Autor Thema: Befristeten AV vorzeitig auf Unrechtmäßigkeit überprüfen lassen? Sinn(voll)? Soz  (Read 6639 times)

wetzel

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Hallo,

ich habe einen befristeten Zweijahresvertrag mit Sachgrund: "Der Arbeitsvertrag ist nach § 14 Abs. 1 TzBfG bis zum Erreichen folgenden Zwecks: Versorgung und vorübergehende Unterbringung von Flüchtlingen aus der Ukraine, längstens für zwei Jahre, befristet."

Ziemlich genau ein Jahr verbleibt noch.

Jetzt stagnieren die Flüchtlingszahlen schon seit Wochen, zumindest bei uns, was sich natürlich gleich nächste Woche wieder ândern kann, aber viel wichtiger, die ganzen, z. T. elektronischen, Akten sind fast aufgearbeitet und auf Stand. Man arbeitet also schon fast nur die Neuankömmlinge ab. Es wird, wenn überhaupt, vllt nur noch ein kleiner Teil von den Neuen für die Ukraine benötigt.

Da ich nur eine von vielen bin, die eingestellt wurde und so langsam Gerüchte umgehen, dass es tatsächlich dazu kommen kann, dass unsere, und so auch meiner, Verträge vorzeitig vor Ablauf der zwei Jahre enden, Vorgesetzte und Personaler sich nicht äußern (können, wollen, dürfen), ob es tatsächlich dazu kommt und ob man sich für zumindest aktuell noch 12 Monate keine Gedanken machen muss, gibt es hier und da natürlich Abwanderungsgedanken, aber auch Stimmen, die sagen, dass sie ihren befristeten AV auf Rechtmäßigkeit überprüfen lassen wollen, da wiederum ein anderes Gerücht umgeht, das besagt, dass unsere befristeten AVs eben nicht rechtmäßig sein könnten und man dann einen unbefristeten AV hätte.

Nun habe ich diesbzgl. ein paar Fragen, da das auch nicht die anderen wissen (angeblich) und das Hieben und Stechen so langsam beginnt.

Macht es bereits jetzt Sinn, den AV überprüfen zu lassen, bevor der Vertrag geendet hat bzw. vorzeitig gekündigt wurde oder ist es sinnvoller, so lange zu warten?

Ist es vllt sinnvoller, einen Alleingang zu machen oder eine Sammelüberprüfungsantrag zu stellen, sofern möglich?

Man hat drei Wochen danach Zeit, diese Überprüfung beim Arbeitsgericht zu beantragen, oder?! Wenn das AV z. B. am 30.03.24 endet, dann den Antrag stellt, ist man aber erst einmal arbeitslos, bezieht AlG I und wird bei positivem Ergebnis rückwirkend lûckenlos unbefristet eingestellt?

Inwiefern darf oder muss ein Sozialplan eine Rolle spielen, wenn es dazu kommen sollte, dass einige AVs verlângert werden und manche nicht? Dürfen, müssen Familienstand, Kinder, Alter, Schwerbehinderung ... eine Rolle spielen oder gilt einzig die Bestenauslese oder der Geschmack der Vorgesetzten und/oder Personaler?

Kann man selbst, auch eben vorzeitig, den AV beim Arbeitsgericht überprüfen lassen, sofern eben sinnvoll oder ist es besser, einen RA damit zu beauftragen?

Problem beim RA: ich habe keine RSV. Und eine RSV, die ich noch abschließen würde, würde die Kosten des RAs nicht übernehmen, da das AV bereits vor der RSV bestanden hat.

Was kostet eine solche Überprüfung durch einen RA, ohne Arbeitsgericht?

Was würde das Ganze dann mit oder ohne RA beim Arbeitsgericht kosten?

Könnte mir ein RA schon sagen, ob das AV rechtmäßig ist oder nicht?

Was wäre, wenn man jetzt mit dieser Angelegenheit zu verdi geht? Könnten die mir, wie ein RA, iRd Rechtsberatung auch sagen, wie es um das AV bestellt ist? Ist das da egal, wie lange man schon bei verdi ist und ob die Mitgliedschaft schon vor dem AV oder erst danach bestanden hat?

Sorry für den langen Text und ich hoffe, ihr helft mir da weiter.

Inzwischen schlafe ich seit Tagen schlecht, weil ich mir da immer mehr Gedanken mache und ich nicht weiß, was jetzt gut, schlecht, richtig oder falsch ist, zumal ich mich hier pudelwohl fühle und es mir nicht mit dem AG verscherzen möchte und im worst case sauber mit einem super Arbeitszeugnis diesen verlassen möchte.

Dankeschön.

Herzliche Grüße

Bastel

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Was sollte an dem AV falsch sein?

Matze1986

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Die einfachste Lösung wäre eine Überprüfung bei Ihrer Interessensvertretung (ver.di?)!
Eine vorzeitige Überprüfung bei einem Fachanwalt wäre die zweite Alternative. Sie können vorab erfragen, was für Kosten da anfallen würden, aber all zu hoch werden sie nicht sein (ca. 200€).

Mit diesen beiden Möglichkeiten können Sie sich schnell und verlässlich einen Überblick verschaffen.
Und der AG erfährt davon nichts, sodass Ihr Verhältnis zu diesem ungetrübt bleibt.

wetzel

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Was sollte an dem AV falsch sein?

Evtl. der Befristungsgrund bzw. -gründe bzw. die Kombination, was ja dann zu überprüfen wäre. ;-)

MoinMoin

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Also wollt ihr überprüfen lassen, ob der Sachgrund noch korrekt ist, bzw. bei Einstellung tatsächlich vorlag?
Oder wollt ihr prüfen lassen, ob der Sachgrund noch existiert und der AV vor den 2 Jahren beendet werden kann?

Problematisch könnte es in der Tat für den Ag werden, wenn er euch andere Dinge machen lässt, die also nichts mit dem Sachgrund der Befristung zu tun habt. Da könnte eine Entfristung abgeleitet werden.

Aber wenn da jetzt einige losrennen und die Befristung anzweifeln, dann klingt das eher nach einem Eigentor, weil dann der Ag auf alle Fälle überprüfen wird, ob er noch alle braucht, weil der Befristungsgrund "nicht  mehr" gegeben ist.


brian

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Wenn es der erste VErtrag ist, ist es da nicht egal ob mit oder ohne Sachgrund? Es muß für einen befristeten VErtrag doch erstmal keinen Grund geben.

wetzel

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@MoinMoin

Eigentlich Ersteres, aber auch Letzteres im Zuge dessen. ;-)

Wir haben alle nicht nur Ukrainefälle bearbeitet, sondern zwischendurch auch normale Asylfälle, die durchaus komplexer sind, als "nur" Ukraine. Gibt es da einen "Zeitschlüssel", wonach man sagen kann, dass die nichts mit dem Sachgrund zu tun haben und dadurch ein unbefristeter AV zustandegekommen sind.


wetzel

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Wenn es der erste VErtrag ist, ist es da nicht egal ob mit oder ohne Sachgrund? Es muß für einen befristeten VErtrag doch erstmal keinen Grund geben.

Es gibt Unterschiede zwischen Sachgrund- und sachgrundlosen Befristungen.

maiklewa

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Wir haben alle nicht nur Ukrainefälle bearbeitet, sondern zwischendurch auch normale Asylfälle, die durchaus komplexer sind, als "nur" Ukraine. Gibt es da einen "Zeitschlüssel", wonach man sagen kann, dass die nichts mit dem Sachgrund zu tun haben und dadurch ein unbefristeter AV zustandegekommen sind.

Kommt mir sehr bekannt vor. Wurde bei uns im Kreis genauso gemacht. 10 Leute wurden eingestellt, auch mit so einem Sachgrund, von dem ich jetzt nicht genau weiß, wie der lautete, aber anfangs haben 5 von den 10 gar nichts mit Ukrainer zu tun gehabt, sondern haben normal Asyl bearbeitet, alles was halt so bei den anderen Asylbewerbern anfiel, eine hat dann nach der Probezeit genau diesen Weg beschritten, ist zum Anwalt, der hat den Sachgrund überprüft und der hat den Kreis angeschrieben, dass eine Entfristung vorliegt, da die Arbeitnehmerin von 6 Monaten mind. 5 Monate gar nichts mit Ukraine zu tun hatte. Nun ja, es scheint wohl zu zu sein, dass 5 Monate von insgesamt 24 Monate durchaus ausreichen können (vllt sogar weniger), wenn man in einem anderen Bereich tätig war und gar nicht in dem, weswegen man angestellt wurde.

Da das aber ein Einzelfall ist und ich mich da nicht mit der allgemeinen Gesetzesgrundlage und Rechtsprechung auskenne, vllt haben da andere mehr Ahnung von?

carriegross

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@TE

Erwarte hier vor Montag 6 Uhr keine weiteren Antworten. Das ist ein ÖD-Forum und hier wird nur während der Arbeitszeit gepostet. ;-)

Am besten Du gehst zum Anwalt.

Max

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Wenn ich das richtig interpretiert habe bezweifelt die TE nicht,  dass der Arbeitsvertrag ordentlich mit Sachgrund befristet wurde.
Das der Sachgrund zumindest anfänglich bestand steht ebenfalls außer Zweifel.

Die Frage scheint zu sein,  ob der Wegfall des Sachgrunds ohne folgende Kündigung zu einem unbefristeten AV führt.
Hierzu:
https://openjur.de/u/2132527.html
Zitat
Die Wirksamkeit einer Befristung beurteilt sich nach den im Zeitpunkt des Vertragsschlusses gegebenen Umständen. Danach eintretende Änderungen haben daher grundsätzlich keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der vereinbarten Befristung. Fällt der bei Vertragsschluss gegebene Sachgrund für die Befristung später weg, entsteht daher kein unbefristetes Arbeitsverhältnis (BAG 29. Juni 2011 - 7 AZR 6/10 - Rn. 40 mwN, BAGE 138, 242). Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn sich während der Dauer des befristeten Arbeitsverhältnisses die Tätigkeit des Arbeitnehmers ändert.

SVAbackagain

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Ein mit auflösender Bedingung geschlossenes Arbeitsverhältnis bedarf zur Beendigung im Falle des Eintritts der auflösenden Bedingung keiner Kündigung. Es bedarf dazu vielmehr einer Beendigungsmitteilung.

maiklewa

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Wenn ich das richtig interpretiert habe bezweifelt die TE nicht,  dass der Arbeitsvertrag ordentlich mit Sachgrund befristet wurde.
Das der Sachgrund zumindest anfänglich bestand steht ebenfalls außer Zweifel.

Die Frage scheint zu sein,  ob der Wegfall des Sachgrunds ohne folgende Kündigung zu einem unbefristeten AV führt.
Hierzu:
https://openjur.de/u/2132527.html
Zitat
Die Wirksamkeit einer Befristung beurteilt sich nach den im Zeitpunkt des Vertragsschlusses gegebenen Umständen. Danach eintretende Änderungen haben daher grundsätzlich keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der vereinbarten Befristung. Fällt der bei Vertragsschluss gegebene Sachgrund für die Befristung später weg, entsteht daher kein unbefristetes Arbeitsverhältnis (BAG 29. Juni 2011 - 7 AZR 6/10 - Rn. 40 mwN, BAGE 138, 242). Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn sich während der Dauer des befristeten Arbeitsverhältnisses die Tätigkeit des Arbeitnehmers ändert.

Da scheint es dann aber wohl in der Rechtsprechung Gegenteiliges zu geben und es kommt wohl drauf an, ob gleich zu Beginn der Anstellung gar nicht in dem Bereich des Sachgrunds gearbeitet wurde?!

carriegross

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Vielleicht hilft das hier weiter

https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,118087.0.html

??

Vielleicht möchte @BalBund dazu noch was schreiben? ;-)

MoinMoin

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Es könnte ja auch sein, dass das ein ganz ausgefuxter AG ist, der nur befristete Personalmittel bekommen hat und durch die Hintertür Dauerstellen sich beschafft. ;D

Ich denke aber, dass es in der Tat dünnes Eis ist, auf dem die Verträge basieren, wenn die AN auch andere Aufgaben ausüben, als mit dem Sachgrund der Befristung begründet.
Und sicherlich hat man dort im Hinterkopf einige dauerhaft zu übernehmen, denn Personalmangel ist ja durchaus überall anzutreffen.
Zumindest scheint es sich zu lohnen, die gesamte Situation mal professionell rechtlich zu prüfen, mein Bauchgefühl sagt mir jedoch, dass Ukrainehilfe und Asylverfahren durchaus so eng beieinander sind, dass der Sachgrund da nicht verletzt wird.