Auf deinen letzten Punkt habe ich eine ganz einfache Antwort: Wer den Lebensunterhalt seiner Familie alleine bestreiten könnte aber das nicht tut, würde von mir weder Wohngeld noch aufstockendes Bürgergeld bekommen. Hier würde ich also die Frau, die dann vermeintlich überlegt ob es überhaupt lohnt wieder arbeiten zu gehen genauso "betreuen" wie einen normalen Bürgergeldempfänger. Allerspätestens mit Beginn der Schulzeit des jüngsten Kindes ist es möglich dem Arbeitsmarkt wieder zur Verfügung zu stehen. Ich würde das sogar noch deutlich früher ansetzen.
Und genau das ist doch der Grund, warum sich viele Familien gegen ein zweites oder drittes Kind entscheiden: Entweder wird dann der nicht berufstätige Elternteil aufgefordert, spätestens mit dem dritten Lebensjahr des jüngsten Kindes wieder arbeiten zu gehen, und irgendwie den Spagat zwischen Familie und Beruf zu stemmen, oder die Sozialleistungen werden gekürzt und die Familie kann mit dem restlichen Einkommen noch nicht einmal das notwendige Existenzminimum sicherstellen. Dem jeweiligen Sachbearbeiter lassen die gesetzlichen Rahmenbedingungen keine Alternative zu, dass ist mir klar.
In vielen Familien mit mehreren Kindern ist eine Tätigkeit beider Elternteile kaum möglich. Flexible Teilzeitlösungen, die den jeweiligen Bedarf abdecken, sind nicht immer verfügbar. Häufig fühlen sich Familien unter Druck gesetzt, dass beide eine Berufstätigkeit ausführen. Alle anderen Entwürfe (einer übernimmt die Care Arbeit, beide gehen nur Teilzeit arbeiten) scheinen immer weniger gesellschaftlich (und auch bei den Behörden)
akzeptierte Modelle zu sein.
Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass sich bei der Ferienbetreuung und bei den Sondertagen (Lehrerkonferenz, Wandertage, Fortbildung) die Grundschulen, die Kindergärten und die weiterführenden Schulen nicht absprechen. Während beispielsweise der Kindergarten die ersten drei Ferienwochen zu war, war die OGS in der Schule die letzten drei Ferienwochen zu. Hat man nur ein Kind, muss man sich nur 3 Wochen um Betreuung kümmern. Hat man allerdings zwei Kinder, von denen einer im Kindergarten und der andere in der Grundschule ist, sind es schon 6 Wochen.
Im Kern musste man als Elternteil, wenn beide berufstätig sind, sich bei mehreren kleinen Kindern in allen Ferien und allen unterrichtsfreien Zeiten (Lehrerkonferenz, Lehrerausflug, Dienstbesprechung der KITA, usw) um eine Betreuung kümmern muss. Dabei ist eine Betreuung für mehr als ein Kind deutlich schwieriger zu organisieren als für mehrere Kinder. Und irgendwann ist auch der Anspruch auf bezahlten Urlaub endlich und das Verständnis des Arbeitgebers für die ständigen Ausfälle des Elternteils im Übrigen auch.
Derzeit macht es einen Unterschied, ob ich mich um meine Kinder oder um einen pflegebedürftigen Angehörigen kümmern muss. Bei einer Arbeitslosigkeit stellt sich für pflegende Angehörige generell die Frage, ob eine Arbeitsaufnahme als pflegender Angehöriger zumutbar ist. Das hängt wesentlich vom Umfang der Pflege ab. Dieser Umfang orientiert sich am Pflegegrad des Pflegebedürftigen.
Wenn man sich um mehrere Kinder kümmert, in die man etwa den gleichen zeitlichen Umfang an "Care-Arbeit" investieren muss, muss man sich dennoch immer dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stellen, und es wird hier keinerlei Abwägung gemacht.
Die Pflege eines Angehörigen ist daher gesetzlich ein legitimer Grund, sich dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stellen zu müssen, die Erziehung von mehreren Kindern ist es dagegen nicht, auch dann, wenn der zeitliche Aufwand dafür gleich hoch oder höher ist.
Irgendwie erscheint mir das nicht gerecht und auch deswegen kommen wir dem Ziel, dass wir wieder mehr Kinder in Deutschland bekommen, mit diesen Regelungen keinen Schritt weiter.