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Beschäftigte nach TVöD / TV-L / TV-H => TVöD Kommunen => Thema gestartet von: Anni93 am 22.10.2020 12:36

Titel: Verpflichtung zur Arbeit?
Beitrag von: Anni93 am 22.10.2020 12:36
Hallo Community,

derzeit ganz akut bei uns im Büro:

Ist man verpflichtet während der vom Gesundheitsamt angeordneten Quarantäne als Kontaktperson 1 Homeoffice zu machen?

Wie ist da die derzeitige Rechtslage?  :)
Titel: Antw:Verpflichtung zur Arbeit?
Beitrag von: Lars73 am 22.10.2020 12:40
Nein, eine solche Pflicht gibt es nicht. Aber wenn man die Möglichkeit Homeoffice ablehnt, könnte es die Folge haben, dass keine Entschädigungsanspruch besteht.
Titel: Antw:Verpflichtung zur Arbeit?
Beitrag von: Spid am 22.10.2020 12:40
Die derzeitige Rechtslage ist unverändert: die Verpflichtung zur Bereitstellung der eigenen, grundgesetzlich geschützten Wohnung als Arbeitsplatz besteht nur, wenn man sich dazu einzelvertraglich verpflichtet hat.
Titel: Antw:Verpflichtung zur Arbeit?
Beitrag von: AndreasG am 22.10.2020 12:45
Wobei man hier allerdings bei Ablehnung von Homeoffice in der Quarantäne zukünftig dann schlechte Karten haben dürfte wenn man beim Arbeitgeber Homeoffice beantragt...
Titel: Antw:Verpflichtung zur Arbeit?
Beitrag von: Bastel am 22.10.2020 13:45
Vielleicht ändern sich ja zwischenzeitlich die räumlichen Gegebenheiten?
Titel: Antw:Verpflichtung zur Arbeit?
Beitrag von: AndreasG am 22.10.2020 14:18
Vielleicht ändern sich ja zwischenzeitlich die räumlichen Gegebenheiten?

Das wäre definitiv eine Möglichkeit.

Ich würde auf jeden Fall diplomatisch vorgehen beim Ablehnen des Homeoffices es sei denn es
wäre egal ob man zukünftig irgend wann mal Homeoffice möchte.
Titel: Antw:Verpflichtung zur Arbeit?
Beitrag von: Philipp am 22.10.2020 15:03
Soweit ich weiß kann Homeoffice faktisch nicht angeordnet werden.

Insofern würde ich die Ausgangsfrage beneinen.
Titel: Antw:Verpflichtung zur Arbeit?
Beitrag von: acer am 22.10.2020 20:09
Nein, eine solche Pflicht gibt es nicht. Aber wenn man die Möglichkeit Homeoffice ablehnt, könnte es die Folge haben, dass keine Entschädigungsanspruch besteht.

warum sollte man keinen anspruch darauf haben? wenn keine pflicht besteht?
Titel: Antw:Verpflichtung zur Arbeit?
Beitrag von: Platten am 22.10.2020 22:27
Spid hat Recht. Und genau so muss auch verfahren werden, wenn man noch ein Ei in der Hose hat.
Wer in normalen Zeiten kein Vertrauen in seine MA legt, und deshalb mobiles Arbeiten ablehnt, kann sich in der Krise mal schön ins K... f......
Titel: Antw:Verpflichtung zur Arbeit?
Beitrag von: Spid am 23.10.2020 08:02
Mit welcher Begründung sollte man den eine gesetzliche Regelung zu einem solch doppelten Grundrechtseingriff schaffen? Welches höhere oder gleichwertige Rechtsgut könnte denn in die Waagschale geworfen werden?
Titel: Antw:Verpflichtung zur Arbeit?
Beitrag von: Lars73 am 23.10.2020 09:00
In der Literatur wird die Frage diskutiert, dass wenn Homeoffice angeboten wird ggf. kein Entschädigungsanspruch bestehen könnte. (Wobei die Sache kompliziert wegen der verschiedenen Anspruchsgrundlagen ist.)

Soweit man dies grundsätzlich annimmt (was nicht zwingen, aber auch nicht unvertretbar ist. Könnte eine pauschale Ablehnung des angebotenen Homeoffice den eigenen Anspruch gefährden. Soweit die Arbeit im Homeoffice daran scheitert, dass die räumlichen Gegebenheiten nicht bestehen wäre dies natürlich unschädlich.
Auch wenn der Arbeitgeber sich nicht um die Bereitstellung der entsprechenden technischen Ausstattung kümmert und den Arbeitnehmer von allen Kosten freistellt wäre die Sache eindeutig.

Aus dem Grund wäre man rechtlich auf der sicheren Seite wenn man nicht pauschal die Arbeit im Homeoffice abzulehnen, sondern nur für den Arbeitgeber kaum zu erfüllenden Hürden setzt. Vermutlich ist auch das tatsächliche Risiko des finanziellen Verlustes bei pauschaler Ablehnung gering. Aber m.E. zumindest nach heutigen Stand nicht völlig auszuschließen. Aus diesem Grund hielt und halte ich meine Aussage in der Form für geboten.
Titel: Antw:Verpflichtung zur Arbeit?
Beitrag von: Lars73 am 23.10.2020 09:28
Die Frage ist rechtlich nicht ob man als Arbeitgeber Zugriff hat. Sondern ob man trotzdem Geld vom Arbeitgeber/Staat dafür bekommt oder ob man die Folgen dieser Entscheidung selber tragen muss.
Titel: Antw:Verpflichtung zur Arbeit?
Beitrag von: Spid am 23.10.2020 10:07
Der AG ist ja jedenfalls raus - außer als Auszahlungsstelle der staatlichen Entschädigung. Wir verlassen also das Zivilrecht in Richtung Verwaltungsrecht. Es gibt einen normierten Entschädigungsanspruch. Dieser ist geknüpft an einen Verdienstausfall aufgrund der behördlichen Anordnung. Die Frage kann also nur sein, was derjenige, der die Entschädigung begehrt, hätte tun müssen, um das Entstehen eines Schadens abzuwenden. Betrachtet man die Möglichkeiten, diesen abzuwenden, bleibt im Hinblick auf den Sachverhalt des Home Office lediglich der Abschluß einer entsprechenden Vereinbarung mit dem AG oder die Duldung des Eingriffs in den geschützten Bereich der Wohnung. Beides berührt grundgesetzlich geschützte Rechte dessen, der die Entschädigung begehrt: die Vertragsfreiheit und die Unverletzlichkeit der Wohnung, letztere sowohl als Abwehrrecht gegen den Staat als auch als Verpflichtung, diese gegenüber privaten Dritten zu schützen. Für Grundrechtseingriffe bedarf es einer Ermächtigung, seiner expliziten Benennung und einer hinreichenden Begründung im Vorhinein - auch dann, wenn er indirekt vorgenommen wird. Hier fehlt es an allen dreien.
Titel: Antw:Verpflichtung zur Arbeit?
Beitrag von: WasDennNun am 23.10.2020 10:15
Wenn man unverschuldet in Quarantäne gesteckt wird, bekommt man die Entschädigung (weder AG noch AN haben einen monetären Nachteil dadurch) und es ist halt eine nicht notwendige Nettigkeit des AN, wenn er dann anstelle der reinen Q. HomeOffice macht und dadurch der Staat entlastet wird und dem AG die Arbeitskraft nicht "fehlt".

Anders ist es natürlich, wenn der AN keinen Anspruch auf Entschädigung hat, weil er selbst verschuldet in Q. kommt (z.B. weil er wissentlich in ein Risikogebiet gefahren ist.)
Dann ist es eine Nettigkeit des AG, dass er bereit ist dir Einkommen zu verschaffen.

Titel: Antw:Verpflichtung zur Arbeit?
Beitrag von: WasDennNun am 23.10.2020 12:12
Auch hier übrigens der Hinweis, dass es sich vermutlich nicht um Homeoffice (Heimarbeitsplatz) im engeren Sinne handelt, sondern die Möglichkeit des Arbeitgebers, mobil [zuhause] zu arbeiten.
Telearbeit, arbeiten von zuhause, HomeOffice, mobiles Arbeiten, dislozierter Arbeitsplatz .....
ach ja was ist nun was?? :o
Titel: Antw:Verpflichtung zur Arbeit?
Beitrag von: Lars73 am 23.10.2020 13:11
Wenn man unverschuldet in Quarantäne gesteckt wird, bekommt man die Entschädigung (weder AG noch AN haben einen monetären Nachteil dadurch) und es ist halt eine nicht notwendige Nettigkeit des AN, wenn er dann anstelle der reinen Q. HomeOffice macht und dadurch der Staat entlastet wird und dem AG die Arbeitskraft nicht "fehlt".
Warum sollte der Staat eine Entschädigung bezahlen müssen, wenn der Schaden nur eintritt, weil eine zumutbare Möglichkeit zu arbeiten abgelehnt wird? Ich würde die gesetzliche Regelung so lesen, dass dann kein Anspruch besteht. Weil die Quarantäne nicht ursächlich für den Verdienstausfall ist. (Sondern die Weigerung Homeoffice zu machen.) Das berührt nicht die Frage, dass der Arbeitgeber Homeoffice nicht erzwingen kann. Aber es gibt eine Hürde wo der Staat sich hier für unnötigen Entschädigungen schützen kann. (Was ein schwaches Schwert ist, weil man meist eine Situation herbeiführen kann wo die Weigerung Homeoffice zu machen den Entschädigungsanspruch nicht berührt.)
Titel: Antw:Verpflichtung zur Arbeit?
Beitrag von: AndreasG am 23.10.2020 13:17
Zitat
Warum sollte der Staat eine Entschädigung bezahlen müssen, wenn der Schaden nur eintritt, weil eine zumutbare Möglichkeit zu arbeiten abgelehnt wird?

Da wäre eben die Frage was ist zumutbar?

Mitarbeiter hat zuhause keinen ergonomischen Schreibtisch mit Bildschirmen und Bürostuhl.
Soll der Mitarbeiter sich jetzt über Wochen den Rücken kaputt machen?

Imho wäre das nicht zumutbar.



Oder wenn der Mitarbeiter zuhause 3 kleine Kinder rumlaufen hat und keinen extra Raum um in Ruhe zu arbeiten.

Titel: Antw:Verpflichtung zur Arbeit?
Beitrag von: Spid am 23.10.2020 13:26
Wenn man unverschuldet in Quarantäne gesteckt wird, bekommt man die Entschädigung (weder AG noch AN haben einen monetären Nachteil dadurch) und es ist halt eine nicht notwendige Nettigkeit des AN, wenn er dann anstelle der reinen Q. HomeOffice macht und dadurch der Staat entlastet wird und dem AG die Arbeitskraft nicht "fehlt".
Warum sollte der Staat eine Entschädigung bezahlen müssen, wenn der Schaden nur eintritt, weil eine zumutbare Möglichkeit zu arbeiten abgelehnt wird? Ich würde die gesetzliche Regelung so lesen, dass dann kein Anspruch besteht. Weil die Quarantäne nicht ursächlich für den Verdienstausfall ist. (Sondern die Weigerung Homeoffice zu machen.) Das berührt nicht die Frage, dass der Arbeitgeber Homeoffice nicht erzwingen kann. Aber es gibt eine Hürde wo der Staat sich hier für unnötigen Entschädigungen schützen kann. (Was ein schwaches Schwert ist, weil man meist eine Situation herbeiführen kann wo die Weigerung Homeoffice zu machen den Entschädigungsanspruch nicht berührt.)

Ich halte es bereits für ein stumpfes Schwert, weil es sich um einen indirekten Grundrechtseingriff handelt, der an Voraussetzungen gebunden ist. Diese liegen schlicht nicht vor. Es fehlt ja bereits an der Abwägung.