kann (vgl. BAG 11. Dezember 2019 - 7 ABR 4/18 - Rn. 45; BGH 5. April 2017 - IV ZR 437/15 - Rn. 19). Der Schuldner muss die Rechtslage genau prüfen, soweit erforderlich Rechtsrat einholen und die höchstrichterliche Rechtsprechung sorgfältig beachten. Fahrlässig handelt, wer sich erkennbar in einem Grenzbereich des rechtlich Zulässigen bewegt, indem er eine von der eigenen Einschätzung abweichende Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit des fraglichen Verhaltens in Betracht zieht (vgl. BGH 15. Juli 2014 - XI ZR 418/13 - Rn. 15 mwN). Ein Rechtsirrtum ist nur dann entschuldigt, wenn der Irrende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt mit einer anderen Beurteilung durch die Gerichte nicht zu rechnen brauchte, ein normales Prozessrisiko entlastet ihn nicht (vgl. BAG 3. Juli 2019 - 10 AZR 499/17 - Rn. 63, BAGE 167, 196; 14. Dezember 2017 - 2 AZR 86/17 - Rn. 51, BAGE 161, 198).
Auf der Grundlage des festgestellten Sachverhalts kann nicht angenommen werden, dass der Beklagte die Besoldungszahlungen an den Kläger aufgrund eines Umstands unterlassen hat, den er nicht zu vertreten hatte (§ 286 Abs. 4 BGB).
 
Angesichts der nunmehrigen Konkretisierungen, die die neue Zahlungsverzugsrichtlinie in ihrem Artikel 7 zur groben Nachteiligkeit von Vertragsklauseln enthält, und angesichts der nunmehrigen Einbeziehung auch von „Praktiken“ kann die seinerzeitige Entscheidung über die Entbehrlichkeit einer eigenen Umsetzungsbestimmung freilich nicht mehr aufrecht erhalten werden.
In diesem Sinne und entsprechend dem akademischen „Entwurf eines Gemeinsamen Referenzrahmens“ sollte eine Vertragsklausel oder Praxis, die eine grobe Abweichung von der guten Handelspraxis darstellt und gegen den Grundsatz des guten Glaubens und der Redlichkeit verstößt, als nachteilig für den Gläubiger angesehen werden. Insbesondere sollte der vollständige Ausschluss des Anspruchs auf Zinsen immer als grob nachteilig angesehen werden, während vermutet werden sollte, dass der Ausschluss des Rechts auf Entschädigung für Beitreibungskosten grob nachteilig ist.
Nach dem Grundsatz der Nichtdiskriminierung in Artikel 18 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union sollten diese Verfahren allen in der Union niedergelassenen Gläubigern zur Verfügung stehen.
Die Verpflichtung zur Umsetzung dieser Richtlinie in innerstaatliches Recht sollte nur jene Bestimmungen betreffen, die im Vergleich zu der Richtlinie 2000/35/EG inhaltlich geändert wurden. Die Pflicht zur Umsetzung der inhaltlich unveränderten Bestimmungen ergibt sich aus der genannten Richtlinie.
Es ist deshalb zu beanstanden, dass Art. 4 Abs. 4 BayBesG (oder entsprechende Gesetzesnorm) nicht geändert wurde, obwohl eine Pflicht hierzu bestanden hätte (sieh Art. 7 Nachteilige Vertragsklauseln und Praktiken). Wir verweisen auf den Grundsatz, dass die Richtlinie 2011 /7/EU als höherwertiges Recht zu bevorzugen ist.
 
Falls unionsrechtliche Bedenken vorliegen und diese entscheidungserheblich sind, regen wir an, die diesbezügliche Rechtsfrage dem EuGH im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens vorzulegen.


Vielen Dank für ihre Unterstützung.


Mit freundlichen Grüßen
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 20.02.2024 19:03
Extrapolierte Berechnungen zur Mindestalimentation, Nettoalimentation und Mindestbesoldung für 2024

Vielen Dank an SwenTanortsch für die Berechnungen!  :)

Zitat

Ich nehme für die Bemessungen für 2024 weiterhin methodisch die S. 12 ff. https://www.berliner-besoldung.de/wp-content/uploads/2023/07/Referentenentwurf-des-BMI-zu-BBVAngG-Stand-v.-16.01.2023-1.pdf zum Ausgangspunkt. Dort sind das Grundsicherungsniveau sowie die Mindest- und die gewährte Nettoalimentation für das Jahr 2022 bemessen worden, und zwar in monatlicher Höhe von 3.238,45 € sowie 3.724,22 € und 2.531,85 €, womit sich ein absoluter monatlicher Fehlbetrag zum Grundsicherungsniveau von 706,60 € (21,8 %) sowie von 1.192,37 (32,0 %) zur Mindestalimentation ergeben hatte.

I. Grundsicherungsniveau

Zur Bemessung des Grundsicherungsniveaus sind für das Jahr 2024 zunächst die nach dem Alter differenzierten Regelsätze für die vierköpfige Bedarfsgemeinschaft in Höhe von 1.806,- € heranzuziehen (https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/arbeit-und-soziales/regelsaetze-erhoehung-2222924). Darüber hinaus ist ab dem Juli 2022 der Kindersofortzuschlag in Höhe von monatlich 20 € je Kind laut Art. 1 Ziff. 2 § 72 G. v. 23.05.2022 (BGBl I 2022 S. 760) zu beachten.

Die kalten Unterkunftskosten sind anhand des von der Bundesagentur für Arbeit erstellten aktuellen 95 %-Perzentils als Summe der laufenden Unterkunfts- und Betriebskosten für das Bundesland Bayern als das Gebiet mit den entsprechend höchsten Kosten zugrundezulegen und haben 2021 monatlich 1.379,- € betragen. Nimmt man die durchschnittlichen Steigerungsraten der Jahre davor, dann ist 2024 von kalten Unterkunfstkosten in Höhe von 1.469,- € auszugehen. Die Heizkosten sind mit Blick auf die Einheitlichkeit der Bemessungsmethodik am selben Rechtskreis auszurichten und lagen laut dem aktuellen Heizspiegel für 2023 mit den Abrechnungsdaten des Vorjahrs bei 39,61 € je qm, wobei eine Wohnfläche von 90 qm zu Grunde zu legen ist (Ziff. 22.2 der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Inneren über die Wohnraumförderungsbestimmungen 2012 (WFB 2012) v. 11.01.2012 (AllMBl. 2012 S. 20), die zuletzt durch Bekanntmachung v. 28.11.2019 (BayMBl Nr. 533) geändert worden ist). Da der Heizspiegel für das Jahr 2024 erst ab dem Herbst vorliegen wird, sind die Beträge des Heizspiegels für das Jahr 2023 heranzuziehen, sodass realitätsgerecht von monatlichen Kosten in Höhe von 297,08 € auszugehen ist.

Hinsichtlich der Kosten für die Bedarfe für Bildung und Teilhabe sowie des monetären Gegenwerts der Sozialtarife wird mangels einer hinreichenden Alternative auf die streckenweise bereits 2021 veralteten Datensätze des bislang vorliegenden Gesetzentwurfs aus dem letzten Frühjahr zurückgegriffen; dabei wird der Rundfunkbeitrag hier ebenfalls betrachtet (dort jeweils S. 56 f.). Als Ergebnis werden das folgende Grundsicherungsniveau und die entsprechende Mindestalimentation zugrunde gelegt:


Tabelle 1: Grundsicherungsniveau 2024, erstellt am Rechtskreis Bayern

Regelsätze:                                   1.806,- €
Kindersofortzuschlag:                         40,- €
kalte Unterkunftskosten:                1.469,- €
Heizkosten:                                      297,08 €
Bedarfe für Bildung und Teilhabe:       151,22 €
Sozialtarife:                                       19,- €

Grundsicherungsniveau
Monatsbetrag:     3.782,30 €
Jahresbestrag:   45.387,60 €

Mindestalimentation (115 % des Grundsicherungsbedarfs)
Monatsbetrag:    4.349,65 €
Jahresbetrag:   52.195,74 €


Im Jahr 2024 liegen das heranzuziehende Grundsicherungsniveau und die entsprechende Mindestalimentation um monatlich rund 544,- € bzw. 625,- € höher als 2022 (vgl. den o.g. Link).


II. Gewährte Nettoalimentation und Fehlbeträge

Dem ist - nun korrigiert - die Nettoalimentation für das 2024 gegenüberzustellen, das sich derzeit wie folgt darstellt:

Der Grundgehaltssatz und die familienbezogenen Besoldungskomponenten betragen aktuell bis Ende des Monats in der Stufe 1 der Besoldungsgruppe A 3 nach Anhang 6 zu Art. 4 Nr. 2 und Anhang 7 zu Art. 4 Nr. 2 BBVAnpÄndG 2021/2022 v. 09.07.2021 (BGBl. I 2022 S. 2444) 2.370,74 € und 449,13 €, sodass für die ersten beiden Monate des Jahres 2024 eine Bruttobesoldung von jeweils 2.819,87 € zugrundezulegen ist.

Nach Anhang 1 zu Art. 1 Nr. 3 und Anhang 2 zu Art. 1 Nr. 3 BBVAnpÄndG 2023/2024 (BGBl. I 2023 Nr. 414) sind ab dem 01.03.2024 ein Grundgehaltssatz von 2.706,99 € und familienbezogene Besoldungskomponenten von 496,25 € zu gewähren. Im Ergebnis wird in den weiteren zehn Monaten des Jahres also jeweils eine Besoldung von 3.203,34 € gewährt. Das Besoldungsniveau im Jahr 2024 beträgt entsprechend 37.673,14 €.

Die Inflationsausgleichsprämie darf bei der Bemessung der 2024 gewährten Bruttobesoldung nicht herangezogen werden, da es sich bei ihr nach Art. 2 Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz v. 19.10.2022 (BGBl. I 2022 1743) um eine Leistung zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise handelt, die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber gewährt wird. Als zusätzlich gewährter Betrag geht er über die 2024 gewährte Besoldung hinaus, sodass er hier nicht betrachtet werden kann.

Der steuerliche Abzug kann bislang nur anhand des Steuerrechners für das vergangene Jahr erstellt werden und beträgt so 1.492,- € (mit den anzunehmenden neuen Freibeträgen wird die Steuerlast sich 2024 geringer darstellen). Hierzu werden weiterhin das Geburtsjahr 1994, Versorgungsbezüge 0 €, Steuerklasse 3, Zahl der Kinderfreibeträge 2, kein Kirchen- und Rentensteuerabzug, private Krankenversicherung ohne Arbeitgeberzuschlag, Pflegeversicherung ohne Zuschlag, monatlicher Beitrag zur PKV nach Abzug des steuerlich nach dem Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung v. 16.7.2009 (BGBl. 2009 S. 1959) zu berücksichtigenden Anteils von 526,82 € (Mitteilung des PKV-Verbands v. 14.8.2020; Stand 11.07.2023) herangezogen (https://www.bmf-steuerrechner.de/bl/bl2023_01/resultbl2023_01.xhtml?acckey=true).

Zur so bemessenen Nettobesoldung ist das Kindergeld in Höhe von monatlich weiterhin 250,- € pro Kind zu addieren und sind die Kosten für die Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von monatlich 653.70 € für eine vierköpfige Beamtenfamilie zu subtrahieren, für die prinzipiell dasselbe gilt wie für den o.g. BEG-Betrag. Entsprechend ist von folgender Nettoalimentation sowie entsprechenden Fehlbeträgen auszugehen:


Tabelle 2: Nettoalimentation und Fehlbeträge 2024

Jährliche Bruttobezüge:                  37.673,14 €
- Einkommensteuer:                        1.492,- €
- PKV:                                            7.844,40 €
+ Kindergeld:                                 6.000,- €
Jahresnettoalimentation:                34.336,74 €
Monatliche Nettoalimentation:     2.861,40 €

Grundsicherungsbedarf:   3.782,30 €
Absoluter Fehlbetrag:          920,90 €
Prozentualer Fehlbetrag:         24,3 %

Mindestalimentation:       4.349,65 €
Absoluter Fehlbetrag:      1.488,25 €
Prozentualer Fehlbetrag:        34,2 %


Während 2022 von einem absoluten monatlichen Fehlbetrag zum Grundsicherungsniveau von 706,60 € (21,8 %) sowie von 1.192,37 € (32,0 %) zur Mindestalimentation auszugehen war, stellen sich die Fehlbeträge aktuell mit monatlich 920,20 € (24,3 %) und 1.488,25 € (34,2 %) um noch einmal um monatlich rund 214,- € und 295,88 € höher dar, was nicht verwundert, da das Grundsicherungsniveau seit 2022 deutlich angehoben werden musste, um die Grundsicherungsbedarfe sicherzustellen, während 2023 keine Besoldungserhöhung vollzogen worden ist und das ab März 2024 gewährte Besoldungsniveau deutlich nicht hinreicht, um die Differenz entsprechend zu verkleinern.


III. Fazit

Auch auf Basis dieser Beträge und Werte hat der Bundesbesoldungsgesetzgeber nun eine Gesetzgebung zu gewährleisten, die jedem Bundesbeamten eine amtsangemessene Alimentation gewährt. Bastels Darlegungen an dieser Stelle erhalten in den Fehlbeträgen ihre Begründung: https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,122894.0.html Ein Großteil der Bundesbeamten insbesondere in Ballungsräumen wird seit 2022 weiterhin und darüber hinaus seitdem noch einmal deutlich verschärft deutlich unterhalb des Grundsicherungsniveaus alimentiert und ein sehr viel größerer Teil der Bundesbeamten erreicht nach wie vor nicht das Mindestalimentationsniveau.

Da sich der Bundesgesetzgeber weiterhin nicht äußert und sich darüber hinaus offensichtlich in seinen maßgeblichen Verantwortungsträgern (oder zunächst denen, in den mit dem Thema befassten Ministerien), wie es Bal gestern dargelegt hat, in einer dem Grundgesetz wesensfremden Art und Weise formal-positivistisch verhält, bleibt es sein Geheimnis, wie er den seit mittlerweile mehr als drei Jahren eingestandenen verfassungswidrigen Gehalt der von ihm gewährten Besoldung rechtfertigen wollte. Dabei lässt sich hier weiterhin der indizielle Grad der Verletzung der Besoldungsordnung A aufschließen.


IV. Mindestbesoldung

Legt man nun über die Betrachtung der materiell-rechtlichen Verletzung der 2024 gewährten Alimentation hinaus das indizielle Mittel der Mindestbesoldung zugrunde, um so den Verletzungsgrad der Besoldungsordnung A am Ende des Jahres 2024 zu betrachten, dann lässt sich unter Beachtung der in der o.g. Quelle herangezogenen Methodik (S. 14 ff. unter https://www.berliner-besoldung.de/wp-content/uploads/2023/07/Referentenentwurf-des-BMI-zu-BBVAngG-Stand-v.-16.01.2023-1.pdf) folgende Betrachtung anstellen:


Tabelle 3: Mindestbesoldung

Mindestalimentation:                                          52.196,- €
- Kindergeld:                                                       6.000,- €
+ PKV:                                                                7.845,- €
Äquivalente Nettobesoldung:                               54.041,- €
+ Einkommensteuer:                                            7.720,- €
Besoldungsäquivalent zur Mindestalimentation:     61.761,- €
- Familienzuschlag:                                               5.955,- €
Grundgehaltsäquivalent:
Jahrsbetrag:                                                        55.806,- €
Monatbetrag:                                                        4.651,- €
Tatsächlich gewährter Grundgehaltssatz
zum Jahresende 2024:                                        2.862,- €

Indizieller Fehlbetrag:                                            1.789,- €
Indizieller Fehlbetrag:                                                38,5 %
Indizielle Verfehlung bis:                                         A 12/2


Ende 2024 werden, sofern es bis dahin nicht zu besoldungsrechtlichen Veränderungen kommen sollte, indiziell sämtlichen Besoldungsgruppen und Erfahrungsstufen bis einschließlich der Besoldungsgruppen A 9, die siebte Erfahrungsstufe der Besoldungsgruppe A 10, die dritte Erfahrungsstufe der Besoldungsgruppe A 11 und auch noch die zweite Erfahrungsstufe der Besoldungsgruppe A 12 das Grundgehaltsäquivalent (vgl. die o.g. Besoldungstabelle für 2024) verfehlen. Die Verletzung des Mindestabstandsgebots würde dann indiziell mit zehn der 14 Besoldungsgruppen und mit 84 von 112 Tabellenfeldern drei Viertel der Besoldungssystematik umfassen. Die Grundbesoldung würde am Ende des Jahres indiziell um mehr als 38 % zu gering bemessen worden sein. Das Mindestabstandsgebot wäre damit indiziell, entsprechend wie es dem Berliner Gesetzgeber unlängst vom Bundesverfassungsgericht attestiert worden ist, ebenso im Bund deutlich verletzt (BVerfGE 155, 1 <49 Rn. 100>). Wie in Berlin missachtete die Verletzung offensichtlich nicht nur „die unterste[n] Besoldungsgruppe[n]“, die das Bundesverfassungsgericht im Hinblick auf einen neuen Ausgangspunkts und eine konsistente Besoldungssystematik hervorhebt (BVerfGE 155, 1 <25 Rn. 48>). Dahingegen würden auch 2024 im Bund sämtliche Besoldungsgruppen bis weit in den gehobenen Dienst hinein als indiziell verletzt zu betrachten sein. Eine solche Verletzung kann aber nicht ohne Folgen für das Abstandsgebot zwischen den Besoldungsgruppen sein. Wenn indiziell 75 % der Besoldungssystematik sich als unmittelbar verletzt erweist, muss die Folge eine deutliche Anhebung der Grundgehaltssätze sein:

"Wird bei der zur Prüfung gestellten Besoldungsgruppe der Mindestabstand zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht eingehalten, liegt allein hierin eine Verletzung des Alimentationsprinzips. Hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der Alimentation einer höheren Besoldungsgruppe, bei der das Mindestabstandsgebot selbst gewahrt ist, lässt sich eine solche Schlussfolgerung nicht ohne Weiteres ziehen. Eine Verletzung des Mindestabstandsgebots betrifft aber insofern das gesamte Besoldungsgefüge, als sich der vom Besoldungsgesetzgeber selbst gesetzte Ausgangspunkt für die Besoldungsstaffelung als fehlerhaft erweist. Das für das Verhältnis zwischen den Besoldungsgruppen geltende Abstandsgebot zwingt den Gesetzgeber dazu, bei der Ausgestaltung der Besoldung ein Gesamtkonzept zu verfolgen, das die Besoldungsgruppen und Besoldungsordnungen zueinander in Verhältnis setzt und abhängig voneinander aufbaut. Erweist sich die Grundlage dieses Gesamtkonzepts als verfassungswidrig, weil für die unterste(n) Besoldungsgruppe(n) die Anforderungen des Mindestabstandsgebots missachtet wurden, wird der Ausgangspunkt für die darauf aufbauende Stufung in Frage gestellt. Der Besoldungsgesetzgeber ist danach gehalten, eine neue konsistente Besoldungssystematik mit einem anderen Ausgangspunkt zu bestimmen. [...] Ob eine zur Behebung eines Verstoßes gegen das Mindestabstandsgebot erforderliche Neustrukturierung des Besoldungsgefüges zu einer Erhöhung der Grundgehaltssätze einer höheren Besoldungsgruppe führt, lässt sich daher nicht mit der für die Annahme eines Verfassungsverstoßes erforderlichen Gewissheit feststellen. Die Wahrscheinlichkeit hierfür ist umso größer, je näher die zur Prüfung gestellte Besoldungsgruppe selbst an der Grenze zur Mindestbesoldung liegt. Je deutlicher der Verstoß ausfällt und je mehr Besoldungsgruppen hinter dem Mindestabstandsgebot zurückbleiben, desto eher ist damit zu rechnen, dass es zu einer spürbaren Anhebung des gesamten Besoldungsniveaus kommen muss, um die gebotenen Abstände zwischen den Besoldungsgruppen wahren zu können." (BVerfGE 155, 1 <25 f. Rn. 48 f.>)

Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 20.02.2024 19:05
Zur Info: Der Sammelthread dient nur zur möglichst übersichtlichen Darstellung der wichtigsten Informationen rund um das Thema "Amtsangemessene Alimentation". Fragen und Diskussionen können und sollen im dazugehörigen Diskussionsthread "Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)" gestellt werden.
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Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 20.02.2024 19:48
Im vierten Absatz unter II. schreibe ich:

"Die Inflationsausgleichsprämie darf bei der Bemessung der 2024 gewährten Bruttobesoldung nicht herangezogen werden, da es sich bei ihr nach Art. 2 Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz v. 19.10.2022 (BGBl. I 2022 1743) um eine Leistung zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise handelt, die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber gewährt wird. Als zusätzlich gewährter Betrag geht er über die 2024 gewährte Besoldung hinaus, sodass er hier nicht betrachtet werden kann."

Da wir hier eine zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber geleistete Prämie vorliegen haben, kann sie nicht zu der regelmäßig geschuldeten Bruttobesoldung hinzugezogen werden, da sie dann nicht mehr über die 2024 gewährte Besoldung hinausginge. Sie soll ihrem Zweck nach einer Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise nachkommen und ist als solche insgesamt als eine zeitlich begrenzte außerordentliche Maßnahme zu begreifen. Der genannte Art. 2 des Gesetzes vom 19.10.2022 fügt in den § 3 Einkommensteuergesetzes die neue Nr. 11 c ein. Sie lautet (Hervorhebungen durch mich):

"Steuerfrei sind [...] 11c zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber in der Zeit vom 26. Oktober 2022 bis zum 31. Dezember 2024 in Form von Zuschüssen und Sachbezügen gewährte Leistungen zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise bis zu einem Betrag von 3 000 Euro".

Die Nr. 11a und 11b waren im Corona-Kontext jeweils - da sie dem Wortlaut nach entsprechend gefasst worden sind - genauso zu betrachten, vgl. insgesamt:

https://www.gesetze-im-internet.de/estg/__3.html

Die Bundesregierung hat dabei den Zweck ebenfalls noch einmal klar herausgestellt:

"Die Inflationsausgleichsprämie muss zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden. Jeder Arbeitgeber kann die Steuer- und Abgabenfreiheit für solche zusätzlichen Zahlungen nutzen." (https://www.bundesregierung.de/breg-de/schwerpunkte/entlastung-fuer-deutschland/inflationsausgleichspraemie-2130190)

Das BFM macht entsprechend auf den Zweck einer Sonderleistung aufmerksam (vgl. die Nr. 5a unter https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/Steuern/FAQ-IAP.pdf?__blob=publicationFile&v=2).
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 21.02.2024 10:49
Neuberechnung der Besoldungstabelle A für 2024 auf Basis der indiziellen Grundbesoldung i.H.v. 4651€ in 2024 jeweils unter Beibehaltung der relativen Abstände der geltenden Besoldungstabellen für die Jahre 2022 bzw. 2024.

Vielen Dank an 0xF09F9881!



1) Fiktive Beträge - monatliche Besoldung - Basierend auf der Besoldungstabelle 2022
Stufe:   1           2          3          4          5          6          7          8
A 3 4.650,50 € 4.755,43 € 4.860,39 € 4.944,88 € 5.029,35 € 5.113,86 € 5.198,36 € 5.282,83 €
A 4 4.747,82 € 4.873,22 € 4.998,65 € 5.098,50 € 5.198,36 € 5.298,21 € 5.398,02 € 5.490,23 €
A 5 4.783,60 € 4.939,76 € 5.065,19 € 5.188,12 € 5.311,04 € 5.436,48 € 5.559,32 € 5.679,69 €
A 6 4.885,99 € 5.067,82 € 5.252,09 € 5.392,90 € 5.538,86 € 5.679,69 € 5.835,81 € 5.971,52 €
A 7 5.129,23 € 5.290,56 € 5.503,08 € 5.720,61 € 5.933,11 € 6.148,18 € 6.309,48 € 6.470,75 €
A 8 5.426,20 € 5.620,80 € 5.894,68 € 6.171,25 € 6.447,70 € 6.639,72 € 6.834,28 € 7.026,30 €
A 9 5.856,29 € 6.048,31 € 6.350,44 € 6.657,63 € 6.959,68 € 7.165,05 € 7.378,67 € 7.586,99 €
A 10 6.268,47 € 6.532,17 € 6.913,66 € 7.296,85 € 7.687,17 € 7.958,82 € 8.230,38 € 8.502,11 €
A 11 7.165,05 € 7.568,49 € 7.969,33 € 8.372,82 € 8.649,70 € 8.926,60 € 9.203,51 € 9.480,47 €
A 12 7.681,93 € 8.159,26 € 8.639,19 € 9.116,47 € 9.448,77 € 9.775,75 € 10.105,40 € 10.440,33 €
A 13 9.008,38 € 9.456,67 € 9.902,32 € 10.350,65 € 10.659,19 € 10.970,40 € 11.278,89 € 11.582,13 €
A 14 9.264,16 € 9.841,66 € 10.421,85 € 10.999,35 € 11.397,54 € 11.798,44 € 12.196,59 € 12.597,47 €
A 15 11.323,71 € 11.845,89 € 12.244,06 € 12.642,31 € 13.040,50 € 13.436,06 € 13.831,64 € 14.224,52 €
A 16 12.491,97 € 13.098,55 € 13.557,35 € 14.016,23 € 14.472,45 € 14.933,98 € 15.392,80 € 15.846,43 €

2) Fiktive Beträge - monatliche Besoldung - Basierend auf der Besoldungstabelle 2024
Stufe:   1           2          3          4          5          6          7          8
A 3 4.650,50 € 4.747,26 € 4.844,06 € 4.921,97 € 4.999,88 € 5.077,81 € 5.155,73 € 5.233,63 €
A 4 4.740,25 € 4.855,90 € 4.971,57 € 5.063,63 € 5.155,73 € 5.247,82 € 5.339,87 € 5.424,90 €
A 5 4.773,25 € 4.917,25 € 5.032,92 € 5.146,29 € 5.259,65 € 5.375,34 € 5.488,61 € 5.599,62 €
A 6 4.867,67 € 5.035,34 € 5.205,28 € 5.335,14 € 5.469,74 € 5.599,62 € 5.743,59 € 5.868,74 €
A 7 5.091,98 € 5.240,76 € 5.436,74 € 5.637,35 € 5.833,32 € 6.031,65 € 6.180,41 € 6.329,14 €
A 8 5.365,86 € 5.545,32 € 5.797,89 € 6.052,94 € 6.307,88 € 6.484,95 € 6.664,38 € 6.841,47 €
A 9 5.762,48 € 5.939,57 € 6.218,19 € 6.501,48 € 6.780,03 € 6.969,42 € 7.166,42 € 7.358,54 €
A 10 6.142,58 € 6.385,78 € 6.737,60 € 7.090,96 € 7.450,93 € 7.701,42 € 7.951,87 € 8.202,45 €
A 11 6.969,42 € 7.341,48 € 7.711,13 € 8.083,22 € 8.338,56 € 8.593,92 € 8.849,28 € 9.104,71 €
A 12 7.446,08 € 7.886,28 € 8.328,88 € 8.769,02 € 9.075,47 € 9.377,02 € 9.681,01 € 9.989,88 €
A 13 8.669,34 € 9.082,75 € 9.493,74 € 9.907,18 € 10.191,71 € 10.478,71 € 10.763,21 € 11.042,86 €
A 14 8.905,22 € 9.437,80 € 9.972,84 € 10.505,43 € 10.872,62 € 11.242,35 € 11.609,51 € 11.979,20 €
A 15 10.804,54 € 11.286,10 € 11.653,30 € 12.020,56 € 12.387,76 € 12.752,55 € 13.117,36 € 13.479,66 €
A 16 11.881,91 € 12.441,29 € 12.864,41 € 13.287,59 € 13.708,31 € 14.133,93 € 14.557,06 € 14.975,40 €
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 21.02.2024 14:22
Zur Info: Der Sammelthread dient nur zur möglichst übersichtlichen Darstellung der wichtigsten Informationen rund um das Thema "Amtsangemessene Alimentation". Fragen und Diskussionen können und sollen im dazugehörigen Diskussionsthread "Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)" gestellt werden.
https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,114508.0.html

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Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 02.03.2024 11:17
BVerfG: Möglichkeiten zur Vollstreckung von Entscheidungen


….

https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/bundesverfassungsgericht-resilienz-vollstreckung-bundeszwang-rechtsstaat-politik/  (https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/bundesverfassungsgericht-resilienz-vollstreckung-bundeszwang-rechtsstaat-politik/)
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: Finanzer am 06.03.2024 10:41
Sehr lesenswerte Geschichtsstunde über die Entwicklung der Rechtssprechung zur Besoldung ab Kind Nr. 3

https://www.spiegel.de/politik/der-super-eckmann-a-1f25789c-0002-0001-0000-000013687920

So alt ist das Thema amtsangemessene Alimentation schon, und bei dem 3. Kind hat man es mehr als 40 Jahre nicht auf die Reihe bekommen...

Du machst mit dem Link auf eine historische Entwicklung aufmerksam, die die erwartbare Blaupause für unsere heutige Situation darstellen dürfte, Blablublu. Betrachten wir also mal ein wenig Geschichte, um zu sehen, was offensichtlich nun alsbald vor uns liegt, und betätigen uns so als "rückwärtsgekehrter Prophet" (ich teile den Beitrag mal wieder in zwei Abschnitte, da er die 20.000 Zeichen überschreitet). Denn zunächst einmal bringt der Anspruch des Beamten, dass seine Alimentation per Gesetz zu regeln ist, Begehrlichkeiten mit sich, die beinahe so alt sind, wie dieser hergebrachte Grundsatz des Berufsbeamtentums. Das zu singende Lied ist also jenes von der ewigen Wiederkunft des Gleichen; manche der nachfolgenden Zitate aus der Vergangenheit werden den einen oder anderen an aktuelle erinnern:

Wie hier schon mehrfach dargelegt, sind hinsichtlich des alimentativen Mehrbedarfs ab dem dritten Kind mittlerweile vier Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts maßgeblich, die zugleich mit hoher Wahrscheinlichkeit von ihrer Struktur her den Weg weisen für unsere heutige Alimentationssituation. Diese vier Entscheidungen sind in den Jahren 1977 als Verfassungsbeschwerde und ab 1990, 1998 und schließlich 2020 im Parallelverfahren zu unserer aktuellen Entscheidung als konkrete Normenkontrollverfahren ergangen (wobei das Parallelverfahren aus dem Jahr 2020 in gewisser Hinsicht eine Aktualisierung darstellt, ohne dass ich hierauf in diesem Beitrag weiter eingehen möchte).

1977 hat der Senat im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde unter anderem festgestellt, dass die vom Gesetzgeber gewährten familienbezogenen Besoldungskomponenten ab dem dritten Kind nicht hinreichten, um den alimentativen Mehrbedarf ab dem dritten Kind zu decken. Der entsprechende Zuschlag hatte zwischen 1964 und 1971 unverändert monatlich 50,- DM für alle Kinder betragen und war dann mit der gesetzlichen Regelung vom 26.07.1974 auf 52,17 DM für das erste Kind sowie auf 61,05 DM für jeweils das zweite bis fünfte Kind sowie auf 76,04 DM ab dem sechsten Kind erhöht worden. Ab 1975 griff eine Neuregelung als Folge der Neustrukturierung des Kindergelds, auf die hier nicht weiter eingegangen werden muss, die jedoch zu einer deutlichen Abschmelzung der familienbezogenen Besoldungskomponenten aller betroffenen Beamten (also nicht nur hinsichtlich von kinderreichen Beamten) führte; sie wurde 1977 mit einer Verfassungsbeschwerde angegriffen. Den Beschwerdeführern sprach der Senat damals Recht zu, um innerhalb der Komplexität des Verfassungsrechts in der Verfassungsbeschwerde nur zu folgendem Ergebnis gelangen zu können:

"Das Bundesverfassungsgericht mußte sich auf die Feststellung der Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Rechtslage beschränken und es dem Gesetzgeber überlassen, die festgestellte Verfassungswidrigkeit durch eine verfassungsgemäße Regelung zu ersetzen. Diese muß nicht notwendigerweise zu einer Erhöhung der Gesamtausgaben für die Besoldung der Beamten und Soldaten führen." (vgl. hier die Rn. 101 unter https://openjur.de/u/173228.html).

Beide Sätze und also auch der letzte Satz des Zitats waren nun die Konsequenz daraus, dass das Alimentationsprinzip gebietet, das Gehalt als Ganzes zu betrachten, das zu regeln der Besoldungsgesetzgeber im Rahmen seines verfassungsrechtlich bestehenden weiten Entscheidungsspielraum verpflichtet ist: Der Besoldungsgesetzgeber musste also als Folge der Entscheidung nicht zwangsläufig familienbezogene Besoldungskomponenten anheben, sondern er sah sich in der Pflicht, am Ende für eine gesetzliche Regelung zu sorgen, mit der alle Beamten amtsangemessen alimentiert werden mussten. Hier konnte der Senat also im Zuge der Verfahrensart der Verfassungsbeschwerde nur den verfassungswidrigen Zustand feststellen, als dessen Konsequenz sich der Besoldungsgesetzgeber gezwungen sah, ein Gehalt als Ganzes zu gewähren, das zu einer amtsangemessenen Alimentation führen musste.

Folge der Entscheidung war nun allerdings, dass der Besoldungsgesetzgeber 1978 zwar zunächst geplant hatte, die familienbezogenen Besoldungskomponenten wieder deutlich anzuheben, um dann allerdings in den uns heute nicht ganz unbekannten Einsparmodus zurückzufallen. Entsprechend dürfte die nachfolgende Passage dem einen oder anderen hier nicht gänzlich unbekannt vorkommen, wie sie der Zweite Senat 1990 im betreffenden ersten Normenkontrollverfahren wie folgt zusammengefasst hatte:

"Die Bundesregierung habe [als Folge der bundesverfassungsgerichtlichen Entscheidung aus dem Jahr 1977] weiter beschlossen, daß das Siebente Bundesbesoldungserhöhungsgesetz insoweit nur für die Zeit bis zum 31. Dezember 1978 Auswirkungen haben könne. Vom 1. Januar 1979 an wären danach die kinderbezogenen Anteile des Ortszuschlags ab Stufe 5 wieder auf die Beträge zu senken, die einer Anhebung um 4,5 v.H. entsprächen. Die Ortszuschlagsanteile wären demnach - wieder - abzusenken in Stufe 5 von 90 DM auf 39,45 DM, in den Stufen 6 und 7 von je 110 DM auf 74,77 DM und in den Stufen 8 ff. von 110 DM auf 93,13 DM. [...] Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister des Innern führte in seiner Stellungnahme u.a. aus (a.a.O., S. 9278 [D f.]), einer der schwierigsten Punkte sei die korrekte Erfüllung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts zur familiengerechten Besoldung gewesen. Die Bundesregierung sei sich dabei eines gewissen, wenn auch geringen, verfassungsrechtlichen Risikos bewußt. Sie gehe aber davon aus, daß der Gesetzentwurf das finanziell und politisch zur Zeit Mögliche vorsehe." (hier die Rn. 19 ff.)

Hinsichtlich des alimentativen Mehrbedarfs hatte der Besoldungsgesetzgeber nun nach der 1977 erlassenen Entscheidung des Senats also zwar eine unmittelbare Entscheidung getroffen, um dann jedoch ab 1979 in alte Fahrwasser zurückzukehren und sich entsprechend bis 1990 weiterhin in weitgehender Untätigkeit zu üben, entsprechend hob der Senat nun im ersten betreffenden Normenkontrollverfahren hervor: "Nachdem der Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 30. März 1977 im Juli dieses Jahres bekannt geworden war, wäre der Gesetzgeber verpflichtet gewesen, die in dieser Entscheidung als verfassungswidrig beanstandete Rechtslage mit Wirkung vom 1. Januar 1977 generell mit der Verfassung in Übereinstimmung zu bringen." (hier die Rn. 81)

In diesem Kontext ist nun der Spiegelbeitrag aus dem Jahr 1992 zu sehen; 1990 war eine Entscheidung in einem konkreten Normenkontrollverfahren und nicht mehr in einer Verfassungsbeschwerde ergangen. Der Senat hatte in diesem Rahmen die familienbezogenen Besoldungskomponenten ab dem dritten Kind, wie sie unter anderem 1979 per Gesetz geregelt worden waren, als verfassungswidrig betrachtet und also für den Klagezeitraum von Juli 1976 bis Januar 1981 einen nicht verfassungskonformen Familienzuschlag ab dem dritten Kind festgestellt (vgl. hier weiterhin die Rn. 81).

Allerdings harrte nach 1990 - anders, als das der Spiegelbeitrag vermuten ließe - auch der "Super-Eckermann" seiner gesetzlichen Regelung und fand schließlich nur eine weitgehend "abgespeckte" Version seinen gesetzlichen Widerhall, sodass der Zweite Senat nun seine 1977 und 1990 ausgeformte Rechtsprechung Ende der 1990er Jahre noch weiter konkretisierte, um so seine Besoldungsdogmatik zum alimentativen Mehrbedarf weiter zu präzisieren. Wie also eben festgehalten - und wie es nicht nur für die seit 2021 hinsichtlich der Bundesbesoldung ergangenen Schritte nicht ganz untypisch ist -, wurden erste Reformvorstellungen, wie sie eingangs des Gesetzgebungsverfahren vorhanden waren, in dessen Verlauf zunehmend "abgeschmirgelt", um am Ende vor allem als Kosteneinsparungskonzept bestehen zu bleiben und entsprechend verabschiedet zu werden. Entsprechend hob der Senat 1998 zunächst in seinem ersten Leitsatz hervor, den Besoldungsgesetzgeber an seine verfassungsrechtlichen Pflichten erinnernd:

"Der Dienstherr ist aufgrund des Alimentationsprinzips (Art. 33 Abs. 5 GG) verpflichtet, dem Beamten amtsangemessenen Unterhalt zu leisten. Dies umfaßt auch die Pflicht, die dem Beamten durch seine Familie entstehenden Unterhaltspflichten realitätsgerecht zu berücksichtigen. Damit trägt der Dienstherr nicht zuletzt der Aufgabe des Berufsbeamtentums Rechnung, im politischen Kräftespiel eine stabile, gesetzestreue Verwaltung zu gewährleisten (Bestätigung von BVerfGE 44, 249; 81, 363)." (BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 24. November 1998 - 2 BvL 26/91 -, https://www.bverfg.de/e/ls19981124_2bvl002691.html).

Zugleich betrachtete der Senat nun die Sachlage, wie sie sich seit 1977 entwickelt hatte, für den Zeitraum des konkreten Normenkontrollverfahren, der sich von 1988 bis 1996 erstreckte, und fasste sie wie folgt zusammen, auch hier dürften euch hinsichtlich der hervorgehobenen Passagen die Ohren klingeln; denn auch hier findet sich das ewig gleiche Lied des von Beamten zu erbringenden "Sonderopfers", weshalb diese Hervorhebungen sich auch später immer wieder in Gesetzesbegründungen fanden (man beachte dabei die abschließende Passage ab dem Ende der dritten Randnummer, der das Handeln der damaligen Politik nach 1992 zusammenfasst, wie es sich in dem Spiegelbeitrag im vorletzten Absatz abgezeichnet hatte):

"Durch die Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetze 1987, 1988, 1991, 1992, 1993, 1994 und 1995 paßte der Gesetzgeber die Besoldungs- und Versorgungsbezüge der Beamten, Richter, Soldaten und Versorgungsempfänger der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse an. Die Erhöhungen traten im Vergleich zu den Tarifabschlüssen für den Arbeitnehmerbereich des öffentlichen Dienstes teilweise mit zeitlichen Verzögerungen in Kraft. Dadurch sollte ein spürbarer besonderer Beitrag zum Ausgleich der Kostenbelastungen geleistet werden, die nach der Einigung Deutschlands durch den wirtschaftlichen Aufbau in den neuen Bundesländern entstanden waren (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung zum BBVAnpG 93, BTDrucks 12/5472, S. 21). Zudem sollte durch das zeitliche Hinausschieben der linearen Erhöhungen ein besonderer Beitrag zur Haushaltsentlastung erbracht werden (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung zum BBVAnpG 94, BTDrucks 12/7706, S. 23). Der Ortszuschlag ab dem dritten Kind wurde über die allgemeinen Anpassungen hinaus nicht erhöht, obgleich das nach den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 30. März 1977 (BVerfGE 44, 249) und vom 22. März 1990 (BVerfGE 81, 363) geboten war. Dort hatte das Bundesverfassungsgericht festgestellt, daß die kinderbezogenen Gehaltsbestandteile vom dritten Kind an hinter den verfassungsrechtlichen Erfordernissen zurückgeblieben waren (vgl. BVerfGE 44, 249 <279>; 81, 363 <379>). Die Bundesregierung begründete ihre Entscheidung, die verfassungsgerichtlichen Vorgaben nicht umzusetzen, mit dem Zusammenhang von kinderbezogenen Besoldungsbestandteilen und der Neuordnung des Familienleistungsausgleichs, dessen endgültige Ausgestaltung erst feststehen müsse (vgl. Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zum BBVAnpG 95; BTDrucks 13/2210, S. 22).

Erst mit dem Gesetz zur Reform des öffentlichen Dienstrechts (Reformgesetz) vom 24. Februar 1997 (BGBl I S. 322) zog der Bundesgesetzgeber für den Zeitraum vom 1. Januar 1977 bis 31. Dezember 1989 Folgerungen aus dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 22. März 1990. Kläger und Widerspruchsführer, die ihren Anspruch innerhalb des genannten Zeitraums geltend gemacht haben, ohne daß über diesen schon abschließend entschieden worden ist, erhalten für das dritte und jedes weitere im Ortszuschlag zu berücksichtigende Kind einen monatlichen Erhöhungsbetrag von 50,-- DM (Art. 14 § 3 Reformgesetz)." (Rn. 3 f.; Hervorhebungen durch mich)

Vergleicht man nun also die 1997 ergangene rückwirkende Erhöhung um monatlich 50,- € mit den Beträgen, die der Spiegelbeitrag auf Basis des Berichts der Reformkommmission 1992 als Teil der damaligen Planungen genannt hat, dann findet man hier weiterhin genau ein solches Handeln, wie wir es seit 2021 nun in nicht unähnlicher Form in den mittlerweile 17 Rechtskreisen finden: Nicht zuvörderst das Verfassungsrecht leitet(e) das Handeln des Gesetzgebers, sondern es wurde und wird vor allem durch das Interessen an Kosteneinsparungen dominiert. Weiterhin ging es also so wie heute vor allem darum, möglichst geringste Folgen aus den Rechtsprechung des Senats zu ziehen, um so weiterhin Kosteneinsparungen vorzunehmen, von denen der Gesetzgeber auch damals wusste, dass sie mit hoher Wahrscheinlichkeit kaum verfassungskonform sein konnten.
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: Finanzer am 06.03.2024 10:44
Die Entwicklung der Besloldung ab Kind Nr.3, Teil Zwei

Um dem entgegenzuwirken, hatte Karlsruhe in den genannten drei Entscheidungen der Jahre 1977, 1990 und 1998 nun hinsichtlich des alimentativen Mehrbedarfs nach und nach den 15 %igen Mindestabstand zum Grundsicherungsniveaus ausgeformt, der 1998 also zunächst nur hier - für den alimentativen Mehrbedarf - unmittelbare Realität wurde (vgl. den Zweiten Leitsatz und dann ab Rn. 57) und den der Senat dann in der aktuellen Entscheidung nun als einen hergebrachten Grundsatz auf das Alimentationsprinzip insgesamt übertrug, um so seine neue Dogmatik zum Besoldungsrecht weiter auszuformen: Die Sprengkraft dieser Entscheidung zeigt sich nun darin, dass sich seit dem 04. Mai 2020 ein verfassungskonformes Alimentationsniveau als deutlich höher darstellt, als man das bis dahin vermuten konnte. Auch hier wird die dogmatische Entwicklung der bundesverfassungsrichtlichen Rechtsprechung deutlich, die nur erkennbar wird, wenn man die konkreten Entscheidungen historisch-genetisch und also systematisch betrachtet.

1998 hat der Senat seine Rechtsprechung dabei insbesondere auf den Inhalt des Reformpapiers gestützt, das Grundlage für den Spiegelbericht gewesen ist. Er hat also entsprechend den folgenden Bezug genommen, indem er ausgehend von dem in den Randnummern zuvor festgelegten 15 %igen Abstand des alimentativen Mehrbedarfs vom Grundsicherungsniveaus feststellte:

"Diese Vergleichsberechnungen zeigen, daß die Besoldung verheirateter Beamter mit mehr als zwei unterhaltsberechtigten Kindern in den die Vorlageverfahren betreffenden Besoldungsgruppen in bezug auf das dritte und jedes weitere Kind den verfassungsgebotenen Mindestabstand von 15 v.H. zur Sozialhilfe nicht eingehalten hat. Es wurde nicht einmal der sozialhilferechtliche Gesamtbedarf für ein Kind durch die bei steigender Kinderzahl gewährten Nettomehrbeträge ausgeglichen. Dies gilt in den Jahren 1988 und 1989 für die hier allein zu überprüfende Besoldungsgruppe B 2 auch unter Hinzurechnung von 50,-- DM je Kind im Monat (Art. 14 § 3 Reformgesetz).

Nach alledem hat der Gesetzgeber den ihm zustehenden Gestaltungsspielraum überschritten. Er ist mit den zur Prüfung vorgelegten Regelungen deutlich unterhalb der Grenze geblieben, welche die den Beamten der jeweiligen Besoldungsgruppen mit mehr als zwei Kindern geschuldete Alimentation nicht unterschreiten darf.

Bestätigt wird dieses Ergebnis durch den 'Bericht der Besoldungskommission Bund/Länder [s. den Spiegelbeitrag; ST.] über besoldungsrechtliche Folgerungen für eine verfassungskonforme kinderbezogene Besoldung aus dem Beschluß des BVerfG vom 22. März 1990 (2 BvL 1/86)' aus dem Jahre 1992 (BLK-Bericht 1992). Dort wird eine erhebliche Unteralimentierung über den gesamten Zeitraum 1. Februar 1981 bis 31. Dezember 1989 und ab 1. Januar 1990 festgestellt (vgl. S. 24 des Berichts). Auch in der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 1995 (BTDrucks 13/2210, S. 22) wird ausgeführt, daß 'die im Hinblick auf den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 22. März 1990 - 2 BvL 1/86 - zur amtsangemessenen Alimentation von Beamten mit drei und mehr Kindern gebotene Erhöhung des Ortszuschlags ab dem dritten Kind (...) noch nicht umgesetzt werden' konnte." (Rn. 62 ff.; Hervorhebungen durch mich)

Und damit waren wir 1998 - 21 Jahre nach der Verfassungsbeschwerde aus dem Jahr 1977 und acht Jahre nach dem ersten konkreten Normenkontrollverfahren - hinsichtlich des alimentativen Mehrbedarfs weitgehend dort angekommen, wo wir uns heute hinsichtlich des Alimentationsprinzips ebenfalls befinden, indem der Senat dort das fortgesetzt aufrechterhaltene verfassungswidrige Handeln des Besoldungsgesetzgebers feststellte und den Sachverhalt entsprechend wie folgt zusammenfasste:

"In seinem Beschluß vom 22. März 1990 (vgl. BVerfGE 81, 363 <383 ff.>) hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, der Gesetzgeber sei - nachdem die Entscheidung vom 30. März 1977 (BVerfGE 44, 249) im Juli desselben Jahres bekannt geworden war - verpflichtet gewesen, die in jener Entscheidung als seit dem 1. Januar 1975 verfassungswidrig beanstandete Rechtslage mit Wirkung vom 1. Januar 1977 mit der Verfassung in Übereinstimmung zu bringen. Allerdings sei eine allgemeine rückwirkende Behebung dieses Verfassungsverstoßes nicht (mehr) geboten gewesen. Die rückwirkende Korrektur habe sich auf solche Beamte beschränken können, die ihren Anspruch auf amtsangemessene Alimentation zeitnah, also während des laufenden Haushaltsjahres, gerichtlich oder durch Widerspruch geltend gemacht hätten (vgl. BVerfGE 81, 363 <385>). Das Bundesverfassungsgericht hat dies aus den Besonderheiten des Beamtenverhältnisses gefolgert (vgl. BVerfGE 81, 363 <384 ff.>). Hieran wird festgehalten." (Rn. 67)

Denn das Ergebnis war hier offensichtlich dasselbe, wie es sich aktuell für uns heute darstellt, nämlich dass nun alsbald mindestens Niedersachsen, Berlin, Sachsen und Baden-Württemberg die Vollstreckungsanordnung drohen dürfte, die nicht umsonst seit 2015 nach und nach dazu verpflichtet worden sind, eine amtsangemessene und also verfassungskonforme Alimentation ihrer Richter, Staatsanwälte und Beamte zu gewährleisten und das in ihren Gesetzgebungsmaterialien hinreichend zu dokumentieren. Entsprechend hob der Senat 1998 hinsichtlichdes alimentativen Mehrbedarfs hervor:

"Für die hier zu entscheidenden Verfahren folgt daraus:

1. Soweit Besoldungsansprüche der Jahre 1988 und 1989 in Rede stehen (Verfahren 2 BvL 26/91), war der Gesetzgeber aufgrund des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 22. März 1990 (BVerfGE 81, 363) gegenüber solchen Beamten, die ihre Ansprüche zeitnah geltend gemacht hatten, verpflichtet, eine der Verfassung entsprechende Besoldungsrechtslage herzustellen. Dieser Verpflichtung ist er nicht nachgekommen. Der mittlerweile in Art. 14 § 3 Abs. 1 des am 1. Juli 1997 in Kraft getretenen Reformgesetzes vorgesehene Erhöhungsbetrag von 50,-- DM je Kind und Monat ist hierzu nicht geeignet.

2. Für Besoldungsansprüche ab 1990 gilt: Der Gesetzgeber war - nachdem die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 22. März 1990 im Juli 1990 bekannt geworden war - verpflichtet, die in dieser Entscheidung als verfassungswidrig beanstandete Rechtslage mit Wirkung zum 1. Januar 1990 mit der Verfassung in Übereinstimmung zu bringen. Dies ist nicht geschehen.

3. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, die in dieser Entscheidung als verfassungswidrig beanstandete Rechtslage mit der Verfassung in Übereinstimmung zu bringen. Eine allgemeine rückwirkende Behebung des Verfassungsverstoßes ist mit Blick auf die bereits im Beschluß vom 22. März 1990 näher erläuterten Besonderheiten des Beamtenverhältnisses nicht geboten. Eine rückwirkende Behebung ist jedoch - jeweils soweit der Anspruch auf amtsangemessene Alimentation zeitnah gerichtlich geltend gemacht worden ist - sowohl hinsichtlich der Kläger der Ausgangsverfahren als auch solcher Kläger, über deren Anspruch noch nicht abschließend entschieden worden ist, erforderlich. Eine später eintretende Rechtshängigkeit ist unschädlich, wenn die Klage wegen der für ein erforderliches Vorverfahren benötigten Zeit nicht rechtzeitig erhoben werden konnte." (Rn. 69 ff.; Hervorhebungen durch mich)

Dabei hat sich im Zuge der bis heute ausgeformten neuen Besoldungsdogmatik ebenfalls seit 2018 herauskristallisiert - anders, als es noch 1998 ersichtlich war -, dass sich die rückwirkende Behebung nicht allein auf Kläger, sondern dass sie sich ausnahmslos auch auf Widerspruchsführer erstreckt, die mit den statthaften Rechtsbehelfen entsprechend tätig geworden sind. Das war zwar auch zuvor bereits vorauszusetzen, ist mittlerweile allerdings eindeutig geklärt.

Im Ergebnis wurde nun als Folge der wiederholten Missachtung der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung der Gesetzgeber mit der Entscheidung aus dem Jahr 1998 erneut verpflichtet, vergangenheitsbezogen ab 1990 hinsichtlich des alimentativen Mehrbedarfs binnen Jahresfrist bis zum 31.12.1999 eine verfassungskonforme Regelung herzustellen. Darüber hinaus wurde die Verwaltungsgerichtsbarkeit auf Grundlage von § 35 BVerfGG zur Vollstreckung der Entscheidung befugt, also in Anwendung des in der Entscheidung klargestellten Bemessungsverfahrens dazu ermächtigt, Klägern für den Klagezeitraum 1988 bis 1996 entsprechende Beträge zuzusprechen, mit denen der alimentative Mehrbedarf ab dem dritten Kind gesichert werden konnte:

"Die Entscheidungsformel zu 2. beruht auf § 35 BVerfGG. Die Maßnahme ist geboten, weil der Gesetzgeber trotz der ihm in den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 30. März 1977 und vom 22. März 1990 gegebenen Handlungsaufträge die kinderbezogenen Gehaltsbestandteile von Beamten mit mehr als zwei unterhaltsberechtigten Kindern bis zum Jahre 1996 (und möglicherweise auch danach) nicht in einer mit dem Grundsatz der Alimentation vereinbaren Höhe festgesetzt hat. Erfüllt der Gesetzgeber seine durch diese Entscheidung erneut festgestellte Verpflichtung nicht bis zum 31. Dezember 1999, so sind die Dienstherren verpflichtet, für das dritte und jedes weitere unterhaltsberechtigte Kind familienbezogene Gehaltsbestandteile in Höhe von 115 v.H. des durchschnittlichen sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs eines Kindes zu gewähren (vgl. oben C. III. 3.). Die Fachgerichte sind befugt, familienbezogene Gehaltsbestandteile nach diesem Maßstab zuzusprechen." (Rn. 72; Hervorhebungen durch mich)

In Folge dessen hat der Gesetzgeber dann den alimentativen Mehrbedarf über längere Zeit offensichtlich amtsangemessen abgegolten, wobei auch hier mit der 2006 erfolgten Reföderalisierung des Besoldungsrechts in Länderhand nach und nach ein weiteres Mal das "alte Lied" zu erklingen begann, das dann die genannte Parellelentscheidung vom Mai 2020 - 2 BvL 6/17 - notwendig machte.

Ergo: Das alte Lied klingt immer wieder neu, jedoch weitgehend auf derselben Rille (das hat auch Spotify nicht ändern können). Wie 1998 dürften wir auch jetzt weitgehend am Ausgangspunkt zentraler Änderungen stehen, die verfassungsrechtlich nur als Folge einer wiederholt nachgewiesenen Untätigkeit (bzw. eines Handelns, das ihm gleichkommt) möglich sind. Der § 35 BVerfGG dürfte jetzt mit hoher Wahrscheinlichkeit noch nicht zur Anwendung kommen - jedoch wenn nach den angekündigten Entscheidungen mindestens Sachsen, Berlin, Niedersachsen und Baden-Württemberg auf die Ankündigungsliste gesetzt werden, werden sie damit rechnen dürfen, dass sie die Vollstreckungsanordnung trifft, wenn sie nicht zuvor selbst anfangen wollten, hinsichtlich der von ihnen gewährten Besoldung und Alimentation wieder in den Rahmen der Verfassung zurückzukehren. Dafür gibt es allerdings weder bei diesen vier noch bei allen weiteren Besoldungsgesetzgeber keinerlei Anzeichen.
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 13.03.2024 21:15
Jahresvorschau 2024 des BVerfG

2 BvL 2/16, Aussetzungs- und Vorlagebeschlüsse des Verwaltungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen
2 BvL 4/16,    zu der Frage, ob einzelne Vorschriften des bremischen Besoldungsrechts zur Höhe der Besoldung
2 BvL 5/16,    für verschiedene Besoldungsgruppen der Besoldungsordnungen A, C und R in den Jahren 2013 und
2 BvL 6/16.    2014 wegen Verstoßes gegen Art. 33 Abs. 5 GG verfassungswidrig sind.


2 BvL 5/18,    Aussetzungs- und Vorlagebeschlüsse des Bundesverwaltungsgerichts zu der Frage, ob einzelne
2 BvL 6/18,    Vorschriften des Berliner Besoldungsrechts zur Höhe der Besoldung für verschiedene
2 BvL 7/18,    Besoldungsgruppen der Besoldungsordnung A in den Jahren 2010 bis 2015 wegen Verstoßes gegen
2 BvL 8/18,    Art. 33 Abs. 5 GG verfassungswidrig sind.
2 BvL 9/18

Die Verfahren 2 BvL 3/16 (Bremen), 2 BvL 13/18 (Schleswig-Holstein) und 2 BvL 5/19 (Niedersachsen) werden in der Jahresvorschau 2024 nicht mehr aufgeführt.

https://www.bundesverfassungsgericht.de/DE/Verfahren/Jahresvorausschau/vs_2024/vorausschau_2024.html
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 18.03.2024 18:16
Sachstand (18.03.2024) zur Umsetzung des geplanten BBVAngG

https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/streit-in-der-ampel-besoldungserhoehung-verzoegert-sich-19593353.html

https://www.dbb.de/artikel/bund-stoppt-besoldungsanpassung-scharfe-kritik-vom-dbb.html

https://oeffentlicher-dienst-news.de/oeffentlicher-dienst-ampel-regierung-streit-besoldungserhoehung/

Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 18.03.2024 18:20
Erfahrungswerte mit den im Sammelthread genannten Kanzleien.

Es kam ja bereits die Frage auf, welche Kanzlei man ggf für eine rechtliche Vertretung beauftragen möchte. Auf Seite 8 im Sammelthread sind ja Beispiele angeführt. Ich möchte kurz eine Erfahrung meinerseits schildern. Die verlinkte Kanzlei Rühmke und Merkle, ist mittlerweile scheinbar nur noch als Einzelanwalt tätig. Ob ein Interesse zur Übernahme eines Mandats für einen Bundesbeamten besteht, habe ich gefragt (Abrechnung zu geregelten Sätzen mit Rechtsschutzversicherung). Er wollte das Mandat nicht übernehmen, da soviel Zahlen recherchiert werden müssen (er ist  auf Berliner Besoldung spezialisiert). Aufwand und Erstattung stehen für Bundesbeamte sozusagen in keinem guten Verhältnis. Auch deutete er etwas Skepsis an zu der Frage der unmittelbaren Betroffenheit von 2 bvl 4/18 für den höheren Dienst (trotz Binnenabstandsgebot), da er ohne genaue Kenntnis der Bundesbesoldung davon ausging, dass diese ja oberhalb der Berliner Besoldung liegt und nicht so stark verletzt sei (ich nannte als Zeitraum ab 2017).
Ich vermute daher diese Kanzlei sollte aus der Liste im Sammelthread entfernt werden.

https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,120049.msg333339.html#msg333339
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 18.03.2024 18:48
Zur Info: Der Sammelthread dient nur zur möglichst übersichtlichen Darstellung der wichtigsten Informationen rund um das Thema "Amtsangemessene Alimentation". Fragen und Diskussionen sollen im dazugehörigen Diskussionsthread "Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)" gestellt werden.
https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,114508.0.html

Bitte beachten!
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 26.03.2024 08:48
Weitere Meldung zum Sachstand des auf „Eis“ gelegten BBVAngG (25./26.03.2024)

1. https://www.wiwo.de/politik/deutschland/beamtenbesoldung-laesst-der-bund-seine-beamten-mit-kindern-im-stich/29722464.html

2. https://www.merkur.de/wirtschaft/zu-beamte-verdienen-so-wenig-wie-buergergeld-empfaenger-und-die-ampel-schaut-zr-92912112.html

3. https://www.bdz.eu/aktuelles/news/treibt-die-regierung-kuhhandel-mit-der-besoldungsreform/
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 30.03.2024 08:56
Einschätzungen zur Einführung von Ortszuschlägen auf Basis des Wohngeldgesetzes (Mietenstufen)


5. Hier sind wir uns anscheinend nicht einig: mMn erlaubt und zeigt das BVerfG in seinem Beschluss, dass auch über höhere Familenzuschläge und der (Wieder-)Einführung von Ortszuschlägen gestaffelt nach Mietstufen die tatsächlichen Lebensbedingungen berücksichtigt werden können und dieser 115% Abstand dadurch erreicht werden kann.

Es ist richtig und sinnvoll, Moabit, dass Du versuchst, das Thema zu greifen - aber die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist eben deutlich komplexer und muss grundsätzlich als Ganzes gelesen werden, um sie zu durchdringen, was ich an diesem einen Punkt festmachen will, ohne dass ich die Zeit finden werde, dass nun zeitlich und vom Umfang her unendlich lang darzulegen und zu diskutieren (wenn ich nicht um Rat gefragt worden wäre, hätte ich mich nicht in eure Diskussion eingeschaltet, da ich an verschiedenen anderen Themen sitze, die zeitlich an Terminen gebunden sind; so betrachtet wäre es für mich besser gewesen, die Bitte um Rat zu ignorieren, um die Zeit zu nutzen, weiter die Terminarbeiten voranzutreiben).

Das, was Du hier schreibst, hört sich schlüssig an, wenn man allein die Passage liest, auf die Du Dich beziehst. Aber so darf man die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht eben nicht lesen, ohne die dahinter liegende Auslegungsmethodik bundesverfassungsgerichtlicher Rechtsprechung zu verfehlen - und dass diese Methodik hier im Forum wiederkehrend grundsätzlich und nicht selten grundlegend verfehlt wird, hat damit zu tun, dass man sie ohne hinreichende Beschäftigung mit juristischer Auslegung gar nicht bemerken kann oder nicht bemerkt. Nehmen wir also mal die Passage, um die es geht, und legen sie aus, ohne dass das hier wie gesagt erschöpfend geschehen könnte. Denn dazu müsste man nun einen umfangreicheren fachwissenschaftlichen Beitrag erarbeiten, was man nicht in wenigen Minuten (oder Stunden) erreichen kann, sondern in der Regel zeitlich eher in Wochen zu messen ist.

Am Ende einer umfassenden Betrachtung der kalten Unterkunftskosten, die mit der Randnummer 55 einsetzt und die ab da als Ganzes zu betrachten ist und es also zu durchdringen gilt, stellt das Bundesverfassungsgericht in der Begründung der aktuellen Entscheidung in den Randnummern 60 f. unter der methodischen Stufengliederung  C. I. 2. e) bb) (3) (c) (dd) folgende Gründe aus:

"Anders als die Regierung des Saarlandes in ihrer Stellungnahme ausführt, kann der Dienstherr nicht erwarten, dass Beamte der untersten Besoldungsgruppe ihren Wohnsitz 'amtsangemessen' in dem Ort wählen, der landesweit die niedrigsten Wohnkosten aufweist. Diese Überlegung entfernt sich unzulässig vom Grundsicherungsrecht, das die freie Wohnortwahl gewährleistet, insbesondere auch den Umzug in den Vergleichsraum mit den höchsten Wohnkosten. Unabhängig davon dürfen Beamte weder ihre Dienststelle noch ihren Wohnort beliebig wählen. Der Bestimmung der Dienststelle durch den Dienstherrn können nur schwerwiegende persönliche Gründe oder außergewöhnliche Härten entgegengehalten werden (vgl. Lemhöfer, in: Plog/Wiedow, BBG, § 28 Rn. 76 <November 2009> m.w.N.). Die Beamten sind zudem auch ohne ausdrückliche Anordnung einer Residenzpflicht verpflichtet, ihre Wohnung so zu nehmen, dass die ordnungsmäßige Wahrnehmung ihrer Dienstgeschäfte nicht beeinträchtigt wird (vgl. § 72 Abs. 1 BBG sowie § 69 LBesG BE).

Der Besoldungsgesetzgeber ist allerdings nicht verpflichtet, die Mindestbesoldung eines Beamten oder Richters auch dann an den regionalen Höchstwerten auszurichten, wenn dieser hiervon gar nicht betroffen ist. Der Gesetzgeber muss nicht pauschalieren, sondern kann den maßgeblichen Bedarf individuell oder gruppenbezogen erfassen (vgl. BVerfGE 87, 153 <172>). Insbesondere ist er frei, Besoldungsbestandteile an die regionalen Lebenshaltungskosten anzuknüpfen, etwa durch (Wieder-)Einführung eines an den örtlichen Wohnkosten orientierten (Orts-)Zuschlags (vgl. hierzu BVerfGE 117, 330 <345 ff.>), wie es derzeit regelmäßig bei einer Auslandsverwendung (vgl. § 1b Abs. 1 Nr. 1 LBesG BE i.V.m. § 52 Abs. 1 BBesG i.d.F. vom 6. August 2002) und teilweise auch innerhalb eines Landes (vgl. Art. 94 BayBesG) praktiziert wird. Eine an Wohnsitz oder Dienstort anknüpfende Abstufung ist mit dem Alimentationsprinzip vereinbar, sofern sie sich vor Art. 3 Abs. 1 GG rechtfertigen lässt (vgl. BVerfGE 107, 218 <238, 243 ff.>; 117, 330 <350 f.>). Mit den Mietenstufen des Wohngeldgesetzes, denen alle Kommunen entsprechend den örtlichen Verhältnissen des Mietwohnungsmarktes zugeordnet sind, stünde ein leicht zu handhabendes Kriterium bereit."

Will man diese Passage der Entscheidungsbegründung nun sachlich hinreichend durchdringen, muss man sie zunächst einmal zusammenfassen. In der sich anschließenden Interpretation darf man dann insbesondere nicht die weiteren Verweise in runden Klammern ignorieren, in denen das Bundesverfassungsgericht mit Rückgriff auf die amtliche Sammlung seiner Entscheidungen (BVerfGE) die aktuelle Begründung in seine bisherige Rechtsprechung einordnet, um so den Platz der jeweiligen konkreten Entscheidungsbegründung in der ggf. vorhandenen Dogmatik herausstellen zu können. Geht man so vor, erstellt man am Ende einen Fachbeitrag, der zur Unterstützung der eigenen Argumentation genauso wie das Bundesverfassungsgericht selbst (jenes allerdings gezielt nur in eingeschränkter Form) auf die für die Thematik vorliegende Fachliteratur zurückgreift.

Vollzieht man also ein methodisches Vorgehen, stellt man fest, dass das, was Du im Zitat darlegst, sich in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sachlich so nicht findet. Ich fasse nun zunächst mal diese Passage überblicksmäßig zusammen, was allein schon eine unstatthafte Vergröberung darstellt, weil ich eben nur überblicksmäßig vorgehe.

I. Zusammenfassung

Die Rn. 60 hebt hinsichtlich der Wohnortswahl von Beamten zunächst das Sonderrechtsverhältnis hervor, dem der Beamte als solcher auch hinsichtlich seiner Unterkunftswahl unterworfen ist und das sein Grundrecht auf Freizügigkeit einschränkt. Innerhalb der hinsichtlich seiner Wohnortswahl eingeschränkten Freizügigkeit darf kein Beamter auf Wohnorte mit niedrigen oder gar niedrigsten Wohnkosten verwiesen werden, sondern hat er das Recht, einen Wohnort mit ggf. auch höchsten Unterkunftskosten zu wählen, solange er mit dieser Wahl weiterhin seinen Dienstgeschäften ordnungsgemäß nachkommen kann. Diese Grundsätze darf der Besoldungsgesetzgeber bei der Betrachtung der kalten Unterkunftskosten im Rahmen des Mindestabstandsgebots nicht unbetrachtet lassen.

Sein Recht besteht hingegen darin, so führt das die Rn. 61 aus, dass er die konkrete Höhe der jeweiligen Unterkunftskosten eines jeden Beamten betrachten und das ebenso auch für wesensgleiche Beamtengruppen gleichheitsgerecht vollziehen darf. Dabei darf er aber nicht außer Acht lassen, dass gegenwärtig auf dem Wohnungsmarkt weiterhin ein erhebliches Preisgefälle für existenznotwendige Aufwendungen gegeben ist, weshalb ein einheitlicher Durchschnittswert die verschiedenen Bedarfsgruppen nicht realitätsgerecht erfasst (vgl. BVerfGE 87, 153 <172>; https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/1992/09/ls19920925_2bvl000591.html). Der Besoldungsgesetzgeber kann also die Besoldung von Beamten bspw. durch einen (Orts-)Zuschlag differenzieren und darf dabei analog zum Steuergesetzgeber individuell oder gruppenbezogen vorgehen. Er kann also in einer entsprechenden Besoldungsdifferenzierung an die regionalen Lebenshaltungskosten anknüpfen, denen der jeweilige Beamte oder die jeweilige Beamtengruppe unterliegt, hat dann aber sowohl ein realitätsgerechtes Vorgehen zu garantieren, wie das offensichtlich in zwei von der Begründung in der Rn. 61 genannten Beispielen 2020 der Fall war, als auch den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 zu beachten, also Anlass und Ausmaß der Differenzierung sachgerecht vorzunehmen (BVerfGE 107, 218 <238>; https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2003/02/ls20030212_2bvl000300.html), was bedeutet, dass Beamte mit gleichen oder gleichwertigen Ämtern zwar in der Regel gleich zu besolden sind, dies jedoch nicht uneingeschränkt gilt und die Zulässigkeit einer Differenzierung seine Grenze darin findet, ob nach dem Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG ein sachlich gerechtfertigter Grund vorliegt (ebd., Rn. 87), was sich insbesondere auf einmalige Sonderlagen bezieht (ebd., Rn. 88 und 91 ff.) - jene ist heute im gesamten Bundesgebiet nicht mehr gegeben (ebd., Rn. 95) [und nach aktuellen Entscheidungen 20 Jahre später nur umso mehr] - und solange er dabei die Grenzen einer zulässigen Typisierung nicht überschreitet (ebd., Rn. 92). So verstanden hat er nach Maßgabe von Art. 3 Abs. 1 GG durchaus das Recht, aus der Vielzahl der Lebenssachverhalte die Tatbestandsmerkmale auszuwählen, die für die Gleich- oder Ungleichbehandlung maßgebend sein sollen; ihm muss dabei ebenso zugestanden werden, auch das gesamte Besoldungsgefüge und übergreifende Gesichtspunkte in den Blick zu nehmen (BVerfGE 117, 330 <350 f.>).

II. Interpretation

Auf Grundlage dieser Betrachtungen, die für den Besoldungsgesetzgeber bindend sind, führt der Senat schließlich aus, dass ihm - dem Besoldungsgesetzgeber - mit den Mietenstufen des Wohngeldgesetzes, denen alle Kommunen entsprechend den örtlichen Verhältnissen des Mietwohnungsmarktes zugeordnet sind, ein leicht zu handhabendes Kriterium zur Besoldunfsdifferenzierung bereitstehen würde.

Und worin ist nun Deine Zusammenfassung nicht korrekt? Sie zeigt sich in der auch von Bayern und NRW nicht sachgerechten Übertragung, dass "der (Wieder-)Einführung von Ortszuschlägen gestaffelt nach Mietstufen" durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht nichts im Wege stehen sollte (Hervorhebung durch mich).

Denn eine solche Staffelung lässt sich den Darlegungen des Bundesverfassungsgerichts nicht entnehmen, das vielmehr am Ende seiner Begründung nur feststellt: "Mit den Mietenstufen des Wohngeldgesetzes, denen alle Kommunen entsprechend den örtlichen Verhältnissen des Mietwohnungsmarktes zugeordnet sind, stünde ein leicht zu handhabendes Kriterium bereit."

Das Bundesverfassungsgericht sagt also hier nichts zu einer Staffelung, sondern hebt nur die Mietenstufen des Wohngeldgesetzes als ein leicht zu handhabendes Kriterium hervor, ohne eine Aussage zu dessen konkreten Anwendung und also auch keine zu einer Staffelung zu machen. Es lässt dabei zugleich offen, ob es weitere handhabbare Instrumente gibt, was aber offensichtlich nicht zuletzt durch dieses Offenlassen möglich sein dürfte.

Diese Konkretisierung und ggf. eine Staffelung, die sich an jenem leicht zu händelnden Kriterium orientiert, haben nun also die in den letzten Absätzen zusammengefassten Entscheidungsbegründungen nachzuvollziehen und dürfen dabei zugleich nicht vergessen, dass der Zweite Senat an einer weiteren Stelle seiner Begründung hervorgehoben hat, dass jene Mietenstufen des Wohngeldgesetzes per se nicht dazu geeignet seien, das Maß einer Mindestalimentation zu bemessen, da hier "nach Fallzahlen gewichtete Durchschnittswert zugrunde gelegt" werden würden (vgl. in der aktuellen Entscheidung die Rn. 56; Hervorhebung durch mich). Daran schließen nun die Rn. 60 f. gezielt an, indem sie eingangs der Rn. 61 über den Verweis auf die "Mindestbesoldung" den direkten Bezug zur Besoldungsdifferenzierung herstellt und dabei im Rückgriff auf BVerfGE 87, 153 (172) ebenso hervorhebt, dass gegenwärtig auf dem Wohnungsmarkt weiterhin ein erhebliches Preisgefälle für existenznotwendige Aufwendungen gegeben ist, weshalb ein einheitlicher Durchschnittswert die verschiedenen Bedarfsgruppen nicht realitätsgerecht erfasst. Damit wird zunächst einmal festgehalten, dass die konkreten Mietenstufe ihrer Höhe nach ungeeignet wären, um die Mindestalimentation zu bemessen, da sie keine realitätsgerechte Betrachtung zulassen würden. In der Rn. 56 mündet dieser Zusammenhang in dem Verdikt: Die "angemessene Alimentation muss durch das Beamtengehalt selbst gewahrt werden"; der Besoldungsgesetzgeber könne sich "seiner aus dem Alimentationsprinzip ergebenden Verpflichtung aber nicht mit Blick auf Sozialleistungsansprüche entledigen".

Auch unter diesem Bezug stünde nun mit "den Mietenstufen des Wohngeldgesetzes, denen alle Kommunen entsprechend den örtlichen Verhältnissen des Mietwohnungsmarktes zugeordnet sind, [...] ein leicht zu handhabendes Kriterium bereit". Dies hätte darüber hinaus neben dem ungeeigneten Charakter der jeweiligen Höhe der einzelnen Mietenstufe weiterhin zu beachten, was der Zweite Senat bindend hinsichtlich des allgemeinen Gleichheitssatzes sagt. Er stellt nun hinsichtlich der Höhe eines wieder eingeführten (Orts-)Zuschlags zunächst fest, dass dieser an die regionalen Lebenshaltungskosten anzuknüpfen hätte, die also nicht anhand von Durchschnittswerten zu betrachten, sondern realitätsgerecht in den Blick zu nehmen wären, um so individuell oder gruppenbezogen einen sachgerechten Betrag zu gewähren. Der Besoldungsgesetzgeber sieht sich also, sofern er einen (Orts)Zuschlag neu einführen will, zunächst einmal auch hier gezwungen, die regionalen Lebenshaltungskosten - also hier: die jeweiligen kalten Unterkunftskosten - realitätsgerecht zu betrachten, ohne dabei aber auf die Durchschnittswerte der Mietenstufen zurückgreifen zu können, da sie sich als nicht realitätsgerecht darstellen.

Und damit bleibt die Frage nach einer möglichen Staffelung eines solchen (Orts-)Zuschlags, zu dem das Bundesverfassungsgericht wie gezeigt keine Aussagen macht, die also - sofern der Besoldungsgesetzgeber eine solche Staffelung vornehmen wollte - sachgerecht zu begründen wäre, ohne dass sich eine solche Staffelung explizit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entnehmen ließe. Dabei hat er wie oben zusammengefasst durchaus das Recht zur Besoldungsifferenzierung, solange er dabei die Grenzen einer zulässigen Typisierung nicht überschreitet. So verstanden hat er nach Maßgabe von Art. 3 Abs. 1 GG durchaus das Recht, aus der Vielzahl der Lebenssachverhalte die Tatbestandsmerkmale auszuwählen, die für die Gleich- oder Ungleichbehandlung maßgebend sein sollen und muss ihm dabei ebenso zugestanden werden, auch das gesamte Besoldungsgefüge und übergreifende Gesichtspunkte in den Blick nehmen zu können. Er darf dabei aber unter Gleichheitsgesichtspunkten nicht die Grenzen einer zulässigen Typisierung überschreitet, was bedeutet, dass Beamte mit gleichen oder gleichwertigen Ämtern in der Regel gleich zu besolden sind, was bedeutet, dass auch bei der Bemessung von neu einzuführenden (Ort-)Zuschlägen am Ende immer das Amt der maßgebliche Bezugspunkt bleiben muss, womit wir wieder bei dem wären, was ich gestern im Hinblick auf weitere Zulagen geschrieben habe, nämlich dass sich von der Höhe her regional stark gespreizte (Orts-)Zulagen sachlich nicht rechtfertigen lassen, da hier ein doppeltes Abgrenzungsproblem gegeben ist:

- Zunächst einmal sind auch die Wohnkosten wie die Lebenshaltungskosten des Beamten als solche aus seiner Grundbesoldung zu begleichen. Der Lebensstandard des Beamten vollzieht sich dabei amtsangemessen nach der Wertigkeit seines Amtes. Von ihrer Höhe her stark unterschiedliche (Orts-)Zuschläge, die diesen Unterschied verwischen, sind entsprechend nicht mit dem Alimentationsprinzip vereinbar. Der Lebensstandard des Beamten mit bis zu zwei Kindern ist weiterhin vor allem aus dem Grundgehalt zu vollziehen.

- Darüber hinaus findet die Orientierung an den sieben Mietenstufen des Wohngeldgesetzes ihre Grenze darin, dass Regionen mit deutlich unterschiedlichen Mietenstufen direkt aneinander grenzen. Damit aber bleiben die Mietenstufen auch hier ungeeignet, realitätsgerechte Abgrenzungen der tatsächlichen Unterkunftskosten abzubilden. Denn ggf. finden sich im Grenzbereich zwischen zwei Kreisen mit deutlich unterschiedlichen Mietenstufen tatsächlich kaum wirklich unterschiedliche Unterkunftskosten, was zur Folge hat, dass eine solche Anknüpfung an die Mietenstufen Beamten, die dasselbe Amt bekleiden, ggf. deutlich unterschiedlich besoldeten, worin sich dann wie oben dargelegt der Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 zeigte.

Der langen Rede kurzer Sinn: Es ist dem Besoldungsgesetzgeber seit jeher gestattet, (Orts-)Zuschläge zu gewähren - diese können aber ihrer Höhe nach einen nur weitgehend geringen Anteil am Besoldungsniveau ausmachen, sodass mit ihnen nur eine recht geringe Besoldungsdifferenzierung möglich ist - und zwar anders, als das bspw. Bayern oder NRW vollziehen. Etwas anders ist der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht zu entnehmen, was - das darf man voraussetzen - auch den Juristen in den Dienstrechtsministerien von Bund und Ländern klar ist, ohne dass sie sich gegen den politischen Willen durchsetzen könnten, mit sachlich nicht zu rechtfertigenden Höhen von Zuschlägen das Alimentationsprinzip zu einer Art sozialrechtlichem Bedarfsprinzip zu verkürzen, das sich vor der Verfassung sachlich nicht rechtfertigen lässt.
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: PolareuD am 31.03.2024 13:24
Qualitativer Unterschied zwischen einerseits Ort-, Amts- und Stellenzulagen und andererseits Familienzulagen

Meine Ausführungen hinsichtlich eines neu einzuführenden (Orts-)Zuschlags haben jeweils Beamte betrachtet, die sich hinsichtlich ihres Amts und Familienstands als wesentlich Gleiche darstellen, PolareuD. Für sie gilt es, die gestern oder vorgestern zitierte "neue" Formel des Bundesverfassungsgerichts zu beachten, also dass ein Gleichheitsgrundrecht "vor allem dann verletzt [ist], wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten" (zitiert nach Angelika Nußberger in: Michael Sachs (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, 8. Aufl. 2018, Art. 3, Rn. 13). In der "alten" Formel wurde das mit dem Satz gefasst, dass wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu betrachten ist.

Zwischen beiden Gruppen von Normadressaten besteht nun kein Unterschied von solcher Art und solchem Gewicht, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnte, da sich die tatsächlichen Wohnkosten in Taufkirchen nicht signifikant von denen in Ober- und Unterhachingen oder Ottobrunn unterscheiden, von denen Taufkirchen umgeben ist. Taufkirchen wird nun deshalb die Mietenstufe II zugeordnet, weil es dort eine hohe Zahl an Sozialwohnungen gibt, die in der Gemeinde also den Durchschnittswert der Unterkunftskosten verringern - allerdings ist der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht wie gezeigt zu entnehmen, dass solche Durchschnittswerte nicht realitätsgerecht sind und deshalb für eine solche Regelung von Ortsklassen, wie sie in Bayern verrechtlicht worden sind, nicht herangezogen werden dürfen. So verstanden liegt hier zwischen den Gruppen von Normadressaten - den jeweils wesensgleichen Beamten, die dasselbe Amt bekleiden und sich im selben Familienstand einer vierköpfigen Familie befinden - kein Unterschied von solcher Art und solchem Gewicht vor, dass er die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnte. Entsprechend zeigt sich der allgemeinen Gleichheitssatz hier als evident verletzt, das Gleichheitsgrundrecht der in Taufkirchen wohnenden Beamten wird von der Regelung missachtet, sodass sie vom Bundesverfassungsggericht vernichtet werden wird.

Anders sieht das aber hinsichtlich von Beamten aus, die sich nach der "alten" Formel des Bundesverfassungsgerichts nicht als wesentlich Gleiche darstellen, deren Familienstand und Kinderzahl also unterschiedlich ist. Nach der "neuen" Formel des Bundesverfassungsgerichts lässt sich hier also zunächst einmal feststellen, dass zwischen beiden Gruppen von Normunterworfenen (dem unverheirateten und kinderlosen Beamten und dem verheirateten Familienvater von zwei Kindern) signifikante Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie eine ungleiche Behandlung rechtfertigen können - nach der "alten" Formel wird hier also wesentlich Ungleiches ungleich behandelt, was für sich betrachtet verfassungsrechtlich geboten ist oder es zumindest sein kann.

In einem weiteren Schritt wäre nun zu prüfen, ob die tatsächliche Ungleichbehandlung verfassungsrechtlich gerechtfertig werden kann, ob also bspw. die konkrete Höhe der von Dir genannten Familienzuschläge sachgerecht ist oder nicht. Dabei ist jener prozentuale Anteil der von Dir genannten Familienzuschläge, der sich seit langer Zeit im Bund als weitgehend unverändert zeigt (die Familienzuschläge werden i.d.R. prozentual entsprechend der Erhöhung der Grundgehaltssätze angehoben) bislang nicht vor dem Bundesverfassungsgericht beklagt worden. Da sich diese Höhe offensichtlich auch anhand der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sachlich rechtfertigen lässt, können wir davon ausgehen, dass diese Familienzuschläge von ihrer Struktur und Höhe verfassungskonform sind - anders sieht das allerdings offensichtlich mit vielen familienbezogenen Besoldungskomponenten in den Ländern aus, wie sie seit 2021 eingeführt worden sind und denen entweder eine neue Struktur zugrunde liegt oder die sich von ihrer Höhe sachlich nicht mehr rechtfertigen lassen, da sie - vereinfacht zusammengefasst - die jeweilige Ämterwertigkeit nicht hinreichend beachten (das wäre im Einzelnen jeweils genauer zu betrachten, was ich hier aber jetzt zum Glück nicht vollziehen muss).

Ergo: Die zurzeit im Bund gewährten Familienzuschläge sollten sich sowohl von ihrer Struktur als auch von ihrer Höhe sachlich rechtfertigen lassen können. Der unverheiratete Beamte in der Besoldungsgruppe A 8 hat andere Lasten zu tragen als der vierköpfige Familienvater in der Besoldungsgruppe A 3, der zugleich hinsichtlich seiner aus Art. 6 GG resultierenden Grundrechte ggf. anders zu betrachten wäre als ersterer. Die Familienzuschläge sollen also am Ende mit dazu führen, dass sich zwei dasselbe Amt bekleidende Beamten (also in diesem Fall ein kinderloser Beamter und ein verheirateter Familienvater, die beide nach A3 oder nach A 8 besoldet werden) am Ende "annähernd das gleiche leisten" können, wie das das Bundesverfassungsgericht in seiner ersten maßgeblichen Entscheidung über den alimentativen Mehrbedarf für diesen Mehrbedarf festgestellt hat, ohne dass ein Zweifel bestehen könnte, dass das auch für den Unterschied zwischen einem unverheirateten und kinderlosen Beamten und dem verheirateten Familienvater von zwei Kindern gilt (was dahingegen heute als überholt anzusehen sein muss, ist die Aufzählung des Ausgabenpools im zweiten Teil des Zitats, der sich in der sozialen Wirklichkeit des Jahres 2024 deutlich komplexer darstellt):

"Art. 33 Abs. 5 GG, der heute auch im Zusammenhang mit den in Art. 6 GG und im Sozialstaatsprinzip enthaltenen Wertentscheidungen der Verfassung zu sehen ist, verlangt aber, daß jedenfalls in der Lebenswirklichkeit die Beamten ohne Rücksicht auf die Größe ihrer Familie 'sich annähernd das gleiche leisten' können. Führt eine Regelung eindeutig evidentermaßen dazu, daß die Familie wegen der größeren Zahl der Kinder und der mit ihrem Unterhalt und ihrer Erziehung verbundenen Ausgaben - also regelmäßig für die Jahre, in denen sie zum Haushalt gehören - auf den Abschluß eines Bausparvertrags, auf die Anschaffung der üblichen Haushaltsmaschinen, auf die Teilnahme an kulturellen Veranstaltungen, auf Urlaub verzichten und sich im Zuschnitt ihres Privatlebens, beispielsweise bei dem Kauf von Bekleidung, Einschränkungen auferlegen muß, also in diesem Sinne bescheidener leben muß als der - beamten- und besoldungsrechtlich gleich eingestufte - ledige Beamte, kinderlos verheiratete Beamte oder die Beamtenfamilie mit einem oder zwei Kindern, so ist der Grundsatz amtsangemessener Alimentierung für jene Familie mit größerer Kinderzahl verletzt." (Beschluss vom 30.03.1977 - 2 BvR 1039/75; https://openjur.de/u/173228.html - hier die Rn. 55)
Titel: verschoben
Beitrag von: Durgi am 16.04.2024 11:28
verschoben.
Titel: Antw:[Sammelthread] - Amtsangemessene Alimentation
Beitrag von: Finanzer am 16.04.2024 11:34

Zur Info: Der Sammelthread dient nur zur möglichst übersichtlichen Darstellung der wichtigsten Informationen rund um das Thema "Amtsangemessene Alimentation". Fragen und Diskussionen sollen im dazugehörigen Diskussionsthread "Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)" gestellt werden.
https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,114508.0.html

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