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[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)

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SwenTanortsch:

--- Zitat von: DeGr am 06.12.2021 10:28 ---@ST

Kannst du etwas zu versierten Rechtsanwälten/Kanzleien (z. B. in Niedersachsen) sagen?

Zu gegebener Zeit (in Thüringen schon jetzt) wäre es sicherlich sinnvoll, wenn sich die Beamt/-innen der einzelnen Länder für die Klageverfahren abstimmen und gegenseitig unterstützen. Als Niedersachse hoffe ich natürlich darauf, dass du auch weiterhin aktiv das Thema verfolgst und hier zum Besten gibst. Ohne dieses Forum und insbesondere deine ausführlichen, nachvollziehbaren und belegten Beiträgen hätte ich wahrscheinlich niemals den Weg zum Gericht "gewagt". Jetzt kann ich kaum noch die Entscheidung des BVerfG sowie die daraufhin kommende nächste verfassungswidrige Regelung abwarten, um selbst Klage einreichen zu können (Widerspruch seit 2014 - zunächst aber nur gegen Streichung Weihnachtsgeld).

--- End quote ---

Danke für die Worte, DeGe. Bislang habe ich mich mit einem möglichen eigenen Klageverfahren noch nicht beschäftigt, da davon auszugehen ist, dass Klage und statthafter sowie zeitnaher Widerspruch vom Gesetzgeber gleichrangig zu behandeln sind (vgl. zur Klarstellung der zuvor nicht eindeutigen Rechtslage in der aktuellen Entscheidung unter Rn. 183). Von daher habe ich mich auch noch nicht nach einem Anwalt umgetan. Nach der anstehenden Entscheidung zur Berliner A-Besoldung bzw. auch jetzt schon ist der Weg zu Gericht für Dich jedoch erst offen, sofern der Dienstherr Deinen derzeit ruhend gestellten Widerspruch bescheidet. Denn erst nach einem ordentlich abgeschlossenen Widerspruchsverfahren kann eine Feststellungsklage beim VG eingereicht werden. Du müsstest ihn also vor Klageerhebung erst einmal dazu auffordern, Deinen Widerspruch zu bescheiden. Erst wenn er das getan und ihn also negativ beschieden hat, kannst Du eine Klage anstrengen.

Diese sollte aber in Niedersachsen zunächst weiterhin nicht nötig sein, da ja in absehbarer Zeit - mit etwas Glück schon im nächsten Jahr - mit der BVerfG-Entscheidung zu Niedersachsen zu rechnen ist, da der niedersächsische Vorlagebeschluss bundesweit den längsten Zeitraum (ab 2005) umfasst und mit dem Bundesverwaltungsgericht von dem höchsten deutschen Verwaltungsgericht dem BVerfG vorgelegt worden ist. Wir können also hier in Niedersachsen hoffen, dass auch wir in nicht mehr allzu langer Zeit Rechtssicherheit haben werden. Es wäre vom niedersächsischen Besoldungsgesetzgeber dann schon mehr als erstaunlich, wenn er die dann formal bis zum Jahr 2016 eindeutige Rechtslage nicht bis ins Jahr 2021/22 verlängerte. Das dürfte auch nicht in seinem Interesse liegen: Vielmehr dürfte es interessant werden, wie er dann die Entscheidung für die einzelnen Besoldungsgruppen durch ein Reparaturgesetz in Recht umsetzen möchte. Auch diesbezüglich dürfte es also interessant werden, ob das BVerfG dazu in der aktuell anstehenden Berliner Entscheidung konkretisierende Ausführungen machen wird (von der Tendenz her schätze ich, dass das noch nicht geschehen wird), wie also ausgehend von den Indizien der ersten Prüfungsstufe und im Hinblick auf die von der untersten Besoldungsgruppe nicht erreichten Mindestalimentation vom Besoldungsgesetzgeber ein rechtssicherer Weg beschritten werden kann, um unter Beachtung des systeminternen Abstandgebots für die einzelnen Besoldungsgruppen nachträglich eine amtsangemessene Alimentation zu gewährleisten.

Sofern Du 2014 Widerspruch nur gegen die Streichung des Weihnachtsgelds gestellt hast und nicht an irgendeiner Stelle eine amtsangemessene Alimentation gefordert bzw. den amtsangemessenen Gehalt der vom Dienstherrn geleisteten Alimentation bezweifelt hast, würde ich unter allen Umständen in den nächsten Tagen prüfen, ob Du das in den darauffolgenden Jahren getan hast. Denn mit hoher Wahrscheinlichkeit wird es nicht ausreichen, allein gegen die Streichung des Weihnachtsgelds Widerspruch eingelegt zu haben, um einen statthaften Rechtsbehelf zu formulieren (vgl. die hier von mir in letzter Zeit wiederkehrend genannte BVerwG-Entscheidung vom 21.02.2019 - 2 C 50.16 -, insbesondere Rn. 13 ff. und hier Rn. 24 f.; https://www.bverwg.de/210219U2C50.16.0). Sofern das nicht der Fall ist, würde ich umgehend Widerspruch gegen Deine Besoldung einlegen und eben den amtsangemessenen Gehalt der Dir gewährten Alimentation bezweifeln und eine amtsangemessene Alimentation fordern. Das wäre sehr wichtig, sofern Du das noch nicht getan hast, um Deine Ansprüche zu wahren!

Im Hinblick auf Nachzahlungen sollte, genauso wie das xap schreibt, die 1/5-Regelung zum Tragen kommen. Zu dieser finden sich hier für jene, die sie nicht kennen, gute Darlegungen im Forum: https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,113721.0.html

@ gerzeb
Ich würde unter allen Umständen die Sachbearbeiterin auffordern, Dir den fristgerechten Widerspruch gegen Deine Alimentation zu bestätigen, und zwar mit Verweis auf das Handeln des vorherigen Sachbearbeiters, ggf. würde ich das auch erst einmal telefonisch versuchen, da ihr eventuell Dein Begehr nicht klar ist, insbesondere, sofern sie zuvor andere Tätigkeiten verrichtet haben sollte.

@ Hans Georg
Es ist so, wie Rainer schreibt: Außerhalb von hoheitlichen Aufgaben im engeren Sinne (die es beamtenrechtlich nach der Entscheidung des BVerfG vom 12. Juni 2018 - 2 BvR 1738/12 u.a. - tatsächlich nicht gibt) ist es möglich, Angestellte statt Beamte einzusetzen, wie es insbesondere die ostdeutschen Länder in der Vergangenheit (und zum Teil auch weiterhin) beispielsweise im Schulbereich im starken Maße getätigt haben. Dies ist aber bislang kurzfristig für sie kostenintensiver, da sie Sozialabgaben leisten müssen; auch bedienen Beamte die Planungssicherheit, da sie nicht so ohne Weiteres in alle Winde entfleuchen können. Wie sagte schon Tucholsky: "Um sich auf einen Menschen zu verlassen, tut man gut, sich auf ihn zu setzen; man ist dann wenigstens für diese Zeit sicher, daß er einem nicht davonläuft. Manche verlassen sich auch auf den Charakter." Der Dienstherr verlässt sich diesbezüglich auf die Treuepflicht.

Wie sich die Sachlage zukünftig entwickeln wird, wenn also Beamte wieder amtsangemessen alimentiert werden müssen und also davon auszugehen ist, dass der Kostenfaktor Beamtenalimentation gehörig steigen wird, wird sich zeigen müssen. Insgesamt dürfte es erwartbar sein, dass sich - wenn auch nicht gleich morgen und auch noch nicht übermorgen - der für Tarifverhandlungen (nur noch bedingt) geltende Grundsatz "Besoldung folgt Tarif" für eine gewisse Zeit in gewissem Sinne umkehren wird, soll heißen, dass auch die Tariflöhne im öffentlichen Dienst steigen werden (müssen), und zwar nicht rechtlich, sondern lebenspraktisch, denn ansonsten wird es schwerlich möglich sein, genügend nicht zu verbeamtetende Fachkräfte zu finden bzw. zu halten, sofern die Lücke zwischen Tariflohn und Besoldung über einen längeren Zeitraum deutlich unterschiedlich zu Ungunsten der Tarifbeschäftigen ausfallen würde. Sich auf die Mitarbeiter draufzusetzen, was Vater Staat bekanntlich in jeden Lebenslagen gut kann, dürfte von daher dann nicht mehr ausreichen...

Pascal121:
Ich lese hier leider nie was von Rheinland-Pfalz, kann mir mal jemand sagen wie es hier aussieht? :) Danke!

semper fi:
In Thüringen sind aufgrund des verabschiedeten Gesetzes zur Gewährleistung einer verfassungsmäßigen Alimentation nicht mehr Eignung, Leistung und Befähigung von Bedeutung, sondern ausschließlich die eigene Reproduktionsstärke. So kann man bereits bei 2 Kindern rechnerisch um 3-4 Besoldungsstufen steigen. A9 verheiratet mit 2 Kindern entspricht bereits ungefähr einer A12 ohne Kinder. Schon witzig, denn es hieß ja auch mal „amtsangemessen“, also eigentlich dem Amte nach und nicht dem Kinde nach. Aber ok, da in Thüringen ohnehin kaum Beförderungen ausgesprochen werden, holt man sich eben so die verbesserte Besoldung. Da die Kinder der großen Masse der Kollegen auch schon aus dem Gröbsten raus sind und keine Berücksichtigung mehr finden, ist es für unser schönes Thüringen auch nicht allzu teuer. Allerdings haben sie nicht mit dem letzten Fleckchen in katholischer Hand gerechnet. Hab einen Kollegen der „arbeitet“ fleißig an seiner Besoldung. Er ist in der A9 und er und seine Frau wollen mindestens 6 Kinder, 3 haben sie schon. Verrückt diese Katholiken aus dem Eichsfeld ;D. Allerdings ist der Familienzuschlag dann höher als die Grundbesoldung und er bekäme mehr Sold, als eine A15 in der letzten Erfahrungsstufe, insoweit macht er alles richtig. Da muss der Freistaat zukünftig vermehrt auf die Herkunft und Konfession achten, denn zu viele erzkatholische Eichsfelder kann er sich dann nicht leisten  ;).

Roja:

--- Zitat von: SwenTanortsch am 06.12.2021 18:45 ---Außerhalb von hoheitlichen Aufgaben im engeren Sinne (die es beamtenrechtlich nach der Entscheidung des BVerfG vom 12. Juni 2018 - 2 BvR 1738/12 u.a. - tatsächlich nicht gibt)

--- End quote ---

Kannst du vielleicht kurz mit eigenen Worten erläutern, was das BVerfG dazu festgestellt/geschrieben hat? Nur aus Interesse.. Danke!

clarion:
Tja, wenn sich viele Kinder derart lohnen, kommen sicherlich auch kinderliebe Nichtkatholiken in Versuchung sich mit vier und mehr Kindern zu reproduzieren, hat man früher doch auch getan. Blöd dass die Kinderzuschläge nicht pensionswirksam sind

Spaß beiseite. Ich entnehme Swens Ausführungen,  dass beim BVG Klagen aus so ziemlich  allen Bundesländern und dem Bund anhängig sind. Warum fasst das BVG diese Klagen nicht zu einem Termin  zusammen,  um mal etwas Drive in die Sache zu bringen?

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