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Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)

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lotsch:

--- Zitat von: SwenTanortsch am 23.06.2025 23:25 ---
--- Zitat von: Bundi am 23.06.2025 19:08 ---
Unser Thema wird nach den angekündigten Entscheidungen in vielfacher Hinsicht - (verfassungs-)rechtlich, politisch, ökonomisch, ggf. auch soziologisch - noch einmal deutlich interessanter werden, als es das in den letzten Jahren gewesen ist. Das glauben hier nach den Erfahrungen der letzten fünf Jahre wenige, aber die weitgehend abgeschlossene Dogmatik wird die empfundene Friedhofsruhe nach dem ersten Schock für die Öffentlichkeit zunehmend beenden, und zwar das nur umso mehr, als dass die benötigten zusätzlichen 60.000 Rekruten ganz sicherlich auch dann nicht den Weg in die Kasernen finden werden, wenn man der nachwachsenden Generation weiterhin vor allem Knallbonbons offeriert. Soll dort der neue Personalaufbau gelingen - und in Anbetracht der aktuell anvisierten Verteidigungsausgaben wird er kommen müssen; denn irgendwer wird das angedachte neue Gerät bedienen müssen -, wird das nicht ohne erhebliche Anhebung des Soldes funktionieren können.

--- End quote ---

Danke für deine Mutmachersätze. Gehst du auch davon aus, dass eine einseitige Anhebung der Besoldung für Soldaten sachlich nicht begründbar wäre? Außer vielleicht Verpflichtungsprämien, in deren Genuss ich vor vielen Jahrzehnten selbst gekommen bin.
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SwenTanortsch:
Gern geschehen, lotsch - wobei es mir tatsächlich nicht um's Mutmachen geht (jedenfalls nicht in erster Linie; in zweiter Linie natürlich schon, weil meiner alten Gewerkschafts- und Personalratsseele der berechtigte Frust und die ebensolche Wut und Enttäuschung schmerzen), sondern darum, begründete Prognosen abzugeben, die ich genauso deutlich abgeben würde, wenn ich zu anderen Ergebnissen kommen würde (die Zeiten werden auch wieder kommen, nämlich spätestens nach der Wiederherstellung einer amtsangemessenen Alimentation bzw. auch wohl schon auf dem Wege dorthin, wenn es darum gehen wird, welche sachgerechten Folgen der Besoldungsgesetzgeber im Rahmen des Alimentationsprinzips aus dem weiten Gestaltungsspielraum ziehen darf, über den er verfügt).

Maßstab für die Soldatenbesoldung ist in erster Linie Art. 14 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 33 Abs. 5 GG. Auch wenn die verfassungsrechtliche Garantie des Art. 33 Abs. 5 GG nach Entstehungsgeschichte, Sinn und Zweck eine institutionelle Garantie des Berufssoldatentums nicht umfasst, sondern auf die Beamten im staatsrechtlichen Sinne beschränkt ist (BVerfGE 3, 288 <334>; 16, 94 <110 f.>), hat sich die Ausgestaltung soldatenbesoldungs- und -versorgungsrechtlicher Normen an den verfassungsrechtlich gewährleisteten Grundsätzen zu orientieren, die für das öffentlich-rechtliche Dienst- und Treueverhältnis des Berufsbeamtentums strukturprägend sind. Diese Grundsätze sind deshalb auch einer Prüfung am Maßstab des Art. 14 Abs. 1 GG zugrunde zu legen (vgl. BVerfGE 3, 288 <342>; 8, 1 <21>; 16, 94 <117>; 44, 249 <281>; 76, 256 <294>). (Beschluss vom 23. Mai 2017 - 2 BvL 10/11 -, https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2017/05/ls20170523_2bvl001011.html, Rn. 43).

Wir haben hier also ein komplexes Spannungsfeld vorliegen: Art. 33 Abs. 5 GG muss offensichtlich nicht in jedem Fall unmittelbare Bindungswirkung hinsichtlich der Ausgestaltung der Soldatenbesoldung beanspruchen können; jene ist aber an den verfassungsrechtlich gewährleisteten Grundsätzen zu orientieren, die für das öffentlich-rechtliche Dienst- und Treueverhältnis des Berufsbeamtentums strukturprägend sind. Damit verbleibt dem Besoldungsgesetzgeber hier offensichtlich ein Gestaltungsspielraum, den er im Rahmen der ihm gegebenen Möglichkeiten nutzen kann. Dabei wäre insbesondere zu klären, ob das Abstandsgebot zwischen vergleichbaren Besoldungsgruppen auch für die Soldatenbesoldung Geltung beanspruchen kann oder ggf. sogar muss. Da das BBesG in § 20 die Ämter der Beamten und Soldaten und die Zuordnung der Ämter entsprechend ihrer Wertigkeit zu den Besoldungsgruppen in Anlage I Bundesbesoldungsordnungen A und B parallel regelt, gehe ich bis zum Beweis des Gegenteils davon aus, dass das Abstandsgebot zwischen vergleichbaren Besoldungsgruppen auch hier Beachtung beansprucht, da ich insbesondere keinen sachlichen Grund sehe, wieso die seit jeher parallel geregelte Soldatenbesoldung nun ein eigener Regelungsgestand werden sollte, der dann keine Vergleichbarkeit mehr gewährleisten würde oder sollte.

Da man zugleich davon ausgehen sollte - hier kenne ich mich allerdings nicht hinreichend aus, dazu können sicherlich die Soldaten unter uns klarere Aussagen machen -, dass die Bundeswehr in dem zurzeit fehlenden Bestand oder alsbald anvisierten Mehrbestand von rund 60.000 Soldaten in einem erheblichen Maße die Mannschaftsdienstgrade wird auffüllen müssen und dass hier die Rekrutierung bislang nur überschaubar gelingen dürfte, weil der Sold weitgehend nicht konkurrenzfähig ist, wird man sich, wenn man die ausgesetzte Wehrpflicht für Männer nicht wieder einführen und damit alsbald vor dem Bundesverfassungsgericht scheitern will, überlegen müssen, wie man die junge Generation für den Soldatenberuf motivieren möchte.

Malkav:

--- Zitat von: SwenTanortsch am 24.06.2025 11:14 ---[...W]eil der Sold weitgehend nicht konkurrenzfähig ist, wird man sich, wenn man die ausgesetzte Wehrpflicht für Männer nicht wieder einführen und damit alsbald vor dem Bundesverfassungsgericht scheitern will, überlegen müssen, wie man die junge Generation für den Soldatenberuf motivieren möchte.

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Na wie bei den Beamt:innen mit Hochachtung, Respekt und warmen Worten seitens der Entscheidungsträger. Historisch und aktuell noch woanders auf der Welt kommen dann noch (im guten Fall Verfassungs-)Patriotismus oder (im schlechten Fall) Nationalismus sowie Propaganda a'la "Sei ein echter Mann! Schütze Frauen und Kinder vor [beliebiges Feinbild einsetzen]" hinzu. Also alles was kein Geld kostet.

SwenTanortsch:
Man muss das Ganze sehr negativ sehen:

Zunächst das Positive: Die Sollstärke hat sich von heute rund 180.000 bis Ende des Jahrzehnts auf rund 260.000 zu erhöhen (https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/deutschland-nato-ziele-100.html). Ich denke, das dürfte kaum ein größeres Problem darstellen, da ja die von Dir beschriebenen Maßnahmen bereits in den letzten Jahren zu erheblichen Verbesserungen geführt haben, denn die Mannschaftsstärke ist von 179.791 im Jahr 2018 bis 2024 rasant auf 180.876 gestiegen, sodass die geplante Sollstärke, wenn es so rasant weitergeht, in schätzungsweise bereits rund 440 Jahren erreicht werden kann. Wenn man als Vergleichswerte die Jahre nach 2018 nimmt, sieht die Zukunftsprognose hinsichtlich der zugrundezulegenden Vergleichswerte ggf. etwas komplexer aus (https://de.statista.com/statistik/daten/studie/495515/umfrage/personalbestand-der-bundeswehr/). Aber wir wissen ja, dass kein Hindernis zu groß ist, um nicht überwunden zu werden. Aus Regierungskreisen wird verlautbart, dass man vom Datum 2018 ausgehend mit großer Wahrscheinlichkeit das geplante Ergebnis schon in der Hälfte der Zeit schaffen wird, also etwa bis zum Ende das Amtszeit Donald Trumps, wie das das Außenministerium unlängst berechnet hat.

Jetzt die nächste gute Nachricht: Der Verteidigungshaushalt soll bis 2029 auf rund 153 Mrd. € anwachsen (https://www.zdfheute.de/politik/deutschland/wehretat-bundeswehr-verteidigung-haushalt-anstieg-100.html). Entsprechend plant man, um dieses Ziel zu erreichen, zurzeit, dass jeder neue Rekrut einen einen neuen Leopard 2 als Dienstwagen gestellt bekommt, da bis dahin noch nicht genügend Kasernen zur Verfügung stehen werden können, die die Massen an Freiwilligen aufnehmen könnten, da die Bauzeit neuer Kasernen das durchschnittliche Tempo der Bauzeit des Flughafens Berlin-Brandenburg haben soll (so die erste Grobplanung; man geht davon aus, dass die Zeiten sich in der Feinplanung noch leicht nach hinten verschieben dürften). Der Dienstwagen soll dabei zunächst auf Leasingbasis zur Verfügung gestellt werden, wobei die Leasingrate aus dem Verteidigungshaushalt gestellt werden soll, sodass das Gefährt schon nach fünf Jahren unentgeltlich in das Eigentum des Rekruten überzugehen soll, wobei das Kilometergeld in diesem Sonderfall eine geringfügige Anhebung um 100.000 % erfahren soll, damit der nach und nach erfahrene Rekrut das Gefährt auch erfahren kann, da anders bei aller Kraftanstrengung der Verteidigungshaushalt nicht bis zum Jahresende 2029 geleert werden könnte.

Und nun die schlechte Nachricht: Die am Ende des Jahres 2029 rund 130 Mrd. €, die man bis dahin wegen gewisser Planungsschwierigkeiten wohl nicht ausgeben kann, sollen zunächst einmal vollständig in eine entsprechende Anhebung der Grundbesoldung fließen. Das Finanzministerium schätzt, dass man so die Grundbesoldung wohl pro Bundeswehrangehörigen um 5 bis 7 € pro Monat erhöhen kann. Das jedenfalls sind die ersten präzisen Schätzungen auf Basis noch unsicherer Datenbasis. Damit müssten dann alle 153 Mrd. € in einer mittelfristigen Finanzplanung präzise so verplant sein, wie es das Finanzministerium ja spätestens nach der Ära Lindner auch weiterhin ist. Aus dem Bundeskanzleramt hört man darüber hinaus, dass der Kanzler erwägt, dass der Dienstwagen auch durch ein taugliches Fluggerät ersetzt werden kann, das aus Sicherheitsgründen immer zweistrahlig sein soll. Wortwörtlich soll er gesagt haben: "Wir bringen die Mannschaft wieder zum Strahlen und schaffen das sogar ganz ohne Widereinstieg in die Atomkraft."

Der neue Werbeslogan der Bundeswehr soll entsprechend ab nächste Woche sein: "Wir machen den Weg frei und mit uns geht's aufwärts." Die Personalprobleme sind also schon heute weitgehend gelöst.

PolareuD:
Die aktuelle Sollstärke beträgt 203.000 Soldaten/Soldatinnen. Wenn man den Flurfunk glauben schenken mag, dann hält BAPersBw allein der Anstieg um knapp 23.000 Soldaten/Soldatinnen für unrealisierbar. Nach meiner Ansicht ist ein Aufwuchs um 60.000 Soldaten/Soldatinnen nur erreichbar, wenn man den Wehrdienst wieder aktiviert oder die Leute mit massiv Geld lockt.

Da die Bundeswehr heutzutage gut ausgebildete Spezialisten für die Streitkräfte sucht, gehe ich nicht davon aus, dass die personelle Verstärkung überwiegend bei den Mannschaften erfolgen soll, Swen. Von daher gehe ich davon aus, dass die Verstärkung überwiegend als SAZ in den Unteroffiziersrängen und teilweise in den Offiziersrängen erfolgen soll.

Allein für dieses Jahr sollen noch 10.000 Soldaten/Soldatinnen und 5.000 zivile Mitarbeiter gewonnen werden. Ich lach mich schlapp, das gelingt nie.

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