Hier mal ein Ausschnitt aus dem Editorial des „komba magazin“ März 2019, das sich der Länder-Tarifrunde befasst:
„Es ist der Nervenstärke und der Professionalität unserer Tarifakteure zu verdanken, dass letztendlich in kürzester Zeit eine sachliche Bewertung vorgenommenen und eine wichtige positive Entscheidung getroffen wurde. Denn das zur Abstimmung gestandene Angebot gibt auch Anlass für eine kritische Betrachtung einiger Inhalte. Neben der langen Laufzeit sind das vorübergehende Einfrieren der Jahressonderzahlung sowie eine in diversen Punkten nicht zufriedenstellende Weiterentwicklung der Entgeltordnung zu nennen. Mit dem Einfrieren der Jahressonderzahlung sind die Länder in bester - eher schlechter - Gesellschaft mit den Kommunen. Auch dort wurde über diesen Weg eine Teilkompensation der Kosten für bessere Eingruppierungen realisiert. Die Länder zogen nach, obwohl die Eingruppierungsregelungen hinter denen der Kommunen zurückgeblieben sind. Die Liste reicht von der ausbleibenden garantierten Stufengleichheit bei Höhergruppierungen über weitgehend verweigerte Verbesserungen für Tätigkeitsmerkmale mit unterhälftigen Zeitanteilen bis hin zu Verzögerungen des Inkrafttretens für einige Beschäftigtengruppen.
Doch warum taten sich die Arbeitgeber so schwer? Zum einen war es schwierig, dem Verhandlungspartner thematisch auf Augenhöhe zu begegnen. Denn die Gruppe der Arbeitgeber setzt sich vor allem aus den oberen Etagen der Finanzministerien der Länder zusammen. Dort hat man eher die Schuldenbremse und viele weitere Argumente gegen höhere (Personal-)Ausgaben im Blick, nicht jedoch Argumente für eine funktionierende Gewinnung, Bindung und Motivation von Personal. Zudem fehlt der Blick für die anspruchsvolle Situation der Berufsgruppen, die direkt mit den Erwartungen, Ansprüchen und Launen der Bürger konfrontiert sind, wie in der Sozialverwaltung, der Pflege oder dem Sozial- und Erziehungsdienst. Wenn dort Probleme auftauchen, kann man sich nicht erst einmal in eine bequeme Arbeitsgruppe zurückziehen.
Zum anderen hatten sich die Arbeitgeber lange an Themen festgebissen, die bei uns nie und nimmer ein Einlenken ermöglicht hätten. Das betrifft insbesondere den Umgang mit dem sogenannten Arbeitsvorgang. Das sind - vereinfacht gesagt - die einzelnen Aufgaben der Beschäftigten, die der Wertigkeit der Entgeltgruppen zugeordnet werden. Die Arbeitgeber wollten das geltende Recht, nach dem ein Arbeitsvorgang für eine höhere Entgeltgruppe auch dann relevant ist, wenn nur ein verhältnismäßig kleiner Zeitanteil deren Merkmale erfüllt, nicht mehr akzeptieren. Das würde quasi eine unkalkulierbare Höhergruppierungsbremse wenn nicht sogar eine Rückgruppierungsgefahr auslösen.„
Im Gegensatz zu den Verdi-Verlautbarungen wird hier deutlich, das man die kritischen Punkte der Tarifeinigung durchaus kennt und sich auch nicht scheut, diese gegenüber den Mitgliedern zu benennen.
Der Abschnitt über die Zusammensetzung der TdL-Verhandlungsgruppe ist besonders interessant, da hier auch die internen Mechanismen der Arbeitgeberseite deutlich werden, die allesamt darauf ausgerichtet sind jedwede Bewegung nur auf Minimalstniveau zuzulassen.