Autor Thema: Von Zusage zum Stellenangebot zurücktreten?  (Read 3496 times)

Miri38

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Hallo,

ich habe eine Stelle angeboten bekommen und wollte diese auch gerne annehmen und habe dem zugesagt.
Aber noch nichts unterschrieben, jetzt geht erstmal alles durch die Gremien.

Jetzt habe ich ein besseres Stellenangebot erhalten, weil ich hatte mich auf mehrere Stellen beworben.

Kann ich jetzt noch meine Zusage der 1. Stelle absagen?

Oder ist das jetzt verbindlich?

Gewerbler

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Antw:Von Zusage zum Stellenangebot zurücktreten?
« Antwort #1 am: 17.01.2025 13:13 »
Na wenn nix unterschrieben ist, kann ja auch nix verbindlich sein. Selbst das Thema "Kündigung zwischen Unterzeichnung und Arbeitsantritt" ist ja nun nichts ganz neues, wenn auch insbesondere für den AG natürlich ärgerlich.

Von daher wäre meine persönliche Meinung, da transparent und fair mit umzugehen (evtl. willst du dich ja sogar nochmal dort bewerben irgendwann) und daher einfach dort hinzuschreiben, oder besser anzurufen und halt erklären, dass du dich nochmal umentschieden hast (wie viele Details man preisgibt und ob es an persönlichen Gründen oder nem anderen Angebot liegt oder zu lang gedauert hat oder..., muss man halt überlegen).

aronzo

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Antw:Von Zusage zum Stellenangebot zurücktreten?
« Antwort #2 am: 18.01.2025 06:12 »
Natürlich wäre auch ein mündlich geschlossener Arbeitsvertrag wirksam und zu kündigen. Soweit hier aber noch "Gremien" befasst werden müssen, sollte die Vereinbarung noch nicht zustande gekommen sein. Im Übrigen wie schon von Gewerbler weiter beschrieben.

ElBarto

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Antw:Von Zusage zum Stellenangebot zurücktreten?
« Antwort #3 am: 20.01.2025 06:52 »
Ja, transparent bleiben und gut ist.
Vielleicht noch überlegen ob Du dich bei AG1 eventuell wohler fühlen würdest und ob eine Zusage von mehr Geld -falls die käme- Dich noch locken kann.

Allerdings würde ich hier erst bei AG2 unterschreiben. Sonst stehst Du Schlechtestenfalles ganz ohne Angebot da.

Prafroe

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Antw:Von Zusage zum Stellenangebot zurücktreten?
« Antwort #4 am: 20.01.2025 10:51 »
Elbarto und Gewerbler ist umfänglich zuzustimmen. Aronzo kann ich aber nicht zustimmen. Hier ist mit einer mündlichen Zusage noch kein Vertrag zustande gekommen. Der Vertrag muss von Seiten der Verwaltung rechtskräftig (mit ggf. politischen Entscheidung und erfolgter Verfügung) angeboten werden. Nur wenn das Einstellungsangebot von dem zeichnungsberechtigten Mitarbeiter (oft HVB) unterzeichnet ist, gilt nach meiner Meinung der Vertrag verwaltungsseitig.

Selbst wenn der Arbeitsvertrag unterzeichnet , aber nicht angetreten wird, kann ein Arbeitgeber wenig machen. Allerdings ist das nicht der feine Weg und kann eine künftige Bewerbung bei dem selben Arbeitgeber torpedieren.
Also lieber mit offenen Karten spielen. Und dann eine Absage an die andere Dienststelle, wenn Dein gewünschter Vertrag unterschrieben ist, damit ggf. ein zweitplatzierter Bewerber berücksichtigt werden kann. Alles Gute!

Miri38

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Antw:Von Zusage zum Stellenangebot zurücktreten?
« Antwort #5 am: 20.01.2025 11:36 »
Danke Euch für Eure Antworten..

Harry

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Antw:Von Zusage zum Stellenangebot zurücktreten?
« Antwort #6 am: 20.01.2025 11:57 »
Arbeitsverträge sind gem. § 2 TVÖD schriftlich abzuschließen!

McOldie

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Antw:Von Zusage zum Stellenangebot zurücktreten?
« Antwort #7 am: 20.01.2025 13:25 »
Arbeitsverträge sind gem. § 2 TVÖD schriftlich abzuschließen!
Dies ist nicht ganz richtig
Auch wenn § 2 TVöd vorschreibt, dass der Arbeitsvertrag in schriftlicher Form zu schließen ist, führt eine Verletzung dieser Formvorgabe nicht zur Unwirksamkeit des Vertrags. Das tarifvertragliche Schriftformerfordernis in § 2 ist nämlich nur deklaratorischer Natur, d. h. es hat nur klarstellende und gerade keine rechtsbegründende Wirkung (BAG vom 15.12.2016 – 6 AZR 603/15 – ZTR 2017, 356).

Fragmon

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Antw:Von Zusage zum Stellenangebot zurücktreten?
« Antwort #8 am: 20.01.2025 16:05 »
Arbeitsverträge sind gem. § 2 TVÖD schriftlich abzuschließen!

Falsch. Dort steht, dass Arbeitsverträge schriftlich zu schließen sind und nicht "Der Arbeitsvertrag bedarf zur Wirksamkeit der Schriftform" o.ä.

Hier ist mit einer mündlichen Zusage noch kein Vertrag zustande gekommen. Der Vertrag muss von Seiten der Verwaltung rechtskräftig (mit ggf. politischen Entscheidung und erfolgter Verfügung) angeboten werden. Nur wenn das Einstellungsangebot von dem zeichnungsberechtigten Mitarbeiter (oft HVB) unterzeichnet ist, gilt nach meiner Meinung der Vertrag verwaltungsseitig.

Selbst wenn der Arbeitsvertrag unterzeichnet , aber nicht angetreten wird, kann ein Arbeitgeber wenig machen. Allerdings ist das nicht der feine Weg und kann eine künftige Bewerbung bei dem selben Arbeitgeber torpedieren.
Also lieber mit offenen Karten spielen. Und dann eine Absage an die andere Dienststelle, wenn Dein gewünschter Vertrag unterschrieben ist, damit ggf. ein zweitplatzierter Bewerber berücksichtigt werden kann. Alles Gute!

Falsch. Sollte eine Zusage seitens des Personalreferats bzw. einer für die Schließung eines Arbeitsvertrages legitimierte Person getätigt und dies seitens des Bewerbers angenommen werden, so ist ein mündliches Arbeitsverhältnis zustande gekommen. Gemeinderat/Personalrat stellen nur interne Organisationen dar und brechen nicht das Vertragsrecht.

(https://www.haufe.de/oeffentlicher-dienst/tvoed-office-professional/personalratpersonalvertretung-977-rechtsfolgen-bei-missachtung-des-mitbestimmungsrechts_idesk_PI13994_HI2908000.html)


foo

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Antw:Von Zusage zum Stellenangebot zurücktreten?
« Antwort #9 am: 20.01.2025 17:54 »
Zitat
Gemeinderat/Personalrat stellen nur interne Organisationen dar und brechen nicht das Vertragsrecht.


Unabhängig von der Frage halte ich das o. g. Zitat für nicht ganz zutreffend:
Natürlich kann ein (ggf. fehlender) Beschluss eines kommunalen Gremiums nicht das Vertragsrecht brechen.
Nachdem üblicherweise aber kommunalrechtlich das Vertretungsrecht eines Vertreters der Kommune auf die Vertretungsmacht beschränkt ist, kommt dem (Nicht-)Vorhandensein eines Gremiumsbeschlusses doch ein gewisses Gewicht für die Gültigkeit des Arbeitvertrags zu.

Man kann einen Arbeitsvertrag unter dem Vorbehalt eines z. B. Ausschussbeschlusses abschließen oder nicht. Da ist doch im Ergebnis ein rechtlicher Unterschied für die Wirksamkeit des Arbeitsvertrags, oder?

Fragmon

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Antw:Von Zusage zum Stellenangebot zurücktreten?
« Antwort #10 am: 21.01.2025 10:23 »
Natürlich. Aber es macht halt einen Unterschied, ob gesagt wird:

"Sie sind im Auswahlverfahren die geeignetste Bewerberin gewesen, daher möchten wir Sie gerne einstellen."

oder

"Sie sind im Auswahlverfahren die geeignetste Bewerberin gewesen. Wir werden nun die Gremien beteiligen und können Ihnen danach ein Einstellungsangebot unterbreiten."

In der Praxis erfolgt aber meisten solch eine Formulierung:

"Sie sind im Auswahlverfahren die geeignetste Bewerberin gewesen. Wir würden Sie gerne einstellen. Sind Sie an der Stelle noch interessiert?"

Diese Formulierung stellt für mich bereits ein Angebot dar.

Da sich dies aber aus dem Sachverhalt nicht ergibt, kann nur spekuliert werden. Ich wollte nur darauf hinweisen, dass bei Angebot und Annahme ein Arbeitsvertrag geschlossen wurde und die fehlende Beteiligung der Gremien keinerlei Einfluss auf die Wirksamkeit hat.

exeBLN

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Antw:Von Zusage zum Stellenangebot zurücktreten?
« Antwort #11 am: 24.01.2025 06:24 »
Ferner dürfen die Grundsätzen der Duldungs- und vor allem der Anscheinsvollmacht nicht außer Acht gelassen werden. Hier die einschlägige Rechtsprechung:


Eine solche Zurechnung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer auf das Vorliegen einer Bevollmächtigung bzw. die Billigung des Handelns des Vertreters vertrauen darf.

Vgl. BAG, Urteil vom 16. April 2015 – 6 AZR 242/14


Wenn Arbeitgeber bestimmte leitende Mitarbeiter aus der objektivierbaren und berechtigten Sicht der Arbeitnehmer mit Vertretungsmacht ausstatten, müssen sie sich das demnach vertragsrechtlich zurechnen lassen.
 
Vgl. BAG, Urteil vom 24. August 2011 – 4 AZR 565/09
 

Hierfür reicht aus, dass ein (leitender) Mitarbeiter in eine Stellung berufen wird, mit der eine entsprechende Vertretungsmacht regelmäßig verbunden ist. Dem entspricht, dass ein Arbeitnehmer dann, wenn ihm von der Stelle, die aus seiner objektivierbaren und berechtigten Sicht mit Vertretungsmacht ausgestattet ist, eine bestimmte Aufgabe übertragen wird, im Regelfall davon ausgehen darf und muss, dass diese hierzu vom Arbeitgeber befugt ist. Andernfalls würde ihm zugemutet, jeweils zu prüfen, ob es eine vom Arbeitgeber erlassene Zuständigkeitsvorschrift gibt und ob diese durch die Stelle, die aus seiner objektivierbaren und berechtigten Sicht mit Vertretungsmacht ausgestattet ist, eingehalten worden ist.
 
Vgl. BAG, Urteil vom 9. Dezember 2009 – 4 AZR 495/08
Es ist mit der Jurisprudenz wie mit dem Bier; das erste Mal schaudert man, doch hat man’s einmal getrunken, kann man’s nicht mehr lassen.