Beamte und Soldaten > Beamte der Länder
[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
PolareuD:
--- Zitat von: Ozymandias am 19.04.2025 00:30 ---Im Prinzip wäre das ganze Thema doch bei ca. 300-500 Euro netto pro Monat pro Nase komplett gegessen oder nicht? Um mehr geht es doch gar nicht?
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Laut DRB müsste im Bund die unterste Besoldungsgruppe A3 um 1000€ angehoben werden. Die relative Anhebung der gesamten Besoldungstabelle entspricht in der Folge ca. 40%.
SwenTanortsch:
--- Zitat von: Ozymandias am 19.04.2025 00:30 ---Im Prinzip wäre das ganze Thema doch bei ca. 300-500 Euro netto pro Monat pro Nase komplett gegessen oder nicht? Um mehr geht es doch gar nicht?
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Das gilt es sowohl in den 17 Rechtskreisen als auch in den jeweiligen Besoldungsgruppen zu differenzieren, insbesondere wenn man davon ausgeht, dass die seit 2021 in fast allen Rechtskreisen erheblich angehobene Familienbesoldung sich als evident sachwidrig darstellte.
Im Doppelheft der ZBR vom Anfang des Jahres sind die Fehlbeträge zwischen der Mindest- und gewährten Nettoalimentation für die 16 Länder aufgelistet worden, sofern die jeweiligen "hybriden" Besoldungsregelungen sich als verfassungswidrig offenbarten. Die Nettofehlbeträge reichen zwischen 331,01 € in Sachsen, dessen ggf. problematische Neuregelung des Beihilferechts dort auch Platzgründen nicht betrachtet wurde, und 1.570,27 € in Bayern.
Nun führe ich ja regelmäßig aus, dass der weite Entswcheidungsspielraum, über den der Besoldungsgesetzgeber verfügt, es ihm gestattet, die Besoldung sachgerecht zu differenzieren. Aber es sollte unwahrscheinlich sein, sofern wie gesagt sich die jeweiligen "Hybridbildungen" als solche und damit als verfassungswidrig darstellten, dass jene Fehlbeträge durch eine Anhebung der Grundbesoldung am Ausgangspunkt der Besoldungssystematik, die zu einer höheren Nettoalimentation von 300,- € bis 500,- € am Ausgangspunkt der Besoldungssystematik führten, sachgerecht ausgeglichen werden könnten, jedenfalls in der weit überwiegenden Zahl der Rechtskreise. Darüber hinaus müsste eine entsprechende Anhebung der Bruttobesoldung mittels Erhöhung der Grundgehaltssätze, die zu entsprechenden Nettobeträgen führte, nach oben hochwachsen, da ja das Abstandsgebot zwischen vergleichbaren Besoldungsgruppen seine Beachtung fordert. Sofern also in der untersten Besoldungsgruppe eine Anhebung der Grundgehaltssätze um einen bestimmten Prozentsatz vollzogen wird, ist davon auszugehen, dass - jedenfalls ohne eine sachgerechte Ämterneubewertung - auch die darüberliegenden Besoldungsgruppen ebenfalls zumindest weitgehend entsprechend, also um jenen Prozentsatz, anzuheben sein dürften. Die absolute Anhebung - also der jeweilige Eurobetrag der Anhebung - stellt sich so mit jeder weiteren Besoldungsgruppe und Erfahrungsstufe also nur als immer stärker dar.
Die indizelle Verletzung in den 16 Rechtskreisen auf Basis des Fehlbetrags zwischen der Mindest- und gewährten Nettoalimentation stellt der Beitrag ebenfalls dar. Er reichte 2024 unter derselben Prämisse, dass die jeweiligen "Hybridbildungen" in dem jeweiligen Rechtskreis entsprechend zu betrachten und deshalb verfassungswidrig sind, von 1.903,- € und 74 von 110 (67,3 %) indiziell verletzten Tabellenfeldern in Bayern bis 309,- € und 11 von 111 (9,9 %) indiziell verletzten Tabellenfeldern in Sachsen, wobei auch an dieser Stelle wiederum darauf zu verweisen ist, dass das indizielle Mittel des Grundgehaltsäquivalenz nichts mit der materiell-rechtlich notwendigen Höhe anzuhebender Grundgehaltssätze zu tun hat - die Beträge offenbaren also indiziell den Verletzungsgrad der Besoldungsordnung A und mehr nicht. Sie lassen entsprechend eine Bewertung zu, als wie stark sich - als Indiz - die jeweilige Besoldungssystematik als verletzt darstellt, um allerdings materiell-rechtlich zumindest eine Ahnung zu offenbaren, dass man in den allemeisten Rechtskreisen kaum mit einer Anhebung der Grundgehaltssätze in der niedrigsten Erfahrungsstufe der untersten Besoldungsgruppe um einen Betrag x hinkommen dürfte, der dann zu einer Nettoanhebung der Alimentation um 300,- € bis 500,- € führte.
Tatsächlich dürfte sich die Besoldungssystematik mindestens in der weit überwiegenden Zahl der Rechtskreise als so stark verletzt zeigen, dass sachgerechte Anhebungen der Grundgehaltssätze sich als so notwendig darstellen, dass diese Dimension die Vorstellungskraft allesamt in der Bundesrepublik überfordern dürfte (um es so auszudrücken), soll heißen: Es geht bei sachgerechter Betrachtung heute um Beträge zukünftiger Personalkosten im öffentlichen Dienst, die bar jeder Vorstellungskraft sein dürften. Genau deshalb habe ich gerade erst davon gesprochen, dass die Wucht des sachlichen Einschlags heute weitgehend gar nicht zu ermessen ist, sofern der Zweite Senat seinen sich seit 2012/15 offenbarenden Rechtsprechungswandel konsequent fortsetzen wird, wozu er sich in Anbetracht der genannten und weiteren Zahlen offensichtlich veranlasst sehen sollte.
Denn nicht umsonst hat er ja in der aktuellen Entscheidung das Mindestabstandsgebot in Berlin materiell-rechtlich und also nicht indiziell zwischen 2009 und 2015 um zwischen 24 % und 29 % verletzt betrachtet (vgl. die Rn. 153 f. der aktuellen Entscheidung; https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/05/ls20200504_2bvl000418.html). Diese materiell-rechtliche Verletzung lässt sich nicht relativieren und sollte sich darüber hinaus unter tatsächlichen Verhältnissen - nämlich einer sachgerechten Bemessung der Kosten für die Bedarfe für Bildung und Teilhabe sowie des monetären Gegenwerts der Sozialtarife - noch einmal höher darstellen.
ACDSee:
Gehen wir mal davon aus, dass ein solch drastisches Urteil mindestens zu einer ebenso drastischen staatlichen Aufgabenkritik fürhen wird.
Werden Beamte tatsächlich für den Staat so viel teurer, dann erwarte ich, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit:
* Aufgabenerledigung durch Tarifangestellte wieder das Ziel und das neue Normal wird
* Ernennungen maximal zurückgefahren werden und über Jahrzehnte nur noch in Ausnahmefällen erfolgen
* Der Einsatz und die Anzahl von Beamten wird sich in Summe verringern und auf hoheitliche Aufgaben beschränken. Ein Nebeneinander von Tarifbeschäftigten und Beamten wird es dann nicht mehr geben.
* Die Bestenausleese wird wieder ein sein, die den Namen verdient.
* Gleichzeitig werden Beförderungen wohl auf ein absolutes Minimum beschränkt werden.
* Wahrscheinlich werden die Besoldungsgesetzgeber aus der puren finanziellen Not heraus versuchen auch die Pensionsregelungen zurückfahren.
* Es wird zu einer vollständigen Entkopplung von Tarif- und Besoldungsanpassung kommen. Das aktuelle Verhandlungsmodell mit der Übertragung von verhandelten Prozenten und Sockelbeträgen wird dann entgültig nicht mehr zu halten sein.
* Ggf. werden Bund und Länder über die Erhöhung von Arbeitszeiten von Beamten nachdenken, um zumindest teilweise eine finanzielle Kompensation zu erreichen.
Ich denke SwenTanortsch hat Recht. Man kann die Wucht des sachlichen Einschlags nicht ermessen. Das wird wild, nicht nur für die Dienstherren, auch die Beamten werden in der Folge maximal in die Pflicht genommen werden.
InternetistNeuland:
--- Zitat von: Ozymandias am 19.04.2025 00:30 ---Im Prinzip wäre das ganze Thema doch bei ca. 300-500 Euro netto pro Monat pro Nase komplett gegessen oder nicht? Um mehr geht es doch gar nicht?
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Ein A3 in Bayern verdient mehr als ein A6 in Hessen. Ich denke nicht, dass 300 € da ausreichen.
https://oeffentlicher-dienst.info/beamte/vergleich/250331/0/
HansGeorg:
--- Zitat von: SwenTanortsch am 19.04.2025 08:21 ---
Im Doppelheft der ZBR vom Anfang des Jahres sind die Fehlbeträge zwischen der Mindest- und gewährten Nettoalimentation für die 16 Länder aufgelistet worden, sofern die jeweiligen "hybriden" Besoldungsregelungen sich als verfassungswidrig offenbarten. Die Nettofehlbeträge reichen zwischen 331,01 € in Sachsen, dessen ggf. problematische Neuregelung des Beihilferechts dort auch Platzgründen nicht betrachtet wurde, und 1.570,27 € in Bayern.
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Gibt es eine Möglichkeit sich den Beitrag einzeln zu ordern, ich finde nur die Möglichkeit eins Jahresabos?
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