Beamte und Soldaten > Beamte des Bundes und Soldaten
Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
PolareuD:
--- Zitat von: SwenTanortsch am 05.12.2024 16:16 ---
--- Zitat von: PolareuD am 05.12.2024 15:22 ---@ Swen
Ich habe versucht aus deinen Betrachtungen zur Düsseldorfer Tabelle die Höhe des Familienzuschlages für das 1. und 2. Kind abzuleiten. Demnach sind für 2025 in der untersten Einkommensgruppe (2100€) folgende Angaben zu finden zu den Bedarfsätzen:
Bis 6 Jahre: 482€
7-12 Jahre: 554€
13-17 Jahre: 649€
Quelle: https://www.n-tv.de/ratgeber/So-viel-Unterhalt-muss-2025-gezahlt-werden-article25340658.html#:~:text=Der%20Mindestunterhalt%20minderj%C3%A4hriger%20Kinder%20betr%C3%A4gt,Lebensjahr%20bis%20zur%20Vollj%C3%A4hrigkeit%20(3
Über die Gewichtung der Beträge (482€*6/18+554€*6/18+649€*5/18) erhält man für den Bedarf eines Kindes in den ersten 18 Jahren einen Betrag i.H.v. monatlich 526€.
Bringt man jetzt noch das Kindergeld (250€) und den aktuellen FamZ. St. 2 (146€) zum Abzug würde sich ein Fehlbetrag von 526€-250€-146€=130€ ergeben. Könnte man demnach annehmen, dass der Familienzuschlag für die ersten beiden Kinder um jeweils 130€ angehoben werden dürfte?
--- End quote ---
Das kann man so allgemein nicht feststellen, PolareuD (ich habe darüber hinaus die von Dir genannten Beträge nicht geprüft; mir kommen diese Beträge allerdings aus der Erinnerung als eher zu gering vor, was ggf. daran liegen dürfte, dass Du von einem zu geringen Nettoeinkommen in der untersten Besoldungsgruppe ausgehst), da der Gesetzgeber sich ja gezwungen sieht, die von ihm gewährte Besoldung in allen seinen Bestandteilen sachgerecht zu begründen, um am Ende ein Besoldungsniveau zu garantieren, dass zu einer amtsangemessenen Alimentation führt. Insofern stehen die sozialen Besoldungskomponenten - also insbesondere die ehe- und familienbezogenen Zuschläge - in einem Spannungsverhältnis zu den weiteren - insbesondere den leistungsbezogenen - Besoldungsbestandteilen, also im besonderen Maße zum Grundgehaltssatz, da sich in ihm mittelbar das Leistungsprinzip verwirklicht (hierauf, also auf dieses Spannungsverhältnis, wird in dem im nächsten Monat erscheinenden Beitrag in der ZBR recht umfassend eingegangen).
Darüber hinaus müssen wir bis auf Weiteres davon ausgehen, dass die Düsseldorfer Tabelle als aussagefähiger Maßstab zur Betrachtung des Kindesunterhalts herangezogen werden kann und dass es ebenfalls bis auf Weiteres bei natürlicher Betrachtung einer gewissen Selbstverständlichkeit entspricht, dass bei der Familie mit einem oder zwei Kindern der Kindesunterhalt ganz überwiegend aus den allgemeinen, d. h. "familienneutralen" und insoweit auch ausreichenden Gehaltsbestandteilen bestritten werden kann und die kinderbezogenen Gehaltsbestandteile ergänzend hinzutreten. In diesem Fall bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, wenn dieser Betrag in seiner Höhe erheblich unter den Beträgen bleibt, die von der Rechtsordnung als Regelsätze für Kindesunterhalt als angemessen erachtet und veranschlagt werden (BVerfGE 44, 240 <274 f.>; https://www.servat.unibe.ch/dfr/bv044249.html).
Durch die von Dir genannten Erhöhungsbeträge würde nun der gesamte Kindesunterhalt, wie er sich aus dem offensichtlich aussagefähigen Maßstab der Düsseldorfer Tabelle ergibt, in der untersten Besoldungsgruppe vollständig durch die kinderbezogenen Gehaltsbestandteile abgedeckt werden, sodass sich augenscheinlich hinsichtlich der gerade genannen Rechtsprechung (die vom Senat bis heute nicht grundlegend anders fortgeführt worden wäre) die Frage stellte, ob hier die kinderbezogenen Gehaltsbestandteile tatsächlich noch ergänzend hinzutreten würden. In Anbetracht der den Gesetzgeber im Besoldungsrecht treffenden besonderen Begründungspflichten müsste er also mindestens einen sachlichen Grund angeben, der eine solche Höhe kinderbezogener Gehaltsbestandteile als leistungslose soziale Besoldungskomponente rechtfertigen könnte, und zwar nicht nur vor Art. 33 Abs. 2 GG und Art. 33 Abs. 5 GG, sondern ebenso auch vor Art. 3 Abs. 1 GG. Denn der Betrag bliebe in seiner Höhe nun nicht erheblich unter den Beträgen, die von der Rechtsordnung als Regelsätze für Kindesunterhalt als angemessen erachtet und veranschlagt werden.
Ergo: Mit einiger Wahrscheinlichkeit wären die von Dir genannten Erhöhungsbeträge zu hoch, denke ich, um sich vor der genannten Rechtsprechung rechtfertigen zu lassen. Allerdings müsste ggf. noch einmal geprüft werden, ob nicht von einem höheren Kindeesunterhalt auszugehen wäre, als Du ihn zugrunde legst.
--- End quote ---
Vielen Dank, Swen. Bei den Betrachtungen von mir geht es mir nur darum eine Vorstellung davon zu entwickeln, wie hoch die Familiebzuschläge sein dürfen.
Realistischer wäre hier vermutlich die 3. Einkommensgruppe (2501-3000€ Nettoeinkommen), so dass sich der gewichtete Bedarf eines Kindes auf 579 € monatlich erhöht. Entsprechend ergibt sich ein Fehlbetrag von 183 € und nicht 130 € (nach meiner obigen Rechnung).
Wenn der Bedarf eines Kindes überwiegend in dem 4k-Vergleich aus den familienneutralen Besoldungsbestandteilen zu stemmen ist, dann könnte man daraus schließen, dass max. 49% des Gesamtbedarfs eines Kindes über die Familienzuschläge zu gewährleisten ist. Was einem Betrag von 284 € entspricht. Unter Heranziehung des Kindergeldes (auch wenn man nur den halben Betrag hernimmt, Rentenonkel) und des FamZ St. 2 wäre der Bedarf eines Kindes aktuell (fast) vollständig gedeckt.
Rentenonkel:
--- Zitat von: SwenTanortsch am 05.12.2024 17:34 ---Das einzige, was bekanntlich sicher ist, ist die Rente und damit der Onkel. Darüber hinaus gibt es hier nur eine Welt und das ist die des Bundesverfassungsgerichts. Also ist es ratsam, sich möglichst eng an sie zu halten. Eine andere Welt kennt unsere Verfassung nicht.
--- End quote ---
Da ist mir doch vor Lachen fast die Kaffeetasse aus der Hand gefallen :D
Ich bin sehr gespannt, ob wir durch die neuen Urteile im hoffentlich nächsten Jahr auch im Bereich der Familienzuschläge mehr Klarheit bekommen.
Hin und wieder kommt es mir so vor, als wenn in der Welt der Besoldungsgesetzgeber und in der des Bundesverfassungsgerichtes in unterschiedlichen Sprachen gesprochen wird und es nicht selten zu Übersetzungsfehlern kommt ;)
xap:
Aus dem Sammelthread:
--- Zitat von: Christoffer am 06.12.2024 09:43 ---Zur Veröffentlichung der Stellungnahme des Bundeswehrverbandes gibt es eine IFG-Anfrage auf fragdenstaat.de unter:
https://fragdenstaat.de/anfrage/nicht-veroeffentliche-stellungnahmen-zum-gesetzgebungsverfahren-amtsangemessen-bundesbesoldung
--- End quote ---
Was ist das für eine Passierschein 38 Operation? Ist ja gruselig. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass der DBwV plant Mitgliedsbeiträge für eine Klage zu verwenden, sollte man als Verbandsmitglied aufhorchen. Das wäre für mich schon ein Kündigungsgrund.
Hanswurst:
--- Zitat von: Hanswurst am 03.12.2024 15:06 ---Wird zeitlich äußerst knapp. Solange das nicht im Eilverfahren durchgebracht werden soll, hat es eigentlich keine Chance. 16. Dezember Vertrauensfrage, danach 21 Tage zur Auflösung des Bundestages. Trotz Auflösung kann der Bundestag aber noch Gesetze verabschieden. Da dürfte nur noch die Sitzungswoche ab 13. Januar in Frage kommen für die Lesungen bzw. Die zwei folgenden. In den Wochen müsste das Gesetz noch in die entsprechenden Ausschüsse und danach am 14. Februar 2025 wieder in den Bundesrat. Dann sind schon Neuwahlen. Wenn ich da jetzt nichts durcheinandergebracht habe, ist das eine Totgeburt.
--- End quote ---
Ich muss mich korrigieren. Nach dem aktuellen Sitzungskalender wird es nur noch vom 27.01. bis 31.01.25 eine Sitzungswoche geben. Hinzu kommen noch zwei Sitzungstage am 10. und 11.02.25. Wird zeitlich also noch etwas knapper als von mir ursprünglich angenommen, bleibt aber möglich. Da das BBVangG ein nicht Zustimmungsbedürgtiges Gesetz ist, muss der Bundesrat nicht mit einer Mehrheit zustimmen, sondern es mit einer Mehrheit ablehnen. Dazu hätte der Bundesrat am 14.02.25 die Gelegenheit, dafür müsste es aber erstmal durch den Bundestag in den o.g. Sitzungstagen abschließend gelesen und beraten werden.
SwenTanortsch:
Das, was das Bundesverfassungsgericht sagt, Rentenonkel, ist für die Besoldungsgesetzgeber offensichtlich Chinesisch, während das, was die Besoldungsgesetzgeber machen, dem Bundesverfassungsgericht offensichtlich spanisch vorkommt. Aus alledem ist zu lernen, dass Deutschland mittlerweile ein weltoffenes und internationales Land ist, sodass wir uns hier nur Bären aufbinden lassen, wenn sie nicht russisch sind und darüber hinaus in artgerechter Tierhaltung vom Jäger erschossen wurden, sodass niemand bei seinem Verbluten leiden musste. Tiervergleiche lehnen wird darüber hinaus sowieso ab (es sei denn, der Dienstherr vergleicht sich in seiner unvergleichlichen Art mit seinem Untergebenen, indem er also vom Hohen Haus, um dafür ins Gericht zu kommen, auf's hohe Ross wechselt, sofern das nicht in Tateinheit dasselbe ist), weshalb uns hier im Besoldungsrecht auch ganz sicher kein Affe laust, uns allenfalls ein Laus über die Leber läuft. Und da sage noch einer, in Deutschland würde nix laufen. Nicht umsonst läuft der gemeine Beamte hinsichtlich des Besoldungsrechts regelmäßig gegen die Wand, was allen gesellschaftlichen Vorurteilen widerspricht, wonach jener sich offensichtlich gar nicht bewegte und falls doch, dann allenfalls im Schneckentempo, da beißt die Maus keinen Faden ab. Denn den hat sowieso schon lange jeder, der sich ernsthaft mit dem Thema beschäftig, verloren, weshalb der Beamte arm wie eine Kirchenmaus bleibt, jedenfalls solange die im Dorf bleibt (s. auch unter: Ortszuschlag).
Ich glaube, "ganz überwiegend" lässt sich nicht rein mathematisch greifen, PolareuD. Neben dem tatsächlichen Bedarf, der dem Beamten als Sonderbelastung aus seiner Familie erwächst, ist sicherlich auch das Verhältnis des Grundgehalts, in dem sich mittelbar das Leistungsprinzip verwirklicht, zu den leistungslos gewährten sozialen Komponenten in den Blick zu nehmen. 2019 betrug dieses Verhältnis in der jeweils untersten Besoldungsgruppe in den 16 Rechtskreisen der Länder zwischen 13,9 % und 21,5 %, 2024 liegt der Unterschied zwischen 19,8 % und 58,2 %. Auf die damit einhergehenden Probleme wird in dem besagten ZBR-Beitrag ab der S. 21 des nächsten ZBR-Hefts eingegangen. Da hängt ein ganzer Rattenschwanz dran.
Navigation
[0] Message Index
[#] Next page
[*] Previous page
Go to full version