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Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
clarion:
Wir drehen uns im Kreis und das unterhöhlt mein Vertrauen im Rechtsstaat, ebenso wie ich im dienstlichen Umfeld die Verwaltungsgerichte erlebe. Ein Kläger, der gegen einen von uns erlassenen Verwaltungsakt klagt, klagt seit Frühjahr 2021. Ein paar Schriftsätze wurden getauscht und seit über drei Jahren gibt es keine Neuigkeiten mehr. Bei einem anderen Verwaltungsakt mit sofortiger Vollziehung, liegt bei Gericht ein Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung. Das ist eine Eilsache. Woche um Woche vergeht und man hört nichts vom Gericht.
SwenTanortsch:
--- Zitat von: clarion am 11.11.2025 06:51 ---Wir drehen uns im Kreis und das unterhöhlt mein Vertrauen im Rechtsstaat, ebenso wie ich im dienstlichen Umfeld die Verwaltungsgerichte erlebe. Ein Kläger, der gegen einen von uns erlassenen Verwaltungsakt klagt, klagt seit Frühjahr 2021. Ein paar Schriftsätze wurden getauscht und seit über drei Jahren gibt es keine Neuigkeiten mehr. Bei einem anderen Verwaltungsakt mit sofortiger Vollziehung, liegt bei Gericht ein Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung. Das ist eine Eilsache. Woche um Woche vergeht und man hört nichts vom Gericht.
--- End quote ---
Damit sind wir m.E. am zentralen Punkt der Sache angelangt, dass nämlich der zunehmend auch in der Bundesrepublik praktizierte exekutive Ungehorsam - der sich in unserem Thema mit legislativen Ungehorsam paart - auf eine zunehmend überlastete Justiz trifft, während gleichzeitig die von Legislative und Exekutive erlassene Fülle an regulatorischen (Detail-)Regelungen fortgeführt wird, als sei alles in bester Ordnung. Damit aber läuft der Rechtsstaat zunehmend leer, sodass das Vertrauen in den Rechtsstaat schwindet.
Wenn nun nicht geringe Teile der politische Klasse meint, dass eigene Problem - nämlich das Ergebnis des Wahlverhaltens nicht geringer Teil der Bevölkerung, das die je eigenen Handlungsoptionen verringert - könne oder müsse man lösen, indem man der Bevölkerung das eigene Handeln und also die eigene Politik nur besser erkläre (damit also auch wir Dödels das verstehen), dann ist ja offensichtlich - zumindest in unserem Thema -, dass es da nichts zu erklären gibt. Denn die exorbitanten Familienzuschläge sind in jenen Höhen, in den sie in den weit überwiegenden Rechtskreisen gewährt werden, niemandem zu erklären, da sie verfassungswidrig sind, was in der politischen Klasse auch jeder weiß, wenn er es wissen will, so wie dort auch jeder weiß, der es wissen will, dass seit Jahr und Tag die Grundgehaltssätze aller Richter und Beamten spürbar anzuheben sind und dass nicht geringe Teile der Beamten in den unter(st)en Besoldungsgruppen seit Jahr und Tag unterhalb des realitätsgerechten Grundsicherungsniveaus alimentiert werden. Wer also der Bevölkerung nur besser erklären wolle, wieso er oder sie seit Jahr und Tag zielgerichtet verfassungswidrig im Besoldungsrecht handelt, sollte sich herzlich dazu eingeladen sehen, das auch zu tun. Da aber das nicht möglich ist, ohne sich selbst in die Gefahr der offensichtlichen Lüge zu bringen - denn das Sprechen gezielter Unwahrheit wird auch im politischen Geschäft als Lüge bezeichnet, auch wenn der Begriff juristisch fehl geht -, finden wir auch in unserem Thema permanente Ablenkungsmanöver, mit denen man die politische Lüge fortsetzen wie auch von ihr ablenken möchte, um so vom eigenen verfassungsrechtlichen Ungehorsam nicht ereilt zu werden.
Da diese Struktur nicht nur in unserem Thema so sein wird, darf man sich also nicht wundern, wenn immer größere Teile der Bevölkerung eine Alternative wählen, die in großen Teilen ihrer Funktionärsebene keine ist.
Das Bundesverfassungsgericht kann nun diese schwärende Wunde des Verfassungsrechts offenlegen, wozu es meiner Meinung nach sich in der Pflicht sieht, da es durch den in den letzten 20 Jahren vollzogenen Rechtsprechungswandel im Besoldungsrecht den bundesdeutschen Richtern und Beamten vor Augen geführt hat, in welch starkem Maße sie sich unteralimentiert zeigen (ohne diesen Rechtsprechungswandel der letzten 20 Jahre würde es die von mir beschriebene Gewissheit nicht geben), es wird nun also den Tiger Alimentationsprinzip zubeißen lassen müssen, um so zu zeigen, dass er keiner aus Papier sei, oder es lässt diese Wunde weiter schwären, machte sich also spätestens dann mit zum Problem, zu dem es bis heute bereits geworden ist, indem es zwischen Mai 2020 und Ende September/Anfang Oktober 2025 zu keiner weiteren Entscheidung gelangt ist.
Diese lange Dauer zwischen der letzten und der nun offensichtlich gefällten ist im Sinne des effektiven Rechtsschutzes - darauf spielst Du zurecht an, clarion - erklärungsbedürftig und die Latte zur Erklärung liegt auch hier - für den Zweiten Senat - in Anbetracht des seit spätestens der Jahreswende 2021/22 offensichtlich zielgerichteten legislativen Ungehorsams sehr hoch. Entsprechend bin auch ich nun gespannt, wie uns der Hüter der Verfassung den heutigen Rechtsstaat am Beispiel des Berliner Besoldungsrechts 2010 bis 2015 erklären wird. Davon wird maßgeblich abhängen, wie es in unserem Thema über kurz oder lang weitergeht. In ein paar Wochen wissen wir also diesbezüglich mehr.
kimonbon:
Vielleicht wartet das BvG wie das hier ausgeht und beschäftigt sich dann mit uns hahahaaaaa https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/bsw-neuauszaehlung-bundestagswahl-100.html
NelsonMuntz:
@Swen:
Vielen Dank für Deine ausführlichen Erläuterungen. Vieles davon hast Du mir (und anderen) natürlich schon mal erläutert, ich habe mir den Einwurf dennoch mal erlaubt, weil ich auch den Eindruck habe, dass es an der ein oder anderen Stelle eventuell etwas überhöhte Erwartungen (in unterschiedliche Richtungen) gibt.
Für mich ganz persönlich ist (unter den gegebenen Rahmenbedingungen wie z.B. dem Kindergeld und dem Ehegattensplitting) die Gewährung einer amtsangemessenen Alimentation insbesondere beim Vergleich 1k zu 4k am herausforderndsten. Ganz simplifiziert gesprochen: Der 4k-Beamte muss/soll einen annähernd gleichen Lebensstandard erreichen können wie der 1k-Beamte, aber eben ohne eine signifikante Erhöhung der Bruttobesoldung durch Familienzuschläge. Je kleiner die Besoldungsgruppe, desto größer wird dieses "Problem". Hier kann man natürlich weiter philosophieren, was man konkret unter "annähernd" verstehen darf, oder ob dieser vergleichbare Lebensstil nur den Beamten selbst oder auch seine gesamte Familie erfasst. Das sind (in meinen Augen) offene Fragen, deren Beantwortung aber ganz sicher nicht zu einer allumfassenden Zufriedenheit führen wird.
Aber am Rande: Ich kann den oftmals gelesenen Zorn und Enttäuschung bei Euch immer besser nachvollziehen - So eine Tarifrunde bei den TB verläuft ja zumeist auch nicht mit herausragenden Ergebnissen, aber wenigstens findet sie nach 4 Monaten ein Ende ;)
Ich drück die Daumen :)!
SwenTanortsch:
Das sind schöne Worte, Nelson, für die ich mich bei Dir bedanke!
Zugleich bringst Du ein zentrales Problem, wie es sich aus der Besoldungsrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergibt, auf den Punkt. Es ist m.E. nur zu lösen, indem man diese Rechtsprechung ernstnimmt und sich also von der sachlich nicht zu rechtfertigenden Verkürzung dieser Rechtsprechung auf das Mindestabstandsgebot löst, wie sie die Besoldungsgesetzgeber seit 2021 vollziehen, indem sie die Mindestalimentation zu einer Art scheinbaren archimedischen Punkt des Besoldungsrechts machen, was diese - wie gestern und auch in den Jahren davor dargelegt - nicht ist.
Da sich irgendwann in diesen Tagen der 20. Jahrestag meiner ersten Unterschrift unter einem entsprechenden Widerspruchsschreiben jährt und der Widerspruch also schon lange volljährig ist und nun - finde ich - auch langsam mal auf eigenen Beinen stehen kann, bin auch ich gespannt, was uns nun erwartet, nachdem ich in den letzten sieben Jahren seit dem 30. Oktober 2018 recht viel Zeit und Arbeit in das Thema gesteckt habe. Das verflixte siebente Jahr ist nun zum Glück ja zwischenzeitlich um, was ich als gutes Zeichen werte...
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