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Allgemeines und Sonstiges => allgemeine Diskussion => Thema gestartet von: Reisinger850 am 13.05.2022 11:24
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Hi zusammen,
gestern kam ja die Nachricht, dass die Bundesregierung den Grundfreibetrag von 9984 auf 10.347 Euro erhöhen wird. Das wird rückwirkend gelten. Hat das erst Auswirkungen auf die Einkommenssteuererklärung 2022 oder kann man nächsten Monat schon mit mehr netto rechnen?
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Je nachdem wie schnell die Auszahlungsstellen das umsetzen, wirds wahrscheinlich das erste Mehr vom Brutto ab nächstem Monat geben.
Ob die rückwirkend zu viel gezahlten Steuern gleich nächsten Monat bis Anfang des Jahres mit der nächsten Lohnsteuerzahlung gegengerechnet werden, weiß ich nicht. Spätestens mit der Steuererklärung kriegst dus jedenfalls wieder.
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Die Bundesregierung tut erst einmal gar nichts, außer im Bundestag einen entsprechenden Gesetzesentwurf einbringen. Der wurde gestern vom Bundestag beschlossen und muss nun noch den Bundesrat passieren. Der behandelt den Spaß auf seiner nächsten Sitzung am 20. Mai. Wenn, was zu erwarten ist, dies dort durchgewinkt wird, muss es der Bundespräsident noch unterschreiben und veröffentlicht werden.
Will sagen: Mit dem Mai-Gehalt würde ich noch keine Änderungen erwarten, selbst Ende Juni wäre schon schnell...
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Alles klar, danke euch!
Diese Energiepauschale kommt ja auch erst im September…
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Bitte auch mal in den Gesetzentwurf schauen.
Für alle, die oberhalb der neuen Grundfreibetragsgrenze verdienen, ändert sich kaum etwas, da alle anderen Formeln nur im absoluten Glied angepasst wurden. Das bedeutet, dass alle anderen 68,92 Euro weniger Einkommensteuer im Jahr(!) zahlen.
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... da alle anderen Formeln nur im absoluten Glied angepasst wurden. ...
Danke, das war mir gar nicht aufgefallen! In Steuerklasse 3 sind es dann immerhin 11 € pro Monat.
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Bitte auch mal in den Gesetzentwurf schauen.
Für alle, die oberhalb der neuen Grundfreibetragsgrenze verdienen, ändert sich kaum etwas, da alle anderen Formeln nur im absoluten Glied angepasst wurden. Das bedeutet, dass alle anderen 68,92 Euro weniger Einkommensteuer im Jahr(!) zahlen.
Wahnsinn. Da kann man sich dann ja sogar eine Bratwurst und ein Bier gönnen, wenn man dann zwischen Juni-August mit dem 9€ Ticket nach Sylt fährt. :P
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Die Bundesregierung tut erst einmal gar nichts, außer im Bundestag einen entsprechenden Gesetzesentwurf einbringen. Der wurde gestern vom Bundestag beschlossen und muss nun noch den Bundesrat passieren. Der behandelt den Spaß auf seiner nächsten Sitzung am 20. Mai. Wenn, was zu erwarten ist, dies dort durchgewinkt wird, muss es der Bundespräsident noch unterschreiben und veröffentlicht werden.
Will sagen: Mit dem Mai-Gehalt würde ich noch keine Änderungen erwarten, selbst Ende Juni wäre schon schnell...
Das Haushaltsgesetz ist nicht zustimmungspflichtig.
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Gesetze, die die Einkommensteuer betreffen, benötigen nach Art. 105 Abs. 3 iVm. Art. 106 Abs. 3 GG der Zustimmung des Bundesrates.
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Selbst ein nicht zustimmungspflichtiges Gesetz muss erst einmal im Bundesrat behandelt werden. Es könnte dort ja z.B. mit Mehrheit abgelehnt werden, woraufhin der Bundestag erneut darüber abzustimmen hätte...
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350 Tacken, wie lächerlich... Ein großer Wurf wäre die Anhebung auf 11-12.000 gewesen ::)
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Naja, wenn man den Grundfreibetrag, der ja nur die Finanzierung der Grundbedürfnisse steuerfrei stellen soll, deutlich erhöht, müsste man im gleichen Zuge auch die Grundsicherung entsprechend anpassen. Und das wird dann recht schnell recht teuer für den Staatshaushalt. Das gegenzufinanzieren wäre nur über die Generierung höherer Steuereinnahmen an anderer Stelle möglich. In Krisenzeiten die Steuern zu erhöhen, ergibt aber wenig Sinn. (Dass man aber im Gegensatz in Zeiten, in denen es der Wirtschaft gut geht, genau diese Polster aufbauen muss, um sie in Krisenzeiten nutzen zu können, wird gern übersehen. Dann schreit insbesondere die FDP, dass der Staat doch zu viel Geld hätte und es "den Bürgern" -- zumeist also den Besserverdienern, da diese ja mehr Steuern zahlen -- "zurückzugeben". Über eine Legislaturperiode schaut da selten jemand hinaus...)
Aber gut, das ist hier wohl etwas OT.
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... (Dass man aber im Gegensatz in Zeiten, in denen es der Wirtschaft gut geht, genau diese Polster aufbauen muss, um sie in Krisenzeiten nutzen zu können, wird gern übersehen. Dann schreit insbesondere die FDP, dass der Staat doch zu viel Geld hätte und es "den Bürgern" -- zumeist also den Besserverdienern, da diese ja mehr Steuern zahlen -- "zurückzugeben".
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In den letzten beiden Legislaturperioden war die FDP nicht an der Regierung beteiligt, insofern ist dein Einwand gegenstandslos. Im Übrigen frage ich mich was so verkehrt daran sein soll, das Geld der Bürger ebendiesen Bürgern zurückzugeben. Vermutlich ist das so ein Neidreflex vieler Menschen, wenn jemand (anders) mehr Geld "zurückbekommt" (ohnehin ein ziemlich schräges Framing, denn wenn ich jemandem weniger Geld wegnehme, bedeutet das nicht dass ich ihm mehr Geld gebe).
Und zu guter Letzt - ich kann mich nicht daran erinnern, dass in den letzten 20 Jahren (ob mit oder ohne FDP-Regierungsbeteiligung) Steuern in nennenswertem Ausmaß gesenkt wurden. Das haben in der Vergangheit und werden auch zukünftig die Politiker fast aller Parteien verhindern, denn sie wollen ja "politisch gestalten", alias Geld der Bürger ausgeben. Die (Sozial-)staatsgläubigkeit des deutschen Michels lässt diese Klientelpolitik zu, wenn man es richtig verkauft.
Es ist schon seltsam, ja extremistisch dass der Gedanke weniger Geld der Bürger auszugeben in diesem Staat als negativ bewertet wird. Das andere Extrem sind die USA, wo man beim Gedanken an Steuererhöhungen politisch ganz schnell Weg vom Fenster ist. Ginge nicht auch ein Mittelweg..?
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In den letzten beiden Legislaturperioden war die FDP nicht an der Regierung beteiligt, insofern ist dein Einwand gegenstandslos
Ähm, wann ist die FDP mal mit "Wir müssen die Steuern erhöhen" in irgendeinen Wahlkampf gezogen? Richtig, die Parolen hießen immer "Steuern runter" -- völlig unabhängig von der wirtschaftlichen Lage...
Im Übrigen frage ich mich was so verkehrt daran sein soll, das Geld der Bürger ebendiesen Bürgern zurückzugeben.
Es geht nicht ums "zurückgeben", sondern um die Finanzierung der gesamtgesellschaftlichen Aufgaben des Staates. Z.B. eben für Unterstützungsmaßnahmen in Krisenzeiten, wie etwa jetzt (oder generell konjunkturfördernd in jeder Abschwungphase). Dass man den einen Halbsatz keynsianischer Politik hierbei folgt und als Staat gerade dann investiert, wenn die wirtschaftliche Lage eher schlecht ist, dann aber in "guten Zeiten" nichts zurücklegt, ist, was ich kritisiere.
Vermutlich ist das so ein Neidreflex vieler Menschen, wenn jemand (anders) mehr Geld "zurückbekommt" (ohnehin ein ziemlich schräges Framing, denn wenn ich jemandem weniger Geld wegnehme, bedeutet das nicht dass ich ihm mehr Geld gebe).
Erstens wird durch Steuern niemandem etwas weggenommen, sondern beteiligen sich die Menschen einfach nur an den Gemeinschaftsaufgaben je nach (wirtschaftlicher) Stärke. Und zweitens ist ein Vergleich mit dem Status Quo durchaus ein sinnvoller. Wenn im Vergleich zu diesem ein Besserverdiener mehr von einer Steuersenkung profitiert als ein geringverdiener, dann ist das eine korrekte Aussage, nicht mehr und nicht weniger.
Und zu guter Letzt - ich kann mich nicht daran erinnern, dass in den letzten 20 Jahren (ob mit oder ohne FDP-Regierungsbeteiligung) Steuern in nennenswertem Ausmaß gesenkt wurden.
Ähm, also unter Kohl lag der Spitzensteuersatz noch bei 53%. Dann wurde er durch die Regierungen Kohl und Schröder auf 42% gesenkt, bis dann die "Reichensteuer"-Stufe wieder obendrauf kam. Dabei waren einige Krisen zu überwinden, aber in den Aufschwungphasen hat man die vorher durchgeführten Senkungen auch nicht wieder rückgängig gemacht... (Fun-Fact: Unter Roosevelt am Ende des Zweiten Weltkriegs hatte die USA mal einen Spitzensteuersatz von 94%...)
Das haben in der Vergangheit und werden auch zukünftig die Politiker fast aller Parteien verhindern, denn sie wollen ja "politisch gestalten", alias Geld der Bürger ausgeben. Die (Sozial-)staatsgläubigkeit des deutschen Michels lässt diese Klientelpolitik zu, wenn man es richtig verkauft.
Naja, derzeit leben wir ja auf Pump, wenn etwa ein "Sondervermögen" für die Bundeswehr angelegt wird oder in der Krise die Leute bei zu stark und schnell steigenden Preisen unterstützt werden müssen. Hätte man in der letzten Aufschwungphase die Steuern erhöht, hätte man dies jetzt aus "Guthaben" zahlen können. So wird der Spaß einfach von der nächsten Generation geklaut. Die kann sich dann ja bei ihren Nachfolgern bedienen -- bis das System irgendwann zusammenbricht.
Es ist schon seltsam, ja extremistisch dass der Gedanke weniger Geld der Bürger auszugeben in diesem Staat als negativ bewertet wird. Das andere Extrem sind die USA, wo man beim Gedanken an Steuererhöhungen politisch ganz schnell Weg vom Fenster ist. Ginge nicht auch ein Mittelweg..?
Also willst du gerade weniger Geld durch den Staat für Stützungsmaßnahmen ausgegeben sehen? Ehrlich?
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Das durch das Erheben von Steuern niemandem etwas weggenommen wird halte ich für eine ziemlich steile These. Verwendungszweck hin oder her. Ich denke große Teile der Bevölkerung würden dir da zu recht widersprechen. Schonmal Grunderwerbsteuer gezahlt? Dafür, dass einem da nix weggenommen wird, kann es plötzlich ziemlich leer sein auf dem eigenen Konto.
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Das durch das Erheben von Steuern niemandem etwas weggenommen wird halte ich für eine ziemlich steile These. Verwendungszweck hin oder her. Ich denke große Teile der Bevölkerung würden dir da zu recht widersprechen. Schonmal Grunderwerbsteuer gezahlt? Dafür, dass einem da nix weggenommen wird, kann es plötzlich ziemlich leer sein auf dem eigenen Konto.
Meine letzte Grunderwerbsteuer lag bei knapp 28.000 Euro. Ich gehe davon aus, dass die eine angemessene Summe ist, um den Verwaltungsaufwand des Staates zu kompensieren (Handvoll Textbausteine, Stempel, Unterschrift und mehrere Änderungen in der Akte plus die dabei anfallenden Kaffeepausen sowie anteilige Umlage für Overheadkosten wie Hausmeister, Putzfrau, Personalabteilung, Dienstwagen des Chefs etc.)
Ich bin sehr froh, dass ich damit einen bescheidenen Beitrag für unser Gemeinwesen leisten durfte.
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Die 53 % von Kohl sind nicht mit den heutigen Sätzen vergleichbar. Es gab eine ganz andere Absetzungsmöglichkeit.
Die Besteuerung nach Leistungsfähigkeit wird immer weiter nicht treffsicher sein, da die Leute mehr aus Work-Life-Balance -Gründen auf Teilzeit gehen.
Die ausufernde Umverteilung hat jedoch eine demokratische Basis.
Und wer Krisenhilfe macht, für eine KRise, die man fahrlässig verursacht hat, hat nicht mein Verständnis.
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Steuern so positiv zu reden ist schon eine extrem linke Weltanschauung. Deutschland hat insgesamt mit die höchsten Abzüge in der westlichen Welt, und die besser Verdienenden tragen absolut gesehen am meisten dazu bei.
Oft erwische ich mich, wie ich mir einen kapitalistischeren Ansatz wie in den USA oder wenigstens UK wünschen würde.
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Vor allem war auch die Absenkung des Spitzensteuersatzes im Endeffekt keine Steuersenkung, da heute viel mehr Menschen den Spitzensteuersatz zumindest fürTeile ihres Einkommens zahlen müssen als noch unter Kohl.
Heute zahlt ja schon der Facharbeiter bei Daimler oder VW teilweise den Spitzensteuersatz. Unter Kohl traf das maximal das mittlere Management und ganz am Beginn der Bundesrepublik war es gerade mal eine Handvoll Menschen die davon betroffen war.
Was aber gut ist, aktuelle Umfragen zeigen, dass große Teile der heutigen Jugend nicht mehr den allmächtigen Staat wollen, der in jeder Lebenslage zur Seite steht und den Aufstieg aufgrund eigener Leistungen erreichen wollen.
Das Mehr an Sozialstaat wünschen sich vor allem die Leute ab 40.
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Was aber gut ist, aktuelle Umfragen zeigen, dass große Teile der heutigen Jugend nicht mehr den allmächtigen Staat wollen, der in jeder Lebenslage zur Seite steht und den Aufstieg aufgrund eigener Leistungen erreichen wollen.
Ist ja auch nachvollziehbar. Wie ohnmächtig unser Staat ja ohnehin schon ist konnte "die Jugend" ja während der Pandemie hautnah (Stichwort: Schule, Distanzunterricht etc) erleben, setzt sich bei der Digitalisierung fort und geht bei nem Mangel an Unterhemnden(?) für unsere Soldaten im Baltikum weiter.
Da weürde ich auch eher auf meine eigene Leistung bauen wollen...
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Die Umfragen sind für die Tonne, solange nicht jeder Bürger das Wahlrecht hat. ;)
Die Corona-Maßnahmen waren nach Ansicht vom Rest des Souveräns noch zu lasch. ::)
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Steuern so positiv zu reden ist schon eine extrem linke Weltanschauung. Deutschland hat insgesamt mit die höchsten Abzüge in der westlichen Welt, und die besser Verdienenden tragen absolut gesehen am meisten dazu bei.
Oft erwische ich mich, wie ich mir einen kapitalistischeren Ansatz wie in den USA oder wenigstens UK wünschen würde.
Sehr viele hochentwickelten Staaten haben in der Tendenz hohe Steuern und Abgaben, sofern man kein Steuerparadies oder sonstige "Schurkenbenefits" bietet ;)
Und ob die Länder im Kern hier immer vergleichbar sind, ich weiß nicht recht.
Klar irgendwo wird es immer besser sein als in Deutschland, aber wir sind im Schnitt bei den meisten Gegebenheiten ganz vorn mit dabei.
Davon ab, kann ja ein jeder trotzdem schauen, wie er sein Leben noch (monetär) verbessern kann, insb. im öD wo ein Großteil auch recht gut verdient.
Ich finde den Grundgedanken z.B. aus den USA auch besser, möchte aber nicht in amerikanischen Verhältnissen leben.
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Ich finde den Grundgedanken z.B. aus den USA auch besser, möchte aber nicht in amerikanischen Verhältnissen leben.
Da ist ja das Problem, dass man sich eben nicht nur einen kleinen Teil herauspicken kann.
(historisch gewachsenes) Bild des eigenverantwortlichen Menschen
--> geringe Steuer
--> gering ausgeprägter Sozialstaat
--> große Arm/Reich - Schere
aber auch
--> Sicherheit ist eigenverantwortliches Thema
--> laxe Waffengesetze
--> viele Schusswaffentote
oder auch
--> Gesundheit ist eigenverantwortliches Thema
--> geringe Pharmakontrolle
--> Opioide werden schon bei mittleren Schmerzen verschrieben und auch genommen
--> 100.000 Drogentote pro Jahr
Man muss das Gesamtbild im Auge haben :)