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Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)

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Rentenonkel:
Ich habe da noch eine andere, wenn auch deutlich unschärfere Herangehensweise:

Das BVerfG erlaubt dem Gesetzgeber im Steuerrecht nicht, das Existenzminimum zu besteuern. Dabei muss er sich auch an dem Existenzminimum orientieren, welches in anderen (sozialen) Sicherungssystemen wie der Grundsicherung gilt.

Allerdings erlaubt das BVerfG es dem Gesetzgeber, sich zunächst an den im Bundesgebiet niedrigsten Mietkosten zu orientieren, sofern er durch andere Leistungen wie Wohngeld sicherstellt, dass bei einer höheren Mietenstufe jeder Steuerschuldner durch diese Leistungen sein Existenzminimum sicherstellen kann.

Grundsätzlich ist die Beamtenbesoldung etwas gänzlich anderes als Grundsicherung. Dennoch, so denke ich, müsste auch der kleinste 4 K Beamte ohne Wohngeld in der Mietenstufe I in der Lage sein, immer mindestens den Grundsicherungsbedarf zuzüglich 15 % als Einkommen zu haben.

Solange es notwendig ist, selbst bei Mietenstufe I in nicht unerheblichem Umfang für den kleinsten Beamten mit zwei Kindern zusätzlich zur Grundbesoldung Ortszuschläge zu zahlen, kann es für diese Zuschläge aus meiner Sicht keinen sachlichen Grund geben. Dann gibt der Gesetzgeber indirekt zu, dass er sich bei der amtsangemessenen Besoldung noch nicht einmal an den kleinsten, denkbaren Kosten für Unterkunft und Heizung einer 4 K Familie orientiert. Wenn das aber die Bezugsgröße sein soll, wie will er dann die Zuschläge für Mietenstufe I sachlich rechtfertigen? Da fehlt mir die Fantasie.

Ich wäre daher nicht überrascht, wenn das BVerfG seine zukünftige Rechtsprechung dahingehend konkretisieren würde, dass der kleinste Beamte in Mietenstufe I ohne zusätzliche (Orts-)Zuschläge mindestens 15 % mehr haben muss als ein Bürgergeldempfänger; also er im wesentlichen den Bedarf alleine aus seiner Grundbesoldung heraus bestreiten können müsste. 

Erst ab Mietenstufe II erscheinen moderate Zuschläge aus meiner bescheidenen Sicht überhaupt möglich.

DeGr:

--- Zitat von: regas am 17.09.2025 15:35 ---
--- Zitat von: Alexander79 am 17.09.2025 12:12 ---Sorry, der Beitrag wurde ewig nicht abgesendet.

Aber nur mal kurz noch Swen.

Das große Problem, das viele (auch ich habe) ist.

Einmal schreibt das BVerfG der Besoldungsgesetzgeber darf Mietenstufen heranführen.
Dann schreibt das BVerfG es darf bereits ab dem 1. Kind höhere Familienzuschläge auszahlen und brauchen das Grundgehalt eben nicht so ausführen das alles aus dem Grundgehalt bezahlt werden muss.
Auch darf er das Familienbild an tatsächliche Dinge anpassen.
Und dann gab es noch 1 oder 2 Dinge in dem Urteil das sich grundlegend widerspricht zu vielen Aussagen hier.

--- End quote ---

Ich bin der gleichen Meinung.

Persönlich bin ich sehr dankbar an Swen für die Interpretation der zur Verfügung stehenden Informationen für Laien wie mich, aber manchmal ist mir das ein Stück zu selbstbewusst "Ahnung haben" und zu wenig "das wäre möglich, wenn das BVerfG keinen 180 Grad Wechsel tätigt".

Die Entscheidungen des BVerfG sind nicht in Stein gemeißelt und eine Anpassung kann jederzeit erfolgen. Das wäre nicht das erste Mal, dass eine Entscheidung mit gewisser Flexibilität angepasst wird, zumal die Situation hier nicht identisch wie vor 50 Jahren ist. Für einen gesunden Diskurs sollten wir uns also nicht nur auf vergangene Entscheidungen des BVerfG's beziehen, sondern uns auch in die Position des Besoldungsgesetzgebers mit ihren Zielen versetzen um zu verstehen, was mögliche Entscheidungen, Ziele und Entwürfe sein könnten - hier auch nochmal die Erwähnung des Mietspiegels bzw. der Mietstufe als mögliche Alternative zur Sicherstellung der amtsangemessenen Alimentation.

Ich denke, wir sind uns allen bewusst, dass das Ziel der Gesetzgeber sein wird, so viel Geld zu sparen wie möglich. Die Entscheidung des BVerfG wird eine klare Richtung aufzeigen, in welche Richtung sich das entwickeln wird. Welche Methodik am Ende benutzt wird, um dieses Ziel zu erreichen, ist noch unklar. Worin wir uns aber sicher sein können ist die Tatsache, dass der Bund als auch die Länder sich vehement wehren werden, die Grundbesoldung um 20%+ anzupassen, unter anderem auch weil das Verhältnis zwischen Angestellten und Beamten nicht mehr tragbar sein könnte. Was ich damit sagen möchte ist, dass wir Methodiken wie Mietspiegel/Ortszuschläge etc. im Hinterkopf behalten und nicht direkt ausschließen sollten, nur weil diese mit einer Entscheidung im Konflikt steht, die einfach revidiert werden könnte.

--- End quote ---

Besonders spannend finde ich, wie sich Swens Sicherheit in seinen Aussagen über die letzten Monate bzw. ein bis zwei Jahre entwickelt hat. Wenn ich mich nicht täusche, wirkten seine – schon damals gut begründeten – Einschätzungen vor ein bis zwei Jahren noch deutlich vorsichtiger und von mehr Unsicherheit geprägt als heute. Mittlerweile könnte man stellenweise fast meinen, er sei an der Entscheidungsbegründung als wissenschaftlicher Mitarbeiter beteiligt 😉. Vermutlich ist dieses gewachsene Selbstbewusstsein schlicht das Ergebnis der wahrscheinlich tausenden Stunden, die er in die intensive Auseinandersetzung mit dem Thema investiert hat.

Alexander79:

--- Zitat von: bebolus am 17.09.2025 15:19 ---Ich bin grundsätzlich bei Dir.

Falls das nachfolgend geschriebene nicht stimmt bitte meckern..:

Die Bezugsgröße einer 4k-Familie dient ausschließlich als eine Art Indikator, ob das Mindestabstandsgebot verletzt sein könnte. Es wird die 4K-Beamtenfamilie mit der 4k-Sozialhilfefamilie verglichen. Aus dieser Vergleichsberechnung kann dann aber auch ein Single-Beamter oder eine 3k-Beamtenfamilie ihren Schluss ziehen, dass das Abstandsgebot verletzt ist. Und nicht nur diejenigen, die sich tatsächlich in der untersten Besoldungsgruppe befinden, sondern auch die in den höheren.

Erhöht der BGG nun NUR Zulagen, die diese 4K-Familie betreffen würden, ergebe sich ein an deres Rechenbild, alle anderen Beamten hätten davon aber monetär nichts. Besonders deutlich wird das, wenn gerade solche Zulagen nach oben (also in höhere Besoldungsgruppen) kleiner oder abgeschmolzen werden. Dann besteht die Geafhr, dass die relativen Abstände zwischen den Ämtern immer kleiner werden (wozu mMn insbesondere die Sockelbeträge der letzten Tarifrunden und die Ämteranhebung im eD beigetragen haben dürften). Ich hoffe ich verstehe Sven dahingehend richtig, das (insb. auch) aus diesem Grund Zuschläge nur eine untergeordnete Rolle spielen sollen/dürfen. Allerdings teile ich die Meinung dazu insoweit nicht, dass wenn es um Zulagen ginge, die jedem Beamten gleichermaßen zustehen würden (beispielsweise eine Art isolierter Ortszuschlag) und der sich sachlich begründen ließe. Wobei ich mangels Fachwissen die Anforderungen an eine solche sachliche Begründung nicht kenne. Gerade bei einem Ortszuschlag dürfe ein breiter Konsens über deutlich sichtbare Unterschiede bei den Wohnkosten (ob nun tatsächlich anfallend oder -zB durch Erbe gerade nicht) bestehen.

--- End quote ---
Das ist ja aktuell mein Problem.
Der "Normalfall" war bis zu einem gewissen Zeitpunkt, das eine Familie 2 Kinder hat.
Wie man aber sieht, was für Zahlen hier schon wiedergegeben wurden, ist es eben nicht mehr der "Normalfall" das eine Familie 2 Kinder hat, sondern zumindest im Schnitt nur noch eines.

Daher versteh ich auch die Bemessung an der 4k Familie.

Warum sollte sich also dadurch nicht der Indikator für die Mindestalimentation aufgrund dessen noch an der 4K Bürgergeldfamilie orentieren und nicht plötzlich an der 3k Familie?

Dann würde die Mindestalimentation mit 15% Abstand schlagartig theoretisch um 600-700€ fallen.

Warum sollte sich dann also ein Singlebeamter monieren, wenn er also 15% über der 3k Bürgergeldfamilie bekommt?
Ich kann mich mit meinen 2Kindern ja auch nicht aufregen, das eine 5k Familie noch mehr Geld bekommt, denn die Ämterwertigkeit, wird ja auch jetzt schon ausgehölt, wenn man Beamte mit 2 und mit 5 Kindern vergleicht, was macht es also für ein Unterschied ob da ein zusätzliches Kind, also das zweite, schon dazwischen liegt?

Deswegen bin ich mal sehr gespannt was Swen dazu schreibt.

bebolus:

--- Zitat von: Rentenonkel am 17.09.2025 16:15 ---Ich habe da noch eine andere, wenn auch deutlich unschärfere Herangehensweise:

Das BVerfG erlaubt dem Gesetzgeber im Steuerrecht nicht, das Existenzminimum zu besteuern. Dabei muss er sich auch an dem Existenzminimum orientieren, welches in anderen (sozialen) Sicherungssystemen wie der Grundsicherung gilt.

Allerdings erlaubt das BVerfG es dem Gesetzgeber, sich zunächst an den im Bundesgebiet niedrigsten Mietkosten zu orientieren, sofern er durch andere Leistungen wie Wohngeld sicherstellt, dass bei einer höheren Mietenstufe jeder Steuerschuldner durch diese Leistungen sein Existenzminimum sicherstellen kann.

Grundsätzlich ist die Beamtenbesoldung etwas gänzlich anderes als Grundsicherung. Dennoch, so denke ich, müsste auch der kleinste 4 K Beamte ohne Wohngeld in der Mietenstufe I in der Lage sein, immer mindestens den Grundsicherungsbedarf zuzüglich 15 % als Einkommen zu haben.

Solange es notwendig ist, selbst bei Mietenstufe I in nicht unerheblichem Umfang für den kleinsten Beamten mit zwei Kindern zusätzlich zur Grundbesoldung Ortszuschläge zu zahlen, kann es für diese Zuschläge aus meiner Sicht keinen sachlichen Grund geben. Dann gibt der Gesetzgeber indirekt zu, dass er sich bei der amtsangemessenen Besoldung noch nicht einmal an den kleinsten, denkbaren Kosten für Unterkunft und Heizung einer 4 K Familie orientiert. Wenn das aber die Bezugsgröße sein soll, wie will er dann die Zuschläge für Mietenstufe I sachlich rechtfertigen? Da fehlt mir die Fantasie.

Ich wäre daher nicht überrascht, wenn das BVerfG seine zukünftige Rechtsprechung dahingehend konkretisieren würde, dass der kleinste Beamte in Mietenstufe I ohne zusätzliche (Orts-)Zuschläge mindestens 15 % mehr haben muss als ein Bürgergeldempfänger; also er im wesentlichen den Bedarf alleine aus seiner Grundbesoldung heraus bestreiten können müsste. 

Erst ab Mietenstufe II erscheinen moderate Zuschläge aus meiner bescheidenen Sicht überhaupt möglich.

--- End quote ---

Im Gegensatz zu einem möglichen Ortszuschlag, stört Dich aber ein jetzt schon vorhandener FamZ nicht. Deine Argumentationsgrundlage müsste aber mE gleich sein. Ohne das jetzt näher ausführen zu wollen, könnte ich mich sogar mit nach dem Alter des Kindes abgestuften Zuschlägen anfreunden. Was aber natürlich bei solchen Überlegungen nicht passieren darf ist, dass sich Beamtenbedarfsgemeinschaften entwickeln. Bei einem vernünftig gestalteten Ortszuschlag für alle Beamten, sehe ich diese Gefahr erstmal nicht.

bebolus:
Erstaunlicherweise, und ohne das jetzt hier in Zahlen darstellen zu wollen: Es hinterfragt hier niemand, dass ein A8 Beamter, verh, 2 Kinder, mit Polizeizulage, mit Wechselschichtzulage und Zulage für Dienst zu ungünstigen Zeiten mindesten mal den A11er-Single in einem OPH Sachgebiet monetär übertrifft. Kann es an sachlichen Begründungen liegen?

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