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Beschäftigte nach TVöD / TV-L / TV-H => TVöD Kommunen => Thema gestartet von: Hansi1 am 15.01.2020 16:32
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Hallo in die Runde,
als Leiter einer selbstständigen Organisationseinheit einer Kommune wurde ich (Meisterausbildung) in der Lohngruppe 9 eingestellt. Da die Organisationseinheit nach meiner Einstellung im Gegensatz zu vorher relativ reibungslos funktionierte wurde mir nach ein paar Jahren vom Bürgermeister die Verantwortung für 2 zusätzliche Bereiche angeboten. Zunächst habe ich das abgelehnt, als mir dann aber die Lohngruppe 10 angeboten wurde habe ich das Angebot angenommen und betreue seither die drei Bereiche als Vorgesetzter.
Jetzt, nach 5 Jahren, werden Aufgaben in der Verwaltung neu organisiert und in diesem Zuge gebe ich den Verantwortungsbereich von einem der zusätzlichen Aufgabengebieten an eine neue Stelle ab.
Eine Stellenbeschreibung / Stellenbewertung wurde seither bei mir nicht gemacht, soll jetzt aber im Zuge der Neuorganisation in der gesamten Verwaltung durchgeführt werden.
Meine Höhergruppierung wurde damals im Gemeinderat einstimmig beschlossen "ab Übernahme dieser Aufgaben wird Herrn Hansi1 in Entgeltgruppe 10 höher gruppiert. Abweichend von den tariflichen Regeln erfolgt die Eingruppierung sofort in Stufe5."
Jetzt fällt ein Aufgabenbereich weg und ob meine Stelle mit der Lohngruppe 10 bewertet wird kann ich nicht sagen. Kann mich der AG auch rückgruppieren oder gibt es da einen Bestandsschutz?
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Es gibt keine Lohngruppen. Sofern Deine auszuübende Tätigkeit zu Deiner Eingruppierung in E10 führt, ist es dem AG verwehrt, Dir einseitig Tätigkeiten zu übertragen, die zu einer anderen Eingruppierung führen. Dies bedarf Deines mindestens impliziten Einverständnisses. Erteilst Du es, bist Du entsprechend der neuen auszuübenden Tätigkeit eingruppiert, das kann auch eine niedrigere Entgeltgruppe sein. Die Rechtsmeinung des AG im allgemeinen und Gemeinderatsbeschlüsse im besonderen berühren die Eingruppierung nicht.
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Es mag ja sein das die Rechtsmeinung des AG unerheblich ist, aber die überweisen mir halt das Gehalt.
Bei der Höhergruppierung wurde ein Änderungsvertrag aufgesetzt, in dem die Entgeltstufe 10 genannt wird. Damit müsste ich doch eigentlich auf der sicheren Seite sein, oder?
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Entscheidend ist ob es tatsächlich Aufgaben nach E10 waren. Soweit der Arbeitgeber behauptet dies war ein Irrtum wird es kompliziert. Aber da wäre der Arbeitgeber im Streitfall erstmal in der Darlegungspflicht.
Soweit die bisherigen Aufgaben nach E10 zu bewerten waren hast du Anspruch weiterhin Aufgaben nach E10 zu bekommen. Abweichungen davon sind nur einvernehmlich oder als Änderungskündigung möglich.
Als solches sollte betont werden, dass man weiterhin Aufgaben nach E10 haben möchte und den neuen Zuschnitt nur dann akzeptiert, wenn es weiterhin eine E10 ist. Ansonsten kann erstmal abgewartet werden was der Arbeitsgeber macht.
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Es mag ja sein das die Rechtsmeinung des AG unerheblich ist, aber die überweisen mir halt das Gehalt.
Bei der Höhergruppierung wurde ein Änderungsvertrag aufgesetzt, in dem die Entgeltstufe 10 genannt wird. Damit müsste ich doch eigentlich auf der sicheren Seite sein, oder?
Nein. Der Angabe der Entgeltgruppe im Arbeitsvertrag kommt regelmäßig nur deklaratorische Bedeutung zu. Es ist lediglich Ausdruck der unbeachtlichen Rechtsmeinung der Arbeitsvertragsparteien, zu deren Disposition die Eingruppierung nicht steht. Wenn das nie eine E10 war, kann der AG grundsätzlich seine irrige Rechtsmeinung auch rückwirkend noch nach Jahren korrigieren - und sein Direktionsrecht innerhalb der tatsächlichen Entgeltgruppe ausüben.
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Interessantes Thema, bei dem ich auch noch dazulernen möchte.
Inwiefern entsteht durch ein Eingruppierungsirrtum, der eindeutig langjährig rein arbeitgeberseitig verschuldet ist, eine Art Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, so dass eine korrigierende Rückgruppierung ggf. ein Verstoß gegen Treu und Glauben nach BGB wäre?
Vielleicht kann Spid hier nochmal etwas ins Detail gehen.
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Zeitablauf selber ist nicht dazu geeignet, entsprechende Vertrauenstatbestände zu schaffen. Dazu müssen weitere Aspekte hinzutreten, z.B. wiederholte Eingruppierungsmitteilungen anlässlich von Überleitungen.
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Wäre es denkbar, dass die Nennungen der Entgeltgruppe im Ausschreibungstext, im Arbeitsvertrag und fortlaufend auf Lohnbescheinigungen einen Tatbestand des Vertrauensschutzes schaffen?
Inwiefern entfalten Formulierungen in Vertragsvorlagen wie z.B. "Die Einstellung erfolgt für Tätigkeiten der Entgeltgruppe E X TVöD" einen arbeitsvertraglichen Schutz vor korrigierenden Rückgruppierungen? Eine derartige Formulierung hat für mich eine größere als eine reine deklaratorische Bedeutung.
Hieraus könnte man ja ableiten, dass die Entgeltgruppe zugesichert ist, und der Arbeitgeber nur noch berechtigt ist, Aufgabenveränderungen im Rahmen der genannten Entgeltgruppe zu vollziehen.
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Wäre es denkbar, dass die Nennungen der Entgeltgruppe im Ausschreibungstext, im Arbeitsvertrag und fortlaufend auf Lohnbescheinigungen einen Tatbestand des Vertrauensschutzes schaffen?
Nein, das ist nicht denkbar. Die Nennung in der Ausschreibung ist unbeachtlich, die automatisierte Ausgabe auf Gehaltsmitteilungen ist eben keine Eingruppierungsmitteilung. Eine Mitteilung anläßlich bspw. einer Überleitung in der Art „Sie waren bis tt.mm.jjjj in E9 eingruppiert und wurden zum tt.mm.jjjj in E9b übergeleitet.“ wäre hingegen eine solche und ist wohl am häufigsten für das Schaffen von Vertrauenstatbeständen ursächlich - weshalb ich ja auch von derlei abrate.
Inwiefern entfalten Formulierungen in Vertragsvorlagen wie z.B. "Die Einstellung erfolgt für Tätigkeiten der Entgeltgruppe E X TVöD" einen arbeitsvertraglichen Schutz vor korrigierenden Rückgruppierungen? Eine derartige Formulierung hat für mich eine größere als eine reine deklaratorische Bedeutung.
Hieraus könnte man ja ableiten, dass die Entgeltgruppe zugesichert ist, und der Arbeitgeber nur noch berechtigt ist, Aufgabenveränderungen im Rahmen der genannten Entgeltgruppe zu vollziehen.
Nein. Das ist auch nicht anders als die Standardformulierung „Der Beschäftigte ist in Ex eingruppiert.“
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In meinem Änderungsvertrag steht:
Wird in Abänderung des Arbeitsvertrags vom xxx folgender Änderungsvertrag geschlossen: Die Vergütung erfolgt ab dem xxx in Entgeltgruppe 10 Stufe 5.
Kann das der AG durch andere Aufgaben ändern?
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Ja. Das hat nur deklaratorische Bedeutung, d.h. daß die Arbeitsvertragsparteien lediglich der Auffassung sind, die auszuübende Tätigkeit sei dergestalt zu vergüten, und dies damit kundtun.
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Unabhängig von den rechtlichen Ausführungen, ist es auch möglich, bevor Änderungskündigungen ausgesprochen werden müssen oder du dein Einverständnis zu einer solchen Änderung deiner auszuübenden Tätigkeiten gibst, dass dir dein AG andere gleich vergütete auszuübende Tätigkeiten / Stellen anbietet.
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Besser keine gleich vergütete, sondern eine, die zur Eingruppierung in E10 führt.
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Dies sollte die Voraussetzung sein, bevor man dem TE diese Tätigkeiten anbietet...
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Wenn das nie eine E10 war, kann der AG grundsätzlich seine irrige Rechtsmeinung auch rückwirkend noch nach Jahren korrigieren […]
Kann er dann auch rückwirkend das jahrelang zu viel gezahlte Entgelt nachfordern? Oder nur die letzten 6 Monate? Gar nicht?
Was ist die Folge der Korrektur?
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Fordern kann er viel, seine Ansprüche sind jedoch jeweils nach 6 Monaten verfallen.
Die Folge einer Korrektur wird regelmäßig ein anderes Entgelt sein.
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Ist der Sachverhaltschilderung nicht zu entnehmen, dass bewußt ein höheres Entgelt, abweichend von den tariflichen Regelungen, gezahlt werden soll, und diese somit vereinbart ist?
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Der Sachverhaltsschilderung ist zu entnehmen, daß bewußt das Entgelt nach einer höheren Stufe der Entgelttabelle gezahlt werden sollte, als sich aus den tariflichen Regelungen ergeben hätte. Daran ist der AG gebunden. Es ist jedoch nicht erkennbar, daß der AG eine höhere Entgeltgruppe als die zustehende vereinbaren wollte.
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"Zunächst habe ich das abgelehnt, als mir dann aber die Lohngruppe 10 angeboten wurde habe ich das Angebot angenommen...."
"ab Übernahme dieser Aufgaben wird Herrn Hansi1 in Entgeltgruppe 10 höher gruppiert. Abweichend von den tariflichen Regeln erfolgt die Eingruppierung sofort in Stufe5."
EG wurde angeboten.
Wird höhergruppiert, nicht "ist"
Das spricht für mich wie eine gewollte übertarifliche Vereinbarung.
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Nein. Das Angebot der E10 kann auch erfolgt sein, weil E10 der Rechtsmeinung des AG entsprach. Bei einer in der Zukunft liegenden Höhergruppierung ist "ist höhergruppiert" ebenso falsch wie "wird höhergruppiert". Zutreffend wäre "wird höhergruppiert sein".
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Inwiefern müssten Lohngruppen angeboten werden, wenn sie den tariflichen Bestimmungen unterliegen?
Aber: Ohne die tatsächliche Eingruppierung zu kennen sind das natürlich unbeachtliche Mutmaßungen.
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Es ist doch nicht unüblich, daß ein AG seine Rechtsmeinung zur Eingruppierung bei einem Stellenangebot äußert. Ich gehe davon aus, daß „Möchten Sie xy werden? Das wäre wohl eine E10.“ deutlich häufiger vorkommt als „Möchten Sie xy werden? Bilden Sie sich mal eine Rechtsmeinung zur Eingruppierung und sagen zu oder ab. Unsere Rechtsmeinung erfahren Sie mit der dann folgenden Entgeltabrechnung. Dann können Sie entscheiden, ob Sie klagen möchten.“ - aber das ist auch nur eine Mutmaßung.
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Nun, wenn jemand mir sagt er biete mir eine bestimmte Entlohnung ist es schon etwas anderes wie "das wäre wohl die Entlohnung" Zwei Versionen die unterschiedliche Folgen haben.
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Es handelt sich ja um eine eingruppierungsrelevante Tätigkeitsänderung und somit um eine Vertragsänderung, die zwischen den Arbeitsvertragsparteien verhandelt wird. Was ich geschildert habe, wäre ein Angebot innerhalb der Verhandlungen.