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[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)

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Dav0HH:
Sorry, hatte die Einordnung von Sven nicht gesehen. Vielen Dank dafür.  Dann ist das Urteil im Grunde recht positiv.

HansGeorg:

--- Zitat von: Dav0HH am 05.04.2025 10:17 ---Sorry, hatte die Einordnung von Sven nicht gesehen. Vielen Dank dafür.  Dann ist das Urteil im Grunde recht positiv.

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Das kommt darauf an, ob der Kläger von Anfang an vorhatte in die höhere Instanz zu gehen oder ob er einfach nur verwirrt und falsch beraten war. Das wird sich zeigen.

SwenTanortsch:

--- Zitat von: Dav0HH am 05.04.2025 10:17 ---Sorry, hatte die Einordnung von Sven nicht gesehen. Vielen Dank dafür.  Dann ist das Urteil im Grunde recht positiv.

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Die Einordnung, wie die Entscheidung nun zu bewerten ist, ist tatsächlich nicht ganz einfach. Was ich für wichtig erachte, ist meiner Meinung nach dreierlei:

Erstens ist zunächst einmal den gewaltigen Aufwand zu würdigen, den die Kammer betrieben hat. Dieser Aufwand, der mittlerweile nötig ist, um ein Besoldungsgesetz hinreichend zu prüfen, ist zentral mitverantwortlich für die langen Verfahrensdauern.

Zweitens sollte man bei einfacher Betrachtung eigentlich annehmen, dass die gerichtliche Kontrolle eines Besoldungsgesetzes ohne viel Aufwand möglich sein sollte, was heute nicht mehr der Fall ist und nur bedingt an dem bundesverfassungsgerichtlichen "Pflichtenheft" liegt, das zu entwickeln sich der Zweite Senat ab 2015 veranlasst gesehen hat wegen der seit spätestens der Jahrestausendwende vorgenommenen Abkopplung der Besoldung von der allgemeinen Lohnentwicklung (die erheblich vor der Jahrtausendwende eingesetzt hat, worüber in nicht mehr allzu weiter Zukunft zu sprechen und diskutieren sein dürfte). Hauptgrund sind die einzelnen "hybriden" Ausartungen, mit denen sich die Kammer auseinanderzusetzen hatte, um eine umfassende Prüfung vornehmen zu können. Dabei ist sie zu dem Ergebnis gekommen, dass hier insgesamt 2022 von der Form her keine "Hybridbildung" vorgelegen habe, was aber offensichtlich grundlegend mit der Frage steht oder fällt, ob die Betrachtung des Partnereinkommens im Besoldungsrecht mit der Verfassung vereinbar ist oder nicht. Denn darauf verweist die Kammer am Ende mehr oder weniger deutlich, wie ich das gestern zitiert habe.

Drittens sollte man diese Entscheidung mitsamt der Gelegenheit zur Sprungrevision nun vonseiten des Klägers meines Erachtens als Chance sehen, dem Bundesverwaltungsgericht die Möglichkeit zu geben, eine präzise substantiierte Klage zu prüfen - soll heißen, man kann nur hoffen, dass der Kläger diesen Weg geht und sich dabei der Verantwortung bewusst wäre, die er mit einer solchen Sprungrevision über den eigenen Fall hinaus eingehen dürfte. Wie ich hier in der Vergangenheit schon geschrieben habe, dürfte das Bundesverwaltungsgericht offensichtlich fast schon darauf warten, seinen offensichtlich notwendigerweise angedeuteten Rechtsprechungswandel im Besoldungsrecht nun in einer Entscheidung zu vollziehen, was mangels dort anhängiger Klagen zurzeit nicht möglich ist. Diese Möglichkeit könnte nun aber gegeben werden, was m.E. bedeuten sollte, allein schon aus Respekt vor dem Senat eine so präzise wie mögliche Klagebegründung zu vollziehen. Als Folge sollte es m.E. auf der Hand liegen, dass das Bundesverwaltungsgericht dann einen bedeutenden Vorlagebeschluss fassen könnte, sodass das Bundesverfassungsgericht daraufhin in dem daraus resultierenden Normenkontrollverfahren endlich für hinreichende Klarheit im Besoldungsrecht sorgen könnte.

Das Hamburgische Besoldungsstrukturgesetz ist ein in so vielfacher Hinsicht handwerklich schlecht gemachtes Gesetz, das es ein Glücksfall für die Prüfung des Besoldungsrechts darstellt. Diesen Nachweis muss allerdings zunächst einmal der Kläger erbringen, wobei er dabei über weite Strecken ja nur das abschreiben bräuchte, was öffentlich zugänglich ist. Wollen wir also allesamt hier nun hoffen, dass man sich an entscheidender Stelle der Tragweite bewusst ist. Viele weitere dieser Chancen dürfte es mit einiger Wahrscheinlichkeit in nächster Zeit eher nicht geben, vermute ich.

VierBundeslaender:
Ich habe das Urteil nur überflogen und nicht genau gelesen. Aber mir fallen ein paar Dinge auf.

So wird zum Beispiel argumentiert, dass die Einbeziehung des Familieneinkommens (das geschieht auf den Seiten 77ff.) gerechtfertigt sei. Genannt werden zwei Gründe: *) so wird die Unabhängigkeit des Beamten noch weiter gestärkt, wenn das Einkommen des Ehepartners hinzu kommt und *) so orientiert man sich stärker an den tatsächlichen Lebensverhältnissen. (Interessanterweise sagt dann der nächste Absatz, dass aber keinesfalls klar sei, dass der arbeitende Ehegatte der Normalfall ist.)  Und wenn nicht gearbeitet wird, dann gibt es eben den Besoldungsergänzungszuschuss, der wie ein Familienzuschlag beantragt und gewährt wird.

Also die tatsächlichen Lebensverhältnisse sind kein Maßstab des Bundesverfassungsgerichtes. Insofern greift das Argument nicht. Und was die Unabhängigkeit des Beamten angeht, ist das zweischneidig. *Soll* der Ehegatte nun arbeiten oder soll er es *nicht*? Wenn er arbeiten *soll*, ist der Beamte nicht vollständig unabhängig, weil man auf den zweiten Broterwerb angewiesen ist.

Mir scheint in der Logik etwas nicht zu stimmen, ich kann das aber nicht genau formulieren. Bei einer  Bürgergeldfamilie kann man ja auch nicht sagen: Wir rechnen da fiktives Einkommen an und kürzen das Bürgergeld erstmal. Es muss doch eher die Frage an die Beamtengattin sein: Haben Sie Arbeit? Sie haben welche? - Dann gibt es weniger Gehalt für den Mann. Aus der Logik kann aber nicht folgen: Wir gehen mal davon aus, dass Sie Arbeit haben und zahlen gleich weniger.

Wenn man dann diese Logik/Sichtweise aber unterstellt, müsste es doch keinen *Zuschuss* geben, sondern das Grundgehalt wäre höher und der Staat müsste sich das Geld von denjenigen zurückholen, die arbeitende Ehegatten haben. Also nicht: "Wer nicht arbeitet kriegt mehr" sondern "Wer arbeitet kriegt weniger".

Ob das dann im Sinne einer Förderung der Familie ist, wage ich zu bezweifeln (heiraten beide Beamten, sinkt ja ihr Gehalt allein wegen der Heirat).

VierBundeslaender:
Und dann kommt noch ein Punkt. Das Gericht sagt: der Besoldungsergänzungszuschuss ist so etwas wie Kinderzuschlag und Familienzuschlag. Da bin ich mir nicht sicher. Kinderzuschlag gibt es, weil die Familie alimentiert werden muss. Familienzuschlag gibt es wegen Förderung der Familie. Reicht "Mindestabstandsgebot verletzt" wirklich aus, um einen Zuschlag zu erfinden? Kinder alimentieren und Familie fördern sind ja Dinge, die in der Verfassung stehen und deshalb zu zahlen sind; "Mindestabstandsgebot verletzt" ist doch ein Versagen des Besoldungsgesetzgebers und kein hergebrachter Grundsatz des Beamtentums.

PS Gibt auch was zu lachen: "Das anzusetzende Bruttoeinkommen des Ehegatten in Höhe von 9.963,42 Euro liegt einen Cent über der Bemessungsgrenze für eine vierköpfige Familie in Höhe von 47.750 Euro."

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