Autor Thema: [Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 1562557 times)

SwenTanortsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5805 am: 27.02.2024 15:21 »
Sowohl, was Jochen, als auch, was Rheini schreiben, ist erst einmal jeweils für sich betrachtet schlüssig, denke ich. Worum geht es in dem Link? Bevor ich die in ihm gegebenen Verlinkungen ggf. öffne, stellt sich die Frage, bist Du einer der Kläger, Paterlexx, auf die am Ende des Links verwiesen wird? Und erwarten einen in dem Schreiben bzw. den Anhängen datenschutzrechtlich geschützte Informatonen? Die abschließende Passage des Links sollte darauf schließen lassen, dass hier eigentlich keine datenschutzrelevanten Informationen zu erwarten wären. Denn wäre das der Fall, dürfte nicht verschiedenen Klägern Zugriff auf dasselbe oder dieselben Dokument(e) gegeben werden.

NordWest

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5806 am: 27.02.2024 17:24 »
Der Blendungsprozess und der Frust sollten einen allerdings nicht dazu führen, den tatsächlichen sachlichen Gehalt der bis heute seit 2012 vollzogenen neuen Besoldungsdogmatik in ihrem sachlich weitgehenden Charakter zu verfehlen, wie das gerade wieder NordWest eindrücklich geschehen ist (Pardon, NordWest, ich will Dich nicht belehren, was Du - denke ich - auch nicht so empfindest),

Du behauptest hier einfach, dass meine Argumentation falsch wäre, obwohl Du sie offenkundig gar nicht vollständig verstanden hast,  erst recht nicht sachlich widerlegen konntest und obwohl ich andersherum einige Punkte Deinerseits widerlegt habe (bspw. die falsche Annahme dass das BVerfG seine bisherige Rechtsprechung nicht ändern könne).

Mit dem Ende der Diskussion darüber kann ich leben und mit sachlichen Korrekturen, bei denen man etwas dazulernen kann, kann ich es auch sehr gut. Aber ich habe schon etwas dagegen, wenn man etwas erst "gut sein" lassen will und dann in so unnötiger Weise nachtritt.

« Last Edit: 27.02.2024 17:33 von NordWest »

SwenTanortsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5807 am: 27.02.2024 18:31 »
Pardon, NordWest, das sollte kein Nachtreten sein - dass Du das so verstehen kannst, wird mir jetzt beim Nachlesen deutlich. Ich wollte weder die Diskussion wieder aufnehmen noch nachtreten, wenn das bei Dir so angekommen ist - was ich beim Nachlesen wie gesagt verstehen kann -, tut mir das leid!

NordWest

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5808 am: 27.02.2024 19:09 »
Pardon, NordWest, das sollte kein Nachtreten sein - dass Du das so verstehen kannst, wird mir jetzt beim Nachlesen deutlich. Ich wollte weder die Diskussion wieder aufnehmen noch nachtreten, wenn das bei Dir so angekommen ist - was ich beim Nachlesen wie gesagt verstehen kann -, tut mir das leid!

Danke für Deine Reaktion. Es ist für mich nun vergeben und vergessen.
« Last Edit: 27.02.2024 19:16 von NordWest »

SwenTanortsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5809 am: 27.02.2024 19:18 »
Danke! Das war doof von mir formuliert: Ich wollte auf den Frust hinaus und in diesem Zusammenhang auch auf Dich (also nicht auf Dich persönlich, sondern auf Deinen Frust) hinweisen, der sicherlich in den letzen drei Jahren nicht kleiner geworden ist. Das "eindrücklich" sollte also mit dem Frust verbunden werden. Aber so habe ich das nicht formuliert, was mir jetzt erst beim erneuten Lesen klargeworden ist. Man wird nicht jünger und manchmal sind die Finger (noch) schneller als das wassergetränkte Etwas, das sich irgendwo unterhalb unserer Schädelplatte befinden soll...

NordWest

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5810 am: 27.02.2024 19:27 »
Hamburg hat zumindest mal versucht zu arbeiten.

Wenn man bedenkt, dass es sich hier nicht etwa um ein Urteil, sondern nur um ein Anschreiben an einen Beklagten Besoldungsgeber im laufenden Prozess handelt, dann ist umso beindruckender, wie hier gleich mehrere Umgehungsversuche der Hansestadt noch vor dem Urteil regelrecht zerlegt werden. Das betrifft u.a. die obskure Heizkostenfindung der Stadt.

Das 95%-Perzentil für Unterkunft und Heizung lag im Bund über den Daumen gepeilt bei etwa 1100 Euro gemäß Anhang 3-1; für Hamburg aber liegt es bei 2400 (!) Euro. Das ist ein massiver Unterschied und zeitgleich mit Abstand Deutschlands Spitze (2. Platz Bayern mit nur 1500 Euro). Die Auswirkungen für die Mindestbesoldung einer 4kF könnten enorm sein.
« Last Edit: 27.02.2024 19:35 von NordWest »

Verwaltungsgedöns

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5811 am: 27.02.2024 20:12 »
Hamburg hat zumindest mal versucht zu arbeiten.

Wenn man bedenkt, dass es sich hier nicht etwa um ein Urteil, sondern nur um ein Anschreiben an einen Beklagten Besoldungsgeber im laufenden Prozess handelt, dann ist umso beindruckender, wie hier gleich mehrere Umgehungsversuche der Hansestadt noch vor dem Urteil regelrecht zerlegt werden. Das betrifft u.a. die obskure Heizkostenfindung der Stadt.

Das 95%-Perzentil für Unterkunft und Heizung lag im Bund über den Daumen gepeilt bei etwa 1100 Euro gemäß Anhang 3-1; für Hamburg aber liegt es bei 2400 (!) Euro. Das ist ein massiver Unterschied und zeitgleich mit Abstand Deutschlands Spitze (2. Platz Bayern mit nur 1500 Euro). Die Auswirkungen für die Mindestbesoldung einer 4kF könnten enorm sein.

Aber gefühlt kommen sie damit durch. Man vertritt nun die Auffassung, dass in Hamburg keine Probleme mehr mit der Besoldung bestehen. Sollte je ein BVGUrteil ergehen, wird man symbolisch ein Besoldungsstrukturgesetz II erlassen, heuchlerisch minimale Anpassungen vornehmen und dann kann in Hamburg wieder 20 Jahre geklagt werden.

Ozymandias

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5812 am: 27.02.2024 20:32 »
Weiterhin Unsicherheit und Zweifel https://www.dgb.de/uber-uns/dgb-heute/dienst-und-beamte/++co++5613b344-d4a7-11ee-8f60-912525c77469

"Aufgrund der Verfahrensdauern wird deshalb noch sehr lange unklar sein, ob ..."

Gute grobe Zusammenfassung. Aber da fehlen alle Hinweise, wie man sich dagegen rechtlich wehren kann.
Ich glaube 60-80% der Beamten und Versorgungsempfänger durchdringen das Problem nicht mal ansatzweise.

Paterlexx

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« Antwort #5813 am: 27.02.2024 23:07 »
Sowohl, was Jochen, als auch, was Rheini schreiben, ist erst einmal jeweils für sich betrachtet schlüssig, denke ich. Worum geht es in dem Link? Bevor ich die in ihm gegebenen Verlinkungen ggf. öffne, stellt sich die Frage, bist Du einer der Kläger, Paterlexx, auf die am Ende des Links verwiesen wird? Und erwarten einen in dem Schreiben bzw. den Anhängen datenschutzrechtlich geschützte Informatonen? Die abschließende Passage des Links sollte darauf schließen lassen, dass hier eigentlich keine datenschutzrelevanten Informationen zu erwarten wären. Denn wäre das der Fall, dürfte nicht verschiedenen Klägern Zugriff auf dasselbe oder dieselben Dokument(e) gegeben werden.

Ich vermute, dass es da um mein Verfahren geht. ( Da hängen ja 7xxx Kläger mit dran). Mods sind angeschrieben. Datenschutz habe ich nichts unterschrieben und ich wurde nicht persönlich benannt. Ansonsten erwarte ich ein persönliches Anschreiben vom Gericht.

clarion

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5814 am: 27.02.2024 23:12 »
PaterLexx,

ich hatte noch nie einen Überblick, welche Gerichtsverfahren anhängig sind. In welcher Instanz stecks Du denn?

SwenTanortsch

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« Antwort #5815 am: 28.02.2024 10:06 »
Sowohl, was Jochen, als auch, was Rheini schreiben, ist erst einmal jeweils für sich betrachtet schlüssig, denke ich. Worum geht es in dem Link? Bevor ich die in ihm gegebenen Verlinkungen ggf. öffne, stellt sich die Frage, bist Du einer der Kläger, Paterlexx, auf die am Ende des Links verwiesen wird? Und erwarten einen in dem Schreiben bzw. den Anhängen datenschutzrechtlich geschützte Informatonen? Die abschließende Passage des Links sollte darauf schließen lassen, dass hier eigentlich keine datenschutzrelevanten Informationen zu erwarten wären. Denn wäre das der Fall, dürfte nicht verschiedenen Klägern Zugriff auf dasselbe oder dieselben Dokument(e) gegeben werden.

Ich vermute, dass es da um mein Verfahren geht. ( Da hängen ja 7xxx Kläger mit dran). Mods sind angeschrieben. Datenschutz habe ich nichts unterschrieben und ich wurde nicht persönlich benannt. Ansonsten erwarte ich ein persönliches Anschreiben vom Gericht.

Bei den elektronischen Dokumenten handelt es sich offensichtlich um Akten, die nach §§ 55a bis 55d VwGO elektronisch geführt werden und die als nicht besonders schutzwürdig einzustufen sind (ansonsten könnten sie nicht auf einer Homepage geführt werden) und in die also Kläger das Recht zur Einsicht nach § 100 VwGO haben. Da, wie Du schreibst, viele tausend Kläger also das Recht haben, sie einzusehen, und da darüber hinaus mit hoher Wahrscheinlichkeit viele dieser vielen tausend Kläger sich entschlossen haben, sich selbst vor Gericht zu vertreten, dürfte sich das Verwaltungsgericht zu diesem Schritt in die Öffentlichkeit entschlossen haben. Darauf deutet der letzte Satz hin: "Die Dateien sind passwortgeschützt. Wenn Sie ein Alimentationsverfahren vor dem Verwaltungsgericht Hamburg führen, teilt Ihnen die Geschäftsstelle der Kammer, bei der Sie Ihr Verfahren führen, das Passwort auf Anfrage gerne mit." Mit diesem Satz wird das VG Hamburg seinen aus § 100 Abs. 2 Satz 3 VwGO nachkommen, womit in Verbindung mit § 100 Abs. 2 Satz 4 VwGO deutlich wird, dass wichtige Gründe der elektronischen Zugänglichkeit nicht entgegenstehen.

Nun lässt sich womöglich darüber diskutieren, ob es korrekt ist, ein Passwort öffentlich zu stellen, über das ggf. eine große Zahl an Kläger verfügt; da aber keine besondere Schutzwürdigkeit der Akten gegeben ist, wie Du ja auch selbst vorweg geschrieben hast, steht der öffentlichen Diskussion ihres Inhalt offensichtlich kein besonderes Schutzrecht entgegen. Wie bspw. ein Journalist als unbeteiligter Dritter sich diese Akten zugänglich gemacht hat - indem ihm bspw. das Passwort mitgeteilt worden ist und er sich die Akten so zugänglich gemacht hat oder ob sie von einem Dritten ausgedruckt worden und ihm so zugänglich gemacht worden oder ob sie ihm über Copy-and-Paste in einer anderen Form zur Verfügung gestellt worden sind -, spielt entsprechend offensichtlich keine Rolle.

Die 20. Kammer des VG Hamburg hat am 29.09.2020 mehrere Vorlagebeschlüsse gefasst (vgl. bspw. unter dem Az. 20 K 7506/17 diese Entscheidung: https://www.landesrecht-hamburg.de/bsha/document/MWRE200004703) und sie dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt, in denen sie die vom Land gewährte Alimentation in den Jahren 2011 bis 2019 als verfassungswidrig betrachtet hat. Sie hat diese Entscheidungen im Rahmen ihrer Pflichten umfassend begründet. Das Land hat umgehend nach dieser Entscheidung damit begonnen, Widersprüche von Bediensteten gegen die ihnen gewährte Alimentation als negativ zu bescheiden, da es sie nun als unbegründet angesehen hat - es führte insbesondere aus, dass die aktuell gewährte Alimentation verfassungskonform sei -, sodass im Zusammenhang mit den weiteren Entscheidungen des Landes heute viele tausend Klagen vor dem Verwaltungsgerichts Hamburg geführt werden, die ab 2021 wegen der negativen Bescheidung notwendig geworden waren, um die eigenen Ansprüche aufrechterhalten und am Ende durchsetzen zu können.

Mit dem Hamburgischen Besoldungsstrukturgesetz und im Zuge dessen Gesetzgebungsprozesses hat das Land dann seine Sicht auf die Dinge im letzten Jahr geändert und festgestellt, dass die aktuelle Alimentation einzelner Bediensteter verfassungswidrig sei, sodass das betreffende Gesetz von ihm als notwendig erachtet worden ist. Die vielen tausend Klagen, zu denen sich die Kläger ab 2021 gezwungen sahen und über die zu entscheiden sich die hamburgische Verwaltungsgerichtsbarkeit gezwungen sieht, bleiben dennoch bestehen. Diese Ausgangslage ist hier ab der S. 11 (10), insbesondere ab S. 15 ff. (14 ff.) https://bdr-hamburg.de/wp-content/uploads/Gutachterliche-Stellungnahme-Besoldungsstrukturgesetz-Drs.-22-1272.pdf systematisch betrachtet worden. Hier zeigt sich sowohl der die Rechte der weit über 20.000 Bediensteten des Landes missachtende Gehalt des Landes, die in der Vergangenheit Widerspruch gegen die ihnen gewährte Alimentation eingelegt hatten, der sich darin offenbart, dass ihre Widersprüche ab 2020 offensichtlich unbegründet zurückgewiesen worden sind, was mindestens für einzelne dieser Bescheide sachlich falsch sein muss, wie das spätestens das 2023 erfolgte Eingeständnis des Landes zeigt, als auch die Missachtung der hamburgischen Verwaltungsgerichtsbarkeit, die ja unmittelbar zuvor begründet geprüft hatte, dass die Widersprüche mindestens in einer sehr hohen Zahl sachlich begründet waren. Nun ist ein Gericht ein Gericht und also unparteiisch - entsprechend hat es sich nun trotz des vom Senat ab Herbst 2020 gezielt vorgenommenen Affronts ohne Zorn und Eifer mit der vorliegenden Rechtssache zu beschäftigten, was es hier tut.

Die Akten stehen so verstanden im Zusammenhang mit den "Nachfolgeprozessen" zu den 2020 erfolgten Entscheidungen der 20. Kammer, die wie gesagt den Zeitraum von 2011 bis 2019 mit Richtervorlagen betrachtet hatten. Das Gericht hat sich nun entschlossen, die Jahre 2020 und 2021 in mehreren "Musterverfahren" über die A- und R-Besoldung sowie anhand von Klagen von Klägern, die in verschiedenen Familienmodellen leben, zu führen. Die Akten stellen dabei wichtige Grundlagen zur Verfügung, die für die Bemessungen auf der ersten Prüfungsstufe des bundesverfassungsgerichtlichen "Pflichtenhefts" notwendig sind. Vermutlich hat sich das Gericht dazu entschlossen, sie in dieser Form öffentlich zu stellen, damit Kläger, die sich selbst vor Gericht vertreten, die Möglichkeit erhalten, ihre Klage ggf. hinreichend zu substantiieren (nebenbei: Die Anlage 3.1 und 3.2 dürfen dabei zur Bemessung des Grundsicherungsniveaus nicht verwendet werden, NordWest, da sie auf statistischen Ausreißern beruhen; als realitätsgerechte kalte monatliche Unterkunftskosten können für die Jahr 2020 und 2021 auf Grundlage von Anlage 3.4 1.160,- € und 1.199,- € herangezogen werden - der Betrag für 2022 dürfte zukünftig ggf. weiterhin im Zusammenhang mit dem Ukrainekrieg zu differenzieren sein, was für den Klagezeitraum allerdings keine Rolle spielt; die Anlage 3.4 ermöglich es - anders als Anlagen 3.1 und 3.2, die nicht verwendet werden dürfen -, da die Daten für alle 16 Länderrechtskreise wiedergegeben werden, für den Zeitraum 2020 und 2021 das Grundsicherungsniveau und die Mindestalimentation auch für andere Rechtskreise zu erstellen). Dafür spricht das beigefügte Anschreiben an die Beklagte (nebenbei: Die Daten ermögliche so ebenfalls die Bemessung der indiziellen Mindestbesoldung, um die Klage zu substantiieren). Das Gericht will so offensichtlich "Waffengleichheit" herstellen.

Die Dokumente geben dabei zugleich indirekt Auskunft darüber, wieso Besoldungsrechtsverfahren zeitlich vielfach eine erhebliche Dauer aufweisen. Denn sie zeigen an einem kleinen Auschnitt die Vorarbeit, die Gerichte leisten müssen, um rechtssicher an die notwendigen Daten zu gelangen, die ihnen ja zu Beginn des Verfahrens nicht vorliegen. Der für die jeweilige Klage zuständige Berichterstatter sieht sich nun gezwungen - der Richter hat dafür i.d.R. keine Verwaltungskraft zur Verfügung -, in eine nicht selten umfangreiche Korrespondenz mit verschiedenen im Verfahren unbeteiligte Dritte und ggf. mit der oder dem Beklagten selbst einzutreten. Dabei kann er - wie hier geschehen - Behörden (anders als bspw. dem PKV-Verband) durchaus eine Frist setzen. Es darf aber in diesem konkreten Fall bspw. damit gerechnet werden, dass die Fristsetzung von einem Monat nach Ansicht der Beklagten nicht ausreichen wird, sodass sie entweder eine Fristverlängerung erbeten wird, die dann verhältnismäßig sein muss, oder sich bis zum Fristende gar nicht rührt, jedoch intern Anweisungen erteilt, um den Bitten des Gerichts nachzukommen. Das Gericht ist dabei niemanden gegenüber weisungsberechtigt. Allein die Beschaffung des notwendigen Zahlenmaterials, das i.d.R. von einem Richter - dem Berichterstatter - heranzuschaffen ist, dauert i.d.R. eine recht lange Zeit und die dafür notwendige Korrespondenz lässt zumeist die Gerichtsakte sehr schnell anschwellen, da jeder Schritt des Gerichts rechtssicher und darin also verhältnismäßig zu erfolgen hat und ggf. entsprechend zu dokumentieren ist. Auch deshalb gehören seit spätestens 2015 Besoldungsrechtsfälle, was man hört, nicht zu den allerbeliebtesten von Verwaltungsrichtern. Es dürfte sich kaum jemand darum reißen, hier zum Berichterstatter auserkoren zu werden, vermute ich.

Das Anschreiben zeigt nun darüber hinaus an verschiedenen Themenfeldern das unparteiische Vorgehen eines Gerichts: Es legt hier seine Erwägungen offen, stellt dafür selbst herangeschafftes Datenmaterial zur Verfügung, wägt - ggf. hier erst einmal nur überblickmäßig - voraussichtliche eigene Entscheidungen, worauf es sich in seiner Entscheidung stützen wird, ab und verdeutlicht das transparent beiden Seiten (ein Kläger hat jederzeit das Recht auf Akteneinsicht, solange nicht besonders schutzwürdige ihrer Teile betroffen sind). Auf dieser Grundlage sieht sich die oder der Beklagte veranlasst, erbetenes Datenmaterial zur Verfügung zu stellen, und können sich sowohl der Kläger als auch die oder der Beklagte begründend mit ihren Ansichten zur Erhärtung der Klage bzw. zu dessen Abweisung einbringen.

Dabei stellt die Kammer der Beklagten - neben der gerade genannten Information - verschiedene Problematiken dar (und macht auch dies im Sinne ihrer unparteiischen Verfahrensführung den Klägern zugänglich), die sich für sie insbesondere aus der Gesetzesbegründung ergeben. Sie betreffen im Einzelnen

- die konkreten Sonderzahlung(sregelungen), an denen 2011 die 2020 in Vorlagebeschlüssen resultierenen Verfahren entsprungen waren;

- die Bemessung der Tarifentwicklung im öffentlichen Dienst 2019 bis 2021;

- die kalten Unterkunftskosten (hierzu kann man sich in der o.g. Stellungnahme ab den S. 21 ff. (20 ff.) für das Vorgehen des Gesetzgebers im Jahr 2023 informieren);

- die Heizkosten (hierzu ebenfalls);

- die Bedarfe für Bildung und Teilhabe sowie des monetären Gegenwerts der Sozialtarife (hierzu finden sich auf den S. 16 f. (15 f.) kurze Ausführungen);

- sachliche Folgen aus der hamburgischen Neuregelung der Kranken- und Pflegeversicherungspflicht;

- und schließlich das gesamte Feld der zweiten Prüfungsstufe, die in den kommenden Musterverfahren ebenfalls eine herausragende Rolle spielen wird, da die als Resultat der auf der ersten Prüfungsstufe zu erwartenden Vermutung einer verfassungswidrigen Unteralimentation auf der zweiten Prüfungsstufe zu erhärten oder abzuweisen ist.

Dabei bleibt zu bezweifeln - wie oben skizziert -, dass allein die Datenerhebung zum letzten Punkt tatsächlich innerhalb eines Monats sachgerecht zu vollziehen (gewesen) ist. Denn der Gesetzgeber ist ja in der Gesetzesbegründung nicht unmittelbar daran gebunden, den konkreten Prüfungsschritten des Bundesverfassungsgerichts im Einzelnen zu folgen; er hat dahingegen "nur" eine sachgerechte Begründung seines Gesetzes bis zum Abschluss des Gesetzgebungsverfahren zu erstellen. Insofern werden insbesondere viele der auf der zweiten Prüfungsstufe vom Bundesverfassungsgericht herangezogenen Daten, die sich die Kammer nun zugänglich machen will, bei der Belagten noch nicht aufbereitet vorliegen. Dass diese Daten nun noch nicht im Einzelnen aufbereitet vorliegen, muss dabei also keine prozedurale Verfehlung sein - es kann sich aber, je nachdem, zu welchem Schluss diese Daten das Gericht führen werden, als eine solche herausstellen: nämlich je nachdem, was die Daten aussagen werden.

So in etwa stellt sich mit die Sachlage heute dar, Paterlexx. Hast Du eigentlich einen Anwalt oder vertrittst Du Dich selbst vor Gericht?
« Last Edit: 28.02.2024 10:16 von SwenTanortsch »

Paterlexx

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5816 am: 02.03.2024 05:35 »
Ja bin im Verfahren, leider mit Gewerkschaftsanwalt. Da kommt also fast nichts an Infos.

Besoldungswiderspruch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5817 am: 02.03.2024 09:02 »
Weil hier immer mal wieder das Wort Vollstreckungsanordnung fällt möchte ich auf folgenden Artikel hinweisen:

Vollstreckung von Entscheidungen
Wenn die Politik das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt igno­riert

 
https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/bundesverfassungsgericht-resilienz-vollstreckung-bundeszwang-rechtsstaat-politik/

Goldene Vier

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5818 am: 02.03.2024 11:31 »
Mal was aus der Presse zur Wirkung von Inflation im Vergleich zu den Gehaltsanpassungen, HAZ, 02.03.2024:

Inflation schlägt Tariflöhne
Auch 2023 sanken die Entgelte inflationsbereinigt
Wiesbaden. Die Verdienste der Tarifbeschäftigten sind im vergangenen Jahr erneut hinter der allgemeinen Preisentwicklung zurückgeblieben. Die tariflich bezahlten Arbeitnehmer erhielten zwar durchschnittlich 3,7 Prozent mehr Geld als im Jahr zuvor, wie das Statistische Bundesamt am Freitag berichtete. Das war die höchste Steigerung seit Einführung der Statistik im Jahr 2010. Ihr stand aber eine Inflation von 5,9 Prozent gegenüber.

2023 war damit trotz deutlicher Lohnsteigerungen das dritte Jahr in Folge mit kräftigen Kaufkraftverlusten für die Tarifbeschäftigten. 2022 war das Verhältnis noch ungünstiger bei 2,2 Prozent höheren Verdiensten, die einer Inflation von 6,9 Prozent gegenüberstanden. Einen großen Teil der aktuellen Verdienststeigerungen machen die tariflich vereinbarten Sonderzahlungen aus. Ohne sie wären die Gehälter nur um 2,4 Prozent gestiegen. Typischerweise wurden sogenannte Inflationsausgleichsprämien ausgehandelt, die vom Staat bis zu einer Höhe von 3000 Euro steuer- und abgabenfrei gestellt werden.

HansGeorg

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5819 am: 02.03.2024 22:57 »
Weil hier immer mal wieder das Wort Vollstreckungsanordnung fällt möchte ich auf folgenden Artikel hinweisen:

Vollstreckung von Entscheidungen
Wenn die Politik das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt igno­riert

 
https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/bundesverfassungsgericht-resilienz-vollstreckung-bundeszwang-rechtsstaat-politik/

Also letztlich wie befürchtet. Die Regierungen die ein Urteil betreffen wird, machen einfach mal nichts (ausreichendes). Wenn dann der gelbe Brief mit Eintrag ins Klassenbuch in die Staatskanzlei flattert, sagt derjenige dann " Sorry aber das war mein Vorgänger" und alles bleibt die nächsten 20 Jahre weiter so.