Autor Thema: Unsicherheit im Umgang mit (überzogener?) Erwartung des Arbeitgebers  (Read 3944 times)

Alpenverwaltung

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Hallo, ich habe einen Frage zu einer Vertretungssituation und der unausgesprochenen Erwartung meines Arbeitgebers/Referatsleiter:

Ich arbeite in einer Verkehrsbehörde in einer Kreisstadt-Kommune. Ich bin dort seit 2021 als Mitarbeiterin eingestellt in EG6. Meine Aufgaben wurden wie folgt festgelegt: ausstellen einfacher Verkehrsanordnungen (Umzüge, Halteverbote, Container, Gerüste); erstellen von Ausnahmegenehmigungen, Führen der Barkasse, Organisation des Parteiverkehrs, Büroorga, Abwicklung des Zahlungsverkehrs, Erstellen von Anwohnerparkausweisen, Abmahnung Heckenschnitt und Abrechnung von Baustellen-Flächen/Sondernutzung.
Mittlerweile sind einige Aufgaben hinzu gekommen, insbesondere die IT-gestützten Aufgaben wurden mehr und bei mir angesiedelt, die Verkehrsanordnungen wurden anspruchsvoller, die Menge deutlich mehr, die Barkasse fiel weg. Die Arbeitsplatzbeschreibung der Vorgängerin, die ich entdecken konnte  ist 15 Jahre alt und veraltet, ich habe keine.

Mein Kollege ist Leiter der Verkehrsbehörde und in 9a eingruppiert. Zu seinen Aufgaben gehören die Ausstellung umfangreicher Anordnungen (Vollsperrungen, Umleitpläne ggf. Mit Plantafeln), Verkehrsschau, Sonderverkehrsschau nach Großmaßnahmen z.B. Umbau von Bahnübergängen mit Abschlussprüfung der Beschilderung, Entfernung von Fahrzeugen.

Der Kollege arbeitet Teilzeit bis täglich 13 Uhr. An Nachmittagen, bei Urlaub und Krankheit erwartet der Arbeitgeber von mir eine vollwertige Vertretung. Dieser Anforderung fühle ich mich nicht gewachsen, da ich keine Verwaltungsausbildung habe und nur angelernt wurde. Ebenso kann ich mir nicht vorstellen, dass bei entsprechend korrekter Eingruppierung eine Person in EG 6 die Leitung in EG 9a vertreten muss.

An einer Weiterbildung auf dem 2ten Weg (BL 1) bin ich nicht interessiert (mein Arbeitgeber hat dies auch ausdrücklich nicht erwartet), ich möchte auch die Stelle der Leitung in 1,5 Jahren nicht übernehmen. Beim Vorstellungsgespräch hieß es, dass ich lediglich eine Urlaubsvertretung vornehmen muss, bei der ich das Massengeschäft abdecke, die schwierigen Fragen wurden durch den nächsten Vorgesetzten (Ordnungsamtsleitung).erledigt. (In der Stellenausschreibung stand "Vertretung des Leiters der Verkehrsbehörde")
Hier stoße ich jedes Mal auf Granit und werde alleine gelassen. Ebenso werden Urlaube oft so gelegt, dass sowohl die Leitung des Referats und der Leiter der Verkehrsbehörde zusammen weg sind. Weitere Personen "über mir" (Vertreter der Ordnungsamtsleitung) fühlen sich wegen Überlastung nicht zuständig.
Gibt es hierzu gesetzliche Grundlagen, auf die ich mich stützen kann, wenn ich derart gehobene Aufgaben nicht übermehmen kann/will?

Ich habe vor einem Jahr bereits eine Tätigkeitsbeschreibung erstellt nach Ist-Zusatnd und um Überprüfung der Eingruppierung gebeten. Als Antwort schrieb der kommunale Arbeitgeberverband angeblich, dass ich lediglich nach Gesetzen arbeite und keine eigene gehobene Denkleistung erbringe bzw. nur Gesetze umsetze aber keine eigenen Entscheidungen treffe. Damit bliebe die Eingruppierung so, hieß es von der Amtsleitung.

Wie gehe ich nun damit um? Ich möchte nicht die volle rechtliche Verantwortung tragen für Tätigkeiten, denen ich nicht gewachsen bin bzw. für die ich nicht entlohnt werde. Oder muss ich das in diesem Fall doch?

Danke für alle folgenden Antworten und Hilfen
« Last Edit: 25.09.2024 21:39 von Alpenverwaltung »

EinMann

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Hallo, auf die konkreten Fragen kann ich nicht antworten, jedoch wie die Tätigkeiten in hiesiger Verkehrsbehörde entlohnt werden:
Anordnung 9c
Anordnung von besonderer Bedeutung E11
Ausnahmegenehmigung 9b
Bewohnerparken (nicht Anwohner) E8
Sondernutzung zw. E7 und E9b
Egal wie Ihre Zeitanteile aussehen, auf eine E6 kommt man nicht. Bitte beachten Sie auch, dass Sie bei Anordnungen persönlich haften, für unter einer E9c würde ich diese Tätigkeit auch nicht ausführen, da die "Geld-zu-Risiken" Abwägung darunter zu schlecht ausfällt.

Casa

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Du fertigst eine Entscheidungsvorlage und wenn Niemand zum Unterzeichnen anwesend ist, bleibt die Angelegenheit liegen. Darauf kannst / solltest du die Vorgesetzten hinweisen. Freilich weist du auch darauf hin, dass du deine Aufgaben gemäß Arbeitsvertrag ausführen wirst.

Steht die ständige Vertretung des Leiters der Verkehrsbehörde in der Stellenbeschreibung / im Arbeitsvertrag?
Gib mir ein Minus, wenn dir meine Beiträge gefallen. :-)

Organisator

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Die beschriebenen Tätigkeiten lassen keinen eigenen Ermessens-, Entscheidungs- oder Beurteilungsspielraum erkennen (= selbständige Leistungen) , daher erscheint die Eingruppierung in E6 zutreffend.

Die angesprochene Vertretung des in E9a eingruppierten Leiters ist grundsätzlich zulässig, ebenso, dass damit höherwertige Tätigkeiten erledigt werden. Unterstellt, dass die Tätigkeiten der zu vertretenden Leitung selbständige Leistungen beinhalten wäre dies nur eingruppierungsrelevant, wenn diese Vertretungstätigkeiten 20% oder mehr der Arbeitszeit ausmachen. Davon ist bei einer Abwesenheitsvertretung nicht auszugehen.

Insoweit ist die Aussage des kommunalen AG-Verbandes / Amtsleitung nachvollziehbar.

Dass man @TE dich im Vertretungsfall im Regen stehen lässt ist kein feiner Zug deiner Vorgesetzten, tariflich hat dies jedoch keine Auswirkungen.

Thomber

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Die beschriebenen Tätigkeiten lassen keinen eigenen Ermessens-, Entscheidungs- oder Beurteilungsspielraum erkennen (= selbständige Leistungen) , daher erscheint die Eingruppierung in E6 zutreffend.

Die angesprochene Vertretung des in E9a eingruppierten Leiters ist grundsätzlich zulässig, ebenso, dass damit höherwertige Tätigkeiten erledigt werden. Unterstellt, dass die Tätigkeiten der zu vertretenden Leitung selbständige Leistungen beinhalten wäre dies nur eingruppierungsrelevant, wenn diese Vertretungstätigkeiten 20% oder mehr der Arbeitszeit ausmachen. Davon ist bei einer Abwesenheitsvertretung nicht auszugehen.

Insoweit ist die Aussage des kommunalen AG-Verbandes / Amtsleitung nachvollziehbar.

Dass man @TE dich im Vertretungsfall im Regen stehen lässt ist kein feiner Zug deiner Vorgesetzten, tariflich hat dies jedoch keine Auswirkungen.

Da kann ich nur zustimmen. 
Und ergänzen:  Wenn man solche Vertretungs-Leistungen erbringt, sollte darauf geachtet werden, dass dies auch im Zeugnis steht. Notfalls ein "Zwischenzeugnis" beantragen, wo deine Leistungen abgebildet werden.
DANN siehst du auch, ob deine Leistung gewertschätzt wird.
Verlangt man zu viel, gibt dir aber dann auch noch eine nicht so gute Beurteilung?  Dann möglichst wechseln...

Alien1973

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Hier geht's doch nicht allein um die zeitliche Vertretung. Hier geht's doch auch darum, dass der Threadersteller sich nicht den Aufgaben gewachsen fühlt.
Bei uns ist die Verkehrsüberwachung dem Ordnungsamt unterstellt, so wie es hier augenscheinlich auch der Fall. ist. Die Amtsleitung des Ordnungsamtes kann zwar sagen, dass schaff ich nicht, ich bin überlastet. Dies würde mich nur wenig interessieren. Schreiben an das Personalamt und um Abhilfe bitten, ansonsten nur eigene Tätigkeiten machen und alles andere liegen lassen.

Und die 20% dürften locker erreichbar sein, wenn man den Leiter JEDEN Nachmittag vertreten soll, da dieser nur Teilzeit arbeitet. Nur hilft das nix, wenn man sich den Aufgaben nicht gewachsen sieht. Ohne Verwaltungsausbildung oder BL1 auch belegbar und nachvollziehbar....

EinMann

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Die beschriebenen Tätigkeiten lassen keinen eigenen Ermessens-, Entscheidungs- oder Beurteilungsspielraum erkennen (= selbständige Leistungen) , daher erscheint die Eingruppierung in E6 zutreffend.
Für die Tätigkeiten verkehrsrechtliche Anordnung und Ausnahmegenehmigung von Vorschriften der StVO ist diese Aussage gesichert falsch.

Schokokeks

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Für die Tätigkeiten verkehrsrechtliche Anordnung und Ausnahmegenehmigung von Vorschriften der StVO ist diese Aussage gesichert falsch.

Stimmt, nachdem keine Verwaltungsausbildung besteht, macht man das mitunter schon für die EG5 in so mancher Kommune...

Es ist halt ein Unterschied, ob ich komplexe Verkehrssituationen eigenverantwortlich absichern/regeln muss oder ob ich wegen einem Schuttcontainer auf öffentlichem Grund Regelplan BI/1 meinem Vorgesetzten mit dem ausgefüllten Kontakt-Formular des Absichernden gemeinsam zur Unterschrift und Freigabe vorlege...
Quereinsteiger mit Hang zum Monk

EinMann

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Ich hab von den klassischen "Dörfern" schon alles gehört, da werden ohne Fachkenntnisse Ampel Zwischenzeiten genehmigt, was in der großen Stadt der Verkehrsingenieur für eine E11 macht.

Organisator

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Die beschriebenen Tätigkeiten lassen keinen eigenen Ermessens-, Entscheidungs- oder Beurteilungsspielraum erkennen (= selbständige Leistungen) , daher erscheint die Eingruppierung in E6 zutreffend.
Für die Tätigkeiten verkehrsrechtliche Anordnung und Ausnahmegenehmigung von Vorschriften der StVO ist diese Aussage gesichert falsch.

Dann freue ich mich, wenn du diese Aussage noch etwas untermauern könntest für den Bereich
"ausstellen einfacher Verkehrsanordnungen (Umzüge, Halteverbote, Container, Gerüste)"

EinMann

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Es existiert kein Rechtsanspruch auf Verkehrsbeschränkungen oder Ausnahmen von der StVO, dies ist stets eine Ermessenentscheidung der Verkehrsbehörde. Es kann auch keine Anweisung auf dem Dienstweg zu Anordnungen geben, da der Unterzeichner strafrechtlich haftet, daher hat nur der Unterzeichner die Entscheidungs- und Gestaltungsentscheidung über dieAnordnung. Die beiden Tätigkeiten erfüllen stets die selbständige Leistung im Tarifsinn.

Organisator

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Es existiert kein Rechtsanspruch auf Verkehrsbeschränkungen oder Ausnahmen von der StVO, dies ist stets eine Ermessenentscheidung der Verkehrsbehörde.

Ermessen an sich ist keine selbständige Leistung.

1. Inwieweit bedarf es dafür gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse
2. Gibt es dafür keine Ausführungsvorschriften, wie das Ermessen auszuüben ist?

Für mich ist nicht klar, inwieweit die Genehmigung einer einfachen Verkehrsanordung wie ein Halteverbot einen eigenen Spielraum hinsichtlich des zu findenden Ergebmisses beinhalten kann.
z.B. für die Größe des Halteverbotsbereichs als auch die Dauer dürften Vorgaben bestehen. Wo ist also ein eigener Entscheidungsspielraum?


Es kann auch keine Anweisung auf dem Dienstweg zu Anordnungen geben, da der Unterzeichner strafrechtlich haftet, daher hat nur der Unterzeichner die Entscheidungs- und Gestaltungsentscheidung über dieAnordnung. Die beiden Tätigkeiten erfüllen stets die selbständige Leistung im Tarifsinn.
Das Vorhandensein von Anweisungen oder deren Abwesenheit sagt nichts über selbständige Leistungen aus.

Alpenverwaltung

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Du fertigst eine Entscheidungsvorlage und wenn Niemand zum Unterzeichnen anwesend ist, bleibt die Angelegenheit liegen. Darauf kannst / solltest du die Vorgesetzten hinweisen. Freilich weist du auch darauf hin, dass du deine Aufgaben gemäß Arbeitsvertrag ausführen wirst.

Steht die ständige Vertretung des Leiters der Verkehrsbehörde in der Stellenbeschreibung / im Arbeitsvertrag?

Der Arbeitsvertrag ist allgemein formuliert und nicht auf die Stelle bezogen. Zudem gibt es ein Schreiben an mich, mit welchem man mir gratuliert zur Versetzung in die Verkehrsbehörde. Es gibt eine uralt Stellenbeschreibung und das war es. Viele Tätigkeiten werden in der Verkehrsbehörde gar nicht mehr ausgeführt - schon vor meiner Versetzung, wie Verkehrspberwachung und OWi bei Parkverstößen.
In der Stellenausschreibung steht wohl "Vertretung des Leiter der Behörde", nicht höher definiert.

Alpenverwaltung

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Für die Tätigkeiten verkehrsrechtliche Anordnung und Ausnahmegenehmigung von Vorschriften der StVO ist diese Aussage gesichert falsch.

Stimmt, nachdem keine Verwaltungsausbildung besteht, macht man das mitunter schon für die EG5 in so mancher Kommune...

Es ist halt ein Unterschied, ob ich komplexe Verkehrssituationen eigenverantwortlich absichern/regeln muss oder ob ich wegen einem Schuttcontainer auf öffentlichem Grund Regelplan BI/1 meinem Vorgesetzten mit dem ausgefüllten Kontakt-Formular des Absichernden gemeinsam zur Unterschrift und Freigabe vorlege...

Stimme ich voll zu, trotzdem wird von mir erwartet, dass ich das mache und auch unterschreibe. Zitat als ich mich auf die Hinterfüsse stellte: die schaut auch nicht über den Tellerrand und macht nur das, was sie muss.
Eben nicht, ich mache nur das was ich kann.

Alpenverwaltung

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Die beschriebenen Tätigkeiten lassen keinen eigenen Ermessens-, Entscheidungs- oder Beurteilungsspielraum erkennen (= selbständige Leistungen) , daher erscheint die Eingruppierung in E6 zutreffend.
Für die Tätigkeiten verkehrsrechtliche Anordnung und Ausnahmegenehmigung von Vorschriften der StVO ist diese Aussage gesichert falsch.

Dann freue ich mich, wenn du diese Aussage noch etwas untermauern könntest für den Bereich
"ausstellen einfacher Verkehrsanordnungen (Umzüge, Halteverbote, Container, Gerüste)"

Erstellen von Verkehrsanordnungen, die lediglich mit Regelplan untermauert werden. Also Massengeschäft. Aktuell wird von mir erwartet, dass ich eigene Verkehrspläne erstelle mit Umleitplänen, Plantafeln usw.. Das "kann" ich zwar, also technisch, denn ich bin CAD versiert. Sicher im rechtliche. Sinne, bin ich mir da aber oft nicht.