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Allgemeines und Sonstiges => allgemeine Diskussion => Thema gestartet von: Cico1901 am 27.12.2023 10:24
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Ein Bekannter von mir hat nach erfolgreichem Abschluss seiner Ausbildung vor gut 15 Jahren einen für 2 Jahre befristeten Arbeitsvertrag bei seinem AG unterschrieben. Nach Ablauf hat er dort bis heute ohne einen neu geschlossenen, schriftlichen Arbeitsvertrag weitergearbeitet, so dass das Arbeitsverhältnis wohl quasi konkludent in eine unbefristete Beschäftigung übergegangen ist. Diese wurde aber halt nicht weiter schriftlich fixiert.
Er wollte nun wegen Arbeitgeberwechsel kündigen mit einer Frist von 4 Wochen zum Monatsende, da ja kein schriftlicher Arbeitsvertrag bestehen würde. Was ist aber mit den Regelungen in dem alten, befristeten und ausgelaufenen Vertrag: Gelten dessen Regelungen trotz Ablauf allesamt weiter (sofern hier dann z.B. eine verlängerte Kündigungsfrist für den AN genannt wurde)?
Ist zwar jetzt nicht öD, trotzdem m.E. ein interessanter Sachverhalt.
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Im damals geschlossenen Arbeitsvertrag ist nur die Klausel zur Befristung ungültig geworden, alles weitere -- inklusive ggf. vereinbarten Kündigungsfristen -- behält seine Gültigkeit.
btw: Ein Arbeitsvertrag kann auch rein mündlich geschlossen werden. (Nur eine ggf. vorhandene Befristung bedarf der Schriftform.) Es ist jedoch dennoch sinnvoll, alle ausgehandelten Regelungen schriftlich zu fixieren, da bei einem rein mündlichen Vertragsschluss immer das Problem der Beweislast bleibt.
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Wieso sollte der Arbeitsvertrag und dessen Kündigungsfristen noch Gültigkeit haben?
MMn sollte jetzt die Kündigungsfristen nach dem §622 BGB gelten, da nichts anderes (nachweislich) vereinbart ist.
Insofern hat der AN dann eine Kündigungsfrist von 4 Wochen.
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2 Antworten, 2 verschiedene Sichtweisen.
Kann beide inhaltlich nachvollziehen. Aber rechtlich dürfte ja nur eine der beiden genannten zutreffen.
Entweder die Inhalte des alten Vertrages gelten weiterhin trotz Ablauf (wäre ja irgendwo denkbar, da ja bei der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auch die getroffenen Regelung z.B. in puncto Urlaub weitergelten dürften), oder es besteht einfach ein neuer, mündlicher Arbeitsvertrag ohne schriftlich fixierte Regelungen, bei dem im Zweifelsfall die gesetzlichen/tariflichen Regelungen greifen (da der befristete Vertrag abgelaufen ist dürfte der AG schwer belegen können, dass beide Seiten einverstanden sind, das die damals getroffenen Regelungen noch weiterhin gelten sollen).
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Wieso sollte der Arbeitsvertrag und dessen Kündigungsfristen noch Gültigkeit haben?
Weil er nicht aufgehoben, gekündigt, o.Ä. wurde. Einzig und allein die Befristungsklausel hat ihre Wirkung verloren.
MMn sollte jetzt die Kündigungsfristen nach dem §622 BGB gelten, da nichts anderes (nachweislich) vereinbart ist.
Ob nichts anderes vereinbart wurde, wissen wir nicht, da es nicht geschildert wurde.
Insofern hat der AN dann eine Kündigungsfrist von 4 Wochen.
Falls keine anderen Kündigungsfristen vereinbart wurden, ist dies korrekt.
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Überraschend, ich dachte bisher, dass wenn ein Vertrag bis zum Tag x befristet ist, dann ist er danach beendet. Klingt so, als ob ein befristeter Vertrag noch gekündigt o.Ä. werden müsste.
In meinen Augen ist nach der Beendigung des alten befristeten AVs ein neuer AV gemacht worden (mündlich bzw. durchs weiterarbeiten...) und dessen Basis ist dann das BGB, sofern man nicht was anderes (nachweisbar) vereinbart hat.
Dann müsste also nach deiner Ansicht, die im AV vereinbarten Kündigungsfristen weiter gelten (sofern dort welche vereinbart wurden)
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Jedenfalls spricht das Gesetz (§15 Absatz (6) Teilzeit- und Befristungsgesetz) von einer Verlängerung des ehemals befristet geschlossenen Arbeitsverhältnisses, nicht vom Neuabschluss eines nun unbefristeten:
(6) Wird das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Zeit, für die es eingegangen ist, oder nach Zweckerreichung mit Wissen des Arbeitgebers fortgesetzt, so gilt es als auf unbestimmte Zeit verlängert, wenn der Arbeitgeber nicht unverzüglich widerspricht oder dem Arbeitnehmer die Zweckerreichung nicht unverzüglich mitteilt.
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Und dort steht auch:
(1) Ein kalendermäßig befristeter Arbeitsvertrag endet mit Ablauf der vereinbarten Zeit.
Also der Arbeitsvertrag endet.
Das Arbeitsverhältnis jedoch nicht.
Wird also durch die unbestimmte Verlängerung des Arbeitsverhältnisses der Arbeitsvertrag auch auf unbestimmte Zeit verlängert?
Tja, so 100% klar ist mir das so nicht, aber evtl. gibt es Urteile, die das klarstellen.
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https://www.anwalt.de/rechtstipps/stillschweigende-verlaengerung-eines-befristeten-arbeitsvertrages-204441.html
Nach aktueller Rechtslage ist es grundsätzlich so, dass sich ein befristeter Arbeitsvertag automatisch in einen unbefristeten Arbeitsvertrag umwandelt, soweit mit beiderseitigem Einverständnis ohne weitere Befristung über die vertraglich festgelegte Frist hinaus gearbeitet wird. Denn nach § 15 Abs. 6 TzBfG gilt das Arbeitsverhältnis als auf unbestimmte Zeit verlängert, sobald das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Zeit, für die es eingegangen ist, oder nach Zweckerreichung mit Wissen des Arbeitgebers fortgesetzt wird, wenn der Arbeitgeber nicht unverzüglich widerspricht oder dem Arbeitnehmer die Zweckerreichung nicht unverzüglich mitteilt.
§ 15 Abs. 5 TzBfG geht in seinem Anwendungsbereich dem § 625 BGB vor. Im Falle der Fortsetzung eines Arbeitsverhältnisses nach Ablauf der Zeit, für die es eingegangen ist (im Sinne einer Zeitbefristung) sowie nach Zweckerreichung oder nach Eintritt einer auflösenden Bedingung, somit in allen Fällen eines befristeten Arbeitsverhältnisses, gilt § 15 Abs. 5 TzBfG. § 625 BGB behält nach Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes allerdings seine Bedeutung für die Fortsetzung eines Arbeitsverhältnisses nach einer Kündigung, Anfechtung oder einem Auflösungsvertrag (BAG Urteil vom 03.09.2003- 7 AZR 106/03- NZA 2004, 255). § 15 Abs. 5 TzBfG findet darüber hinaus über § 21 TzBfG auch Anwendung auf auflösend bedingte Arbeitsverhältnisse.
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Danke
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In dem alten, damals befristeten Vertrag steht wohl was drin von der gesetzlichen Kündigungsfrist bzw. Kündigungsfrist nach Tarif. Letzere wären dann tatsächlich wohl einige Monate...was natürlich blöd ist, wenn man direkt wechseln möchte.
Mein Bekannter beruft sich auf folgende Passage: "Nebenabreden und Änderungen des Vertrags, insbesondere der Übergang in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis, bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der Schriftform. Dieses Formerfordernis kann weder mündlich noch stillschweigend aufgehoben oder außer Kraft gesetzt werden."
Wäre die Frage, ob durch diesen Teil, ggf. ein ganz neues (aber ebenfalls natürlich unbefristetes) Arbeitsverhältnis zustande gekommen ist, bei dem die Inhalte des Altvertrages halt nicht mehr gelten. Und man mit kurzer, gesetzlicher KF raus kommt...
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Jetzt wirds ja lustig.
Wenn das extra so im Vertrag drin steht und es trotzdem keine schriftliche Übereinkunft gibt, stellt sich ja die Frage, wie das über all die Jahre gutgehen konnte.
Würde sagen weil dein Bekannter jetzt all die Jahre davon profitiert hat, eigentlich ohne Vertrag einen Job gehabt zu haben, als hätte er einen regulären Vertrag, sollte er sich auch weiter an das halten, was die letzten 15 Jahre Sache war und einfach die normale tarifliche Kündigungsfrist abwarten.
Wenn dir der Vertrag aber offenbar vorliegt, sodass du aus ihm Passagen zitieren kannst, könntest du auch mal herausfinden, ob sich darin auf die gesetzliche oder tarifliche Kündigungsfrist bezogen wird.
Wenn dein Bekannter es aber genau wissen will, sollte er mal einem Anwalt ein paar Euronen in den Rachen werfen.
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Im dem alten, befristeten Vertrag steht wohl die tarifliche (und somit lange) KF.
Der Fall wird aber immer komplizierter: Der befristete Vertrag endete scheinbar damals am 22.12., soweit so ungewöhnlich. Während des Vertragsendes war mein Bekannter allerdings bei der Bundeswehr bis einschließlich zum 31.12. und hat sich dann mit dem AG darauf verständigt, ab dem 01.01. die Arbeit wieder aufzunehmen.
Anhand dieser Information würde ich aufgrund der Lücke nun sagen: Neues Arbeitsverhältnis, die Inhalte des befristeten Vertrages sind Schall und Rauch.
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Jetzt wirds ja lustig.
Wenn das extra so im Vertrag drin steht und es trotzdem keine schriftliche Übereinkunft gibt, stellt sich ja die Frage, wie das über all die Jahre gutgehen konnte.
Also damit wird nach meinem Verständnis (sofern es statthaft ist) der Übergang wie er im TzBfG steht eben ausgehebelt.
Durch die Lücke erst recht.
Damit sollte also der alte Vertrag in der Tat beendet sein. Und das neue Arbeitsverhältnis auf rein mündlicher (oder stillschweigender Übereinkunft) begründet werden und dann würden nur noch BGB Regeln gelten und witzigerweise hätte er damit ebenfalls keinen Anspruch auf mehr als die 20 Tage gesetzlichen Urlaub gehabt, aber wahrscheinlich bekommen, was damit als mündlicher fixiert gelten würde.
Also ich kann da nur raten, einfach mal miteinander reden und oder kündigen, wie es einem gefällt und warten ob da eine Kündigungsschutzklage kommt.
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Der befristete Vertrag endete scheinbar damals am 22.12.
Warum "scheinbar"?
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Durch die Lücke bin ich auch der Meinung, dass das befristete Arbeitsverhältnis beendet und ein Neues, unbefristetes mündlich begründet wurde. Hier dürften zwar auch alle Regelungen (bis auf die Befristung) des alten Arbeitsverhältnisses übernommen worden sein; aber die Nachweispflicht im Streitfall könnte schwer zu erbringen sein. Im Zweifelsfall dürfte also die Vereinbarung der längeren als der gesetzlichen Kündigungsfrist kaum Bestand haben -- es sei denn, man hat Zeugen...
Andererseits sehe ich es auch ähnlich wie andere hier: Ein vernünftiges Gespräch sollte doch auch zum gewünschten Ergebnis führen.
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Andererseits sehe ich es auch ähnlich wie andere hier: Ein vernünftiges Gespräch sollte doch auch zum gewünschten Ergebnis führen.
Soll man meinen. Aber nun ist wohl der Firmenbulli eingezogen worden, man wurde auf eine andere Baustelle versetzt und zudem seitens des AG eine Klage angekündigt...
Bleibt spannend.
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Welche Bedingungen gelten, könnte man sich vom Arbeitgeber schriftlich vorlegen lassen (§ 2 Nachweisgesetz). Im Zweifel wird es sich dabei um die Bedingungen des TVöD (für unbefristete Beschäftigungsverhältnisse) handeln. Ungeachtet dessen besteht ja die Möglichkeit, sich auf einen Auflösungsvertrag zu einigen, der eine kürzere Frist bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses vorsieht.
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Die angekündigte Klage wird im übrigen, meiner persönlichen Meinung nach, aller Voraussicht nach wohl ins Leere laufen. Regelmäßig ist das Arbeitsrecht ja doch so auszulegen, dass dem im Abhängigkeitsverhältnis Beschäftigten kein (erheblicher) Nachteil entstehen darf im Kräfteverhältnis von Arbeitnehmer und Arbeitgeber.
Da hier offenkundig eine Arbeitsleistung erbracht worden ist, die mittlerweile wohl seit gut rund 13 Jahre bestanden hat und auch ohne Beanstandungen vom Arbeitgeber vergütet worden ist, ist unstreitig von einem unbefristeten Arbeitsverhältnis auszugehen.
Die Eckdaten des Arbeitsverhältnisses orientieren sich hier dann dran, wie die Bezüge und der Urlaub in diesen ganzen Jahren fortgeführt worden ist und dies wird wohl entsprechend der TVÖD sein bzw. die übliche betriebliche Übung oder halt wie es bisher für den einzelnen Beschäftigten ausgestaltet worden ist. Schon alleine etwa durch die Entgeltnachweise oder halt die Kontoauszüge hat man den unstreitigen Beweiswert eines Beschäftigtenverhältnisses.
Der angedrohten Klage des AG würde ich persönlich wohl lachend entgegen sehen.