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Beamte und Soldaten => Beamte des Bundes und Soldaten => Thema gestartet von: pinmeister am 10.03.2023 16:11

Titel: Auswandern als Beamter
Beitrag von: pinmeister am 10.03.2023 16:11
Ich habe eine Frage.
Ich bin derzeit Bundesbeamter. meine frau hat die Möglichkeit, ins EU-Ausland aufgrund eines tollen Jobangebots zu wechseln. Da wir uns keine Fernbeziehung vorstellen können und wollen, möchte ich natürlich mit ihr mitgehen und mit meinem AG sprechen, aus dem Homeoffice zu arbeiten. (Derzeit 60% HO). Sollte der AG zustimmen, 100% aus dem HO arbeiten zu können, ist meine Frage, in wie fern es möglich ist, als bundesbeamter seinen Hauptwohnsitz nach bspw Österreich/Spanien/Italien usw zu verlegen und auf was man achten müsste.

Danke für eure Hilfen und Erfahrungen.
Titel: Antw:Auswandern als Beamter
Beitrag von: Eukalyptus am 10.03.2023 16:37
Ich vermute, dein Dienstherr wird einem 100%igen Homeoffice nicht zustimmen, vor allem aber einer Verlagerung der Erbringung deiner Leistung ins Ausland nicht. Damit gehen Versicherungs- Steuer- und andere Aspekte einher, die das unwahrscheinlich machen.

Freunde dich schon einmal mit der Möglichkeit des Altersgeldes an.
Titel: Antw:Auswandern als Beamter
Beitrag von: PolareuD am 10.03.2023 16:40
Eine alternative Möglichkeit wäre sich auf einen Dienstposten bei einer internationalen Organisation in den betreffenden Land bewerben. Ist eine Verwendung im Interesse des Dienstherrn könnte eine Freistellung erfolgen. In dem Fall würde das Beamtenverhältnis in Deutschland für die Dauer der Verwendung ruhen.
Titel: Antw:Auswandern als Beamter
Beitrag von: Organisator am 10.03.2023 17:08
Ich vermute, dein Dienstherr wird einem 100%igen Homeoffice nicht zustimmen, vor allem aber einer Verlagerung der Erbringung deiner Leistung ins Ausland nicht. Damit gehen Versicherungs- Steuer- und andere Aspekte einher, die das unwahrscheinlich machen.

Freunde dich schon einmal mit der Möglichkeit des Altersgeldes an.
Was wären denn das für versicherungs- und Steueraspekte?
Titel: Antw:Auswandern als Beamter
Beitrag von: Ozymandias am 10.03.2023 17:09
Beurlaubung ist einfacher.

Die derzeitige Vorstellung ist leider sehr naiv.
Titel: Antw:Auswandern als Beamter
Beitrag von: Eukalyptus am 10.03.2023 17:18
Es gäbe da noch die Möglichkeit für dich, die Familienkarte zu ziehen sobald du Vater würdest - Elternzeit.
Titel: Antw:Auswandern als Beamter
Beitrag von: Beamter am 10.03.2023 17:50
Ich habe eine Frage.
Ich bin derzeit Bundesbeamter. meine frau hat die Möglichkeit, ins EU-Ausland aufgrund eines tollen Jobangebots zu wechseln. Da wir uns keine Fernbeziehung vorstellen können und wollen, möchte ich natürlich mit ihr mitgehen und mit meinem AG sprechen, aus dem Homeoffice zu arbeiten. (Derzeit 60% HO). Sollte der AG zustimmen, 100% aus dem HO arbeiten zu können, ist meine Frage, in wie fern es möglich ist, als bundesbeamter seinen Hauptwohnsitz nach bspw Österreich/Spanien/Italien usw zu verlegen und auf was man achten müsste.

Danke für eure Hilfen und Erfahrungen.

Wer ist denn dein Arbeitgeber?

Solltest natürlich nicht vergessen auch noch mit deinem Dienstherren zu sprechen.
Titel: Antw:Auswandern als Beamter
Beitrag von: Gruenhorn am 10.03.2023 19:07
Steueraspekt für den Beamten selbst wäre zu vernachlässigen, wenn es ein Steuerabkommen gibt. Versicherung ist wahrscheinlich ebenfalls zu vernachlässigen. Wenn pkv mit Beihilfeergänzungstarif, bezahlt die falls die Beihilfe nicht ausreichend zahlt. Bspw die Debeka zahlt eh weltweit ohne Auslandszuschlag, andere nehmen zumindest im außereuropäischen Ausland Zuschläge. Die Wohnsitznahme ist auch für Beamte in Europa beliebig möglich. Wenn Kinder im Spiel sind, sind noch Aspekte wie Schule und die Versicherung dieser zu bedenken. Rentenanwartschaften werden für die Frau im Ausland ebenfalls erworben. Ggf ist die (Gesamt-)Rente im Ausland zu beantragen, falls bei Renteneintritt der Wohnsitz im Ausland liegt.
Das erfordert ggf. ein wenig mehr Papierkram ist aber wohl alles möglich. Gerade im Fall Österreich hatte ich vor einiger Zeit eine Beratung dazu und kenne Kollegen, die das so machen, allerdings ohne 100% Telearbeit.
Titel: Antw:Auswandern als Beamter
Beitrag von: alice18 am 10.03.2023 21:27
Eine alternative Möglichkeit wäre sich auf einen Dienstposten bei einer internationalen Organisation in den betreffenden Land bewerben. Ist eine Verwendung im Interesse des Dienstherrn könnte eine Freistellung erfolgen. In dem Fall würde das Beamtenverhältnis in Deutschland für die Dauer der Verwendung ruhen.

Kämen private Firmen gar nicht in Frage? Ich weiß, dass einige Kollegen sich bei der GIZ oder bei der Handelskammer bewerben, aber ich frage mich, ob man Sonderurlaub nehmen kann, wenn man bei einer deutschen Firma im Ausland (z.B. bei Siemens AG oder so...) arbeiten würde, um die Partnerin/den Partner zu begleiten.
Titel: Antw:Auswandern als Beamter
Beitrag von: clarion am 10.03.2023 21:48
Hallo,

Ist EU Ausland unter rechtlichen Aspekten nicht wie Inland zu sehen? Stichwort Freizügigkeit von EU-Bürgern?

Das einzige Problem, was ich sehe ist der Wunsch nach 100% Homeoffice. Warum sollte der Dienstherr diesem Wunsch nachkommen?
Titel: Antw:Auswandern als Beamter
Beitrag von: Rentenonkel am 11.03.2023 07:55
Das Beamtenrecht kennt eine Residenzpflicht. Während das Beamtenstatusgesetz für das allgemeine Beamtenrecht zur Residenzpflicht keine explizite Regelung enthält, wird diese für Bundesbeamte in § 72 BBG bestimmt. Dies kommt etwa bei Bundespolizeibeamten in Frage.

Das für alle Staatsbürger geltende Grundrecht der Freizügigkeit (Art. 11 GG) im ganzen Bundesgebiet gilt auch für Beamte. Der Beamte hat das Recht, seinen Wohnsitz und seine Wohnung im Bundesgebiet und im gesamten Gebiet der EU frei zu wählen. Durch die Residenzpflicht kommt es naturgemäß zu Einschränkungen der Freizügigkeit. Bei der Wahl der Wohnung hat der Beamte darauf zu achten, dass die ordnungsgemäße Wahrnehmung seiner Dienstgeschäfte nicht beeinträchtigt wird (§ 72 Abs. 1 BBG). Eine solche Beeinträchtigung könnte der Fall sein, wenn der Beamte die Dienstzeiten aufgrund der großen Entfernung zwischen Wohnung und Dienststelle nicht einhalten kann oder wenn er durch zu lange Anfahrtszeiten einfach überbeansprucht wird. Zeichnen sich solche Beeinträchtigungen ab, so wird der Dienstherr den Beamten anzuweisen, eine Wohnung in der Nähe des Dienstsitzes zu nehmen. Unproblematisch ist in der Regel ein Umkreis von 30 km um den Dienstort.

Gleichzeitig muss der Dienstherr nach dem Fürsorgeprinzip prüfen, wie er dem Beamten helfen kann, wie zum Beispiel einem Wohnungsdarlehen.

Es gelten dabei folgende Grundsätze:

Der Beamte ist bei der Wahl seiner Wohnung nicht auf den Dienstort beschränkt.

Der Beamte hat seine Wohnung so zu nehmen, dass die ordnungsgemäße Erfüllung seiner Dienstpflichten nicht beeinträchtigt wird.

Es genügt, wenn der Beamte eine Zweitwohnung im üblichen Einzugsbereich der Dienststelle nimmt. Die Begründung eines Familienwohnsitzes ist hierfür nicht erforderlich.
 
Nur wenn es die dienstlichen Verhältnisse erfordern, kann der Beamte angewiesen werden, eine Wohnung innerhalb einer bestimmten Entfernung von der Dienststelle zu nehmen oder eine Dienstwohnung zu beziehen (§ 73 Abs. 2 BBG).

Bei besonderen dienstlichen Verhältnissen kann für Beamte angeordnet werden, sich während der dienstfreien Zeit erreichbar in der Nähe des Dienstortes aufzuhalten (§ 74 BBG), z. B. bei drohenden Katastrophen, bei Großveranstaltungen, in Spannungsfällen, im Falle eines Streiks usw. Dies wird als Rufbereitschaft bezeichnet. Bereitschaftsdienst ist gerade dadurch gekennzeichnet, dass sich der Beamte auf Aufforderung des Dienstherrn an einem bestimmten Ort zur sofortigen Dienstaufnahme bereithalten muss. 

Ein Verstoß gegen die beamtenrechtliche Residenzpflicht stellt ein Dienstvergehen dar, das im Einzelfall mit einer entsprechenden Disziplinarmaßnahme bis hin zur Entlassung aus dem Beamtenverhältnis zu ahnden ist.
Titel: Antw:Auswandern als Beamter
Beitrag von: Physiker am 11.03.2023 10:25
Man muss hier sehr aufpassen, weil man bei nicht temporärer Arbeit in einem anderen EU-Land dort sozialversicherungspflichtig wird. In der EU folgt die Sozialversicherungspflicht dem normalen Aufenthaltsort und ist nicht vom Status in Deutschland abhängig. Daher braucht man ja auch als Beamter auch eine A1-Bescheinigung bei Dienstreisen in das EU-Ausland. Wenn Du aus privaten Gründen permanent in's Ausland ziehst, wird das aber schwierig, denn die Frage ist, ob sich Dein Arbeitgeber mit den daraus folgenden Konsequenzen auseinandersetzen will oder nicht (da Du ja eigentlich Residenzpflicht hast, siehe die anderen Beiträge=.

Der Fall einer temporären Beschäftigung im Ausland ist bei Professoren im Rahmen von Forschungsfreisemestern üblich, der Deutsche Akademische Auslandsdienst hat daher dazu ein interessantes Rechtsgutachten in Auftrag gegeben, siehe
https://www2.daad.de/medien/der-daad/analysen-studien/dienst-_und_arbeitsrecht.pdf . Ich empfehle eine gründliche Studie...
Titel: Antw:Auswandern als Beamter
Beitrag von: pinmeister am 11.03.2023 10:27
Danke für eure Antworten bisher. Diese haben mir gut weitergeholfen.
eine Beurlaubung etc. ist nicht angemacht und finanziell nicht möglich.
100% HO sind bei uns nicht unüblich.
Bei welcher Behörde ich Arbeit, möchte ich nicht verraten.

Thema kann geschlossen werden. Danke
Titel: Antw:Auswandern als Beamter
Beitrag von: Max am 12.03.2023 23:49
Was wären denn das für versicherungs- und Steueraspekte?

Meines Erachtens würde der TE aufgrund des Teritorialprinzips  sozialversicherungspflichtig und steuerpflichtig im Zielland, da er dort seine Arbeit erbringt.

Titel: Antw:Auswandern als Beamter
Beitrag von: Physiker am 12.03.2023 23:54
Was wären denn das für versicherungs- und Steueraspekte?

Meines Erachtens würde der TE aufgrund des Teritorialprinzips  sozialversicherungspflichtig und steuerpflichtig im Zielland, da er dort seine Arbeit erbringt.

Genau. Die rechtliche Situation ist hier eindeutig (siehe das DAAD-Gutachten in meiner Antwort). Und das macht das alles sehr unattraktiv.
Titel: Antw:Auswandern als Beamter
Beitrag von: Rentenonkel am 13.03.2023 07:21
Die Steuer- und die Sozialversicherungspflicht sind zwei komplett unterschiedliche Bereiche, die getrennt voneinander zu betrachten sind.

Nach dem in Art. 11 Abs. 3 Buchst. a) Verordnung Nr. 883/2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit statuierten Beschäftigungslandprinzip ist ein Arbeitnehmer in dem Land sozialversichert, in dem er tätig ist. Das gilt auch für Beamte. Allerdings betrifft das nur Personen, die in einem Mitgliedstaat für Rechnung eines Arbeitgebers, der gewöhnlich dort tätig ist, eine Beschäftigung ausübt und die von diesem Arbeitgeber in einen anderen Mitgliedstaat entsandt wird, um dort eine Arbeit für dessen Rechnung auszuführen.

Andernfalls bleibt als Grenzgänger die soziale Sicherung des Landes erhalten, in dem die Arbeit ausgeführt wird.

Hier wird der Dienstherr den Beamten kaum ins Ausland abordnen. Vielmehr handelt es sich hierbei um eine private Entscheidung. Er ist auch im Ausland nicht für Rechnung des Dienstherrn tätig. Dazu mangelt es an der Außenwirkung des Landes, in dem er wohnt und an der Abordnung. In der Eigenschaft als Beamter bleibt er daher auch im europäischen Ausland versicherungsfrei.

Das hier zitierte Rechtsgutachten sagt lediglich aus, dass sich die Versicherungsfreiheit lediglich auf das Beamtenverhältnis bezieht. Sollte der Beamte im Ausland eine weiter oder andere Tätigkeit aufnehmen (z.B. Taxifahrer), wird er in dem Land grundsätzlich für diese Beschäftigung sozialversicherungspflichtig.

Sollte er im Auftrag seines Dienstherrn vorübergehend ins Ausland abgeordnet werden (internationale Messe, internationaler Austausch, internationaler Sprechtag), benötigt er dafür die hier zitierte A1 Bescheinigung. Die kann aber nur der Dienstherr bei der Deutschen Rentenversicherung elektronisch beantragen. Andernfalls haftet allein der Dienstherr, wenn diese Bescheinigung nicht vorliegt.

Etwas anderes gilt bei der Steuerpflicht. Da wird der Arbeitnehmer grundsätzlich sowohl im Herkunftsland als auch im Wohnsitzland steuerpflichtig. Ggf. kommt auch noch eine Zweitwohnsitzsteuer dazu. Mit den meisten europäischen Ländern gibt es allerdings Doppelbesteuerungsabkommen, durch die die Quellensteuer des einen Landes auf die Steuerschuld in dem anderen Land angerechnet wird. Um hier nähere Auskünfte zu erteilen, fehlt es allerdings an der wichtigsten Information: Das Land, in das die Ausreise stattfinden soll.
Titel: Antw:Auswandern als Beamter
Beitrag von: Max am 13.03.2023 08:07
Grenzgänger ist hier aber nicht zutreffend,  da die Arbeit ebenfalls im Ausland erbracht wird.
Am Ende wird das nur mit einem spezialisierten Anwalt bzw. durch die Dienststelle beurteilt werden müssen. Interessanter Weise wurden Beamte in Artikel 13 der Verordnung 883/2004 explizit aufgegriffen,  aber ob das für diese Konstellation zutrifft möchte ich nicht beurteilen.