Autor Thema: Geltendmachung Eingruppierung, Hinweis auf § 37 TVöD/TV-L notwendig?  (Read 5657 times)

Börnie

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Muss in einem Schreiben zur Geltendmachung einer höheren Eingruppierung ein Hinweis auf § 37 TVöD/TV-L erfolgen?
Mir ist zu Ohren gekommen, dass einige (ostdeutsche) Arbeitgeber sich auf den Standpunkt stellen, dass ohne entsprechenden Bezug auf § 37 TVöD/TV-L keine rückwirkende Zahlung des Entgelts (für max. sechs Monate, wenn die fehlerhafte Rechtsauffassung schon länger als sechs Monte) erfolgt, sondern erst ab Eingang des Geltendmachungsschreibens beim Arbeitgeber.
M.m. nach ist dies Unsinn, da der § 37 TVöD/TV-L ja Wirkung entfaltet, egal ob ich diesen in meinem Schreiben benenne oder nicht.

Spid

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Auf die Eingruppierung findet die tarifliche Ausschlußfrist keine Anwendung. TB sind entsprechend ihrer nicht nur vorübergehend auszuübenden Tätigkeit eingruppiert. Sofern sich die Geltendmachung auf das Entgelt aus der höheren Entgeltgruppe bezieht, bedarf es keines Verweises auf die tarifliche Ausschlußfrist. Diese ist keine Anspruchsgrundlage, sondern regelt den Verfall von Ansprüchen.

Lars73

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Erforderlich ist die Angabe was gefordert wird. Dabei ist auch anzugeben was rückwirkend gefordert wird. Wenn man einfach nur die Bezahlung nach Entgeltgruppe XY, Stufe Z fordert ist damit keine Forderung für den Zeitraum davor verbunden.

Börnie

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Erforderlich ist die Angabe was gefordert wird. Dabei ist auch anzugeben was rückwirkend gefordert wird. Wenn man einfach nur die Bezahlung nach Entgeltgruppe XY, Stufe Z fordert ist damit keine Forderung für den Zeitraum davor verbunden.
Genau, mir ging es um den Entgeltanspruch aus der höheren Eingruppierung. Das die Eingruppierung nicht der Ausschlussfrist unterliegt ist mir klar.
Angenommener Fall:
Arbeitgeber hat die (fehlerhafte) Rechtsmeinung der TB wäre nach EG 8 eingruppiert. TB macht geltend, dass er nach EG 9a eingruppiert ist, und schreibt nur folgendes an den AG:
"Hiermit mache ich meine Ansprüche auf Eingruppierung in die Entgeltgruppe 9a TVöD und die entsprechende Zahlung der Vergütung geltend, da ich die Auffassung vertrete, dass ich Tätigkeiten dieser Entgeltgruppe verrichte."
Arbeitgeber korrigiert seine (fehlerhafte) Rechtsmeinung (EG 9a ist richtig, seit Übertragung der Tätigkeiten an den TB).
Wäre mit diesem Schreiben auch die Vergütungsansprüche aus der Vergangenheit wirksam gefordert? Oder muss dies explizit gefordert werden?

Spid

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Nein, damit wäre kein in der Vergangenheit liegender Vergütungsanspruch geltend gemacht. Es ist auch zweifelhaft, ob damit eine hinreichend konkrete Geltendmachung zukünftiger Ansprüche erfolgt, schließlich fehlt mit der Stufe ein wesentlicher Umstand, der zur Berechnung des Anspruchs erforderlich ist. Auch fehlt es daran, daß in der Geltendmachung erkennbar davon ausgegangen wird, daß der Schuldner den Anspruch selbst errechnen könne.

Kaiser80

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@TE: "Ich erhalte derzeit das Engelt der EG 8 Stufe x. Die von mir auszübenden Tätigkeiten erfüllen jedoch seit dem xx.xx.xxxx (Zeitpunkt der Wirksamen Übertragung) die Tätigkeitsmerkmale der Entgeltgruppe 9a. Ich fordere Sie hiermit auf mir den monatlichen Differenzbetrag der EG 8 Stufe x zu  EG 9a Stufe y abd dem o.g. Zeitpunkt nachzuzahlen und zukünftig nach EG 9a zu vergüten."

Dies sollte so ausreichen. Auf die Ausschlussfrist nach §37 soll der AG mal schön selber kommen... ;).

Börnie

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In den BAG Urteilen habe ich nur folgendes gefunden:

BAG Urteil vom 21.03.2012, 4 AZR 278/10 - Rz. 50
 b) Das auch vom Landesarbeitsgericht für den Kläger als ausreichend bewertete Geltendmachungsschreiben erfüllt die Anforderungen nach § 37 Abs. 1 TV-L. Der Kläger hat mit Schreiben vom 29. Mai 2008 “die Eingruppierung in die Vergütungsgruppe Vc bzw. Vb BAT, der jetzigen Entgeltgruppe 8 bzw. 9 TV-L” beansprucht. Damit hat er Art und Umfang seines Anspruchs hinreichend präzise gekennzeichnet. Dies führt zu einer Wahrung der Ausschlussfrist für die Zeit ab dem 1. November 2007.

Habt Ihr evtl. irgendwelche anderen Urteile hierzu oder entsprechende Kommentare?

McOldie

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Für eine ordnungsgemäße Geltendmachung i. S. von § 37 TV-L ist erforderlich, dass der Anspruchsgegner zur Erfüllung eines bestimmten Anspruchs aufgefordert wird. Der Anspruchsteller muss unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass er Inhaber einer nach Grund und Höhe spezifizierten Forderung ist und auf der Erfüllung dieser Forderung besteht (BAG vom 20.6.2002 – 8 AZR 488/01 – ZTR 2003, 96; vom 19.8.2015 – 5 AZR 1000/13 – ZTR 2016, 25; vom 13.1.2016 – 10 AZR 792/14 – ZTR 2016, 306; vom 26.9.2017 – 1 AZR 717/15 – ZTR 2018, 206; vom 28.2.2018 – 4 AZR 816/16 – ZTR 2018, 386). Der Anspruchsgegner muss, ausgehend von seinem Empfängerhorizont, erkennen können, um welche Forderung es sich handelt (BAG vom 18.3.1999 – 6 AZR 523/97 – ZTR 1999, 420). Das setzt voraus, dass der Anspruch seinem Grund nach hinreichend deutlich bezeichnet und die Höhe des Anspruchs sowie der Zeitraum, für den er verfolgt wird, mit der für den Anspruchsgegner notwendigen Deutlichkeit ersichtlich gemacht wird. Die Art des Anspruchs und die Tatsachen, auf die dieser gestützt wird, müssen erkennbar sein. Liegen diese Voraussetzungen vor, ist eine Bezifferung nicht zwingend erforderlich (BAG vom 19.8.2015 – 5 AZR 1000/13 – ZTR 2016, 25; vom 18.2.2016 – 6 AZR 628/14 – ZTR 2016, 314). Da das Tarifwerk des öffentlichen Dienstes weitgehend öffentlich zugänglich ist, braucht eine Forderung des Arbeitnehmers auf Zahlung des Tarifentgelts nicht beziffert zu werden, wenn ansonsten klar ist, von welcher tariflichen Eingruppierung der Arbeitnehmer ausgeht (LAG Mecklenburg-Vorpommern vom 14.7.2015 – 2 Sa 6/15 – ZTR 2016, 150).
Die Geltendmachung erfordert auch keine Substantiierung, sondern nur eine Spezifizierung nach Grund und Höhe (BAG vom 20.6.2002 – 8 AZR 488/01 – a.a.O.)
Insoweit würde m.E. Die Geltendmachung des Entgelts einer bestimmten Entgeltgruppe ausreichen. Die Nennung der Stufe ist m.E. nicht erforderlich, denn dieses ergibt sich zwangsläufig aus der normativen Wirkung des Tarifrechts.

Börnie

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Danke @McOldie
Das hört sich schlüssig an, von der Argumentation!

Spid

  • Gast
In den BAG Urteilen habe ich nur folgendes gefunden:

BAG Urteil vom 21.03.2012, 4 AZR 278/10 - Rz. 50
 b) Das auch vom Landesarbeitsgericht für den Kläger als ausreichend bewertete Geltendmachungsschreiben erfüllt die Anforderungen nach § 37 Abs. 1 TV-L. Der Kläger hat mit Schreiben vom 29. Mai 2008 “die Eingruppierung in die Vergütungsgruppe Vc bzw. Vb BAT, der jetzigen Entgeltgruppe 8 bzw. 9 TV-L” beansprucht. Damit hat er Art und Umfang seines Anspruchs hinreichend präzise gekennzeichnet. Dies führt zu einer Wahrung der Ausschlussfrist für die Zeit ab dem 1. November 2007.

Habt Ihr evtl. irgendwelche anderen Urteile hierzu oder entsprechende Kommentare?

Im geurteilten Fall hat der Kläger doch mit seinem Schreiben dargelegt, von welchem Zeitpunkt an er welche Vergütung begehrt, siehe ArbG Hamburg, Urteil v. 03.09.2009 - 17 Ca 102/09; ebenso im parallel vom BAG geurteilten Fall (BAG, Urteil vom 21.03.2012 – 4 AZR 266/10, vorgehend ArbG Hamburg 9. Kammer, Urteil v. 07.07.2009 - 9 Ca 596/08). Wenn man auf die Umstände tatsächlicher Art abhebt, genügt nicht der Blick in das Revisionsurteil, das seinerseits ja nur die revisionserheblichen Umstände im urteilserheblichem Maße des Berufungsurteils in seiner Begründung abarbeitet.

Börnie

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Im geurteilten Fall hat der Kläger doch mit seinem Schreiben dargelegt, von welchem Zeitpunkt an er welche Vergütung begehrt, siehe ArbG Hamburg, Urteil v. 03.09.2009 - 17 Ca 102/09; ebenso im parallel vom BAG geurteilten Fall (BAG, Urteil vom 21.03.2012 – 4 AZR 266/10, vorgehend ArbG Hamburg 9. Kammer, Urteil v. 07.07.2009 - 9 Ca 596/08). Wenn man auf die Umstände tatsächlicher Art abhebt, genügt nicht der Blick in das Revisionsurteil, das seinerseits ja nur die revisionserheblichen Umstände im urteilserheblichem Maße des Berufungsurteils in seiner Begründung abarbeitet.
An die kam ich beide leider nicht dran, da diese nicht frei zugänglich sind und ich zurzeit keinen Zugriff auf Juris o.ä. habe. Daher habe ich hier gefragt ;)