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Allgemeines und Sonstiges => allgemeine Diskussion => Thema gestartet von: tschippi am 06.04.2025 10:13

Titel: Computertest Denkvermögen als Einstellungstest und dann Absage
Beitrag von: tschippi am 06.04.2025 10:13
Hallo,

ich hatte diese Woche einen Computertest bzgl. Denkvermögen. Das lief online. Ich hatte eine Videokonferenz mit einem Personaler, der mir das kurz erklärte. Es gab Beispielaufgaben. Ich wurde vom Personaler über die Webcam beobachtet, damit kein anderer für mich den Test machen konnte.

In der Einladung stand nur, dass es einen solchen Computertest bzgl. Denkvermögen geben wird.

Der Personaler sagte dann, dass damit das logische Denken getestet wird.

Es wurden mir dann die Aufgaben online gestellt, gezeigt. Ich hatte pro Aufgabe 2 Minuten Zeit. Es waren 20 Aufgaben. Alles so Zeichenkombinationen mit Punkten, Strichen, Kreisen ... Es waren insgesamt 9 Flächen. Auf 8 sah man was und in der neunten unten rechts musste ich eintragen, was ich für richtig hielt. Ich hatte keinen Plan. Ich wusste zwar, was ich machen musste, hatte aber keinen Plan. Ich habe es einfach nicht verstehen können, also diese Kombis und was dann als Letztes eingetragen werden soll. Ich habe nur geraten.

Letztlich hat mir der Personaler gesagt, dass ich 0 Punkte habe und dass es für mich an dieser Stelle bereits vorbei ist und ich nicht in die nächste Runde komme und einen Termin bzgl. Vorstellungsgespräch bekomme.

Das hat mich natürlich echt getroffen.

Ich bin schwerbehindert und das denen auch in der Bewerbung mitgeteilt.

Ich habe dem Personaler aber weder während des Tests noch direkt danach noch nach der Ergebnisverkündung mitgegeteilt, dass ich mit dem Test meine Probleme habe. Ich wollte mir keine Blöße geben, weil ich mir irgendwie dumm vorkam, dass ich nicht logisch denken kann.

Ich habe auch gefragt, was ein solcher Test mit den Aufgaben eines Mitarbeiters in der Post- und Scanstelle zu tun hat, wo ich bereits über fundierte Berufserfahrung verfüge. Aber dazu wurde nichtd gesagt.

Das lässt mir einfach keine Ruhe. Ist das bei Behörden überall so mit solchen Einstellungstests? Geht doch "nur" um die Post und so. Das habe ich immer gut hinbekommen.

Kennt Ihr solche Tests? Bin ich da zu dumm für oder was fehlt mir da?

Und ist ein solcher Test wirklich so ausschlaggebend wichtig für eine Poststelle im ÖD?

Besten Dank schon mal.

VG
Titel: Antw:Computertest Denkvermögen als Einstellungstest und dann Absage
Beitrag von: Casa am 06.04.2025 15:02
Zitat
Kennt Ihr solche Tests?

Ja.

Zitat
Bin ich da zu dumm für oder was fehlt mir da?

Wahrscheinlich fehlt dir Übung.


Zitat
Und ist ein solcher Test wirklich so ausschlaggebend wichtig für eine Poststelle im ÖD?

Der AG hat ein weites Ermessen darin, was er für eine Stelle fordert und wie er das prüft.


Du solltest vor dem nächsten Test üben. Schau mal unter dem Schlagwort "Matrizen". Es geht bei Matrizen darum, dass sich Teile ändern und ein Schema erkennbar ist.
Titel: Antw:Computertest Denkvermögen als Einstellungstest und dann Absage
Beitrag von: carriegross am 06.04.2025 18:31
So ein Test für "nur" Post, scannen ist schon "ein wenig" überzogen, wie ich finde. Ist wahrscheinlich "nur" eine EG 3 - EG 5-Stelle?

Was wird in der Behörde bloß "veranstaltet", wenn es um Sachbearbeiterstellen, Leitungsstellen ... geht? xD

Du bist schwernehindert, also hast mind. 50 GdB, und hast das in Deinem Bewerbungsanschreiben angegeben? Und der Personaler hat Dich wegen Nichtbestehen des Einstellungstest nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen? Ohne Worte!

Wasn das fürn Laden?

Da willst Du nicht arbeiten!
Titel: Antw:Computertest Denkvermögen als Einstellungstest und dann Absage
Beitrag von: maiklewa am 06.04.2025 20:00
Keine Einstellung, aber eine Entschädigung? ;-)

Titel: Antw:Computertest Denkvermögen als Einstellungstest und dann Absage
Beitrag von: tschippi am 07.04.2025 08:31
Hätte ich trotz der 0 Punkte zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden müssen?
Titel: Antw:Computertest Denkvermögen als Einstellungstest und dann Absage
Beitrag von: ElBarto am 07.04.2025 08:31
Ich kenne solche Tests noch von anno dazumal als ich mich für eine Ausbildung beworben habe.

Ich glaube ich habe damals 2 solcher "IQ-Tests" gemacht.

Da es noch andere Zeiten waren, kannte in etwas jeder Arbeitgeber meine Ergebnisse.

Was ich dazu aber sagen muss, ich hatte später wegen eines Auswahlverfahrens nochmal so einen Test. Da dann elektronisch und für viel Geld von einer Firma gekauft.
Es war bekannt, dass sowas drankommt also haben alle Beteiligten sich vorbereiten können.

Man kann diese Tests tatsächlich trainieren. Zumindest kommt mit der Gewohnheit Sicherheit und Geschwindigkeit.

Ich weiß nicht welcher AG das war.

Kann mir aber 2 Dinge vorstellen.

1. Der Test ist willkommen um Bewerber vorzusortieren.

2. Man kann eine gewisse Relevanz für die ausgeschriebene Tätigkeit herbeidichten indem man das auf die Nachbehandlung bezieht. Im Sinne von Überprüfung der Scanergebnisse und ggfs. Bereinigung (Leerseiten raus, Seitenorientierung anpassen).


Keine Ahnung wie das Ganze noch ausgeht oder ob es Folgen hat.

Die Einschränkungen von OP  sollten gerade hier nicht ins Gewicht fallen wenn sie nicht die geistige Leistungsfähigkeit oder die Mausbedienung betreffen, oder?





Titel: Antw:Computertest Denkvermögen als Einstellungstest und dann Absage
Beitrag von: Casa am 07.04.2025 09:25
Zitat
Hätte ich trotz der 0 Punkte zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden müssen?

Bei einem mehrstufigen Verfahren, bei dem jede Stufe "bestanden" werden muss, musst du nicht zu den weiteren Stufen eingeladen werden.

Zitat
Keine Einstellung, aber eine Entschädigung? ;-)

Wofür? Eine Entschädigigung drängt sich hier nicht auf.
Titel: Antw:Computertest Denkvermögen als Einstellungstest und dann Absage
Beitrag von: Zeussowitz am 07.04.2025 09:40
Verstehe das Problem nicht.

Der Arbeitgeber hat für sich ein Verfahren festgelegt, wie er zur Entscheidung kommt, welcher Bewerber eine Stelle bekommt. Das kann man inhaltlich überzogen finden oder auch nicht, aber formell ist das vollkommen normal.

Zu diesem Verfahren hat er dich eingeladen, da er dich nicht als offensichtlich ungeeignet wahrgenommen hat, oder es evtl. tun musste. Ist aber unerheblich.

In diesem konkreten Verfahren hast du dich dann aber als ungeeignet erwiesen, bzw. bist „durchgefallen“. Ist blöd, aber es gibt keinen Grund jetzt die Gründe woanders zu suchen als bei dir selbst. Dein gewaltiger Vorteil ist aber, dass du jetzt eine Ahnung hast, was bei diesem Arbeitgeber auf dich zukommt, wenn du dich nochmal bewirbst. Solche Stellen haben ja durchaus eine gewisse Fluktuation. Also Mund abwischen, privat üben und nochmal probieren.
Titel: Antw:Computertest Denkvermögen als Einstellungstest und dann Absage
Beitrag von: carriegross am 07.04.2025 10:03
Das Problem ist hier, dass es, offensichtlich auch hier, Personen gibt, die keine Ahnung vom mehrstufigen Auswahlverfahren gibt in Bezug auf Schwerbehinderte.
Titel: Antw:Computertest Denkvermögen als Einstellungstest und dann Absage
Beitrag von: clarion am 07.04.2025 22:51
carriegross, dann kläre uns doch mal auf.

Ich finde einen derartigen Test für eine reine Scan- und Poststelle auch übertrieben, aber wenn der Arbeitgeber meint,  das für die Bestenauslese zu brauchen, dann ist dagegen wohl nichts einzuwenden.
Titel: Antw:Computertest Denkvermögen als Einstellungstest und dann Absage
Beitrag von: carriegross am 07.04.2025 22:56
carriegross, dann kläre uns doch mal auf.

Ich finde einen derartigen Test für eine reine Scan- und Poststelle auch übertrieben, aber wenn der Arbeitgeber meint,  das für die Bestenauslese zu brauchen, dann ist dagegen wohl nichts einzuwenden.

Bei einem sog. mehrstufigen Verfahren muss ein schwerbehinderter Bewerber zu einem VG eingeladen werden, selbst wenn er vorher in einem Test Null Punkte hatte. Entsprechende Urteile lassen sich googlen. ;-)
Titel: Antw:Computertest Denkvermögen als Einstellungstest und dann Absage
Beitrag von: Rowhin am 08.04.2025 06:27
carriegross, dann kläre uns doch mal auf.

Ich finde einen derartigen Test für eine reine Scan- und Poststelle auch übertrieben, aber wenn der Arbeitgeber meint,  das für die Bestenauslese zu brauchen, dann ist dagegen wohl nichts einzuwenden.

Bei einem sog. mehrstufigen Verfahren muss ein schwerbehinderter Bewerber zu einem VG eingeladen werden, selbst wenn er vorher in einem Test Null Punkte hatte. Entsprechende Urteile lassen sich googlen. ;-)

Tatsächlich steht in §165 SGB IX  (https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_9_2018/__165.html)(ehemals §82):

Zitat
Die Dienststellen der öffentlichen Arbeitgeber melden den Agenturen für Arbeit frühzeitig nach einer erfolglosen Prüfung zur internen Besetzung des Arbeitsplatzes frei werdende und neu zu besetzende sowie neue Arbeitsplätze (§ 156). Mit dieser Meldung gilt die Zustimmung zur Veröffentlichung der Stellenangebote als erteilt. Haben schwerbehinderte Menschen sich um einen solchen Arbeitsplatz beworben oder sind sie von der Bundesagentur für Arbeit oder einem von dieser beauftragten Integrationsfachdienst vorgeschlagen worden, werden sie zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Eine Einladung ist entbehrlich, wenn die fachliche Eignung offensichtlich fehlt. Einer Inklusionsvereinbarung nach § 166 bedarf es nicht, wenn für die Dienststellen dem § 166 entsprechende Regelungen bereits bestehen und durchgeführt werden.

Daraus schließen Gerichte in Urteilen regelmäßig:

Zitat
Bei mehrstufigen Verfahren müssen schwerbehinderte Bewerber zu allen Stufen, einschließlich Tests und Vorstellungsgesprächen, eingeladen werden. 

Ein prominentes Beispiel ist BAG 27.8.2020 – 8 AZR 45/19 (https://www.kus.uni-hamburg.de/organisation/schwerbehindertenvertretung/aktuelles/news48.html):

Zitat
Die Einladungspflicht für schwerbehinderte bewerbende Personen gilt auch für die höheren Stufen der Auswahlverfahren. Das gilt unabhängig von der Bezeichnung (z. B. Auswahlgespräch, Assessement Center, Interview etc), unabhängig von der angewandten Methode (biografie-, test- und simulationsorientierte Verfahren) und unabhängig von der Durchführungsform (Rollenspiele, Fallbeispiele, Präsentationen). Dadurch erhöhen sich die Chancen schwerbehinderter bewerbender Personen, sich in solchen Verfahren mit ihren Vorzügen zu präsentieren.

Titel: Antw:Computertest Denkvermögen als Einstellungstest und dann Absage
Beitrag von: clarion am 08.04.2025 06:44
Was für eine Zeitverschwendung und auch in Hinblick der enttäuschten Hoffnung problematisch. Das Ergebnis ist doch, dass jemand eingeladen wird, den man aufgrund der Vortests schon für ungeeignet befunden hat.

Titel: Antw:Computertest Denkvermögen als Einstellungstest und dann Absage
Beitrag von: tb2022 am 08.04.2025 10:47
Klagen!

2-Monatsfrist beachten.
Titel: Antw:Computertest Denkvermögen als Einstellungstest und dann Absage
Beitrag von: MoinMoin am 08.04.2025 10:54
Was für eine Zeitverschwendung und auch in Hinblick der enttäuschten Hoffnung problematisch. Das Ergebnis ist doch, dass jemand eingeladen wird, den man aufgrund der Vortests schon für ungeeignet befunden hat.
Außer wenn man zu einem Zeitpunkt des Verfahren die offensichtliche Ungeeignetheit feststellen kann.

Man muss jemanden nicht immer einladen: 
Eine Einladung ist entbehrlich, wenn die fachliche Eignung offensichtlich fehlt. so steht es doch im SGB

Also wenn ich jemanden in der Buchhaltung einstellen will und er kann offensichtlich nicht Zahlenreihen addieren, dann könnte ich mir vorstellen, dass ich ihn im weiteren Verfahren raus nehmen kann.
Titel: Antw:Computertest Denkvermögen als Einstellungstest und dann Absage
Beitrag von: Fragmon am 08.04.2025 11:52
Was für eine Zeitverschwendung und auch in Hinblick der enttäuschten Hoffnung problematisch. Das Ergebnis ist doch, dass jemand eingeladen wird, den man aufgrund der Vortests schon für ungeeignet befunden hat.
Außer wenn man zu einem Zeitpunkt des Verfahren die offensichtliche Ungeeignetheit feststellen kann.

Man muss jemanden nicht immer einladen: 
Eine Einladung ist entbehrlich, wenn die fachliche Eignung offensichtlich fehlt. so steht es doch im SGB

Also wenn ich jemanden in der Buchhaltung einstellen will und er kann offensichtlich nicht Zahlenreihen addieren, dann könnte ich mir vorstellen, dass ich ihn im weiteren Verfahren raus nehmen kann.

So wie das BAG argumentiert vermutlich nicht. Der Bewerber könnte ja in der zweiten Stufe (hier Potentialanalyse) so gut Punkten, dass es in der Gesamtschau Wert ist, ihm dies noch beizubringen.
Titel: Antw:Computertest Denkvermögen als Einstellungstest und dann Absage
Beitrag von: carriegross am 08.04.2025 12:02
Und im vorliegendem Fall wirds der AG alleine schon mit der Begründung schwer haben, warum solche Matrizentests für eine Poststelle. Warum stand in der Einladung nicht explizit Matritzentest, sondern nur computerbasierter Test bzgl. Denkvermögen. Da hätte ich mir auch was ganz anderes drunter vorgestellt. ZB eine sog Postkorbübung oder mehrere.
Titel: Antw:Computertest Denkvermögen als Einstellungstest und dann Absage
Beitrag von: Casa am 08.04.2025 12:08
Im Urteil des BAG wurde ein mehrstufiges Verfahren betrachtet. Dabei war jede Stufe unabhängig voneinander zu bestehen. Der Begriff Vorstellungsgespräch ist weit zu verstehen und umfasst grundsätzlich alle Stufen.

Allerdings:
Beweist der AG, dass dem Bewerber die fachliche Eignung offensichtlich fehlt, ist eine Einladung entbehrlich.
Es stellt sich die Frage, ob sich die offensichtliche fachliche Nichteignung auch während des mehrstufigen Auswahlverfahrens ergeben kann und ein offensichtlich fachlich nicht geeigneter Bewerber zur nächsten Stufe einzuladen ist.

Das BAG sagt zudem:
Zitat
Stellen die charakterlichen Mängel eines Bewerbers ein offensichtliches Einstellungs- bzw. Besetzungshindernis dar, kann der vom Gesetzgeber mit § 82 Satz 2 SGB IX aF verfolgte Zweck, dem schwerbehinderten Bewerber die Chance zu geben, den Arbeitgeber von seiner Eignung im weiteren Sinne zu überzeugen, von vornherein nicht erreicht werden. Die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch würde sich in einem solchen Fall als bloße Förmelei erweisen.

Wenn sich ein Bewerber nach einem Test als offensichtlich ungeeignet erweist, wäre eine Einladung unnötige Förmelei. Diese Ansicht lässt sich auch auf ein mehrstufiges Verfahren anwenden, in dem der AG den Bewerber nach Nichtbestehen einer Stufe nicht einladen muss, wenn sich der Bewerber als offensichtlich fachlich nicht geeignet erweist.

Das BAG sagt hierzu:
Zitat
Nach alledem ist es zwar – auch im Hinblick auf die Regelung in § 82 Satz 2 SGB IX aF – nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass der Arbeitgeber mehrstufig in dem Sinne verfährt, dass er zunächst mit allen Bewerber/innen auf einer ersten Stufe ein Vorstellungsgespräch führt und sodann nur diejenigen, die auf dieser ersten Stufe überzeugt haben, zu einem weiterführenden Auswahlgespräch, Test etc. einlädt. Allerdings kommt der öffentliche Arbeitgeber mit der Einladung eines/r schwerbehinderten Bewerbers/in allein zu dem auf der ersten Stufe stattfindenden Vorstellungsgespräch seiner Verpflichtung nach § 82 Satz 2 SGB IX aF nur dann nach, wenn er sich bereits aufgrund dieses Vorstellungsgesprächs einen umfassenden Eindruck darüber verschaffen kann, ob diese/r Bewerber/in über die fachliche und persönliche Eignung verfügt, die für die zu besetzende Stelle erforderlich ist.


Dafür, dass er Bewerber nicht einzuladen ist, trägt der AG die Beweislast. Mit dem Test kann der AG dies womöglich. Hier stellt sich auch die Frage, warum der Bewerber ohne Matrizen lösen zu können erfolgreich in einer Postelle arbeitete und warum der AG hier Matrizenlösung für notwendig erachtet bzw. das abgeprüfte logische Denken. Ganz abwegig ist es nicht, dass ein gewisses geringes logisches Denkvermögen notwendig für die Aufgaben auf der Stelle ist.
Ich sehe den Test mit der Lösung von Matrizen für einen Poststellenmitarbeiter vorerst aber kritisch. Es kommt auf die konkreten fachlichen Anforderungen an.


Nun ließe sich argumentieren, es kommt auch auf die persönliche Eignung an. Das BAG lässt aber zu, dass fachlich offensichtlich nicht geeignete Bewerber gar nicht erst eingeladen werden müssen. Ob die fachliche Eignung nun vor der Einladung (1)) zum Vorstellungsgespräch offensichtlich ist oder erst während des mehrstufigen Vorstellungsgesprächs offensichtlich wird (2)), spielt keine Rolle. In beiden Fällen kann sich der AG kein Bild von der persönlichen Eignung machen. Warum sollte er sich im Fall 1) kein Bild machen müssen, im Fall 2) aber schon?

Ob die Klage Erfolg haben wird, kann hier niemand sagen. Die pauschale Empfehlung Klage zu erheben, halte ich hier für gefährlich und es kann bei Verlieren des Verfahrens ein finanzieller Schaden entstehen. Die Gerichtskosten trägt die unterlegene Partei.
Titel: Antw:Computertest Denkvermögen als Einstellungstest und dann Absage
Beitrag von: carriegross am 08.04.2025 12:34
Im Urteil des BAG wurde ein mehrstufiges Verfahren betrachtet. Dabei war jede Stufe unabhängig voneinander zu bestehen. Der Begriff Vorstellungsgespräch ist weit zu verstehen und umfasst grundsätzlich alle Stufen.

Allerdings:
Beweist der AG, dass dem Bewerber die fachliche Eignung offensichtlich fehlt, ist eine Einladung entbehrlich.
Es stellt sich die Frage, ob sich die offensichtliche fachliche Nichteignung auch während des mehrstufigen Auswahlverfahrens ergeben kann und ein offensichtlich fachlich nicht geeigneter Bewerber zur nächsten Stufe einzuladen ist.

Das BAG sagt zudem:
Zitat
Stellen die charakterlichen Mängel eines Bewerbers ein offensichtliches Einstellungs- bzw. Besetzungshindernis dar, kann der vom Gesetzgeber mit § 82 Satz 2 SGB IX aF verfolgte Zweck, dem schwerbehinderten Bewerber die Chance zu geben, den Arbeitgeber von seiner Eignung im weiteren Sinne zu überzeugen, von vornherein nicht erreicht werden. Die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch würde sich in einem solchen Fall als bloße Förmelei erweisen.

Wenn sich ein Bewerber nach einem Test als offensichtlich ungeeignet erweist, wäre eine Einladung unnötige Förmelei. Diese Ansicht lässt sich auch auf ein mehrstufiges Verfahren anwenden, in dem der AG den Bewerber nach Nichtbestehen einer Stufe nicht einladen muss, wenn sich der Bewerber als offensichtlich fachlich nicht geeignet erweist.

Das BAG sagt hierzu:
Zitat
Nach alledem ist es zwar – auch im Hinblick auf die Regelung in § 82 Satz 2 SGB IX aF – nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass der Arbeitgeber mehrstufig in dem Sinne verfährt, dass er zunächst mit allen Bewerber/innen auf einer ersten Stufe ein Vorstellungsgespräch führt und sodann nur diejenigen, die auf dieser ersten Stufe überzeugt haben, zu einem weiterführenden Auswahlgespräch, Test etc. einlädt. Allerdings kommt der öffentliche Arbeitgeber mit der Einladung eines/r schwerbehinderten Bewerbers/in allein zu dem auf der ersten Stufe stattfindenden Vorstellungsgespräch seiner Verpflichtung nach § 82 Satz 2 SGB IX aF nur dann nach, wenn er sich bereits aufgrund dieses Vorstellungsgesprächs einen umfassenden Eindruck darüber verschaffen kann, ob diese/r Bewerber/in über die fachliche und persönliche Eignung verfügt, die für die zu besetzende Stelle erforderlich ist.


Dafür, dass er Bewerber nicht einzuladen ist, trägt der AG die Beweislast. Mit dem Test kann der AG dies womöglich. Hier stellt sich auch die Frage, warum der Bewerber ohne Matrizen lösen zu können erfolgreich in einer Postelle arbeitete und warum der AG hier Matrizenlösung für notwendig erachtet bzw. das abgeprüfte logische Denken. Ganz abwegig ist es nicht, dass ein gewisses geringes logisches Denkvermögen notwendig für die Aufgaben auf der Stelle ist.
Ich sehe den Test mit der Lösung von Matrizen für einen Poststellenmitarbeiter vorerst aber kritisch. Es kommt auf die konkreten fachlichen Anforderungen an.


Nun ließe sich argumentieren, es kommt auch auf die persönliche Eignung an. Das BAG lässt aber zu, dass fachlich offensichtlich nicht geeignete Bewerber gar nicht erst eingeladen werden müssen. Ob die fachliche Eignung nun vor der Einladung (1)) zum Vorstellungsgespräch offensichtlich ist oder erst während des mehrstufigen Vorstellungsgesprächs offensichtlich wird (2)), spielt keine Rolle. In beiden Fällen kann sich der AG kein Bild von der persönlichen Eignung machen. Warum sollte er sich im Fall 1) kein Bild machen müssen, im Fall 2) aber schon?

Ob die Klage Erfolg haben wird, kann hier niemand sagen. Die pauschale Empfehlung Klage zu erheben, halte ich hier für gefährlich und es kann bei Verlieren des Verfahrens ein finanzieller Schaden entstehen. Die Gerichtskosten trägt die unterlegene Partei.

Dann lies nochmal bitte die Zitate aus BAG-Urteil.

Im konkreten Fall muss dem SB die Chance in der zweiten Stufe, im VG, die Chance gegeben werden, den AG von seiner Eignung zu überzeugen. 1. hat der TE bereits erfolgreich in der Postbearbeitung gearbeitet und 2. sind Matrizentests nun sowas von speziell und bzgl. einer Poststelle nicht nur überzogen, sondern die komplett falschen Tests.

Darüber hinaus geht aus dem Urteil hervor:

"... zunächst mit allen ... auf einer ersten Stufe ein Vorstellungsgespräch führt ... auf der ersten Stufe stattfindenden Vorstellunsgespräch  ... wenn er sich bereits aufgrund dieses Vorstellungsgesprächs ..."

Da steht nichts von einem Test in der ersten Stufe.

Wie kann ein Bewerber in einem Test den AG vollumfänglich von seiner fachlichen und persönlichen Eignung überzeugen?

Titel: Antw:Computertest Denkvermögen als Einstellungstest und dann Absage
Beitrag von: Thomber am 08.04.2025 12:52
Zitat
Wie kann ein Bewerber in einem Test den AG vollumfänglich von seiner fachlichen und persönlichen Eignung überzeugen?
Vielleicht durch das Erreichen einer bestimmten Punktzahl?

Tests sind weit verbreitet, sind für alle gleich und anonym auswertbar ohne Ansicht der Person.
Und was ist mit den nichtbehinderten Bewerbern, die diesen unpassenden Test nicht schaffen?    ....  [Rhetorische Frage]
Titel: Antw:Computertest Denkvermögen als Einstellungstest und dann Absage
Beitrag von: carriegross am 08.04.2025 12:58
Zitat
Wie kann ein Bewerber in einem Test den AG vollumfänglich von seiner fachlichen und persönlichen Eignung überzeugen?
Vielleicht durch das Erreichen einer bestimmten Punktzahl?

Tests sind weit verbreitet, sind für alle gleich und anonym auswertbar ohne Ansicht der Person.
Und was ist mit den nichtbehinderten Bewerbern, die diesen unpassenden Test nicht schaffen?    ....  [Rhetorische Frage]

Ein Test ist nun einmal aber kein Gespräch.

Ob SB oder nicht, jemand hat im Test 0 Punkte, weil Matrizen gingen einfach nicht, zumindest nicht ohne Übung. Der ist raus und hätte aber in nem Gespräch den AG vollstens von sich überzeugt. Jemand hat im Test 100 Punkte, wird eingeladen und man stellt fest, dass es ne Niete ist. Sinn oder Unsinn?!

Titel: Antw:Computertest Denkvermögen als Einstellungstest und dann Absage
Beitrag von: Casa am 08.04.2025 13:26
Zitat
Ein Test ist nun einmal aber kein Gespräch.


Deswegen meine Ausführung wie folgt.

Zitat
Nun ließe sich argumentieren, es kommt auch auf die persönliche Eignung an. Das BAG lässt aber zu, dass fachlich offensichtlich nicht geeignete Bewerber gar nicht erst eingeladen werden müssen. Ob die fachliche Eignung nun vor der Einladung (1)) zum Vorstellungsgespräch offensichtlich ist oder erst während des mehrstufigen Vorstellungsgesprächs offensichtlich wird (2)), spielt keine Rolle. In beiden Fällen kann sich der AG kein Bild von der persönlichen Eignung machen. Warum sollte er sich im Fall 1) kein Bild machen müssen, im Fall 2) aber schon?

In Fall 1 geht es um die Ablehnung des offensichtlich fachlich ungeeigneten Bewerbers bereits vor einer Einladung. Dies ist rechtmäßig.


Zitat
Im konkreten Fall muss dem SB die Chance in der zweiten Stufe, im VG, die Chance gegeben werden, den AG von seiner Eignung zu überzeugen. 1. hat der TE bereits erfolgreich in der Postbearbeitung gearbeitet und 2. sind Matrizentests nun sowas von speziell und bzgl. einer Poststelle nicht nur überzogen, sondern die komplett falschen Tests.

Er muss den Bewerber einladen, wenn logisches Denken, welches mit dem Matrizentest geprüft wird, ein ungeeignetes Auswahlkriterium ist. Der AG hat einen weiten Entscheidungsspielraum, welche Fähigkeiten er verlangt und wie er das Vorhandensein feststellt. Dass der Test im Lichte des weiten Entscheidungsspielraums ungeeignet ist, drängt sich hier nicht auf.


Zitat
Im konkreten Fall muss dem SB die Chance in der zweiten Stufe, im VG, die Chance gegeben werden, den AG von seiner Eignung zu überzeugen. 1. hat der TE bereits erfolgreich in der Postbearbeitung gearbeitet und 2. sind Matrizentests nun sowas von speziell und bzgl. einer Poststelle nicht nur überzogen, sondern die komplett falschen Tests.

Bei Punkt 1 und 2 musst du den Entscheidungsspielraum des AG beachten.
Dabei verkennst du den Entscheidungsspielraum, wie der AG die fachliche Eignung testet. Dazu kommt, dass Berufserfahrung in dem Bereich womöglich gar kein Kriterium im Auswahlverfahren ist. Auch das darf der AG selbst festlegen.


Zitat
"... zunächst mit allen ... auf einer ersten Stufe ein Vorstellungsgespräch führt ... auf der ersten Stufe stattfindenden Vorstellunsgespräch  ... wenn er sich bereits aufgrund dieses Vorstellungsgesprächs ..."

Richtig für den Fall des BAG.

Das BAG führt aber auch wie folgt aus:
Zitat
Das beklagte Land hat eine solche offensichtliche persönliche, dh. hier charakterliche Nichteignung des Klägers für die ausgeschriebene Stelle einer „Fachbereichsleitung Marketing und Kommunikation in der Zentrale“ jedoch nicht dargetan.

Die Gefahr besteht, dass im Fall hier durch den Test eine offensichtliche Nichteignung besteht, da der Test Tatsachen geschaffen hat, die bestenfalls doumentiert worden.

Zitat
Da steht nichts von einem Test in der ersten Stufe.

Im Urteil nicht. Im Fall hier ist die Person nach dem Text aber nicht weiter eingeladen worden. Das lässt den Schluss zu, dass das Bwerbungsverfahren mehrstufig ist und jede Stufe "bestanden" werden muss. Freilich kann es sich auch um eine andere Form des Bewerbungsverfahrens handeln, das wissen wir nicht. Umso mehr verbietet es sich pauschale Empfehlungen abzugeben.


Du betrachtest den Sachverhalt sehr undifferenziert und ziehst unter Verkennung wesentlicher Teile des Sachverhalts einen Schluss.


Titel: Antw:Computertest Denkvermögen als Einstellungstest und dann Absage
Beitrag von: Thomber am 08.04.2025 13:30
Zitat
Wie kann ein Bewerber in einem Test den AG vollumfänglich von seiner fachlichen und persönlichen Eignung überzeugen?
Vielleicht durch das Erreichen einer bestimmten Punktzahl?

Tests sind weit verbreitet, sind für alle gleich und anonym auswertbar ohne Ansicht der Person.
Und was ist mit den nichtbehinderten Bewerbern, die diesen unpassenden Test nicht schaffen?    ....  [Rhetorische Frage]

Ein Test ist nun einmal aber kein Gespräch.

Ob SB oder nicht, jemand hat im Test 0 Punkte, weil Matrizen gingen einfach nicht, zumindest nicht ohne Übung. Der ist raus und hätte aber in nem Gespräch den AG vollstens von sich überzeugt. Jemand hat im Test 100 Punkte, wird eingeladen und man stellt fest, dass es ne Niete ist. Sinn oder Unsinn?!


Mit solchen Totschlagargumenten kommt man nicht weiter, weder privat noch in einem Bewerbungsverfahren.
Muss ich jetzt wirklich erklären, warum Tests eingeführt wurden? Muss ich erklären, warum es ABI-Noten gibt, die auch nicht aussagekräftig sind?   Volle Punktzahl bei Religion, Sport und Kunst.....    Es gibt immer ein "hätte, hätte Lastenfahrradkette" usw...  und?      Und warum liebt der öD noch immer Volljuristen, am besten mit Mitte 20 und ohne Lebenserfahrung mehr als forgebildete und erfahrene "alte Hasen"?    tja...   so viele Gründe zum Weinen und so kleine Tränensäcke.