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Beschäftigte nach TVöD / TV-L / TV-H => TVöD Kommunen => Thema gestartet von: Hellmi am 27.03.2020 14:50
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Hallo in die Runde,
ich arbeite im Kindergarten eine Kommune.
Wir haben heute die Information bekommen, dass wir unseren Jahresurlaub (3,5 Wochen, die eigentlich fest im Juni feststanden) nun nehmen müssen aufgrund der Schließung der Kindergärten.
Es ist auch möglich angesammelte Überstunden abzubauen - ins Minus dürfen wir nicht gehen.
Nun meine Frage in die Runde:
Darf die Kommune uns einfach ohne Einwilligung dazu zwingen Urlaubs zu nehmen?
Es wird nun von einem Betriebsurlaub gesprochen, und unser Anspruch auf Urlaub im Juni wird gestrichen, mit der Begründung, dass dann ja auch viele Familien keinen Urlaub mehr nehmen und diesen aufgrund der aktuellen Lage ja jetzt schon nehmen müssen.
Ich finde das alles sehr merkwürdig und bin über Informationen wie wir/ich uns jetzt verhalten sollen sehr sehr dankbar!
Allen viel Kraft und Gesundheit!
Ein angenehmes Wochenende,
wünscht Florian!
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Nein.
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Und wie sollten wir uns am besten verhalten?
AG schriftlich anbieten, dass wir trotzdem zur Arbeit kommen und anderweitige Aufgaben erledigen?
Eine etwas genauere Info wäre super :-)
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Dem AG schriftlich mitteilen, daß er die Betriebsferien nicht zeitgerecht vorher angekündigt hat, Du auf dem für Juni genehmigten Urlaub bestehst und die unzulässige Verlagerung des Betriebsrisikos des AG auf die AN nicht hinnimmst. Zudem weist Du den AG darauf hin, daß Du Dir vorbehältst, seine Antwort sowie alle übrigen mit seinem rechtswidrigen Tun im Zusammenhang stehenden Dinge zu veröffentlichen, um das berechtigte Bedürfnis der Öffentlichkeit an Informationen über rechtswidriges und schäbiges Verhalten öffentlicher Stellen zu befriedigen.
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um das berechtigte Bedürfnis der Öffentlichkeit an Informationen über rechtswidriges und schäbiges Verhalten öffentlicher Stellen zu befriedigen.
wunderbare Formulierung ;D
Peinlicherweise war neulich im öffRechtl. TV ein Rechtsanwalt zu hören (und zu sehen), der undifferenziert gesagt hat, dass ein AG Zwangsurlaub aus betrieblichen Gründen anordnen kann.
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Das kann er grundsätzlich auch: vor dem bzw. zu Beginn des Urlaubsjahres, wenn es dafür einen dringenden betrieblichen Grund oder eine Betriebsvereinbarung gibt; im Jahresverlauf nur für nicht bereits verplanten Urlaub mit einer Ankündigungsfrist von mindestens 6 Monaten.
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Es ist doch zudem nicht nur gesunder Menschenverstand, sondern m.E. auch irgendwo schriftlich fixiert, dass ei Urlaub der Erholung und Erhaltung der Arbeitskraft dienen soll.
Mal ehrlich: Unter dieser (aktuellen) Situation, in der "Urlaub" letztlich einen Aufenthalt in den eigenen vier Wänden bedeutet, kann man sich bestimmt vieles vorstellen - aber klassische Erholung sieht irgendwie anders aus?!?
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Hallo, wie verhält es sich anders herum? Der AN will seinen beantragten Urlaub wegen der CK nun nicht mehr antreten und auf bessere Zeiten hoffen. Wie geht man damit um?
VG Joe
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Ist der beantragte Urlaub durch den AG genehmigt, sind beide Seiten daran gebunden. Eine Abweichung ist grundsätzlich nur im beiderseitigen Einvernehmen möglich.
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Bei uns wurde offiziell mitgeteilt, dass die Rücknahme von genehmigten Urlaub nur in ganz besonderen Ausnahmefällen genehmigt wird.
Begründet wurde das u.a. mit der Sorge, dass sonst nach der Krise alle gleichzeitig weg sind.
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Was aber bedeutet genehmigter Urlaub? Ist das auch schon der Urlaubsplan, welcher Anfang des Jahres aufgestellt wurde? Wir sollen auch den Urlaub so nehmen, wie er im Plan steht. Für mich ist das aber eine einseitige Anordnung von Urlaub durch den AG. Ich habe weder Urlaub beantragt, noch unterschrieben auf dem Urlaubsschein. Das BUrlG sagt auch etwas anderes.
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Der AG erfüllt den Urlaubsanspruch des AN durch ausdrückliche Erklärung der Befreiung des Arbeitnehmers von der Arbeitspflicht. Hat der AG diese Erklärung noch nicht abgegeben, ist der Urlaub auch noch nicht festgelegt.
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Wer hat den Urlaubsplan auf welcher Basis aufgestellt?
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Und müsst ihr noch einen gesonderten Antrag für den Urlaub stellen, oder ist der Urlaubsplan alles?
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Bei uns wurde für Beamte wie für Tarifbeschäftigte eine Urlaubssperre verhängt. Jeder bisher bereits genehmigte Urlaub darf nicht angetreten werden und soll storniert werden. Neuer Urlaub darf nicht geplant werden.
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Für eine Urlaubssperre genügen dringende betriebliche Gründe. Sie wirkt aber nicht auf bereits genehmigten Urlaub, dessen Widerruf weit höhere Anforderungen hat und stets einer Einzelfallprüfung bedarf. Der Urlaubsantritt ließe sich von AN leicht gerichtlich erzwingen.
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was aber sinnfrei ist, wenn keine Flieger fliegen, Einreiseverbot ins Urlaubsland besteht usw. usf.
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Hallo zusammen,
Spid hat hier von juristischer Seite alles wieder mal wunderbar erklärt.
Was mich wundert, dass ihr nicht mal bei Eurem Personalrat nachgefragt habt?
Oder habt ihr und der wusste nicht weiter?
Er sollte bei solchen Versuchen auf jeden Fall einschreiten!
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was aber sinnfrei ist, wenn keine Flieger fliegen, Einreiseverbot ins Urlaubsland besteht usw. usf.
Das mag im Einzelfall so sein, ebenso wie es im Einzelfall so sein kann, daß die eigenen Urlaubspläne durch Corona nicht berührt werden.
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was aber sinnfrei ist, wenn keine Flieger fliegen, Einreiseverbot ins Urlaubsland besteht usw. usf.
Du kennst mithin die Situation im zweiten Halbjahr weltweit? :P
@BeamterBR: was meinst Du mit stornieren? Das würde doch für Einige ein Vorteil sein, da Schadensersatzsansprüche gegen den Dienstherren/ AG Stornokosten auffangen könnten.
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was aber sinnfrei ist, wenn keine Flieger fliegen, Einreiseverbot ins Urlaubsland besteht usw. usf.
Trifft sogar schon zu, wenn das Urlaubsland Mecklenburg-Vorpommern heißt. :o
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Nur wenn man an die Rechtmäßigkeit dieser Maßnahme - und zahlreicher anderer, die auf die Allgemeinheit und nicht den Einzelfall wirken - glaubt.
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wie sagte gestern jemand: viele der Maßnahmen sind wohl rechtswidrig, aber kein Richter wird den Schneid haben, dies in der aktuellen Situation auch so zu entscheiden.
wir werden sehen
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Ich kenne genügend Richter, die keine Furcht vor so einer Entscheidung hätten. Einer mindestens wartet sogar freudig darauf, daß mal einer gegen sein Corona-Bußgeld klagt. Krisen sind kein rechtsfreier Raum!
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was aber sinnfrei ist, wenn keine Flieger fliegen, Einreiseverbot ins Urlaubsland besteht usw. usf.
Der (genehmigte) Urlaub betrifft ja zunächst eine Vereinbarung über (zeitliche) Abwesenheit des AN vom Arbeitsort. Über die näheren Faktoren wie Urlaubsart/-ort, Anreise, usw. entscheidet der AN selbstständig. Der AG kann doch nichts dafür, wenn die ursprünglichen Pläne auf Seiten des AN nicht umsetzbar sind - das verhindert ja nicht den eigentlichen Zweck der Erholung. (Wobei ich durchaus bei der Ansicht mitgehe, dass in der aktuellen Situation nur begrenzt wirklicher Erholungsurlaub möglich ist.)
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Also in Eilverfahren zu Corona haben bisher die Regierungen Recht bekommen.
https://www.schleswig-holstein.de/DE/Justiz/OVG/Presse/PI_VG/22032020_Eilverfahren_Corona.html
https://www.maz-online.de/Lokales/Potsdam/Oberverwaltungsgericht-weist-Eilantrag-von-Potsdamer-gegen-Corona-Massnahmen-ab
https://www.tag24.de/nachrichten/regionales/sachsen/sachsen-buerger-klage-corona-abgewiesen-verwaltungsgericht-chemnitz-1471897
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Die verlinkten Rechtssachen gehen alle am Kern der Rechtswidrigkeit vorbei. Man kommt überhaupt nicht in den Bereich der Interessensabwägung oder der Prüfung von Angemessenheit und Geeignetheit, weil §28 Abs. 1 IfSG bereits nicht als Rechtsgrundlage taugt.
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Im Oktober letzten Jahres wurde der Urlaubsplan in die Runde gegeben. Dort sollte jeder seine Wünsche eintragen. Nach dem Konflikte ausgeräumt waren wurde der Plan vom Bürgermeister und dem Personalrat bestätigt. Bisher war es so, dass man seinen Urlaub in Kollegen in der Fachgruppe auch ändern konnte. Wir müssen ja immer einen zusätzlichen Urlaubsantrag ca. 14 Tage vorher einreichen, welcher den Zeitraum beinhaltet und vom Mitarbeiter und dem Vorgesetzten unterschrieben wird. Erst nach der Bestätigung durch den Vorgesetzten war der Urlaub genehmigt. Jetzt haben alle die Urlaubsanträge im Fach liegen und sollen sie ausfüllen und unterschreiben. Meine Kollegin soll ab nächste Woche drei Wochen Jahresurlaub machen. as soll sie drei Wochen alleine zuhause. Ich finde das völlig unangemessen und warum auch, die Arbeit ist doch trotzdem da.
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...wurde der Plan vom Bürgermeister und dem Personalrat bestätigt.
Echt jetzt?
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Jetzt haben alle die Urlaubsanträge im Fach liegen und sollen sie ausfüllen und unterschreiben.
Und nimmt jetzt der Bürgermeister und der Personalrat deine Hand und unterschreibt für dich.
Was soll denn passieren, wenn ihr alle nicht diese Urlaubsanträge ausfüllt und unterschreibt?
Bzw. Wenn Ihr sie so ausfüllt und unterschreibt wie ihr es für richtig haltet?
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Die verlinkten Rechtssachen gehen alle am Kern der Rechtswidrigkeit vorbei. Man kommt überhaupt nicht in den Bereich der Interessensabwägung oder der Prüfung von Angemessenheit und Geeignetheit, weil §28 Abs. 1 IfSG bereits nicht als Rechtsgrundlage taugt.
..oder anders ausgedrückt, Rechtsprechung kann irren, Spid´s "Wahrheit" nicht... ;D
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Nein. Hier ist es eher: Rechtsprechung kann sich ihrer Verantwortung entziehen, indem im Eilverfahren auf einige Aspekte nicht eingegangen wird.
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Geht das nicht ohnehin über kurz oder lang zum Verfassungsgericht? (Ich habe die Thematik bislang zu meinem eigenen Wohl - Blutdruck - ausgeblendet)
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Nur dann, wenn man bejahte, daß das IfSG eine Rechtsgrundlage für die Maßnahmen darstellte.
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Ansonsten hält man sich einfach nicht daran und geht seiner Wege?
Könnte, je nach Bundesland, unangenehm werden.
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Kann für das Bundesland im Zweifel sehr teuer werden.
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Ich finde es sehr befremdlich, dass die Parlamente nicht für eine entsprechende gesetzliche Klarheit sorgen.
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Das Tolle an gesetzlichen Regelungen ist, daß man sie auf Vorrat schaffen kann für den Fall, daß man sie braucht. Die Notstandsgesetze hat man ja seinerzeit beschlossen, um sie bei Bedarf anwenden zu können. Erst sehr viel später hat man Teile davon tatsächlich angewandt. In einer Notlage noch gesetzliche Grundlagen schaffen zu müssen, um sie zu bewältigen, zeugt von eher geringer Weitsicht - um nicht zu sagen: Planungsversagen.
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Nachjustieren meine ich, nicht komplett neue Gesetze schaffen.
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Kann für das Bundesland im Zweifel sehr teuer werden.
Möglich. Bis dahin sitzt du aber ggf. im Kerker. Zum Beispiel in Bayern. Und ob es DORT am Ende für den "Freistaat" wirklich teuer wird, und nicht bloß für dich, da bin ich doch anderer Meinung.
Nicht dass ich es begrüßen würde, wenn Bayern recht erhielte ...
Deinem 19:24-Post stimme ich vorbehaltlos zu.
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Und widerrechtlicher Freiheitsentzug wird ganz erheblich teuer.
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Okay, du scheinst nicht im Süden zu wohnen. ;D
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Da im Verfahrensgang letztendlich ein Bundesgericht entscheidet, sind mir süddeutsche Befindlichkeiten herzlich egal.