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Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)

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SwenTanortsch:

--- Zitat von: NelsonMuntz am 18.09.2025 11:29 ---Ich wollte -wie gesagt- nur darauf hinweisen, dass das Alleinverdienermodell über die Jahrzehnte in der Realität immer seltener anzutreffen ist. Dabei muss man sicher auch die Frage beleuchten, inwieweit diese Entwicklung alleinig auf Basis einer freien, individuellen Werteentscheidung stattgefunden hat.

Dabei ist unstrittig, dass der Beamte auch als Alleinverdiener seine 4k-Familie versorgen können muss.

Ob und in welcher Form solche gesellschaftlichen Entwicklungen in der Rechtsprechung Beachtung finden, und wie sich solche Urteile dann final in den Besoldungsgesetzen manifestieren, wird die Zukunft zeigen. Ich bin diesbezüglich einfach mal gespannt, was passiert.

--- End quote ---

Das ist - insofern ist Deine Anmerkung durchaus berechtigt, Nelson - auch ein zentrales Argument von Besoldungsgesetzgebern. Allerdings erfolgt deren Betrachtung der tatsächlichen Verhältnisse auch hier regelmäßig rein zweckorientiert, also zweckrational und verkürzt. Es geht ihnen also in der Regel auch hier nicht darum, die tatsächlichen Verhältnisse hinreichend in den Blick zu nehmen, sondern nach Möglichkeit nur darum, Daten einseitig zu betrachten, um so die eigene Zweckstellung zu rechtfertigen.

Wenn man dann in Gesetzgebungsverfahren die Darlegungen als unbegründet zurückweisen will, sieht man sich veranlasst, die tatsächlichen Verhältnisse anhand des umfangreichen Datenmaterials zu betrachten, dieses also zunächst einmal zusammenzustellen, es dann in seinem sachlichen Gehalt darzulegen, um es daraufhin gegeneinander abzuwägen, um so zu einem möglichst sachlichen Bild von den tatsächlichen Verhältnissen zu gelangen, aus dem heraus schließlich die Regelung als unsachlich nachgewiesen wird.

Tatsächlich wäre es aber die Aufgabe des Besoldungsgesetzgeber, sofern er Systemwechsel wie bspw. die Betrachtung des Partnereinkommens vollziehen wollte, diesen Weg zunächst einmal selbst zu gehen, um dann mit einiger Wahrscheinlichkeit zu dem identischen Schluss zu gelangen, dass ihm das allein schon wegen der mittelbar geschlechterdiskriminierenden Wirkung der betreffenden Regelungen nicht gestattet sein dürfte.

Das Ausblenden der tatsächlichen Verhältnisse ist für mich der Teil unseres Themas, der mich regelmäßig am meisten durchaus in Rage bringen kann. Denn man kann nicht Gesetze zur Regelung tatsächlicher Verhältnisse beschließen, wenn es diese tatsächlichen Verhältnisse gar nicht gibt - das erinnert mich recht stark an Zeiten in der deutschen Geschichte, wo das nicht gänzlich anders war. Genau das ist einer Demokratie unwürdig.

Darüber hinaus finde ich es weiterhin wirklich erschreckend, dass man als der eine Teil des politischen Spektrums zurecht Frauenrechte als schützenswert betrachtet und sie sich stark auf die Fahne schreibt, um dann genau solche mittelbar geschlechterdiskriminerenden Gesetze zum Nachteil insbesondere von Frauen in unteren Einkommenssegmenten zu erlassen, so wie man auf der anderen Seite des politischen Spektrums zurecht den Grundsatz vertritt, dass sich Arbeit wieder lohnen müsse und dass wir in Zeiten des Fachkräftemangels auch zukünftig jede arbeitende Hand dringen benötigten, um dann im Rahmen der mittelbaren Geschlechterdiskriminierung genau dafür zu sorgen, dass insbesondere die Ehepartnerinnen von Beamten nach Möglichkeit zu Hause bleiben, weil sich für sie - sofern sie in unteren Gehaltssegmenten arbeiten - die Arbeit tatsächlich nicht lohnt, wenn ihnen ihre Einkunft am Ende vom Gehalt des männlichen Ehepartners de facto wieder abgezogen wird.

Wer solche Art Gesetze erlässt - egal, welchem politischen Spektrum er oder sie angehört -, scheint Gewähr dafür leisten zu wollen, dass das Lieblingssteak, welches er oder sie also am Liebsten isst, regelmäßig das von glücklichen Kälbern mit Rinderwahnsinn ist. Man muss sich nicht wundern, dass die Bevölkerung zunehmend das Vertrauen in die politischen Eliten verliert, wenn Gesetze dem Luftreich des Traums geschuldet sind.

LehrerBW:

--- Zitat von: NelsonMuntz am 18.09.2025 11:29 ---Ich wollte -wie gesagt- nur darauf hinweisen, dass das Alleinverdienermodell über die Jahrzehnte in der Realität immer seltener anzutreffen ist. Dabei muss man sicher auch die Frage beleuchten, inwieweit diese Entwicklung alleinig auf Basis einer freien, individuellen Werteentscheidung stattgefunden hat.


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Klar ist die Alleinverdienerfamilie bei Beamten immer seltener anzutreffen...die Alimentation reicht nämlich nicht aus um nur mit einem Einkommen zu leben.

Henne - Ei Prinzip

Ryan:
Nicht zu vergessen, dass es sich bei der Prüfung des Mindestabstandsgebots um einen Vergleich zweier staatlicher Leistungen handelt.

Der Kontrollmaßstab dürfte nicht dadurch entstanden sein, dass man einen Mindest-Lebensstandard für Beamtenfamilien festlegen wollte. Im Kern betrifft der Maßstab die Frage, wieviel der Staat der einen Familie im Vergleich zu anderen zukommen lässt. Ein Zweitverdiener (auf einer oder beiden Seiten des Vergleichs) oder sonstige private Einkommen passen da einfach nicht rein.

Insofern ist es im Grunde egal, ob die Alleinverdienerfamilie repräsentativ oder nicht.

NelsonMuntz:
@Swen:
Ich kann Deine Argumentationskette gut nachvollziehen - Bei den unteren Gehaltsklassen in der "freien Welt" erleben wir bezüglich des Partnereinkommens eine sehr analoge Situation, wenn durch Arbeitsaufnahme Sozialleistungen wegfallen und ggf. durch Betreuung der Kinder sogar weitere Kosten entstehen. Insofern ist dieses Phänomen ja (zumindest in den unteren Etagen) nicht wirklich neu.

@LehrerBW:
Die Alleinverdienerfamilie ist generell immer seltener anzutreffen. Das ist eben kein die Beamten exklusiv betreffendes Problem.

Ob das (so ganz allgemein gesprochen) gut oder schlecht ist, mag ich hier gar nicht beurteilen.

GoodBye:
Ich würde ja gerne die Zahlen kennen, die für die Bürgergeldfamilie mit mehr als zwei Kindern anzusetzen wären. Da würden einem als Bundesbeamter wahrscheinlich die Tränen ins Gesicht schiessen derzeit.

Da wird evidente Verfassungswidrigkeit noch bis in weit höhere Besoldubgsgruppen hineinreichen.

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