Forum Öffentlicher Dienst
Beschäftigte nach TVöD / TV-L / TV-H => TVöD Kommunen => Thema gestartet von: buerocratix am 19.07.2021 23:05
-
Hallo zusammen,
bräuchte eure Hilfe, um etwas Licht in diese (z.T. selbstverschuldete) Angelegenheit zu bringen.
Die Chronologie:
- Eingestellt in Q3/2016, neu geschaffene Stelle, bis dato keine Stellenbeschreibung vorhanden, bezahlt nach EG 9.
- Im Zuge der neuen Entgeltordnung am 01.01.2017 nach EG 9b übergeleitet worden.
- Nach etwa einem Jahr Aufforderung durch den Arbeitgeber Stellenbeschreibung zu erstellen.
- Ende 2017 Antrag auf Höhergruppierung nach § 29b TÜV-VKA gestellt ohne Angabe der geforderten EG. (Stellenbeschreibung ist zu diesem Zeitpunkt immer noch nicht erstellt.) Ich habe Grund zu der Annahme (Kontakt zu Kollegen in anderen Verwaltungen, Stellenausschreibungen), dass die Wertigkeit der Stelle sich im Bereich von EG 10-11 (manchmal sogar EG 12) bewegen sollte.
- 2017 und Anfang 2018 insgesamt 2-3 Mal erinnert worden, die Stellenbeschreibung zu erstellen (Aktenvermerke in Personalakte).
- Stellenbeschreibung erst jetzt kürzlich abgegeben und geht hoffentlich möglichst bald zur externen Bewertung raus.
Das Dilemma:
- Ich bin richtig eingruppiert, kenne meine genaue EG momentan aber nicht.
- Die zuständige Kollegin in der Personalabteilung ist im Urlaub. Ihre Vertretung meint, eine rückwirkende Höhergruppierung zum 01.01.2017 könne ich vergessen, da es so etwas bei uns noch nicht gegeben habe und außerdem sei ich selbst Schuld, da ich der Aufforderung zur Erstellung der Stellenbeschreibung so lange nicht nachgekommen bin. Außerdem würde bei uns in der Regel nur an zwei Terminen im Jahr höhergruppiert. So wie ich sie verstanden habe, würde ich im besten Falle ab dem Monat der Abgabe der Stellenbeschreibung höhergruppiert. (Ja, ich weiß...)
Wenn ich Spid hier (https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,111250.msg129097.html#msg129097 (https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,111250.msg129097.html#msg129097)) richtig verstehe,
- bin ich bereits seit dem 01.01.2017 höhergruppiert (Hätte es überhaupt eines solchen Antrags bedurft, da ich ja tatsächlich bereits bei meiner Einstellung richtig eingruppiert war, wenn auch falsch bezahlt?)
- bestehen lediglich Ansprüche auf die Nachzahlung aus den vergangenen sechs Monaten, da ich diese bisher nicht geltend gemacht
habe.
Was ich mich jetzt frage:
- Welche Schuld trage ich bei der ganzen Sache? (Bis auf die Riesendummheit, viel Geld zum Fenster hinaus gewerfen zu haben.)
- Kann mein Arbeitgeber sich darauf zurückziehen, dass ich es lange Zeit versäumt habe, die Stellenbeschreibung zu erstellen und mich deshalb nicht entsprechend bezahlen konnte?
- Was sollte ich jetzt am besten tun?
-
Schuld ist im Sachverhalt unbeachtlich.
Nein. Er kann sich hinsichtlich des Entgelts aber auf die tarifliche Ausschlußfrist berufen.
Eingruppierungsfeststellungsklage erheben.
Wie ist der AG denn seiner Rechtspflicht aus §2 NachwG nachgekommen?
-
Wie ist der AG denn seiner Rechtspflicht aus §2 NachwG nachgekommen?
Ich nehme an, du meinst die schriftliche "kurze Charakterisierung oder Beschreibung der vom Arbeitnehmer zu leistenden Tätigkeit"? Das Einzige was man als eine solche verstehen könnte, war die Stellenausschreibung. Darüber hinaus habe ich nichts erhalten.
-
Sofern diese den Anforderungen genügt und vom AG ausgehändigt worden ist, kann er damit seiner Nachweispflicht Genüge tun.
-
Die Stellenbeschreibung wurde mir nicht ausgehändigt. Sie wurde damals für den Bewerbungsprozess auf der Website veröffentlicht und ob sie den Anforderungen genügt, kann ich nicht sagen.
Mir ist noch nicht klar, inwiefern sich das Handeln des Arbeitgebers in diesem Fall auf den geschilderten Sachverhalt auswirkt. Was, wenn er seiner Pflicht nachgekommen wäre? Und was, wenn nicht?
-
Wenn es einen Nachweis über die auszuübende Tätigkeit gibt, muß sich die von Dir gefertigte Stellenbeschreibung im Rahmen der im Nachweis beschriebenen Tätigkeit bewegen, um die gewünschte Wirkung seit Beginn des Arbeitsverhältnisses zu entfalten.
-
Ich denke, die Stellenbeschreibung bewegt sich im Wesentlichen im Rahmen des Ausschreibungstextes. Da habe ich keine große Sorge. Spielt es denn eine Rolle, wenn die auszuübenden Tätigkeiten weder in meinem Arbeitsvertrag stehen noch mir spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses schriftlich und unterzeichnet ausgehändigt wurden (§2 NachwG), sondern lediglich der Text der Ausschreibung vorliegt und implizit angenommen wurde, dass ich eben diese Tätigkeiten ausübe?
-
Der öffentliche AG kann nach Rechtsprechung des BAG seiner Rechtspflicht auch durch die Aushändigung des Ausschreibungstextes nachkommen. Die Unterscheidung liegt nicht daran, wie, sondern ob der AG seiner Nachweispflicht nachgekommen ist.
-
Nein. Er kann sich hinsichtlich des Entgelts aber auf die tarifliche Ausschlußfrist berufen.
Eingruppierungsfeststellungsklage erheben.
Spid, ich weiß, dass du ein großer Freund des direkten Weges bist, allerdings würde ich zunächst gerne versuchen die Sache etwas "diplomatischer" anzugehen, bevor die große Keule herausgeholt wird.
Bevor weitere Ansprüche verfallen, will ich diese erstmal geltend machen und hoffen, dass der Arbeitgeber - aus welchen Gründen auch immer - auf § 37 verzichtet. Angelehnt an diesen Thread (https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php?topic=111968.0 (https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php?topic=111968.0)) würde ich es folgendermaßen formulieren:
"Hiermit mache ich meine Ansprüche auf Auszahlung des Differenzbetrags zum bisher ausgezahlten Entgelt für den Zeitraum seit dem 01.01.2017 geltend. Am xx.xx.2017 habe ich auf Grundlage der neuen Entgeltordnung zum TVöD-VKA fristgerecht einen Antrag auf Höhergruppierung gemäß § 29b TVÜ-VKA gestellt. Ich gehe davon aus, dass Sie die konkrete Höhe der Forderung selbst ermitteln können."
Und hier ist mein Problem: Ich kenne meine EG nicht, bin aber sehr zuversichtlich, dass es entweder die 10 oder die 11 ist. Den Antrag auf Höhergruppierung habe ich seinerzeit auch ohne Angabe der EG gestellt, à la "Hiermit beantrage ich meine Höhergruppierung nach § 29b TVÜ-VKA". Kann ich bei der Geltendmachung die Differenz zur 11 fordern und wenn sich eine Stellenwertigkeit von lediglich 10 ergibt, würde mein Arbeitgeber mir eben diese auszahlen? Oder wäre in diesem Fall die Geltendmachung nichtig?
-
Gem. der Rechtsprechung des BAG bedarf es bei der Leistungsklage i.V.m. der Eingruppierungsfeststellungsklage keiner Hilfsanträge für unterschiedliche Entgeltgruppen, sofern diese aufeinander aufbauen. Dies dürfte auch bei einer Geltendmachung Anwendung finden. Mithin ist es bei aufeinander aufbauenden Tätigkeitsmerkmalen unschädlich, bei der Entgeltgruppe, deren Entgelt man begehrt, möglichst hoch zu zielen.
-
In dem Zeitraum, auf die sich die Forderung bezieht, habe ich mehre Stufen durchlaufen. Muss ich jeden Zeitraum unter Angabe der jeweiligen EG und Stufe separat in der Forderung angeben?
-
Ja.
-
In dem Zeitraum, auf die sich die Forderung bezieht, habe ich mehre Stufen durchlaufen. Muss ich jeden Zeitraum unter Angabe der jeweiligen EG und Stufe separat in der Forderung angeben?
Mehrere Stufen in den letzten 6 Monaten auf denen sich deine Forderung beziehen kann?
Respekt!
-
Die Forderung kann sich auf die gesamte Zeit beziehen einschließlich solcher Zeiten, in denen der TE nicht bei diesem AG beschäftigt oder auch nur geboren war.
-
In dem Zeitraum, auf die sich die Forderung bezieht, habe ich mehre Stufen durchlaufen. Muss ich jeden Zeitraum unter Angabe der jeweiligen EG und Stufe separat in der Forderung angeben?
Mehrere Stufen in den letzten 6 Monaten auf denen sich deine Forderung beziehen kann?
Respekt!
Wie gesagt, manchmal verzichten Arbeitgeber auf die Anwendung § 37, warum nicht die Gelegenheit dazu bieten? Schädlich für die Forderung kann es doch nicht sein, oder?
-
Spid, würdest du sagen, dass das Folgende eine ernsthafte, in der Höhe bezifferte Zahlungsaufforderung darstellt, die meine Ansprüche formal korrekt geltend macht? Habe ich noch etwas Wichtiges übersehen?
Hiermit mache ich meine Ansprüche auf
Auszahlung der Differenz zwischen dem ausgezahlten Entgelt und dem Entgelt in Entgeltgruppe X Stufe y für den Zeitraum tt.mm.2017-tt.mm.2017,
Auszahlung der Differenz zwischen dem ausgezahlten Entgelt und dem Entgelt in Entgeltgruppe X Stufe y+1 für den Zeitraum tt.mm.2018-tt.mm.2019 und
Auszahlung der Differenz zwischen dem ausgezahlten Entgelt und dem Entgelt in Entgeltgruppe X Stufe y+3 für den Zeitraum seit dem tt.mm.2019
geltend.
Am tt.mm.2017 habe ich auf Grundlage der neuen Entgeltordnung zum TVöD-VKA fristgerecht einen Antrag auf Höhergruppierung gemäß § 29b TVÜ-VKA gestellt. Ich gehe davon aus, dass die konkrete Höhe der Forderung von Ihnen ermittelt werden kann.
-
Ich würde den letzten Satz noch mit „und fordere Sie zur Zahlung der genannten Ansprüche bis zum tt.mm.jjjj auf“, um eine ernsthafte Zahlungsaufforderung an den Schuldner zu richten.
-
Schuld ist im Sachverhalt unbeachtlich.
Wie würdest Du denn einem Arbeitgeber antworten, der Dir sagt, dass er nicht tätig habe werden können, da die von ihm beauftragte Person leider ihrem Auftrag - nämlich eben diese Stellenbeschreibung zu erstellen - sehr lange Zeit nicht nachgekommen ist und er sich deshalb keine fundierte Meinung über die Wertigkeit der Stelle bilden konnte und es deshalb nicht sein Versäumnis sei?
-
Daß seine Organisationsmängel sein Problem sind.
-
Vielen Dank Spid, das war alles sehr hilfreich!