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Beschäftigte nach TVöD / TV-L / TV-H => TV-L => Thema gestartet von: Benny86 am 26.11.2023 16:25
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Hallo zusammen,
ich arbeite seit 3 Jahren befristet als Elternzeitvertretung als Sachbearbeiter in einer Behörde. Auf Grund von Altersrente scheidet nun mein Kollege aus. Die Stelle wurde unbefristet ausgeschrieben mit der gleichen Aufgaben- und Tätigkeitsbeschreibung wie ich sie habe.
Müsste ich mich jetzt erneut bewerben, um ggf. entfristet zu werden? Die von mir ausgeübte Leistung wird ja jetzt anscheinend nicht mehr nur temporär benötigt, wie es in der Befristung angeführt wird. Könnte ich ansonsten auch einfach argumentieren, dass die gleiche TD unbefristet ausgeschrieben meine Entfristung rechtfertigen würde ?
Beide Stellen sind übrigens exakt gleich, was Aufgaben und Eingruppierung usw angeht.
Danke und viele Grüße
Benjamin
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Moin,
§30 Absatz (2) Satz 2 TV-L sagt:
Beschäftigte mit einem Arbeitsvertrag nach Satz 1 [kalendermäßig befristet mit Sachgrund; Anmerkung durch mich] sind bei der Besetzung von Dauerarbeitsplätzen bevorzugt zu berücksichtigen, wenn die sachlichen und persönlichen Voraussetzungen erfüllt sind.
Und §18 Teilzeit- und Befristungsgesetz lautet:
(1) Der Arbeitgeber hat die befristet beschäftigten Arbeitnehmer über entsprechende unbefristete Arbeitsplätze zu informieren, die besetzt werden sollen. Die Information kann durch allgemeine Bekanntgabe an geeigneter, den Arbeitnehmern zugänglicher Stelle im Betrieb und Unternehmen erfolgen.
(2) Der Arbeitgeber hat einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis länger als 6 Monate bestanden und der ihm in Textform den Wunsch nach einem auf unbestimmte Zeit geschlossenen Arbeitsvertrag angezeigt hat, innerhalb eines Monats nach Zugang der Anzeige eine begründete Antwort in Textform mitzuteilen. Satz 1 gilt nicht, sofern der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber diesen Wunsch in den letzten 12 Monaten vor Zugang der Anzeige bereits einmal angezeigt hat.
Heißt: Wenn du deinem AG sagst, dass du die unbefristete Stelle haben willst, muss er schon gute Gründe finden, die vor einem Arbeitsgericht auch Bestand hätten, um sie dir nicht zu geben…
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Vielen Dank, das ist ja interessant!
Wie gehe ich denn da jetzt am besten vor? Bewerbung einreichen und so meinen Willen nach Entfristung kundtun? Wenn das dann nicht klappt, kann ich ja immer noch Einspruch erheben?
Oder informelle Mail an Personalabteilung?
Hast du da Tipps wie ich am besten reagiere?
LG Benjamin
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Noch ein kurzer Nachtrag. Mein direkter Fachvorgesetzte/Abteilungsleiter hat mir geraten einfach eine Bewerbung einzureichen und dass das dann schon klappt. Wenn das klappt wäre es ja gut. Wenn es nicht klappt, weil die Personalabteilung Einwände hat und jemand anderes die Stelle gibt, könnte ich dann auf Grund von §30 Absatz (2) Satz 2 TV-L einfach Einspruch erheben oder entstehen mir Nachteile, wenn ich die Bewerbung einreiche und nicht jetzt im Bewerbungsverfahren direkt konkret meinen Willen für die Stelle zum Ausdruck bringe?
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Ich würde dem AG meinen Wunsch auf Entfristung bekannt geben und dabei auf genannten Satz im § verweisen. Dann braucht er das ganze Bewerbungsprozedere erst gar nicht anleiern.
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Das Problem ist leider, dass der Bewerbungsprozess bereits läuft…
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Also "erst schießen, dann fragen"?
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Also "erst schießen, dann fragen"?
Der Bewerbungsprozess läuft. Ich habe bisher noch nichts unternommen und frage daher hier um Rat.
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Ich würde mit Verweis auf die Paragraphen der Personalabteilung freundlich mitteilen, dass du Interesse an der Stelle hast. Wenn sie dich mit Verweis auf das laufende Bewerbungsverfahren vertrösten wollen, dann sagst du, dass sie das abbrechen können, da du ja Vorrang hast. Sollte man sich weiterhin weigern, fragst du nach der Begründung, die dir entsprechend zusteht und deutest an, dass du diesen dann gerichtlich überprüfen lassen wirst.
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Vielen Dank, das werde ich morgen so machen!
Was wären denn zum Beispiel für Gründe, weshalb sie einen nicht berücksichtigen wollen sondern das Bewerbungsverfahren durchziehen wollen?
Wäre eine interne Dienstvereinbarung bzw. die Vorgaben des Personalrats, dass jede Stelle ausgeschrieben werden muss, solch ein Grund? Oder wird bei sowas der Personalrat gar nicht angefragt?
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Über deinen Vorgesetzten muss man aber den Kopf schütteln oder über dessen Vorgesetzten. Ich unterstelle mal, dass der oder die nicht will und frage mich dann, ob man wohl zu viel Zeit hat. Ich hätte dich gefragt, ob Interesse besteht und wenn du das bejaht hättest, hätte ich dich um was schriftliches gebeten und dann die Entfristung bei Personal beantragt. Aber man kann es natürlich schön kompliziert machen und wieder Herrscharen beschäftigen.
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Ich würde keine Böswilligkeit unterstellen, eher Faulheit: Die eine Stelle ist ja besetzt -- derzeit durch die Vertretung; und dann wieder durch die zurückkomende Person -- , und die andere muss neu besetzt werden. Also wird diese ausgeschrieben. Wenn man jetzt die unbefristete Stelle mit dem Threadersteller besetzt, wird ja dessen Position frei und muss nachbesetzt werden. Aber wer bewirbt sich auf eine befristete Stelle mit ggf. mehr oder minder kurzer Restbefristungsdauer?
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Vielleicht fällt in dem Zusammenhang auch auf, dass die Aufgaben doch besser unbefristet besetzt wären. Wer weiß das schon, wenn mal sowas auf den Prüfstand gestellt wird. Der Vorgesetzte kann auch schlicht aus Unwissenheit die Bewerbung empfohlen haben. Die Beschäftigung mit dem Tarifrecht ist sinnvoll, aber nicht obligatorisch. ;)
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Ich würde dem Vorgesetzten keinen bösen Willen unterstellen. Man muss sich als Führungskraft schon eigeniniativ in Tarifrecht einarbeiten und wird es trotzdem nicht aus dem Effeff beherrschen. Aber eigentlich kümmert sich das Personalreferat oder -Dezernat um das Tarifrecht.
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Ich würde mit Verweis auf die Paragraphen der Personalabteilung freundlich mitteilen, dass du Interesse an der Stelle hast. Wenn sie dich mit Verweis auf das laufende Bewerbungsverfahren vertrösten wollen, dann sagst du, dass sie das abbrechen können, da du ja Vorrang hast.
Schon mal darüber nachgedacht, dass es noch andere Angestellte in der gleichen Situation bei dem AG geben könnte und er mit der Ausschreibung allen die Möglichkeit geben möchte ihren Vorrang darzustellen?
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Ich würde dem Vorgesetzten keinen bösen Willen unterstellen. Man muss sich als Führungskraft schon eigeniniativ in Tarifrecht einarbeiten und wird es trotzdem nicht aus dem Effeff beherrschen. Aber eigentlich kümmert sich das Personalreferat oder -Dezernat um das Tarifrecht.
Eigentlich reicht da ja schon gesunder Menschenverstand zu, dass ich, bevor ich eine Stelle unbefristet ausschreibe, meine befristeten Mitarbeiter/innen in gleicher Position vorher entfriste. So handhaben wir das zumindest vor einer Ausschreibung.
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Ich würde empfehlen, eine Bewerbung abzugeben und das Bewerbungsverfahren einfach durchzuziehen.
Eine einfache Entfristung wäre zwar unkompliziert, ist aber im öffentlichen Dienst oftmals nicht möglich. Benny86 sitzt aktuell auf einer befristeten Elternzeit-Vertretungs-Stelle. Jetzt wird durch Altersabgang eine unbefristete Stelle frei.
Als Personalrat bin ich der Meinung, dass diese Stelle ausgeschrieben werden soll. Möglicherweise gibt es in der Behörde noch andere befristet Beschäftigte, die Interesse haben und möglicherweise gibt es auch Beschäftigte, die bisher eine geringer vergütete Stelle haben und Interesse an einer Stelle mit höherer Eingruppierung haben.
Wenn Benny86 auf seiner befristeten Stelle bisher gute Leistungen gezeigt hat, dann hat er sicherlich auch gute Chancen, die Stelle zu erhalten. Ich fände es allerdings ungerecht, wenn andere Interessenten keine Möglichkeit zur Bewerbung erhalten, wenn die Stelle direkt an Benny86 vergeben wird.
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Klar, auf jeden Fall drauf bewerben.
Bei uns in der Dienststelle werden unbefristete Stellen auch immer ausgeschrieben. Es könnte ja noch eine zweite befristete Person geben, die Interesse an der Stelle hätte. Und so hat dann jeder die Chance sich zu bewerben.
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Ok, eine interne Ausschreibung kann ich verstehen, um befristete Mitarbeitende gleichermaßen die Möglichkeit zu geben, sich für die Stelle zu interessieren. Allerdings ist weder eine Höhergruppierung, wie Valrak sie ins Spiel bringt, noch ein_e Externe_r gleichermaßen vom Gesetz vorgegeben bevorzugt zu behandeln wie eine derzeit befristet beschäftigte Person. Insofern sollte sich die Ausschreibung auch nur erst einmal an jene Personengruppe richten; und alle anderen kommen dann zum Zug, wenn die Stelle nicht mit einer solchen Person besetzt werden konnte. Ansonsten macht sich der AG angreifbar und der/die Threadersteller_in kann gegen die Besetzung klagen.
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Ich war bis vor knapp einem Jahr in der gleichen Situation. War an einer Uni als Elternzeitvertretung befristet angestellt und die exakt gleiche Stelle wurde unbefristet extern ausgeschrieben. Ich habe mich damals für diese Stelle beworben und wurde zum Gespräch eingeladen. Bekommen habe ich die Stelle nicht, sondern eine Freundin der Abteilungsleiterin (ohne Erfahrung). Heute bin ich über diese Entwicklung froh. Habe einen neuen Arbeitgeber, der meine Arbeit auch wertschäzt - bin unbefristet und 4EGs höher.
Lange Rede kurzer Sinn, an deiner Stelle würde ich Interesse bekunden und meine Bewerbung schnellstens einreichen. Es wird ja sicher eine Abgabefrist bestehen?
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Hallo zusammen und vielen Dank für die Rückmeldungen. Ich habe in der Zwischenzeit meine Bewerbung eingereicht und mit Abteilungsleiter, Dienststelle und Personalrat gesprochen.
Abteilungsleiter sagt, er will mich haben.
Dienststelle sagt, dass Ausschreibung notwendig ist. Jedoch würde ich bei gleicher Eignung gegenüber Externen bevorzugt eingestellt. Da ich lt. TD und Ausschreibung alles erfülle, habe ich bei den Auswahlkriterien ohnehin 100% erfüllt.
Personalrat sagt, Ausschreibung ist wichtig um potentiell internen Angestellten die Möglichkeit zu geben sich auch zu bewerben. Im Endeffekt würde dann die Auswahl zwischen den internen Bewerbungen erfolgen.
Fazit ist also, dass der Paragraf kein Freifahrtsschein ist, sich aber die Chancen erheblich verbessern. Finde das Vorgehen so sehr in Ordnung. Die Kommunikation im Voraus hätte jedoch besser sein können…
LG Benny