Autor Thema: Stufenzuordnung bei Neueinstellung / Festlegung im Arbeitsvertrag  (Read 1300 times)

Tintenfischstäbchen

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Hallo zusammen,

ich werde zum ersten Mal in öffentlichen Dienst arbeiten, deswegen kenne ich mich noch gar nicht aus und habe ein paar grundlegende Fragen. Ich freue mich, wenn wer helfen kann!

1. In meinem Arbeistvertrag steht zwar die EG, aber nicht die Stufe. Ist das üblich? Wird die Stufe überlicherweise  an anderer Stelle festgehalten? Ich wundere mich darüber, dass da keine Stufe steht und sich der Arbeitgeber bis jetzt (trotz meiner Nachfragen) noch nicht zur Stufe geäußert hat, obwohl der Vertrag in ein paar Tagen unterschrieben werden und auch beginnen soll. Findet ihr dieses Vorgehen auch merkwürdig, oder ist das üblich im öffentlichen Dienst?

2. Wegen meiner 8 Jahre einschlägigen Berufserfahrung war ich davon ausgegangen, dass ich in Stufe 4 eingestuft würde. So war auch die Ankündigung von Seiten des Arbeitgebers beim Bewerbunsggespräch. Nun meint aber die Personalabteilung, dass sie bei Neueinstellung maximal bei Stufe 3 einstufen, wenn die Vorraussetzungen vorliegen (was sie scheinbar gerade prüfen). Nun frage ich mich:
- Ist das üblich/erlaubt, dass sie maximal bei Stufe 3 einstufen?
- Gibt es noch Detail-Vorraussetzungen zu den Jahren der Berufserfahrung dazu (z.B. ob es Vollzeit oder Teilzeit war, ob es im öD war, wie lange die Berufserfhrung zurückliegt, etc)? Wo kann ich das nachlesen?
- Wenn sie dabei bleiben, dass es nicht Stufe 4 sondern Stufe 3 sein soll, lässt sich dann festlegen, dass ich z.B. in drei Monaten in Stufe 4 aufsteige? Ist sowas eurer Erfahrung nach üblich, gibt es evtl. sogar einen formalen Namen bzw. ein Prozedere dafür?

Danke und viele Grüße!

FearOfTheDuck

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Einschlägige Berufserfahrung muss der AG nur bis Stufe 3 anerkennen, alles darüber wäre Verhandlungssache. Bitte zwingend vor Vertragsschluss klären, damit es kein böses Erwachen gibt. Ich würde daher auf die vorherige Zusicherung des AG verweisen.

Tintenfischstäbchen

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Danke für die schnelle Antwort!

Wird die Stufe (und ggf. wann man in die nächste aufsteigt) in der Regel in den Arbeitsvertrag aufgenommen, oder wo wird das schriftlich festgehalten?

fair

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Falls es in der Wissenschaft ab EG 13 aufwärts ist, kann über einschlägige Berufserfahrung auch Stufe 4-6 anerkannt werden. Für alle anderen Fälle geht das nur bis Stufe 3, aber über förderliche auch höher.

Bei der Variante förderliche Berufserfahrung muss es als schriftliche Nebenabrede in den Arbeitsvertrag aufgenommen werden! Das musst du einfordern und deutlich machen, dass du nur für die im Vorstellungsgespräch zugesagte Stufe 4 kommst (da sie das auch mit dokumentieren müssen, auch in einer kurzen E-Mail; wobei es eigentlich ausreichen würde, wenn sie in der Begründung schreiben, dass das so im  Vorstellungsgespräch besprochen wurde). Außerdem müssen sie zu den Akten eine Einschätzung zur Notwendigkeit "zur Deckung des Personalbedarfs" geben, also quasi dass du deutlich der beste Bewerber warst und sie dich brauchen.

Schau dir für einen Eindruck der Details, wie das geregelt ist, mal dieses Dokument mit Durchführungshinweisen des BMI zum entsprechenden Paragraphen im TVÖD an,
https://www.bmi.bund.de/RundschreibenDB/DE/2024/RdSchr_20240530.html
das ist weitgehend sehr ähnlich zum TV-L bis auf die Sonderregelungen für die Wissenschaft und manche Feinheiten, an welchen Stellen der jeweilige Dienstherr rechtlich umstrittenes eher streng oder eher nachsichtig handhabt. Aber für die großen Linien hilft es definitiv. Falls mal ein speziellerer Fall vorliegt, ist es nützlich die entsprechenden Durchführungshinweise zum TV-L deines Bundeslandes zu recherchieren (um welches geht es?).

Geregelt wird es meistens tatsächlich nicht explizit, aber bei der Variante förderlich ist es gemäß der üblichen Vorgaben wirklich vorher zu klären und vertraglich festzuhalten.

In den anderen Fällen, wo es erst nach dem Vertrag rechtlich bindend geprüft und festgelegt wird, füllen die Dienststellen aber auch etwas aus, nämlich ein Formular namens "Stufenzuordnung bei Einstellung von Beschäftigten" (oder so ähnlich - unten drei Beispiele). Dort muss die gewünschte Dauer einschlägiger Zeiten und die entsprechende Stufe draus hervorgehen. Dieses Formular kann auch schon zusammen mit den ganzen anderen Formularen die zur Vorbereitung des Vertrages auszufüllen sind mit ausgefüllt werden (wird auch häufig so gemacht, aber nicht immer, ist natürlich besser so). Ich bin inzwischen dazu übergegangen, mir immer eine Kopie dieses Formulars zeigen zu lassen oder zumindest schriftlich (per E-Mail) bestätigen zu lassen, dass Sie mir soundsoviele Jahre anerkennen und mich entsprechend in Stufe soundso einstellen. Hierfür muss ich üblicherweise meinen Lebenslauf und ein Paket meiner bisherigen Arbeitsverträge und ggf., wenn sie es sehr genau nehmen, noch Beurteilungen oder die sogenannten Tätigkeitsbewertungen mit einreichen. Wenn du hier gut vorbereitet bist, kannst du auf entsprechende Nachfragen sofort reagieren und der Prozess kann schnell weitergehen. Lass dich nicht darauf ein, dass das alles erst nach Vertragsunterzeichnung geprüft wird.

So viel zu meinen Erfahrungswerten - ich habe schon einiges unschönes in diesen Zusammenhängen selbst erlebt und von Kollegen / Bekannten mitbekommen und kann nur sagen: man muss schon ziemlich gut informiert und abgebrüht sein und im Wissen, wie es läuft und was man wann fordern sollte, freundlich aber bestimmt den Prozess steuern, um nicht unliebsame Überraschungen zu erleben. Toi toi dir!

PS: Hier drei Beispiele dieser Formulare

https://www.uni-bremen.de/fileadmin/user_upload/dezernate/dezernat2/Formulare/A._B._Neueinst.__Weiterb.__Aufst.__Umsetzung/Stufenzuordnung_fuer_neu_eingestellte_Beschaeftigte_final2025.pdf

https://www.verwaltung.uni-halle.de/dezern3/internet/service/tarifbeschaeftigte/bewerber/formular_stufenzuordnung.pdf

https://www.uni-frankfurt.de/70176744/Stufenzuordnung_Adm.pdf
« Last Edit: 23.09.2025 22:54 von fair »

Tintenfischstäbchen

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Das ist extrem hilfreich, vielen Dank!!

Ja genau, es geht um EG 13 in der Wissenschaft (in Niedersachsen). Das heißt, Stufe drei MUSS bei einschlägiger Berufserfahrung (bei mir acht Jahre) gewährt werden, höhere Stufen KÖNNEN gewährt werden, müssen aber nicht - das müsste ich dann verhandeln. Habe ich das soweit richtig verstanden?

Den Begriff "förderliche" Berufserfahrung kannte ich noch gar nicht. Ich denke, der ist meinem Fall nicht relevant, aber dennoch: Was ist damit gemeint?

Danke und viele Grüße!

Rowhin

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Das ist extrem hilfreich, vielen Dank!!

Ja genau, es geht um EG 13 in der Wissenschaft (in Niedersachsen). Das heißt, Stufe drei MUSS bei einschlägiger Berufserfahrung (bei mir acht Jahre) gewährt werden, höhere Stufen KÖNNEN gewährt werden, müssen aber nicht - das müsste ich dann verhandeln. Habe ich das soweit richtig verstanden?

Korrekt.

Den Begriff "förderliche" Berufserfahrung kannte ich noch gar nicht. Ich denke, der ist meinem Fall nicht relevant, aber dennoch: Was ist damit gemeint?

Das bezieht sich auf TVL § 16 Abs. 2 Satz 4:

Zitat
Unabhängig davon kann der Arbeitgeber bei Neueinstellungen zur Deckung des Personalbedarfs Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit ganz oder teilweise für die Stufenzuordnung berücksichtigen, wenn diese Tätigkeit für die vorgesehene Tätigkeit förderlich ist.

Soll heißen: wenn dein (künftiger) AG gewillt ist, dann geht da einiges. Prinzipiell ist es ein Werkzeug zur Personalgewinnung für den AG. Ansonsten gibt es in den verschiedenen Rechtskommentaren zum TV-L Angaben hierzu, und einige Institutionen haben eigene Erklärungen / Leitfäden. Hier mal beispielhaft derjenige meiner Einrichtung (Link geht direkt auf PDF):

https://portal.mytum.de/archiv/form_personal/archive_folder.2005-11-24.6900314400/20090305_162416/16

Der relevante Teil:

Zitat
4. Ausnahme: Zur Deckung des Personalbedarfs können Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit ganz oder teilweise für die Stufenzuordnung berücksichtigt werden, wenn diese Tätigkeit für die vorgesehene Tätigkeit förderlich ist. Zwingende Voraussetzung ist das Erfordernis der Personalgewinnung, d.h. der Personalbedarf kann anderenfalls quantitativ oder qualitativ nicht hinreichend abgedeckt werden. Dies bedarf einer detaillierten und plausiblen Begründung durch den/die Vorgesetzte/n. Inhaltlich kommen als „förderliche Zeiten“ in erster Linie gleichartige und gleichwertige Tätigkeiten, die von dem/der Bewerber/in bei einem anderen öffentlichen oder privaten Arbeitgeber ausgeübt wurden, in Betracht. Sie können insbesondere vorliegen, wenn die frühere Tätigkeit mit der auszuübenden Tätigkeit in sachlichem Zusammenhang steht und Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen für die zukünftige Aufgabenerfüllung offenkundig von Nutzen sind. In Verbindung mit dem Merkmal der Deckung des Personalbedarfs müssen diese Zeiten letztlich Voraussetzung für die Entscheidung zur Einstellung des/der Beschäftigten gewesen sein. Die Anerkennung von förderlichen Zeiten steht im pflichtgemäßen Ermessen des Arbeitgebers. Verbleibende Restzeiten werden jedoch für den weiteren Stufenaufstieg nicht berücksichtigt.

Alien1973

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Genau so wars bei mir.
Ich habe min. Stufe 4 gefordert. Bekommen habe ich Stufe 5 bei Einstellung...

Mit mir waren noch 2 jüngere Kandidaten im Rennen, rein vom Alter her direkt nach Studium oder ohne viel Berufserfahrung.

Es wurde sich für mich entschieden mit der oben erwähnten Stufe sofort bei Einstellung.... 8)

fair

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Das ist extrem hilfreich, vielen Dank!!
Gerne!

Zitat
Ja genau, es geht um EG 13 in der Wissenschaft (in Niedersachsen). Das heißt, Stufe drei MUSS bei einschlägiger Berufserfahrung (bei mir acht Jahre) gewährt werden, höhere Stufen KÖNNEN gewährt werden, müssen aber nicht - das müsste ich dann verhandeln. Habe ich das soweit richtig verstanden?
In der Wissenschaft ist es sogar so, dass sie dir die Stufe 4 gewähren müssen (im Regelfall*), wenn deine 6 Jahre (in EG 13 an anderen Unis etc) einschlägig sind.
Es ist aber natürlich entscheidend, dass sie das entsprechende Formular auch so ausfüllen, dass sie die gesamten sechs Jahre als einschlägig eintragen.

* Und wenn sie es gut begründen können sie auch mal ausnahmsweise einschlägige Erfahrungen nicht voll anerkennen, aber das sind - ebenso wie das mit dem förderlichen s.u. - absolute Feinheiten, zu denen man zwar die erwähnten rechtlichen Hinweise nachlesen kann und Gerichtsurteile recherchieren, aber am Ende ist es vor allem eine Verhandlungssache.

Zitat
Den Begriff "förderliche" Berufserfahrung kannte ich noch gar nicht. Ich denke, der ist meinem Fall nicht relevant, aber dennoch: Was ist damit gemeint?

Was als "förderlich" oder als "einschlägig" oder keins davon zählt, sind rechtliche Feinheiten,die eigentlich nur selten relevant sind. Am Ende ist es primär eine Verhandlungssache und es wird seitens des "größeren Dienstherrn" (die deiner Dienststelle übergeordneten Stellen) darauf vertraut, dass deine Dienststelle das korrekt eingeschätzt hat. Der Unterschied ist am ehesten, dass bei "förderlich" noch das Erfordernis zur Personalgewinnung hinzu kommt, was bei "einschlägig" nicht der Fall ist. Außerdem könntest du "einschlägige" Berufserfahrung ggf auch rechtlich überprüfen/einklagen, aber wie gesagt unterm Strich ist es in der Praxis vor allem eine Verhandlungssache.

Was noch eine Rolle spielen kann: in manchen Konstellationen ist es so, dass der höhere Geldbedarf für die höhere Stufe bei "förderlich" aus dem eigenen Budget der einstellenden Einheit kommen muss, während bei "einschlägig" automatisch entsprechend mehr "von oben" zugewiesen wird. Bei Drittmittelprojekten macht es aber keinen Unterschied und selbst bei Haushaltsstellen oft auch nicht (jedenfalls nicht direkt).

Also Fazit: verhandle es von Anfang an und lass es dir vor Vertragsunterzeichnung schriftlich geben.
« Last Edit: 24.09.2025 22:01 von fair »

fair

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Hier noch ein Link zu den Sonderregeln für die Wissenschaft:

https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/TV_L-40

 
Zitat
Nr. 5. Zu § 16
– Stufen der Entgelttabelle –

1. § 16 Absatz 2 gilt in folgender Fassung:

“(2) 1Bei der Einstellung werden die Beschäftigten der Stufe 1 zugeordnet, sofern keine einschlägige Berufserfahrung vorliegt. 2Verfügen Beschäftigte über eine einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr aus einem vorherigen befristeten oder unbefristeten Arbeitsverhältnis zum selben Arbeitgeber, erfolgt die Stufenzuordnung unter Anrechnung der Zeiten der einschlägigen Berufserfahrung aus diesem vorherigen Arbeitsverhältnis. 3Ist die einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr in einem Arbeitsverhältnis zu einem anderen Arbeitgeber erworben worden, erfolgt die Einstellung in die Stufe 2, beziehungsweise – bei Einstellung nach dem 31. Januar 2010 und Vorliegen einer einschlägigen Berufserfahrung von mindestens drei Jahren – in Stufe 3. 4Werden Beschäftigte in den Entgeltgruppen 13 bis 15 eingestellt, gilt ergänzend: Zeiten mit einschlägiger Berufserfahrung an anderen Hochschulen oder außeruniversitären Forschungseinrichtungen werden grundsätzlich anerkannt. 5Dasselbe gilt für Beschäftigte in den Entgeltgruppen 9a bis 12, wenn sie im Rahmen der Planung, Vorbereitung, Durchführung, Aus- und/oder Bewertung von wissenschaftlichen Vorhaben einen wesentlichen Beitrag leisten. 6Unabhängig davon kann der Arbeitgeber bei Neueinstellungen zur Deckung des Personalbedarfs Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit ganz oder teilweise für die Stufenzuordnung berücksichtigen, wenn diese Tätigkeit für die vorgesehene Tätigkeit förderlich ist.“

fair

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Genau so wars bei mir.
Ich habe min. Stufe 4 gefordert. Bekommen habe ich Stufe 5 bei Einstellung...

Mit mir waren noch 2 jüngere Kandidaten im Rennen, rein vom Alter her direkt nach Studium oder ohne viel Berufserfahrung.

Es wurde sich für mich entschieden mit der oben erwähnten Stufe sofort bei Einstellung.... 8)
d.h. du hattest schon zehn Jahre Erfahrung?

Alien1973

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Ich hatte 5 Jahre selbständig ein Büro mit Eingabeplanung und war praktisch auf der anderen Seite der Baugenehmigungen tätig. Davor und auch danach insgesamt 12 Jahre angestellt in Planungsbüros....

Ich habe also nicht genehmigt, sondern Baugenehmigungen erstellt und Baustellen beaufsichtigt....

Mir wurden meine Zeiten zu meinem Vorteil angerechnet, ja....

Mittlerweile arbeite ich nicht mehr in diesem Bereich beim ÖD, habe die Stelle intern gewechselt nach 6 Jahren. Teilweise helfe ich noch bei den Genehmigungen aus, aber ansonsten mache ich jetzt was anderes mit einer höheren EG...

fair

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Glückwunsch!