Nunja. Bei aller Kritik an den bisherigen allgemeinen Antworten auf die Fragen bei Abgeordnetenwatch hat nun zumindest ein Befragter bestätigt, dass die Ressortbeteiligung vermutlich abgeschlossen ist. Das ist schon mehr Information als man bei Saathoff auf wiederholte Nachfragen je bekommen hat. Ob das hinsichtlich der aktuellen Haushaltssituation auch für einen Kabinettsbeschluss reichen wird, steht auf einem anderen Blatt.
Genau in diesem Faktum weitgergehender Informationen, die der Abgeordnete hier gibt, dürfte sich die dargelegte Sympathie mit den jeweiligen Rechten der Beschäftigten zeigen. Insofern sollte auch das, was ich vorhin schrieb, weitgehend nicht als Kritik, sondern als eine Beschreibung verstanden werden, die im Kontext dessen steht, was ich unlängst geschrieben habe: Wer über das eigene Informationsinteresse hinaus möchte, dass sich etwas ändert, wird die uns allen eigene Trägheit überwinden und in den Austausch mit Abgeordneten treten müssen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich dadurch etwas ändert, wird im Einzelnen gen Null tendieren - jedoch dürfte sich die Wahrscheinlichkeit, dass sich etwas änderte, durch kein entsprechendes Handeln im noch geringeren Bereich befinden.
Dabei sollte man im Hinterkopf behalten, dass es in der Politik überwiegend nicht darum geht, Probleme zu lösen, die gelöst werden müssen, sondern darum, Probleme zu lösen, die gelöst werden können - deshalb ist es aus Politikersicht sinnvoll, Probleme selbst zu schaffen, die ohne diese Kreation gar kein Problem wären, um so dann dieses Problem zu lösen oder zu behaupten, es gelöst zu haben. Als Erfolg darf man dann für sich reklamieren, Probleme zu lösen. Dieser Mechanismus ist so alt, wie es menschliches Handeln gibt, das wir mit den Begriff von "Politik" beschreiben - er darf durchaus als eine Art anthropologische Konstante begriffen werden.
In unserem Fall handelt es sich nun allerdings - leider für uns und leider für die Politik - um kein Problem, das gelöst werden kann, sondern um ein Problem, das gelöst werden muss. So verstanden ist es für Politiker ein im hohen Maße unattraktives Problem, weshalb man kaum damit rechnen darf, mit ihm in der Politik offene Türen einzurennen. Dabei sollte man m.E. weiterhin in Rechnung stellen, dass mittlerweile in der Politik ein Problembewusstsein angekommen ist, eben dass hier ein Problem vorliegt, das gelöst werden muss, aber nicht gelöst werden kann. Aus diesem Problembewusstsein heraus, das sich im Verlauf der letzten drei Jahre zunehmend bei Mandatsträger eingestellt hat, darf man die nichtssagenden bzw. ablenkenden Antworten nicht zuletzt der letzten Zeit lesen.
So verstanden ist es generell ein gutes Zeichen und ein offensichtlicher Fortschritt, wenn Poltiker ausweichend oder hinhaltend antworten, da man dann eher davon ausgehen darf, dass sie das Problem als Problem und damit die Problemart erkannt haben - denn kein Politiker, der keinen ausgeprägten Hang zum Masochismus oder politischen Selbstmord hat (beides kann auf's selbe hinauslaufen), mag Probleme, die gelöst werden müssen und sich dabei eher nicht (mehr) als Probleme darstellen lassen, die gelöst werden können. Entsprechend stellt sich dann genau eine solche Sprachlosigkeit ein, die wir auch in unserem Fall beobachten dürfen. Auch hier tut also die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Zweiten Nachtragshaushaltsgesetzes 2021 ihre Wirkung: Konkrete Ausführungen zu schwebend verfassungswidrigen Gesetzgebungsverfahren sollte man als Politiker nun besser meiden wie die heiße Kartoffel, da man damit rechnen muss, dass man sich zu einem Problem äußert, das gelöst werden muss. Umso mehr - das wollte ich in den letzten Tagen sagen - bedarf es nun sachlicher Fragen an Mandatsträger, da diese sie zwingen, handeln tätig zu werden, was für sie von der Tendenz her eher unangenehm ist. Handeln erstreckt sich hier - womit wir wieder bei der Lerntheorie wären - auf die gesamte Bandbreite, die zwischen einer Antwort und keiner Antwort liegt. Denn auch Nicht-Handeln ist bekanntlich in der Kommunikation Handeln.
Es ist so verstanden politikerseits vordergründig leichter, nicht zu antworten, wenn ein Problem vorliegt, das gelöst werden muss und das sich zunehmend schwieriger zu einem umdefinieren lässt, das gelöst werden kann, wie das in unserem Fall der Fall ist, nachdem sich in den letzten Monaten der Fall eingestellt hat, dass Medien mehr als noch vor zwei oder drei Jahren über das Problem der nicht amtsangemessenen Alimentation und ggf. ihrer Folgen berichten; denn nur deshalb stellt sich für die Politik nun das Problem als ein Problem dar, das gelöst werden muss, und eben zunehmend weniger als ein Problem, dass gelöst werden kann - deshalb wäre nun aus Politikersicht ein Schweigen im heißen Kartoffelthema angeraten und erwünscht. Aber über kurz oder lang steigt nun leider ebenfalls die Wahrscheinlichkeit dafür, dass einem ein Problem, weil es gelöst werden muss, erst recht - und nun auch persönlich, weil man nicht geantwortet hat - vor die Füße fällt.
Ergo: Freundliche und sachliche Anfragen auf Abgeordnetenwatch werden zurzeit sicherlich sehr beliebt sein, wie die meisten Antworten der letzten Zeit zeigen, weshalb man sie durchaus und gerade stellen sollte. Denn jedem Abgeordneten ist klar, das jede Frage, die es auf das Portal schafft, dort genauso stehenbleibt wie eine Antwort, die eben auch eine ist, wenn keine gegeben wird - und nur umso mehr als Antwort gelesen werden darf, wenn sie nicht mehr gegeben wird. Denn wie gesagt dann dürfte sich darin offenbaren, dass das Problembewusstsein (endlich) gegeben ist, dass ein Problem vorliegt, das gelöst werden muss und nicht mehr so ohne Weiteres gelöst werden kann, dass sich also nicht mehr so ohne Weiteres umdefinieren lässt.