Beamte und Soldaten > Beamte der Länder
[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
WasDennNun:
--- Zitat von: SwenTanortsch am 23.08.2020 00:15 ---Das Land Berlin hat jetzt allen Beamten einer vierköpfigen Familie, deren Ernährer sich in der Eingangsstufe der untersten Besoldungsgruppe befindet, die Differenz von Mindestalimentation und tatsächlich gewährter Nettoalimentation zu erstatten, also: 9.381,38 €.
--- End quote ---
Richtig. Und kann dies mit der fehlerhaften Systematik durch minimalster Erhöhung des Grundgehaltes und extremer Erhöhung des Famzuschlages korrigieren, da dieses Ungleichgewicht ja zu der fehlerhaften Alimenation führte.
Und da der Gesetzgeber hier aufs krasseste sich verrechnet hat bzgl. der Bemessung des Grundgehaltes der Singles im Verhältnis zum Familienzuschlag und deswegen die Besoldungsgesetze allesamt illegal sind.
Du gehst immer davon aus, dass der Fehler primär im Grundgehalt liegt, aber ich verstehe nicht warum er Gesetzgeber nicht damit argumentieren kann, dass der Fehler im Verhältnis Grundgehalt zu FamZuschlag liegt?
--- Zitat ---Folgendes Vorgehen ginge folglich gleichzeitig nicht:
I. Beamter einer vierköpfigen Familie: Das Grundgehalt wie II. und alle weiteren Zuschläge wie II. sowie der Familienzuschlag ergeben eine Summe von 33.145,-, sodass hier die Mindestalimentation erfüllt wäre.
II. Lediger Beamter: Das Grundgehalt wie I und alle weiteren Zuschläge wie I sowie kein Familienzuschlag ergeben eine Summe von 23.764,- € mit der Begründung, nun sei ja die Mindestalimentation anhand der pauschalisierten Kosten aus dem Existenzminimumbericht erfüllt.
--- End quote ---
Das ist natürlich mumpitz, klar. Er muss die gleiche Systematik für den Single hinzuziehen wie für die Familie.
Ergo er muss folgendes Prüfen:
Eine Prüfung ob das Grundgehalt bei Singles die Mindestalimantion (und die weiteren Kriterien) verletzt.
Hierbei muss natürlich den Berechnungen des Verfassungsgerichtes folgend, die Mindestalimentation eines Singles berücksichtigt errechnet werden, denn die Ausrichtung des Grundgehaltes an eine 4K Familie ist nicht in Stein gemeißelt, wenn ich es richtig interpretiere.
Und ohne korrekt zu rechnen die obige Zahlen nehmend, und nur mal pi/daumen, (sprich Kinder weg, Partner weg, Geld halbiert(ist falsch ich weiß, zu niedrig angesetzt), Unterkunft etc. bleibt wie gehabt, (ist falsch ich weiß, was ja zu hoch angesetzt ist):
a) pauschalisierte Regelleistung für 1 Erwachsene: 4224,- €
b) pauschalisierte Regelleistung für 2 Kinder: ---- €
c) Unterkunftskosten: 11.400,06 €
d) Heizkosten: 1.861,50 €
e) Bedarfe f. Bildung und Teilhabe: ---
Summe des Grundsicherungsniveaus: 17485,56
MindestAlimenation: 20100€
Dies wäre jetzt mal beispielhaft (jaja nicht korrekt gerechnet aber so ungefähr und nach gleicher Systematik ) die Mindestali eines Singles in Berlin, die nicht mit dem Grundgehalt (+115%) unterschritten werden darf. Berechnung folgt dem BVerfG zur Berechnung der MindestAli 4K Familie.
Und was hat er jetzt der liebe Berline? A4S1 Netto: 23864 abzgl. PKV 3600 =20200€
Bingo Punkt Landung: Grundgehalt könnte also bleiben *kotz*
Also gibt es für einen Single eigentlich keinen Grund am großartig am Grundgehalt wg. MindestAli zu schrauben.
Alle weiteren Zuschläge wie sowie der Familienzuschlag ergeben eine Summe von > 33.145,-, sodass hier die Mindestalimentation erfüllt wäre.
@ Swen: Warum ist da die Grundprämisse falsch?
Warum muss der Gesetzgeber den Gap bei der 4K Familie (maßgeblich) via Grundgehalt korrigieren, wenn doch erkennbar ist, dass der Fehler in der Höhe des FamZuschlages liegt?
PS:
Weiterhin bleibe ich bei der These, dass ja im Zweifel "nur" für Stufe 1+ eine Anhebung notwendig ist und man die Letzte Stufe unverändert lassen kann und nur die Steigerungen dazwischen zu ändert braucht (bzgl. der Fragestellung der Mindestalimentation). Sorry Pensionäre, ihr geht leer aus. *kotz2*
micha77:
--- Zitat von: SwenTanortsch am 22.08.2020 14:48 ---
--- Zitat von: WasDennNun am 22.08.2020 07:32 ---
--- Zitat von: SwenTanortsch am 21.08.2020 19:37 ---Der langen Rede kurzer Sinn: Doch, die derzeitige Höhe des Grundgehalts sollte - in Anbetracht der deutlichen Steigerung der Mindestalimentation - generell verfassungswidrig sein. Ein System, in dem die Mindestalimentation um streckenwesie mehr als dreißig und vierzig Prozent erhöht werden muss, kann nicht anhand der ausschließlichen Erhöhung von Beihilfeleistungen, Zulagen, Zuschlägen und Sonderzahlungen ausdifferenziert werden, ohne gänzlich aus dem Lot zu geraten.
--- End quote ---
Die Mindestalimentation für Beamte mit (zwei) Kinder, ja.
Für Singles, Nein.
Änderung der Höhe des Famzuschlages und schon bleiben Singles bei einer +1€ in der Alimentationserhöhung.
Ich verstehe nicht warum das nicht gehen sollte.
Oder bist du ernsthaft der Meinung, dass die Alimentation eines Singles zwingend um 30% erhöht werden muss, damit diese Verfassungskonform ist?
Der Jahrelange Fehler im Besoldungssystem ist, dass die Kinderzuschläge zu niedrig sind im Gesamtgefüge und damit das Grundgehalt zu teuer wurde.
Weiterhin kann man ja die Einstiegsstufen abschaffen und die Laufzeiten der oberen erhöhen, somit die jüngeren Beamten mit nem Geldregen versorgen und die oberen gehen dann auch leer aus. Warum sollte diese Variante nicht greifen? Wo wäre da ein Verfassungskonflikt?
Ich sehe bezogen auf die Mindestalimenation genug Spielraum, dass es für die Endstufe kein nennenswerten Cent mehr gibt, wenn man die Besoldungssystematik ein wenige verdreht.
--- End quote ---
Ich glaube, ich hätte besser gleich anhand der Praxis und nicht weitgehend mittels eines langen und weitgehend theoretischen Textes argumentieren sollen: Denn grau ist alle Theorie. Deshalb mache ich nun die Wirkung, die sich aus der ursprünglich sozialgesetzlichen Grundlage des Grundsicherungsniveaus ergibt, noch einmal anhand der Berliner Nettoalimentation in der Eingangsstufe der untersten Besoldungsgruppe nachvollziehbar:
Zunächst erstelle ich anhand des Besoldungsrechners die aktuellen Werte für die BesGr. A 4, Erfahrungsstufe 1, Familienzulage Stufe 3 (verheiratet, zwei Kinder), Lohnsteuerklasse III (https://oeffentlicher-dienst.info/c/t/rechner/beamte/be?id=beamte-berlin-2020&g=A_4&s=1&f=3&z=100&zulageid=10.1&zulageid=10.2&zulage=&stj=2020&stkl=3&r=0&zkf=0):
a) Grundgehalt: + 2.180,53 €
b) Familienzulage: + 409,58 €
c) Sonderzahlung: + 129,17 €
c) Monats-Brutto: + 2.719,28 €
d) Lohnsteuer: -152,67 €
Monats-Nettobesoldung: 2.566,61 € bzw. Jahresnetto: 30.799,32 €
Um zur Nettoalimentation zu gelangen, sind weiter zu beachten (ich nehme die Werte meines Beitrags vom 20.08., 18:05 Uhr zur Grundlage):
e) Kindergeld: + 404,- €
f) PKV: - 501,50 €
Die monatliche Nettoalimentation liegt folglich bei 2.369,28 € oder bei 28.431,36 € pro Jahr.
Die Mindestalimentation beträgt nach (s. wiederum den genannten Beitrag):
Variante I: 37.361,54 € pro Jahr bzw. 3.113,46 € pro Monat
Variante II: 38.576,60 € pro Jahr bzw. 3.214,72 € pro Monat
Variante III: 39.463,11 € pro Jahr bzw. 3.288,59 € pro Monat
Die derzeitige Nettoalimentation müsste also pro Monat in der
Variante I um 744,18 € (+ 31,04 %)
Variante II um 845,44 € (+ 35,68 %)
Variante III um 919,31 € (+ 38,8 %)
erhöht werden.
--- End quote ---
Hallo zusammen,
ich lese jetzt auch schon eine Weile interessiert mit. Ich möchte mich auch erstmal bei SwenTanortsch für die eingehenden Ausführungen bedanken.
Wie sieht das denn mit sonstigen Zulagen aus? Stellenzulagen, Amtszulagen, sonstige Zulagen (Schicht etc.),
oder auch Sonderzahlungen (welche Sonderzahlung für Berlin ist oben mit gemeint?), werden die voll angerechnet?
PiefkeÖsi:
--- Zitat von: SwenTanortsch am 22.08.2020 12:46 ---
--- Zitat von: DerOptimist am 21.08.2020 23:58 ---Vielen Dank an euch für die ausführliche Darstellung des Urteils und seine möglichen Folgen!
Nun mal eine ganz dumme Frage: Wenn ich nun – gemäß der zahlreichen Empfehlungen – Widerspruch einlegen möchte, wie genau mache ich das (Niedersachsen)?
Gibt es irgendwo einen Mustertext?
Danke!
Der Optimist
--- End quote ---
Ein mögliches Widerspruchsschreiben habe ich hier am 31.07. im Beitrag von 12:18 Uhr eingestellt. Zugleich sind im gleichen Zeitraum weitere genannt worden.
--- End quote ---
Hiermal ein große Dankeschön für das Muster, Widerspruch ist bereits beim Dienstherrn eingelegt (SN).
VG PiefkeÖsi
SwenTanortsch:
--- Zitat von: uniprof am 23.08.2020 11:41 ---
--- Zitat ---
Da alle vier Besoldungsordnungen - A, B, R und W - ob der abgestuften Wertigkeit der Ämter aufeinander beziehbar sein müssen und allesamt dem Abstandsgebot unterliegen, ist heute bereits klar, dass der massiv verfasungswidrige Charakter der R-Besoldungsordnung genauso für die A- und B-Besoldungsordnungen gilt - die W-Besoldungsordnung wird noch einmal gesondert zu überprüfen sein, weil ihr systematisch ein Zulagensystem nach Leistung inhärent ist, das die A-, B- und R-Ordnungen so nicht kennen.
--- End quote ---
In der Vergangenheit wirkte sich eine Erhöhung des W2/W3-Grundgehaltes, zumindest in NRW, in der Regel nicht aus, da die aufgrund der Unteralimentierung damals nötige Erhöhung des W2/W3-Grundgehaltes um 600 bzw. 300€ mit den Leistungszulagen schlimmstenfalls komplett verrechnet wurden. Ist nicht davon auszugehen, dass dies auch hier der Fall sein wird, und man daher oft leer ausgehen wird, es sei denn, es wird auch die Familienzulage erhöht?
Subjektiv fühle ich mich allerdings nicht unteralimentiert, zumal ich mit meinen Leistungszulagen zufrieden sein kann und auch einen Beruf habe, den ich sehr gerne ausführe und der mir auch sehr viele Freiheiten bei großer Sicherheit gibt. Bei jüngeren Kolleg*innen, insbesondere in Fächern, in denen es keine Alternative in der freien Wirtschaft gibt, sieht das finanziell schon ganz anders aus.
Im Übrigen kann ich mir nicht vorstellen, dass Erhöhungen in der hier diskutierten Größenordnung politisch überhaupt durchsetzbar wären.
--- End quote ---
Da die Besoldungssystematik der Besoldungsordnungen A, B und R gänzlich anders strukturiert ist als die der Besoldungsordnung W, traue ich mir nicht zu, für letztere eine Prognose abzugeben. Sie ist noch einmal ein ganz eigenes Universum. Insofern würde ich am besten das Gespräch mit der zuständigen Personalvertretung suchen - und zugleich würde ich vorsorglich Widerspruch einlegen. Denn das kann ja nicht schaden...
... und der Ratschlag beruht zugleich auf den vom Bundesverfassungsgericht festgelegten Größenordnungen. Je höher sie sind, desto höher wohl auch die Wahrscheinlichkeit, dass das auf die W-Besoldung zurückschlägt.
Da die aus dem Alimentationsprinzip abgeleiteten Rechte als grundgesetzgleich anzusehen sind - das Alimentationsprinzip ist ein hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums - und da die amtsangemessene Alimentation eines dieser abgeleiteten Rechte ist, bedeutete eine Nichtdurchsetzbarkeit, dass unsere Verfassungsordnung politisch so angegriffen wäre, dass sie nicht mehr in der Lage wäre, den absoluten Kernbereich der Verfassung zu garantieren: nämlich die Grundrechte.
Es ist höchstwahrscheinlich deshalb eher andersherum der Fall: Wenn die exekutive Gewalt über lange Zeiträume immer weiter geschwächt wird, da durch eine verfassungswidrig deutlich zu geringe Alimentation ein zunehmender Fachkräftemangel auf der einen Seite und ein stetiger Qualitätsverlust auf der anderen die Folge sind, dann ist sie irgendwann nur noch bedingt handlungsfähig, sodass dann staatliches Handeln irgendwann nicht mehr durchsetzbar wäre.
WasDennNun:
--- Zitat von: SwenTanortsch am 23.08.2020 15:36 ---Es ist höchstwahrscheinlich deshalb eher andersherum der Fall: Wenn die exekutive Gewalt über lange Zeiträume immer weiter geschwächt wird, da durch eine verfassungswidrig deutlich zu geringe Alimentation ein zunehmender Fachkräftemangel auf der einen Seite und ein stetiger Qualitätsverlust auf der anderen die Folge sind, dann ist sie irgendwann nur noch bedingt handlungsfähig, sodass dann staatliches Handeln irgendwann nicht mehr durchsetzbar wäre.
--- End quote ---
Es ist ja noch schlimmer, es muss ja noch nicht mal verfassungswidrig niedrig sein.
Und es muss ja noch nicht mal den Beamten treffen.
Ich erlebe mehr und mehr, dass der Staat gegenüber anderen mit heruntergelassene Hose dasteht.
Eben weil er weit davon entfernt ist, sich bei der Bestenauslese zu beteiligen.
Und anstelle gutes, treues Personal und deswegen "teueres" HR Material zu halten, werden xfach teuere lobbiesteninfiltrierte Beraterhorden bezahlt.
Wo ich es haarig finde ist es im juristischem Bereich (wer solche Verträge mit der PW macht der gehört eigentlich gefeuert) oder in meinem Bereich der IT (wer sich so oftmals mumpitz für teures Geld verkaufen lässt, der gehört... und wer inkompetente Entscheider über technische Dinge entscheiden lässt, der....)
Navigation
[0] Message Index
[#] Next page
[*] Previous page
Go to full version