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[RP] Beihilfeberechtigung Ehefrau
Gerda Schwäbel:
Manchmal ist es sehr hilfreich, wenn man sich die maßgebliche Rechtsnorm genau anschaut. Das gilt besonders für die Leute, die mit dieser Norm arbeiten.
Damit die Ehefrau berücksichtigungsfähige Angehörige ist, dürfen ihre Einkünfte (§ 2 Abs. 2 und § 2 Abs. 5a des Einkommensteuergesetzes) oder vergleichbare ausländische Einkünfte den steuerrechtlichen Grundfreibetrag in Höhe von 9.168 € nicht übersteigen (§ 4 Abs. 1 BVO).
Unter § 2 Abs. 2 EStG ist die in 2019 bezogene Urlaubsabgeltung zu berücksichtigen, der Teil für 2018 und der Teil für 2019. "Einkünfte sind der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten", das lässt sich ganz einfach berechnen; man zieht vom Bruttobetrag 2.683 Euro den Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 1 000 Euro ab und erhält als Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit 1.683 Euro.
Dann muss man noch § 2 Abs. 5a EStG beachten:
"Knüpfen außersteuerliche Rechtsnormen an die in den vorstehenden Absätzen definierten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte, Einkommen, zu versteuerndes Einkommen) an, erhöhen sich für deren Zwecke diese Größen um die nach § 32d Absatz 1 und nach § 43 Absatz 5 zu besteuernden Beträge sowie um die nach § 3 Nummer 40 steuerfreien Beträge und mindern sich um die nach § 3c Absatz 2 nicht abziehbaren Beträge. Knüpfen außersteuerliche Rechtsnormen an die in den Absätzen 1 bis 3 genannten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte) an, mindern sich für deren Zwecke diese Größen um die nach § 10 Absatz 1 Nummer 5 abziehbaren Kinderbetreuungskosten."
Immer wieder versucht mir jemand zu erklären, dass das die Rechtsgrundlage dafür sei, dass auch Krankengeld berücksichtigt werden müsste. Ich kann das weder nachvollziehen noch bestätigen, weil das Krankengeld in den fett geschriebenen Paragraphen nicht genannt ist. Aber selbst wenn es so wäre, dann wäre das im vorliegenden Sachverhalt ohne Bedeutung. Die Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit (1.683 Euro) und das Krankengeld in Höhe von 7.177 Euro ergeben zusammen 8.860 €, also einen Betrag, der unter dem Grundfreibetrag von 9.168 Euro liegt.
Für mich ist ganz klar, dass die Ehefrau 2019 berücksichtigungsfähige Angehörige ist - wenn auch vorerst nur unter dem Vorbehalt des Widerrufs
Ernest:
Vielen Dank für die ausführliche Antwort!!! Das hat mich schon deutlich weiter gebracht!
Bei den 2683 Euro Urlaubsabgeltung handelt es sich um den Überweisungsbetrag - also netto. Lege ich die üblichen Abgaben für Sozialversicherungen und Einkommenssteuer zugrunde (Die waren ja sicher fällig?), komme ich auf einen Bruttobetrag von etwa 3500 Euro. Wir warten hier noch auf den Bescheid des ehemaligen Arbeitgebers... und der lässt sich Zeit.
Damit läge meine Frau nach Abzug des Arbeitnehmer-Pauschbetrags knapp 500 Euro über Grundfreibetrag.
--- Zitat von: Gerda Schwäbel am 03.08.2019 18:28 ---Immer wieder versucht mir jemand zu erklären, dass das die Rechtsgrundlage dafür sei, dass auch Krankengeld berücksichtigt werden müsste. Ich kann das weder nachvollziehen noch bestätigen, weil das Krankengeld in den fett geschriebenen Paragraphen nicht genannt ist.
--- End quote ---
Hier liegt mein Problem: Gibt es keine verbindliche Aussage in der Beihilfeordnung, wie das Krankengeld gehandhabt wird und ob es nun auf den Grundfreibetrag angerechnet wird oder nicht? Irgendwie kann ich mir nicht vorstellen, dass wir die Ersten sind, die vor dieser Frage stehen :-\.
Zu wissen, dass der Sachbearbeiter dann in 2020 einen gewissen Interpretationsspielraum hat und ggf. die gezahlte Beihilfe zurückgefordert wird, macht einen schon etwas nervös...
Gerda Schwäbel:
--- Zitat von: Ernest am 03.08.2019 23:41 ---Gibt es keine verbindliche Aussage in der Beihilfeordnung, wie das Krankengeld gehandhabt wird und ob es nun auf den Grundfreibetrag angerechnet wird oder nicht?
--- End quote ---
Selbstverständlich gibt es diese Verbindlichkeit, nämlich in § 4 Abs. 1 BVO und in den Worten "deren Einkünfte (§ 2 Abs. 2 und 5a des Einkommensteuergesetzes)".
Wer Beihilfe bearbeitet, sollte also auch einen Überblick im Steuerrecht haben. Dass das Krankengeld nicht von § 2 Abs. 2 EStG erfasst wird, kann auch für Personen klar sein, die nicht tagtäglich mit Steuerrecht zu tun haben. Bei § 2 Abs. 5a EStG ist das - nicht nur auf den ersten Blick - nicht so eindeutig. Denn Text habe ich gestern zitiert. Schauen Sie sich mal interessehalber § 32d Absatz 1 EStG , § 43 Absatz 5 EStG und § 3 Nummer 40 EStG an. Da wird ganz oft auf andere Paragrafen verwiesen, das ist (besonders für steuerrechtliche Laien) nicht so einfach zu verstehen. Es ist doch schön, dass Sie jetzt an eine Bearbeiterin geraden sind, die eingesteht, dass sie sich nicht sicher ist und Rücksprache halten muss/wird. Ihre Skepsis halte ich für fehl am Platz. Warten Sie halt ein paar Tage ab und wenn die Antwort doch negativ ausfallen sollte, dann gehen Sie in die Offensive und verlangen Sie eine Erklärung dafür, wie sich das - nach Ansicht des Amtes - aus § 2 Abs. 5a EStG ergeben soll.
Lohnsteuer ist für die Urlaubsabgeltung nicht angefallen (sofern ich Ihre Schilderung richtig interpretiert habe und Ihre Ehefrau nicht nur "von Beginn des Jahres an erkrankt" war sondern schon so lange erkrankt ist, dass seit Januar keine steuerpflichtigen Entgeltzahlungen mehr angefallen sind.) Aber andernfalls würde ja die ganze Berechnung nicht stimmen.
Ernest:
Vielen Dank für die erneut ausführliche und verständliche Antwort! Sie liefert mir eine gute Argumentationsgrundlage.
Ich interpretiere die Gesetzeslage nach eingehender Lektüre inzwischen auch so, wie sie schreiben.
Die 3 verschiedenen Ansätze des LFF irritieren mich aber weiterhin...
--- Zitat von: Gerda Schwäbel am 04.08.2019 12:49 ---
--- Zitat von: Ernest am 03.08.2019 23:41 ---Es ist doch schön, dass Sie jetzt an eine Bearbeiterin geraden sind, die eingesteht, dass sie sich nicht sicher ist und Rücksprache halten muss/wird. Ihre Skepsis halte ich für fehl am Platz.
--- End quote ---
Antwortschreiben kam heute. Besteht leider nur aus einem Zitat aus der BVO und einem erneuten Merkblatt. Eine individuelle Aufklärung der widersprüchlichen Aussagen aus den Telefonaten - geschweige denn eine eindeutige Aussage zur Beihilfeberechtigung - erfolgte leider wieder nicht.
Ich bleibe am Ball und werde berichten, was eine jetzt erfolgte schriftliche Anfrage meinerseits gebracht hat.
--- End quote ---
Josef84:
Krankengeld aus der gesetzlichen Krankenversicherung ist steuerfrei (§ 3 Nr. 1a EStG).
Damit zählt es nicht zu den Einkünften nach § 2 Abs. 2 und 5a EStG.
Es bleibt somit noch die Urlaubsabgeltung:
Da die Urlaubsabgeltung für 2018/19 im Jahr 2019 ausgezahlt wurde, ist die gesamte Zahlung - ggf. um Freibeträge gemindert - nach § 11 EStG dem Jahr 2019 zuzuordnenden.
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