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[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
was_guckst_du:
Quelle: komba gewerkschaft nrw
Bundesverfassungsgericht: Kinderbezogene Besoldung in NRW verfassungswidrig
Das Bundesverfassungsgericht hat sich mit Beschluss vom 27.07.2020 mit der Besoldung von „kinderreichen“ Richterinnen und Richtern sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälten beschäf-tigt (AZ 2 BvL 6/17,7/17 und 8/17).Das Gericht hat festgestellt, dass die kinderbezogene Besoldung in der Besoldungsgruppe R 2 bei Klägerinnen bzw. Klägern mit drei Kindern im Jahr 2013 bzw. mit vier Kindern in den Jahren 2014/2015 verfassungswidrig war.Berechnungsmaßstab war eine Erhöhung der Netto-Besoldung dahingehend, dass den Betroffenen für jedes dieser Kinder (ab dem dritten Kind) mindestens 115 % des grundsicherungsrechtlichen Gesamtbedarfs nach dem SGB II zur Verfügung steht.Der Beschluss führt aber nicht dazu, dass Klägerinnen und Kläger daraus unmittelbar auch Zahlungs-ansprüche herleiten können. Vielmehr ist das Land NRW als Gesetzgeber vom Bundesverfassungs-gericht aufgefordert worden, spätestens bis zum 31.07.2021,eine verfassungskonforme Regelung zu treffen.Beim Bundesverfassungsgericht sind noch weitere Verfahren anhängig zu Beamtinnen und Beamten anderer Besoldungsgruppen. Der Ausgang dieser Verfahren bleibt abzuwarten.Nachzahlungen können –nach Neufassung des Gesetzes durch den Landesgesetzgeber–grundsätz-lich nur diejenigen Beamtinnen und Beamten mit mindestens drei Kindern beanspruchen, die in der Vergangenheit einen schriftlichenAntrag gestellt haben oder gegen die Besoldungsfestsetzung Wi-derspruch eingelegt haben. Eine entsprechende Empfehlung enthielt unsere Beamtenrechts-Info Nr. 7 aus Dezember 2019, die aktuell noch genutzt werden kann, wenn bisher noch nichts unter-nommen wurde.komba gewerkschaft nrw und DBB NRW werden sich aber gegenüber der Landesregierung und dem Landtag dafür einsetzen, dass alle betroffenen Beamtinnen und Beamten mit drei und mehr Kindern für die Vergangenheit eine verfassungsgemäße Besoldung und somit Nachzahlungen erhalten.
Ytsejam:
Vielen Dank erst mal an Swen, alles sehr interessant.
Ich habe schon vor Jahren die Hoffnung aufgegeben dass sich noch etwas zum Guten für uns wendet und die Angelegenheit nicht mehr verfolgt, daher Hut ab vor deiner Arbeit.
Selbst wenn man jetzt positive Signale sieht, wird man aber ein paar Prozentchen anpassen, und dann geht das ganze Spiel von vorne los. Wie gesagt, ich sehe das alles sehr pessimistisch, wir sind mittlerweile lobbylos, die Bürger hassen uns eh, und die Gewerkschaften machen auch nix, insofern ist zu wenig Druck da.
Unabhängig davon dachte ich übrigens auch erst, das wäre allein finanziell der Untergang, würde man tatsächlich die Besoldungen entsprechen 5-30% nach oben setzen. Wenn man aber kurz überschlägt, macht das bundesweit vielleicht einen niedrigen zweistelligen Milliardenbetrag aus. Bei den derzeit verschleuderten Summen nicht ganz Peanuts, aber auch kein Untergang.
EagleAngel:
Moin zusammen,
da der aktuelle Beschluss Berlin betrifft, habe ich mich hier angemeldet, damit ich meine Gedanken mit Euch teilen kann.
Mir scheint es fast so, dass sich hier die Mehrheit auf die nachgewiesene Unteralimentation eines Beamten mit 2 Kindern stürzt und daraus für sich selbst eine zu niedrige Alimentation ableiten will. Dies mag für Beamte, die als Alleinverdiener eine Frau und 2 Kinder "durchfüttern" müssen stimmen, aber für ledige Beamte oder Beamte mit einem Kind und/oder einer Frau, die ebenfalls in Lohn und Brot steht, sieht das schon ganz anders aus.
Wenn man sich bezüglich der Grundversorgung mal einen ledigen Beamten ansieht, würde die Rechnung folgendermaßen aussehen:
Grundsicherungsbedarf
Regelsatz: 424 Euro
Wohnung: 500 Euro
Mit Zuschüssen zur Einrichtung o.ä. wird man hier bestimmt auf gerundet 1000 Euro kommen. Die Mindestversorgung für einen ledigen Beamten sollte hier also 1.150 Euro betragen. Ein lediger Beamter in Berlin in der Besoldungsgruppe A4 erhält in Leistungsstufe 1 ~ 1900 Euro netto. Abzüglich der privaten Krankenversicherung (sagen wir mal 350 Euro) hat er 1550 Euro zur Verfügung und somit ~ 35 % über der Mindestalimentation. Bei diesem Beispiel könnte man also sogar eine Überalimentation annehmen. ;)
Es könnte also erstmal darauf hinauslaufen, dass in Berlin die Familienzuschläge angepasst werden. Sollte es in Zukunft auch ein Beschluss zur A-Besoldung geben, könnte es zu Besoldungserhöhungen kommen. Aber nicht unbedingt aufgrund einer "Mindestalimentation" sondern z.B. weil die Besoldung in Berlin jahrelang der wirtschaftlichen Entwicklung hinterhergelaufen ist. Mit 10 bis 15 % mehr auf dem Konto würde ich daher nicht rechnen. Es bleibt aber auf jeden Fall spannend.
Gruß aus Berlin
Frank
was_guckst_du:
...genau so sehe ich das.. 8)
kommunalbeamter91:
--- Zitat von: EagleAngel am 05.08.2020 11:51 ---
...
Es könnte also erstmal darauf hinauslaufen, dass in Berlin die Familienzuschläge angepasst werden. Sollte es in Zukunft auch ein Beschluss zur A-Besoldung geben, könnte es zu Besoldungserhöhungen kommen. Aber nicht unbedingt aufgrund einer "Mindestalimentation" sondern z.B. weil die Besoldung in Berlin jahrelang der wirtschaftlichen Entwicklung hinterhergelaufen ist. Mit 10 bis 15 % mehr auf dem Konto würde ich daher nicht rechnen. Es bleibt aber auf jeden Fall spannend.
...
--- End quote ---
Ich zitiere dazu mal aus dem Urteil:
"Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte ist nach wie vor davon auszugehen, dass die Besoldungsgesetzgeber das Grundgehalt von vornherein so bemessen, dass – zusammen mit den Familienzuschlägen für den Ehepartner und die ersten beiden Kinder – eine bis zu vierköpfige Familie amtsangemessen unterhalten werden kann, so dass es einer gesonderten Prüfung der Besoldung mit Blick auf die Kinderzahl erst ab dem dritten Kind bedarf (vgl. BVerfGE 44, 249 <272 f.>; 81, 363 <377 f.>; 99, 300 <315 f.>). Die vierköpfige Alleinverdienerfamilie ist demnach eine aus der bisherigen Besoldungspraxis abgeleitete Bezugsgröße, nicht Leitbild der Beamtenbesoldung. Auch hinsichtlich der Strukturierung der Besoldung verfügt der Besoldungsgesetzgeber über einen breiten Gestaltungsspielraum (vgl. BVerfGE 44, 249 <267>; 81, 363 <376>; 99, 300 <315>). Es besteht insbesondere keine Verpflichtung, die Grundbesoldung so zu bemessen, dass Beamte und Richter ihre Familie als Alleinverdiener unterhalten können. Vielmehr steht es dem Besoldungsgesetzgeber frei, etwa durch höhere Familienzuschläge bereits für das erste und zweite Kind stärker als bisher die Besoldung von den tatsächlichen Lebensverhältnissen abhängig zu machen." (BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 04. Mai 2020
- 2 BvL 4/18 -, Rn. 47)
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