Forum Öffentlicher Dienst

Beschäftigte nach TVöD / TV-L / TV-H => TVöD Kommunen => Thema gestartet von: korokusa am 07.02.2023 14:43

Titel: Kriterien der Eingruppierung
Beitrag von: korokusa am 07.02.2023 14:43
Guten Tag liebes Forum,
seit einem halben Jahr bin ich als Kunsthistorikerin mit Doktoratsstudium bei einer mittelgrossen Stadt angestellt. Ich konzipiere Ausstellungen, bin zum Teil auch im Archiv beschäftigt, schreibe in beiden Bereichen wissenschaftliche Beiträge, habe ein kleines Team aus Mitarbeiterinnen, Volontärinnen und Praktikantinnen um mich. Bezahlt werde ich in EG 10.
Mein Nachbar ist Personalverantwortlicher im Öff. Dienst. Wir sind ganz zufällig auf der Strasse auf das Thema gekommen. Er hat mich jetzt sehr verunsichert. Er meint, dass die EG nicht zu meiner Ausbildung passt und auch nicht dazu, was ich im Berufsalltag mache. Ich müsste ein Gehalt in mindestens 13 bekommen. Ich soll die Stellenbeschreibung einsehen, meinen Arbeitsvertrag ansehen oder die Aufgabenliste, die zu meiner Stelle gehört.
Im Vertrag steht nur, dass ich angestellt bin, mein Arbeitsumfang von 39,5 St./Wo. und in welchem Amt (Kultur und Freizeit) ich arbeite. Eine Stellenbeschreibung gibt es nicht, eine Aufgabenliste auch nicht. Als ich beim AG nachgefragt habe, war die Antwort, Kultur ist eine freiwillige Leistung der Stadt, der Bürgermeister findet Kultur nicht besonders wichtig, darum gibt es auch nicht mehr Geld für meine Stelle. Ist das so? Kann der Bürgermeister sagen, Kultur mag ich nicht, also bekommen die Mitarbeiter einfach weniger Geld?
Vielleicht ist das eine naive und dumme Frage, aber bitte seid nachsichtig, ich habe von Öff. Dienst (noch) keine Ahnung, bin ganz neu da als Quereinsteigerin, ich komme von der Hochschule.
Beste Grüsse
korokusa
Titel: Antw:Kriterien der Eingruppierung
Beitrag von: SVAbackagain am 07.02.2023 14:48
Tarifbeschäftigte sind entsprechend ihrer nicht nur vorübergehend auszuübenden Tätigkeit eingruppiert. Die dafür maßgeblichen Merkmale findest Du in der Entgeltordnung. Du hast nach dem NachwG Anspruch auf eine Beschreibung oder Charakterisierung Deiner Tätigkeit. Der öffentliche Arbeitgeber kann dem auch mittels der Ausschreibung nachgekommen sein.
Titel: Antw:Kriterien der Eingruppierung
Beitrag von: WasDennNun am 07.02.2023 14:56
Als ich beim AG nachgefragt habe, war die Antwort, Kultur ist eine freiwillige Leistung der Stadt, der Bürgermeister findet Kultur nicht besonders wichtig, darum gibt es auch nicht mehr Geld für meine Stelle. Ist das so? Kann der Bürgermeister sagen, Kultur mag ich nicht, also bekommen die Mitarbeiter einfach weniger Geld?
Nein das ist nicht so. Der Bürgermeister kann dir Tätigkeiten zuweisen, die zur EG10 führen, er kann dir aber nicht Tätigkeiten übertragen, die in EG13 eingruppiert sind und dann weniger zahlen.

Also der erste Schritt zu wissen, was eigentlich die auszuübenden Tätigkeiten sind.
Titel: Antw:Kriterien der Eingruppierung
Beitrag von: korokusa am 07.02.2023 15:01
Du hast nach dem NachwG Anspruch auf eine Beschreibung oder Charakterisierung Deiner Tätigkeit. Der öffentliche Arbeitgeber kann dem auch mittels der Ausschreibung nachgekommen sein.
Die Stelle war nicht öffentlich ausgeschrieben, ich habe sie über "Vitamin B" bekommen. Kann ich einfach so auf den AG zugehen und eine Beschreibung fordern?
Nein das ist nicht so. Der Bürgermeister kann dir Tätigkeiten zuweisen, die zur EG10 führen, er kann dir aber nicht Tätigkeiten übertragen, die in EG13 eingruppiert sind und dann weniger zahlen. Also der erste Schritt zu wissen, was eigentlich die auszuübenden Tätigkeiten sind.
Die Tätigkeiten, die ich mache, sind die, die ich machen soll. So haben sie mir das gesagt, als ich angefangen habe. Der Bürgermeister und die Amtsleitung.
Titel: Antw:Kriterien der Eingruppierung
Beitrag von: SVAbackagain am 07.02.2023 15:03
Ja.
Titel: Antw:Kriterien der Eingruppierung
Beitrag von: WasDennNun am 07.02.2023 15:12
Du hast nach dem NachwG Anspruch auf eine Beschreibung oder Charakterisierung Deiner Tätigkeit. Der öffentliche Arbeitgeber kann dem auch mittels der Ausschreibung nachgekommen sein.
Die Stelle war nicht öffentlich ausgeschrieben, ich habe sie über "Vitamin B" bekommen. Kann ich einfach so auf den AG zugehen und eine Beschreibung fordern?
Nein das ist nicht so. Der Bürgermeister kann dir Tätigkeiten zuweisen, die zur EG10 führen, er kann dir aber nicht Tätigkeiten übertragen, die in EG13 eingruppiert sind und dann weniger zahlen. Also der erste Schritt zu wissen, was eigentlich die auszuübenden Tätigkeiten sind.
Die Tätigkeiten, die ich mache, sind die, die ich machen soll. So haben sie mir das gesagt, als ich angefangen habe. Der Bürgermeister und die Amtsleitung.
Du kannst es auch umgekehrt machen, bzw. abkürzen.
Einfach kurz zusammenschreiben, was du machst.
Und dir vom Bürgermeister oder Personalstelle bestätigen lassen,
dass dies deine auszuübenden Tätigkeiten sind.
Titel: Antw:Kriterien der Eingruppierung
Beitrag von: Organisator am 07.02.2023 15:25
Zustimmung zu meinen Vorpostern. Der Bürgermeister macht sich hier das Leben zu leicht. So Einstellen nach Kassenlage und Gutsherrenmanier ist nicht mehr.
Allerdings kann passieren, dass du - solange das Kündigungsschutzgesetz nicht greift (ugs. "Probezeit"), du deinen Job schnell wieder los bist.
Titel: Antw:Kriterien der Eingruppierung
Beitrag von: Zeussowitz am 07.02.2023 15:55
Was ja gut ist, wenn man bei Betrügern arbeitet.
Titel: Antw:Kriterien der Eingruppierung
Beitrag von: FearOfTheDuck am 07.02.2023 18:26

Mein Nachbar ist Personalverantwortlicher im Öff. Dienst. Wir sind ganz zufällig auf der Strasse auf das Thema gekommen. Er hat mich jetzt sehr verunsichert. Er meint, dass die EG nicht zu meiner Ausbildung passt und auch nicht dazu, was ich im Berufsalltag mache.


Das ist leider auch wieder bezeichnend...
Titel: Antw:Kriterien der Eingruppierung
Beitrag von: brian am 08.02.2023 08:33
Du hast nach dem NachwG Anspruch auf eine Beschreibung oder Charakterisierung Deiner Tätigkeit. Der öffentliche Arbeitgeber kann dem auch mittels der Ausschreibung nachgekommen sein.
Die Stelle war nicht öffentlich ausgeschrieben, ich habe sie über "Vitamin B" bekommen. Kann ich einfach so auf den AG zugehen und eine Beschreibung fordern?


Wenn du keine Beschreibung hast, was machst Du denn dann den ganzen Tag? Du weißt doch dann gar ncht, was Du machen sollst.
Titel: Antw:Kriterien der Eingruppierung
Beitrag von: Schmitti am 08.02.2023 09:08
Wenn du keine Beschreibung hast, was machst Du denn dann den ganzen Tag?
Vitamin B pflegen ;-)
Titel: Antw:Kriterien der Eingruppierung
Beitrag von: OrganisationsGuy am 08.02.2023 09:31
Du hast nach dem NachwG Anspruch auf eine Beschreibung oder Charakterisierung Deiner Tätigkeit. Der öffentliche Arbeitgeber kann dem auch mittels der Ausschreibung nachgekommen sein.
Die Stelle war nicht öffentlich ausgeschrieben, ich habe sie über "Vitamin B" bekommen. Kann ich einfach so auf den AG zugehen und eine Beschreibung fordern?


Wenn du keine Beschreibung hast, was machst Du denn dann den ganzen Tag? Du weißt doch dann gar ncht, was Du machen sollst.

Es ist doch die totale Zwickmühle zwischen:

1) Ich verhalte mich Abmahnungssicher und setze mich bei meinem neuen Arbeitgeber spätestens nach einem Monat hin und verlange eine Arbeitsbeschreibung, andernfalls komme ich keiner Tätigkeit mehr nach, da ich nicht weiß, was meine Aufgaben sind, Resultat in der Praxis wird sein, dass die einen Querulanten in mir sehen, der nur Probleme macht und ich werde die Probezeit nicht überstehen.

2) In den ersten 6 Monaten mache ich jegliche Arbeit, die mir mein Abteilungsleiter auf den Tisch legt und sowohl er als auch ich sind im schlimmsten Fall Abmahnungswürdig.

Und selbst wenn ich mit der zweiten Methode über die Probezeit hinaus komme und das Arbeitskündigungsschutzgesetz mir dann die Sicherheit gibt, morgen nicht spontan abgesägt zu werden, muss ich dann trotzdem damit rechnen, wenn ich der Personalabteilung ihre Fehler aufzeige, bei diesem Arbeitgeber keine anderen Stellen mit höherwertigen Tätigkeiten übernehmen zu können.

Und ja, ich arbeite lieber bei dem unfähigen Arbeitgeber vor meiner Haustür als beim kompetenten Arbeitgeber 50 Kilometer entfernt bei dem ich dann Fahrtzeit und Fahrtkosten mit einrechnen muss.
Titel: Antw:Kriterien der Eingruppierung
Beitrag von: korokusa am 08.02.2023 10:03
Du kannst es auch umgekehrt machen, bzw. abkürzen. Einfach kurz zusammenschreiben, was du machst.
Und dir vom Bürgermeister oder Personalstelle bestätigen lassen, dass dies deine auszuübenden Tätigkeiten sind.
Das ist eine gute Idee. Werde ich versuchen.
Es ist doch die totale Zwickmühle zwischen:
...
Und ja, ich arbeite lieber bei dem unfähigen Arbeitgeber vor meiner Haustür als beim kompetenten Arbeitgeber 50 Kilometer entfernt bei dem ich dann Fahrtzeit und Fahrtkosten mit einrechnen muss.
Das ist tatsächlich eine Zwickmühle. Ich muss nachdenken, was ich mache.
Ich arbeite an Themen, die die Vorgesetzten mir auftragen, das was schon immer in diesem Bereich gemacht wurde. Woher soll ich wissen, dass ich das nicht darf, solange mir das nicht von oben angetragen wurde? Das kann doch kein Mensch wissen, der nicht ein Jura-Verwaltungs-Spezialstudium absolviert hat.
Ich hätte niemals für möglich gehalten, dass im Öff. Dienst eines Landes wie D so etwas gemacht wird mit dem Personal. Ehrlich, ich bin total entsetzt. Kann das sein? Wissen die Damen und Herren Bürgermeister und Personaler möglicherweise nicht Bescheid über die Regeln?
Wieso arbeitest du beim unfähigen AG vor der Haustüre? Oder meinst du mich? Hab ich da was falsch aufgefasst?
Titel: Antw:Kriterien der Eingruppierung
Beitrag von: Herbert Meyer am 08.02.2023 10:46
Alle relevanten Informationen findest du bereits in der 1. Antwort von SVAbackagain. Der formale Weg wäre es nun, deine auszuübenden Tätigkeiten zu fixieren, die Tätigkeiten mit den Kriterien des Tarifwerks abzugleichen und bei der Vermutung, dass E10 möglicherweise nicht korrekt ist, eine Feststellungsklage zu erheben.

Allerdings würde ich die Ratschläge deines Nachbarn kritischer sehen: Als Personalverantwortlicher sollte er eigentlich wissen, dass die Eingruppierung von den nicht nur vorübergehend auszuübenden Tätigkeiten und ihren Zeitanteilen abhängig ist. Ob diese nun mit einem Doktortitel oder einem Bachelor ausgeübt werden, ist irrelevant. Auch das "mindestens E13" sehe ich nicht. Auf Grundlage deiner bisher geschilderten Tätigkeiten könnte eine Eingruppierung in E10 auch vollkommen korrekt sein. E14 oder gar E15 sind dagegen vollkommen ausgeschlossen. E13 ist denkbar, aber stark von dem wissenschaftlichen Zuschnitt der auszuübenden Tätigkeiten abhängig, an die hohe Forderungen formuliert sind.
Titel: Antw:Kriterien der Eingruppierung
Beitrag von: WasDennNun am 08.02.2023 10:57
Wenn jemand zu 50% Tätigkeiten ausübt für die ein wissenschaftliches Studium notwendig ist, dann ist er in der EG12 eingruppiert, wenn er nicht die richtige Ausbildung hat und in der EG13 wenn er sie hat.

Mehr als EG13 kann ich mir in der Kommune beim besten Willen auch nicht vorstellen.
Titel: Antw:Kriterien der Eingruppierung
Beitrag von: JahrhundertwerkTVÖD am 08.02.2023 11:44
Sind die Stellen vergleichbar?
https://www.museumsbund.de/stellenangebote/kurator-in-m-w-d-fuer-das-projekt-ausstellungskonzeption-des-e-t-a-hoffmann-hauses/

Titel: Antw:Kriterien der Eingruppierung
Beitrag von: TvödVSBeamte am 08.02.2023 12:26
Fakt ist gerade freiwillige Aufgaben werden recht oft nach gut Dünken ausgeschrieben, auch wenn das nicht korrekt ist.

Ein Blick auf die Stellenanzeigen beim Museumsbund zeigt wie unterschiedlich die EG bei anscheinend ähnlicher Stellenausschreibungen sind.

Du brauchst unbedingt eine Tätigkeitsbeschreibung mit Tätigkeitsmerkmalen und Zeitanteilen. Entweder du forderst das ein oder du schreibst es selbst und bittest um Bestätigung. Bei letzterem würde ich mir vorher ein paar Sachen zur Eingruppierung anlegen oder anderweitig Beratung suchen.

Fakt ist deine Ausbildung ist erstmal egal. Wichtig wäre ob du Tätigkeiten ausführst, die die wissenschaftliche Hochschulbildung erfordern und zwar zu relevanten Zeitanteilen. Das geht aus dem was du schreibst nicht eindeutig hervor.
Titel: Antw:Kriterien der Eingruppierung
Beitrag von: korokusa am 09.02.2023 15:03
Ui, ihr schreibt ja viel, ich komme nicht mehr nach mit dem Antworten  ;)

Ich habe eine Stellenbeschreibung erstellt und sie von der Vorgesetzten abzeichnen lassen. Sie ging heute früh hoch ins Personalamt. Meine Tätigkeit besteht zu 80% aus wiss. Arbeiten, d. h. ohne Hochschulbildung könnte ich das nicht machen.

Die Stelle https://www.museumsbund.de/stellenangebote/kurator-in-m-w-d-fuer-das-projekt-ausstellungskonzeption-des-e-t-a-hoffmann-hauses/ ist auf jeden Fall ähnlich wie meine, die Anforderungen sind genauso hoch, aber man hat sie nie so präzise ausgeführt. Ich soll das einfach machen und gut.

Das Personalamt hat meine Aufforderung, mir meine Aufgaben schriftlich zu übertragen, abgelehnt. Sie sähen den Sinn darin nicht, warum sollten sie das tun? Das war die Antwort.
Titel: Antw:Kriterien der Eingruppierung
Beitrag von: SVAbackagain am 09.02.2023 15:09
Dann weise den Arbeitgeber auf seine Rechtspflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 NachwG und die Möglichkeit, deren Erfüllung gerichtlich durchzusetzen, hin.
Titel: Antw:Kriterien der Eingruppierung
Beitrag von: korokusa am 14.02.2023 15:17
Die Stellenbeschreibung haben die Personaler zur Kenntnis genommen. Sie ändere aber nichts an der Eingruppierung, weil dem Bürgermeister diese Aufgaben nicht wichtig seien.
Das Ganze dreht sich im Kreis.
Dann weise den Arbeitgeber auf seine Rechtspflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 NachwG und die Möglichkeit, deren Erfüllung gerichtlich durchzusetzen, hin.
Das wäre dann der nächste Schritt.
Ich bin immer noch fassungslos.