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Beamte und Soldaten => Beamte des Bundes und Soldaten => Thema gestartet von: MasterP am 27.04.2020 15:45

Titel: Fehler im Zeitkonto des Beamten - Verjährung - Ansprüche des Dienstherrn
Beitrag von: MasterP am 27.04.2020 15:45
Hallo zusammen,

ich erhoffe mir Antworten auf folgenden hypothetischen Sachverhalt.

Ein Beamter bemerkt in seinem Zeitkonto erst nach 5 Jahren einen Fehler im System, den er selbst nicht verursacht hat. Es wurde daher 5 Jahre lang von einer zu geringen Soll-Dienstzeit ausgegangen, die eigentlich höher hätte sein müssen. Er hat also zu wenig Dienst verrichtet, sein Zeitkonto zeigt aufgrund des Fehlers aber ein Saldo von +- 0 an, als wäre alles in Ordnung.
Der Beamte erkennt das Dilemna und meldet es seinem Dienstherrn.
Nun die Frage: kann der Dienstherr die zu wenig erbrachte Dienstzeit vollumfänglich als "Minusstunden" verbuchen oder greift hier eine Verjährung, sodass z.B. nur noch die zu wenig geleisteten Stunden der letzten drei Jahre nachzuholen sind, statt der vollen 5 Jahre?

Viele Grüße
Titel: Antw:Fehler im Zeitkonto des Beamten - Verjährung - Ansprüche des Dienstherrn
Beitrag von: BalBund am 27.04.2020 19:51
Dazu fallen mir praktisch ein paar Fragen ein:

1.) wie erfolgt die Zeiterfassung in der Behörde des Beamten?
2.) Gibt es eine elektronische Auskunft/Webportal? Wenn ja, nutzt der Beamte dies für Zeitkorrekturen/Urlaub oder ähnliches?
3.) Wann wurde der Beamte über seine Arbeitszeitreduzierung informiert? War dort eine Befristung vermerkt?
4.) Was wird als Arbeitszeit auf dem Besoldungsnachweis aufgeführt? Stimmt diese mit der tatsächlichen Arbeitszeit oder der "gedachten" Arbeitszeit überein, sprich was von beidem wird dem Beamten ausgezahlt?

Titel: Antw:Fehler im Zeitkonto des Beamten - Verjährung - Ansprüche des Dienstherrn
Beitrag von: MasterP am 28.04.2020 10:19
Dazu fallen mir praktisch ein paar Fragen ein:

1.) wie erfolgt die Zeiterfassung in der Behörde des Beamten?
2.) Gibt es eine elektronische Auskunft/Webportal? Wenn ja, nutzt der Beamte dies für Zeitkorrekturen/Urlaub oder ähnliches?
3.) Wann wurde der Beamte über seine Arbeitszeitreduzierung informiert? War dort eine Befristung vermerkt?
4.) Was wird als Arbeitszeit auf dem Besoldungsnachweis aufgeführt? Stimmt diese mit der tatsächlichen Arbeitszeit oder der "gedachten" Arbeitszeit überein, sprich was von beidem wird dem Beamten ausgezahlt?

Hallo!
Die Fragen nach dem Zeiterfassungssystem (1.-2.) kann ich nicht beantworten, spielen meines Erachtens aber auch keine Rolle. Fest steht nur, er hätte auch früher Kenntnis erlangen können über den Fehler, hat es aber erst nach 5 Jahren bemerkt, es dann aber sofort gemeldet. Und er selbst hat den Fehler nicht verursacht.

Zu 3.: Man kann von einem der drei folgenden Szenarien ausgehen:
- Beamter hatte bei Einstellung ein Kind unter 12 Jahren und daher die Arbeitszeit auf 40 Stunden/Woche reduziert bei vollen Bezügen. Das Kind hat vor 5 Jahren das 12. Lebensjahr vollendet, der Anspruch des Beamten auf Reduzierung der Arbeitszeit von 41 auf 40 Stunden ist in dem Moment erloschen.
- Tarifbeschäftigter wurde vor 5 Jahren verbeamtet und hätte ab diesem Zeitpunkt 41 Stunden statt 39 Stunden zu leisten.
- Eine befristete Arbeitszeitreduzierung um 2 Stunden/Woche ist ausgelaufen, die Bezüge wurden plangemäß nach Ablauf der Befristung wieder auf Vollzeit hochgefahren.

Im Zeiterfassungssystem hätte es seitens der Dienststelle vor 5 Jahren eine entsprechende Umstellung der Soll-Arbeitszeit auf 41 Stunden geben müssen, die jedoch ausblieb. Die niedrigere Soll-Arbeitszeit blieb bestehen und es ist dem Beamten erst nach 5 Jahren aufgefallen, dass er eigentlich deutlich mehr Stunden hätte leisten müssen, obwohl sein Arbeitszeitsaldo aktuell +-0 aufweist. Es geht nur um 1-2 Stunden Abweichung pro Woche, also nichts was einem in jedem Fall offensichtlich sofort auffällt, wenn man sich nicht näher damit befasst. Hochgerechnet auf die 5 Jahre ergeben sich damit natürlich trotzdem hohe Summen.

Zu 4.: Laut Besoldungsnachweis beträgt die Wochenarbeitszeit volle 41 Stunden. Die Bezüge werden also voll gezahlt und es werden dennoch (unbewusst) seit 5 Jahren zu wenig Stunden geleistet.
Titel: Antw:Fehler im Zeitkonto des Beamten - Verjährung - Ansprüche des Dienstherrn
Beitrag von: BalBund am 28.04.2020 21:21
nun gut, spielen wir das einmal durch: Der Beamte hat also über 5 Jahre grob 400 Stunden zu wenig gearbeitet (Annahme: 40 Wochena á 2 Stunden). Gemäß deiner Antworten hätte er erkennen können, welchen Umfang seine Dienstpflicht umfasst.

Sicherlich kann und muss er nicht jede Woche seinen Zeitsaldo abgleichen, aber zumindest gelegentlich dürfte er sein Zeitkonto geprüft haben. Hierbei hätte ihm der Umstand also auffallen müssen.

Andererseits ist der personalverantwortlichen Stelle natürlich auch ein Vorwurf zu machen, nämlich die bezügewirksame Veränderung nicht in die Zeiterfassung eingespeist zu haben.

Im Ergebnis würde ich mich als Behördenleitung hier trotzdem für die Einleitung eines Disziplinarverfahrens entscheiden, da hier für rund 50 Arbeitstage die entlohnt wurden keine Gegenleistung erbracht wurde. Der Schaden für die öffentliche Hand dürfte dabei je nach Besoldungsgruppe auch schon die Schwellenwerte erreichen, die die Einschaltung der Staatsanwaltschaft zwingend vorschreiben (je nach Landesrecht).

Die Möglichkeit der Nachholung sehe ich nicht, selbst wenn man nur 3 Jahre annimmt liegen wir hier bei rund 240 Minusstunden. Da eine Konsolidierung bei festgestellten Unterschreitungen des Zeitkontos binnen 12 Monaten erfolgen soll, müsste der Beamte fortan also wöchentlich 6 Stunden mehr arbeiten. Das wären mithin 47 Wochenstunden und folglich zulässig, im Sinne einer Fürsorgepflicht und ggf. geltender DV Zeit aber kaum vorstellbar.

Daher erscheint es mir wahrscheinlicher, dass zum einen eine Rückforderung der Überzahlung für 3 Jahre geltend gemacht wird, also etwa 1,5 Monatsgehälter des Beamten und im Übrigen der Ausgang des Diszi über weitere Maßnahmen entscheidet.
Titel: Antw:Fehler im Zeitkonto des Beamten - Verjährung - Ansprüche des Dienstherrn
Beitrag von: 2strong am 29.04.2020 00:32
Ich schätze die Lage gegenteilig ein.

Ich sehe keine Rechtsgrundlage für den Dienstherrn, die geschuldete Zeit (jedenfalls den überwiegenden Anteil davon) nacharbeiten zu lassen. Anspruch besteht dagegen auf Rückforderung der zu viel gewährten Bezüge, § 12 BBesG.

Bei einem Zeitraum von fünf Jahren und einer nur geringfügigen Überzahlung ist der Wegfall der Bereicherung grds. zu unterstellen, vgl. VV Nr. 12.2.9 zu § 12 BBesG.

An dieser Stelle könnte die Geschichte bereits zu Ende sein.

Anders läge die Sache im Falle verschärfter
Haftung aufgrund grober Fahrlässigkeit. Ausgehend von der Sachverhaltsschilderung wird es dabei insbesondere auf die individuellen Kenntnisse und Fähigkeiten des Beamten (z.B. Vor- und Ausbildung, dienstliche Tätigkeit) zur Prüfung der ihm zuerkannten Bezüge ankommen, VV Nr. 12.2.8.4 zu § 12 BBesG.

In jedem Fall ist jedoch eine Billigkeitsentscheidung zu treffen, die auch das eklatante Organisationsversagen des Dienstherrn zu reflektieren haben wird, VV Nr. 12.2.12 ff. zu § 12 BBesG.

Wenn der Beamte nicht gerade selbst in der Personalverwaltung tätig war, dürfte am Ende entweder vollständig von einer Rückzahlung abgesehen werden müssen oder eine Rückzahlung auf 30% bis 70% der Gesamtforderung zu begrenzen sein, vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 08.03.2013 - 3 CE 12.1928.
Titel: Antw:Fehler im Zeitkonto des Beamten - Verjährung - Ansprüche des Dienstherrn
Beitrag von: Schmitti am 29.04.2020 10:36
Ausgehend von der Sachverhaltsschilderung wird es dabei insbesondere auf die individuellen Kenntnisse und Fähigkeiten des Beamten (z.B. Vor- und Ausbildung, dienstliche Tätigkeit) zur Prüfung der ihm zuerkannten Bezüge ankommen, VV Nr. 12.2.8.4 zu § 12 BBesG.
Welche individuellen Kenntnisse und Fähigkeiten benötigt man denn, um seine eigene wöchentliche Soll-Arbeitszeit zu kennen?
Titel: Antw:Fehler im Zeitkonto des Beamten - Verjährung - Ansprüche des Dienstherrn
Beitrag von: MasterP am 29.04.2020 10:47
Sicherlich kann und muss er nicht jede Woche seinen Zeitsaldo abgleichen, aber zumindest gelegentlich dürfte er sein Zeitkonto geprüft haben. Hierbei hätte ihm der Umstand also auffallen müssen.

Das Problem liegt ja darin, dass er laut Zeitsaldo sein Soll immer erfüllt hat. Es war ihm nur nicht bewusst, dass sein Soll zu niedrig angesetzt war. Er hat darauf vertraut, dass das Zeiterfassungssystem ihm schon sagen würde, wenn er zuviel oder zu wenig arbeitet, stattdessen zeigte es aber ein Saldo von +-0 an, was ihm suggerierte "alles im grünen Bereich". Dass diese Annahme blauäugig war, steht außer Frage.

Andererseits ist der personalverantwortlichen Stelle natürlich auch ein Vorwurf zu machen, nämlich die bezügewirksame Veränderung nicht in die Zeiterfassung eingespeist zu haben.

Off-Topic aus Interesse: Könnten auch auf den zuständigen Bearbeiter in der Personalstelle dienstrechtliche Probleme zukommen, weil er nicht sorgfältig gearbeitet hat?

Daher erscheint es mir wahrscheinlicher, dass zum einen eine Rückforderung der Überzahlung für 3 Jahre geltend gemacht wird, also etwa 1,5 Monatsgehälter des Beamten und im Übrigen der Ausgang des Diszi über weitere Maßnahmen entscheidet.

Gibt es denn überhaupt Verjährungsfristen im Beamtenrecht oder könnte der Dienstherr auch die vollen 5 Jahre berücksichtigen? Es handelt sich ja nicht um einen privatrechtlichen Arbeitsvertrag, bei dem das BGB zugrunde liegt.

Danke bis hierhin für die Antworten!
Titel: Antw:Fehler im Zeitkonto des Beamten - Verjährung - Ansprüche des Dienstherrn
Beitrag von: MasterP am 29.04.2020 11:02
Welche individuellen Kenntnisse und Fähigkeiten benötigt man denn, um seine eigene wöchentliche Soll-Arbeitszeit zu kennen?

Keine Hohen. Dem Beamten war seine Soll-Arbeitszeit grundsätzlich bekannt, er hat jedoch scheinbar immer nur das Saldo im Blick gehabt, welches ihm suggerierte es sei alles in Ordnung. Auf die Idee, dass im System ein Fehler vorliegen könnte, kam er scheinbar gar nicht erst.
Titel: Antw:Fehler im Zeitkonto des Beamten - Verjährung - Ansprüche des Dienstherrn
Beitrag von: MasterP am 29.04.2020 11:15
Ich sehe keine Rechtsgrundlage für den Dienstherrn, die geschuldete Zeit (jedenfalls den überwiegenden Anteil davon) nacharbeiten zu lassen. Anspruch besteht dagegen auf Rückforderung der zu viel gewährten Bezüge, § 12 BBesG.

Bei einem Zeitraum von fünf Jahren und einer nur geringfügigen Überzahlung ist der Wegfall der Bereicherung grds. zu unterstellen, vgl. VV Nr. 12.2.9 zu § 12 BBesG.

Sehr spannend. Vielen Dank auch für die Nennung der Fundstellen!

Wenn der Beamte nicht gerade selbst in der Personalverwaltung tätig war, dürfte am Ende entweder vollständig von einer Rückzahlung abgesehen werden müssen oder eine Rückzahlung auf 30% bis 70% der Gesamtforderung zu begrenzen sein

OK, also hätte er evtl. Chancen auf einen (Teil-)Erlass der Rückforderungen. Verjährung spielt dann hier wohl keine Rolle, nehme ich an? Also dass die älteren Ansprüche bereits verjährt wären?
Titel: Antw:Fehler im Zeitkonto des Beamten - Verjährung - Ansprüche des Dienstherrn
Beitrag von: Unknown am 29.04.2020 11:47
Ich stelle mal ganz provokativ die Frage, ob man als Beamter nicht seine eigene Arbeitszeit wissen sollte? Aus meiner Sicht muss man jedem Beamten zutrauen, dass dieser die richtige Anzahl seiner wöchtenlich zu leistenden Stunden kennt.
Das Beamtenverhältnis ist keine einseitige Baustelle. Ich kann es mir nicht vorstellen, dass das fünf Jahre lang nicht aufgefallen ist. So hat man ja auch nie Gleittage oder Gleitstunden genommen würde ich daraus interpretieren. Dieses hätte den Blick auf das Stundenkonto erfordert und da hätte man die aktuelle wöchentliche Arbeitszeit gesehen.
Mir kann aus meiner Sicht keiner erzählen, dass das fünf Jahre nicht aufgefallen ist.

Ich hab zwar keine Quelle oder Aktenzeichen zur Hand, aber irgendwo mal gelesen. Es ging dabei um Besoldung eines Beamten im gehobenen Dienst. Er hatte wohl über Jahre zuviel Besoldung bekommen und wollte sich rausreden, dass er es nicht gesehen hat. Das Gericht traf dabei die Annahme, wenn ich mich richtig erinnere, dass der Beamte des gehobenen Dienstes in Besoldung ausgebildet ist und den Fehler hätte erkennen müssen. Demnach verlangte das Gericht die Prüfung der Gehaltsabrechnung und die eigenständige Meldung falls irgendwas darauf nicht passt. Demnach musste er das zuviel erhaltene Geld natürlich zurückzahlen.
Wie gesagt ich habe keine Quelle für die Aussage und kann den Sachverhalt nur aus dem Gedächtnis wiedergeben.
Titel: Antw:Fehler im Zeitkonto des Beamten - Verjährung - Ansprüche des Dienstherrn
Beitrag von: 2strong am 29.04.2020 11:49
Die Verjährung von Rückforderungsansprüchen aufgrund von Besoldungsleistungen richtet sich nach den allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen (§ 195 BGB). Ein Teil der Forderung dürfte daher verjährt sein, vgl. BVerwG, Urt. v. 26.04.2012, Az.: BVerwG 2 C 4.11, Rd.-Nr. 14 ff.

Bezüglich der verbleibenden Forderung halte ich mindestens einen Teilerlass in Höhe von 30 % für zwingend.
Titel: Antw:Fehler im Zeitkonto des Beamten - Verjährung - Ansprüche des Dienstherrn
Beitrag von: 2strong am 29.04.2020 11:56
@ Unknown
Selbstverständlich hätte das dem Beamten das zwischenzeitlich auffallen müssen. Ebenso selbstverständlich hätte es aber auch dem Dienstherrn auffallen müssen. Deshalb führt die Billigkeitsentscheidung in derartigen Fällen ja regelmäßig auch nicht zu einem vollständigen sondern lediglich einem Teilerlass.
Titel: Antw:Fehler im Zeitkonto des Beamten - Verjährung - Ansprüche des Dienstherrn
Beitrag von: Feidl am 29.04.2020 12:46
Es ging dabei um Besoldung eines Beamten im gehobenen Dienst. Er hatte wohl über Jahre zuviel Besoldung bekommen und wollte sich rausreden, dass er es nicht gesehen hat. Das Gericht traf dabei die Annahme, wenn ich mich richtig erinnere, dass der Beamte des gehobenen Dienstes in Besoldung ausgebildet ist und den Fehler hätte erkennen müssen.
Das halte ich noch für viel zweifelhafter, als einen Fehler im Zeitkonto zu erkennen (kommt natürlich auf den Einzelfall an). Denn während die Arbeitszeit gleich bleibt, ändert sich i.d.R. die Besoldung mindestens einmal jährlich. Und wenn dann zum 1.1., wo eine reguläre Besoldungserhöhung statt findet, zum Beispiel fehlerhafterweise die Besolung um 4,2% anstatt 3,2% erhöht wurde, sollte dann der Beamte erkennen, dass er dann 30€ zuviel bekommt? ??? Besoldungsgruppe und Stufe sind ja weiterhin korrekt angegeben.
Titel: Antw:Fehler im Zeitkonto des Beamten - Verjährung - Ansprüche des Dienstherrn
Beitrag von: was_guckst_du am 29.04.2020 12:50
...ich kenne Kollegen, die rechnen jeden Monat mit dem Taschenrechner nach, ob auch wirklich - wirklich - alles stimmt... ::)

Ich kenne eigentlich nur mein Monatsnetto...wenn es da Abweichungen gibt, schaue ich nach, woran das liegt...
Titel: Antw:Fehler im Zeitkonto des Beamten - Verjährung - Ansprüche des Dienstherrn
Beitrag von: 2strong am 29.04.2020 15:10
Welche individuellen Kenntnisse und Fähigkeiten benötigt man denn, um seine eigene wöchentliche Soll-Arbeitszeit zu kennen?
Vorliegend spezielle Kenntnisse der AZV, der dazu ergangenen Ausführungshinweise sowie des BBesG. Solche Kenntnisse sind nicht jedem Beamten zu unterstellen. Technische Beamte sind bzgl. derlei Inhalten regelmäßig nicht ausgebildet. Und auch der nichttechnische Dienst des Bundes umfasst Ämter, für die unterschiedliche Ausbildungen erforderlich sind und für die in der Vergangenheit egenständige Laufbahnen vorgesehenen waren. Anders als im kommunalen Bereich sind das nicht alles (gefühlt) Diplom-Verwaltungswirte (FH) sondern Leute, die häufig Wirtschaftsrecht, Wirtschaftswissenschaften, Wirtschaftsinformatik, Steuerrecht, Rechtspflege, Politologie, Sozialwissenschaften, Biologie, Meteorologie, Verwaltungswissenschaften, Mathematik, Physik, Regionalwissenschaften Lateinamerikas etc. studiert haben oder kaufmännische Berufsausbildungen bzw. solche als Steuer-, Rechts- oder Sozialversicherungsfachangestellte vorweisen.
Titel: Antw:Fehler im Zeitkonto des Beamten - Verjährung - Ansprüche des Dienstherrn
Beitrag von: Organisator am 29.04.2020 15:43
Zu 3.: Man kann von einem der drei folgenden Szenarien ausgehen:
- Beamter hatte bei Einstellung ein Kind unter 12 Jahren und daher die Arbeitszeit auf 40 Stunden/Woche reduziert bei vollen Bezügen. Das Kind hat vor 5 Jahren das 12. Lebensjahr vollendet, der Anspruch des Beamten auf Reduzierung der Arbeitszeit von 41 auf 40 Stunden ist in dem Moment erloschen.
- Tarifbeschäftigter wurde vor 5 Jahren verbeamtet und hätte ab diesem Zeitpunkt 41 Stunden statt 39 Stunden zu leisten.
- Eine befristete Arbeitszeitreduzierung um 2 Stunden/Woche ist ausgelaufen, die Bezüge wurden plangemäß nach Ablauf der Befristung wieder auf Vollzeit hochgefahren.

Für alle drei Szenarien braucht man gar keine Kenntnisse und Fähigkeiten, um daraus seine Arbeitszeit abzuleiten. In allen Fällen erhält der Beamte ein Schreiben, aus dem sich ergibt, in welchen Zeiträumen welche Arbeitszeit zu erbringen ist.

Weiterhin ist üblicherweise die wöchentliche Arbeitszeit  auf den Bezügemitteilungen und im Zeiterfassungssystem angegeben.
Titel: Antw:Fehler im Zeitkonto des Beamten - Verjährung - Ansprüche des Dienstherrn
Beitrag von: was_guckst_du am 29.04.2020 19:17
...also ehrlich gesagt...jeder arbeitende Mensch sollte ohne spezielle Ausbildung über ein paar grundsätzliche Dinge, die sein Arbeits- bzw. Dienstverhältnis betreffen, Bescheid wissen...

...dazu gehören die wöchentlich zu leistende Stundenzahl, der Verdienst, die Anzahl der Urlaubstage und noch ein paar profane Dinge mehr...

...wer das nicht "drauf" hat, ist endweder fehl am Platz oder legt es drauf an, sich mit gespielter Unwissenheit Vorteile zun erschleichen...
Titel: Antw:Fehler im Zeitkonto des Beamten - Verjährung - Ansprüche des Dienstherrn
Beitrag von: 2strong am 29.04.2020 19:36
Ich selbst bilde mir ein, darüber sehr gut Bescheid zu wissen. Dennoch könnte ich Dir weder die exakte Höhe der mir zustehenden Bezüge, des regelmäßigen Überweisungsbetrages oder des Stundensaldos meines Gleitzeitkontos nennen. Ich kontrolliere auch nicht jeden Monat meine Kontoauszüge.

Die hier als unzumutbar erwähnten 47 Stunden pro Woche habe ich seit 2013 allenfalls in einzelnen Wochen unterschritten, Abweichungen von einer Stunde pro Woche würden mir da nicht unbedingt auffallen, ebenso nicht kleinere Besoldungsdifferenzen.

Mit Recht würde man mir im Zweifel vorhalten, all dies nicht hinreichend sorgfältig geprüft zu haben. Genau die selben Versäumnisse lassen sich hier aber auch dem Dienstherrn anlasten.
Titel: Antw:Fehler im Zeitkonto des Beamten - Verjährung - Ansprüche des Dienstherrn
Beitrag von: was_guckst_du am 29.04.2020 19:45
...jeden Morgen, wenn ich mich einlogge, nennt mir das Display mein Stundensaldo, meine (Rest)Urlaubstage und erinnert mich sogar daran, wenn ich Geburtstag habe...wenn ich zuviel Minusstunden oder zuviel Plusstunden habe, bekomme ich eine Warnmail...meine monatliche Gehaltsabrechnung, auf der alles wichtige zu entnehmen ist, erhalte ich ebenfalls online... 8)
Titel: Antw:Fehler im Zeitkonto des Beamten - Verjährung - Ansprüche des Dienstherrn
Beitrag von: Spid am 29.04.2020 20:09
Und wenn Du Dich auf das Display verläßt, merkst Du nicht, wenn eine zu geringe Sollzeit hinterlegt ist.
Titel: Antw:Fehler im Zeitkonto des Beamten - Verjährung - Ansprüche des Dienstherrn
Beitrag von: Organisator am 30.04.2020 08:07
Ich selbst bilde mir ein, darüber sehr gut Bescheid zu wissen. Dennoch könnte ich Dir weder die exakte Höhe der mir zustehenden Bezüge, des regelmäßigen Überweisungsbetrages oder des Stundensaldos meines Gleitzeitkontos nennen. Ich kontrolliere auch nicht jeden Monat meine Kontoauszüge.

Hier ging es ja auch nur um die wöchentliche Soll-Stundenzeit. Und die wird bei einer Änderung dem Beamten mitgeteilt. Somit kennt er die zu erbringende wöchentliche Arbeitszeit. Dafür braucht man gar kein Wissen, es wird einem mitgeteilt.

Neben den Bezügemitteilungen erscheint auch in der Zeiterfassung das "Soll". Wenn dann z.B. im Tagessoll nicht 8.12 h auftaucht ist sofort erkennbar, dass nicht 41 Wochenstunden vorgesehen sind.

Um das zu erkennen muss man auch nicht Bescheid wissen. Ergo mag zwar auch ein Verschulden bei dem Dienstherrn vorliegen, aber der Beamte hat hier auch die notwendige Sorgfalt vermissen lassen.

Titel: Antw:Fehler im Zeitkonto des Beamten - Verjährung - Ansprüche des Dienstherrn
Beitrag von: ccb am 30.04.2020 09:20
Bei uns taucht aber z.B. gar kein Tages-SOLL im Display auf. Da steht nur das Saldo.

Ich gehe davon aus, dass die meisten für sich selbst einen Plan haben, wie sie in der Woche auf ihre Stunden kommen. Wer das aber nicht hat, sondern einfach immer nur seinen Dienst verrichtet und sich am angezeigten Gesamtsaldo orientiert, dem nehme ich durchaus ab, dass ihm 12 Minuten am Tag nicht auffallen.
Titel: Antw:Fehler im Zeitkonto des Beamten - Verjährung - Ansprüche des Dienstherrn
Beitrag von: was_guckst_du am 30.04.2020 10:29
Und wenn Du Dich auf das Display verläßt, merkst Du nicht, wenn eine zu geringe Sollzeit hinterlegt ist.
...das merke ich aber daran, dass ich irgendwann zuviel Plusstunden habe, obwohl ich nicht darauf hin gearbeitet habe (diese Erkenntnis setzt allerdings eine gewisse Grundintelligenz voraus, die wohl nicht immer - auch im öD - vorhanden zu sein scheint) 8)
Titel: Antw:Fehler im Zeitkonto des Beamten - Verjährung - Ansprüche des Dienstherrn
Beitrag von: 2strong am 30.04.2020 10:55
Hier ging es ja auch nur um die wöchentliche Soll-Stundenzeit. Und die wird bei einer Änderung dem Beamten mitgeteilt. Somit kennt er die zu erbringende wöchentliche Arbeitszeit. Dafür braucht man gar kein Wissen, es wird einem mitgeteilt.
Was dem Beamten konkret mitgeteilt wurde, wissen wir nicht. Nicht jedes Zeiterfassungssystem weist die von Dir unterstellten Eigenschaften aus.

Im Übrigen korreliert die Verpflichtung zur Erbringung einer wöchentlichen Arbeitszeit mit dem Besoldungsanspruch. Ein kritisches Ergebnis ergibt sich also nur dann, wenn Arbeitszeit und Besoldung nicht im vorgesehenen Verhältnis zueinander stehen. Vorliegend weicht die Besoldung um rd. 2,5 % von der vorgesehenen Besoldung ab, mithin um eine Größenordnung, die bereits von Amts wegen als geringfügig erachtet wird. Kann man übersehen, sollte man aber nicht. Daher erachtet das BVerwG in diesen Fällen in der Regel einen Teilerlass als angemessen.
Titel: Antw:Fehler im Zeitkonto des Beamten - Verjährung - Ansprüche des Dienstherrn
Beitrag von: Organisator am 30.04.2020 11:06
Hier ging es ja auch nur um die wöchentliche Soll-Stundenzeit. Und die wird bei einer Änderung dem Beamten mitgeteilt. Somit kennt er die zu erbringende wöchentliche Arbeitszeit. Dafür braucht man gar kein Wissen, es wird einem mitgeteilt.
Was dem Beamten konkret mitgeteilt wurde, wissen wir nicht.

Jede Änderung der wöchentlich zu erbringenden Arbeitszeit erfolgt durch das Personalteam und wird dem betroffenen Beamten schriftlich mitgeteilt. Das gilt insbesondere für die im Sachverhalt beschriebene Teilzeit sowie die Absenkung der Arbeitszeit auf 40 Stunden wegen Kind.

Insofern kennt jeder Beamte seine zu erbringende wöchentliche Arbeitszeit.
Titel: Antw:Fehler im Zeitkonto des Beamten - Verjährung - Ansprüche des Dienstherrn
Beitrag von: 2strong am 30.04.2020 12:52
Jede Änderung der wöchentlich zu erbringenden Arbeitszeit erfolgt durch das Personalteam und wird dem betroffenen Beamten schriftlich mitgeteilt. Das gilt insbesondere für die im Sachverhalt beschriebene Teilzeit sowie die Absenkung der Arbeitszeit auf 40 Stunden wegen Kind.
Das funktioniert mutmaßlich ebenso zuverlässig wie die entsprechende Anpassung im Zeiterfassungssystem.

Insofern kennt jeder Beamte seine zu erbringende wöchentliche Arbeitszeit.
Der TE hat nicht behauptet, seine zu erbringende wöchentliche Arbeitszeit nicht zu kennen. Moniert wurde eine dienststellenseitig falsche Programmierung des Zeiterfassungssystems.
Titel: Antw:Fehler im Zeitkonto des Beamten - Verjährung - Ansprüche des Dienstherrn
Beitrag von: WasDennNun am 30.04.2020 17:56
Und das er deswegen seine wöchentliche Arbeitszeit nicht abgeleistet hat.
Hätte er sie abgeleistet, hätte bis jetzt eben massive Überstunden auf dem Konto angezeigt bekommen.