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Beschäftigte nach TVöD / TV-L / TV-H => TVöD Bund => Thema gestartet von: Achim am 15.09.2019 17:35
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Vor einigen Jahren bekam ich eine Abmahnung, weil ich bei Facebook einen Beitrag während der Kernarbeitszeit (9 bis 15 Uhr) geschrieben habe. Der Arbeitgeber konnte es nachweisen, weil er anhand der elektronischen Zeiterfassung genau nachweisen konnte, dass ich an dem besagten Tag am Arbeitsplatz anwesend war, als der Beitrag bei Facebook geschrieben wurde. Einen Satz bestehend aus lediglich drei Wörtern habe ich mit dem Smartphone geschrieben, als ich auf dem Klo war. Mehr konnte mir der Arbeitgeber diesbezüglich nicht nachweisen. Mag sich lächerlich anhören, aber ich bekam dafür tatsächlich eine Abmahnung. Eigentlich wollte mir der Arbeitgeber etwas anderes vorwerfen, aber das konnte er mir nicht nachweisen. Ist die Abmahnung nach eurem Rechtsgefühl rechtmäßig erfolgt? Ich bezweifel das. Drei Wörter tippe ich in weniger als einer Minute. Wenn es danach gehen würde, dann könnte man ja auch für jedes kurze private Telefongespräch abgemahnt werden. Aber ist wie gesagt schon mehr als 5 Jahre her. Ist auch fraglich, ob die Abmahnung überhaupt noch in meiner Personalakte liegt.
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Der TVÖD trifft dazu naheliegenderweise keine Regelung. Gefühlchen sind unbeachtlich. Wer während der Arbeitszeit privaten Verrichtungen nachgeht, vollendet grundsätzlich einen abmahnwürdigen Tatbestand. Das gilt auch für Privatgespräche. Arbeitszeit dient -Überraschung! - dem erbringen der geschuldeten Arbeitsleistung.
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Ist auch fraglich, ob die Abmahnung überhaupt noch in meiner Personalakte liegt.
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Dann wäre doch am sinnvollsten, erstmal Einsicht in die Personalakte zu nehmen (dazu trifft der TVöD sogar eine Regelung §3 V ).
Wenn nichts mehr da ist, ist alles weitere müßig. ( Allerdings neigen viele AGs seit Emmely dazu, Abmahnungen unbegrenzt aufzubewahren).
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Warum auch nicht? Das BAG hat mit Urteil v. 13.07.2012 - Az. 2 AZR 782/11 entschieden, daß eine rechtmäßig erteilte Abmahnung in der Akte verbleiben darf und der AN keinen Anspruch auf Entfernung hat.
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Ja, das habe ich auch mal irgendwo gelesen. Aber eine Abmahnung verliert mit dem Ablauf von einigen Jahren ihren Wert als Vorbereitung für eine Kündigung. Da meine Abmahnung älter als 5 Jahre ist, dürfte sie arbeitsrechtlich wertlos sei.
Und das habe ich im Internet gefunden:
"Darüber hinaus muss der Arbeitgeber nachweisen, dass es durch die Internet-Nutzung zu einer erheblichen Beeinträchtigung der arbeitsvertraglich geschuldeten Leistung gekommen ist. "
Oder anders ausgedrückt, die drei geschriebenen Wörter bei Facebook dürften im Ernstfall für eine Kündigung nicht reichen, weil das ganz bestimmt keine erhebliche Beeinträchtigung der arbeitsvertraglich geschuldeten Leistung ist.
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Weshalb der AG ja das mildere Mittel der Abmahnung gewählt hat.
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Wie Spid bereits schrieb ist für einen etwaigen Entfernungsanspruch maßgebend, ob die Abmahnung rechtmäßig ist.
Hieran bestehen m.E. bei der gegebenen Sachverhaltsschilderung ernsthafte Zweifel. Das gerügte Verhalten hat absoluten Bagatellcharakter, das die Schwelle zur abeitsvertraglichen Pflichtverletzung nach meiner Einschätzung nicht überschritten hat.
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Aber hätte man das sinnvollerweise nicht bereits bei Entstehung (also vor fünf Jahren) klären können/sollen/müssen?
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Wie Spid bereits schrieb ist für einen etwaigen Entfernungsanspruch maßgebend, ob die Abmahnung rechtmäßig ist.
Hieran bestehen m.E. bei der gegebenen Sachverhaltsschilderung ernsthafte Zweifel. Das gerügte Verhalten hat absoluten Bagatellcharakter, das die Schwelle zur abeitsvertraglichen Pflichtverletzung nach meiner Einschätzung nicht überschritten hat.
Es bleibt allerdings dabei, daß AN die Arbeitszeit ausschließlich für die Zwecke des Unternehmens einzusetzen haben. Social Media-Nutzung über private Smart Phones in der Arbeitszeit ist insofern weiterhin von der expliziten Gestattung durch den AG abhängig. Sofern dies nicht der Fall ist - und ich vermag derlei der Sachverhaltsschilderung nicht entnehmen - handelt es sich um eine Verletzung der Hauptpflicht des AN. Sieht die Kommentierung auch so, z.B. Haufe,
Personal Office Platin, Frik, HI2590046. Derlei kann selbstverständlich abgemahnt werden. Es ist qualitativ der gleiche Verstoß wie eine absichtlich zu geringe Gehaltszahlung durch den AG.
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Grundsätzlich ist das so auch richtig, der geschilderte Fall würde aber wohl bei einer Gesamtbetrachtung nicht ausreichen, um die Schwelle zur Pflichverletzung zu erreichen. Selbst wenn man aber diese annehmen würde, wäre fraglich, ob eine Abmahnung i.S.d. BAG-Rechtsprechung in solchen Fällen als verhältnismäßig anzusehen ist.
Nur ein schwerwiegendes Fehlverhalten rechtfertigt eine Abmahnung. Unverhältnismäßig ist eine Abmahnung dann, wenn diese dem abgemahnten Mitarbeiter große Nachteile zufügt, obwohl andere, weniger drastische Maßnahmen ausgereicht hätten, zum Beispiel eine bloße Ermahnung. Das Abmahnen von Bagatelverstößen ist daher unverhältnismäßig (BAG vom 30.05.1996, 6 AZR 537/95)-
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Es handelt sich um einen Verstoß gegen die Hauptpflicht des AN, den dieser mit Vorsatz begangen hat. Wie kann man da von geringfügig reden? Fändest Du es geringfügig, wenn Dein AG Dir vorsätzlich 41,57€ weniger Entgelt überweisen würde?
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Die Richtigkeit des Sachverhalts unterstellt, haben wir einen AN der während der Verrichtung seiner Notdurft einen Social-Media-Beitrag unter einer Minute Zeitdauer verfasst hat. Da die Verrichtung der Notdurft als solche bereits ein vom Arbeitgeber hinzunehmendes, sozialübliches Verhalten darstellt, vermag ich keine Verletzung der Hauptpflicht zu erkennen, wenn der Gang zur Schüssel nicht in dem Hauptzweck bestand, den besagten Beitrag zu verfassen und sich die "Sitzung" dadurch nicht verlängerte.
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Deine Argumentation geht dahingehend fehl, als daß es für den Verstoß unbeachtlich ist, ob der AN ohnehin an der Leistungserfüllung gehindert gewesen wäre. Deutlich wird das daran, daß der AN auch einen Pflichtverstoß beginge, wenn er sich während der Arbeitszeit einen Döner holt, weil er gerade 15 Minuten nicht seinen Rechner benutzen kann, weil ein automatisches Update installiert wird.
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Der von dir konstruierte Fall ist nicht mit dem vorliegenden vergleichbar, nicht nur, weil das Leisungshindernis dort nicht in der Person des Arbeitnehmers liegt, sondern auch weil der Arbeitsort hier durch den AN verlassen wird, ohne dass dies der Arbeitgeber dulden müsste.
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Ich habe auch nicht behauptet, daß der Fall vergleichbar wäre, noch wäre dies erforderlich für mein Argument. Ich habe lediglich an einem Beispiel verdeutlicht, daß es für den Pflichtverstoß unbeachtlich ist, ob der AN ohnehin an der Leistungserfüllung gehindert gewesen wäre.
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In deinem Beispiel ist das auch zutreffend, im hier geschilderten Fall aufgrund der von mir dargelegten Besonderheiten aber nicht. Die Hauptleistungsflicht ruht faktisch während des Toilettenganges, womit es denklogisch unmöglich ist, gegen diese zu verstoßen. In deinem Beispielsfall könnte und darf der Arbeitgeber aber den AN während des Uptdates aber selbstverständlich auch mit anderweitigen Aufgaben betrauen.
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Ob sie faktisch ruht, kann dahingestellt bleiben. Sie ruht rechtlich nicht - und darauf kommt es an.
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Ob sie faktisch ruht, kann dahingestellt bleiben. Sie ruht rechtlich nicht - und darauf kommt es an.
Bleibt abzuwarten wie das die Rechtsprechung sieht.
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Der Rechtsprechung des BAG zur Sozialadäquanz ist jedenfalls kein Ruhen der Hauptpflicht zu entnehmen. Der Umstand, daß es eine Duldungspflicht des AG sieht, spricht deutlich eher für entschuldigte Nichterfüllung als für eine Suspendierung der Pflicht.
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Ich persönlich würde wie schon angedeutet den Fall auch eher über die Verhältnismäßigkeit lösen, als über die Frage der Verletzung der Hauptleistungspflicht, um in keine all zu rechtsphilosophischen Fahrwasser zu gelangen.
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Die Verhältnismäßigkeit der Abmahnung ergibt sich aus der Verletzung der Hauptpflicht. Mithin ließe sich das nicht trennen.
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Grundsätzlich ja, aber nicht in jedem Einzelfall. Der vorliegende wäre m.E. ein solcher.
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Und m.E.n. eben nicht.
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du hast eigentlich nur einen Fehler gemacht, du hast es zugegeben...
Kein Mensch in deiner Verwaltung kann unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit nachweisen, dass du persönlich den Post bei Facebook geschrieben hast.
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Wenn die Hauptpflichten/Nebenpflichten des AN für die Dauer der Toilettenzeit gilt müsste dann eigentlich auch die HP/NP des AG gelten, d.h. Absicherung bei Unfällen?
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Die Hauptpflicht gilt doch beiderseits uneingeschränkt.
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Unfälle auf dem Klo sind doch Privatangelegenheit.
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Ja, weil der AN seiner Hauptpflicht entschuldigt nicht nachkommt. Die Hauptpflichten bleiben aber bestehen.
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Dann bewegen sich viele User hier ja auf sehr dünnem Eis, denn eine Aktivität in diesem Forum während der Dienstzeit stellt bereits eine abmahnfähige Verletzung der Hauptpflicht dar.
Wie sähe es beispielsweise in der Mittagspause aus- wären Aktivitäten im Internet da grundsätzlich erlaubt? Oder beispielsweise auf einer Dienstfahrt, wenn man als Beifahrer mitfährt?
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Dann bewegen sich viele User hier ja auf sehr dünnem Eis, denn eine Aktivität in diesem Forum während der Dienstzeit stellt bereits eine abmahnfähige Verletzung der Hauptpflicht dar.
Sofern es nicht im Rahmen seiner Tätigkeiten und Aufgaben geschieht. So könnten Personalräte sicherlich sich hier als "Weiterbildung" tummeln, ohne das es abmahnbar wäre.
Wie sähe es beispielsweise in der Mittagspause aus- wären Aktivitäten im Internet da grundsätzlich erlaubt? Oder beispielsweise auf einer Dienstfahrt, wenn man als Beifahrer mitfährt?
Wenn man in seiner Mittagspause am Schreibtisch sitzt und per Handy hier rumlungert?
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Wie sähe es beispielsweise in der Mittagspause aus- wären Aktivitäten im Internet da grundsätzlich erlaubt? Oder beispielsweise auf einer Dienstfahrt, wenn man als Beifahrer mitfährt?
Wenn man in seiner Mittagspause am Schreibtisch sitzt und per Handy hier rumlungert?
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Wenn der AG grundsätzlich die Nutzung des Internets über die bereitgestellten Rechner erlaubt, dann sollte das in den Pausen auch kein Problem sein. Wenn er es verbietet, dann natürlich nicht.
Unserer erlaubt die (nahezu) uneingeschränkte Nutzung des Internets (solange es nicht übertrieben wird und gewisse einschlägige Internetseiten nicht aufgerufen werden), vornehmlich sollte es allerdings "zu Recherchezwecken" genutzt werden.