Autor Thema: Höhergruppierungsantrag Rücknahme  (Read 3783 times)

Otto Heinrich

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Höhergruppierungsantrag Rücknahme
« am: 22.06.2021 09:28 »
Hallo Forum, ich bräuchte einmal eure Schwarmintelligenz.

Was passiert rechtlich, wenn ein Höhergruppierungsantrag zurückgezogen wird?

Gelten dann automatisch die Inhalte der ursprünglichen Stellenbeschreibung?

Hintergrund: Es wurden dem AN (Tarifbeschäftigter) über viele Jahre immer mehr und höherwertige Aufgaben schleichend zugewiesen (nicht formal über die Orga übertragen), immer mit dem Versprechen der Vorgesetzten, die Stellenbeschreibung des AN zu überprüfen. Der AN war im Vertrauen gegenüber dem Vorgesetzten und wartete ab. Nachdem das einige Jahre nur versprochen, aber nicht gehalten wurde, wurde ein Höhergruppierungsantrag durch den AN gestellt. Es wurde eine neue Stellenbeschreibung erstellt und durch den Vorgesetzten der Orga weitergeleitet, ein Stelleninterview und eine Besichtigung des Arbeitsplatzes durch die Orga fand statt. Dieser ruht seit drei Jahren, lt. Orga sei eine abschließende Bewertung nicht möglich, weil man zu anderen AN keine klare Aufgabenabgrenzung sieht. Zwecks weiterer Überprüfung des Höhergruppierungsantrages ist das Verfahren nun ausgesetzt worden. Eine neutrale Abteilung soll irgendwann überprüfen, ob Arbeitsvorgänge sich zu anderen AN überlappen.

Die vielen zusätzlichen Aufgaben übersteigen inzwischen zeitlich das Maß der regulären Arbeitsbelastung und sind von einer Person nicht mehr zu leisten. Zuerst wurde der Vorgesetzte um Unterstützung gebeten, die aber nicht möglich sei, weil keine weiteren Personalressourcen zur Verfügung stünden. Es wurde seitens des AN ein BEM Gespräch initiiert, indem seitens des Vorgesetzten vorgeschlagen wurde, den Höhergruppierungsantrag zurückzuziehen, die alte Stellenbeschreibung aber zur bisherigen Entgeltgruppe zu überarbeiten, natürlich sollen dort Aufgaben ohne Höherbewertung der Stelle hinzugefügt werden, um die Aufgabenerledigung weiterhin sicherzustellen. Es sei nicht möglich, die Überlastung anders zu bewältigen, die durch immer mehr Aufgaben eingetreten ist.

Der AN überlegt nun aufgrund des psychischen Drucks, den der Vorgesetzte besändig ausübt, den Höhergruppierungsantrag freiwillig zurückzuziehen, um dann nur noch die Tätigkeiten der Stellenbeschreibung auszuführen, die in der Stellenbeschreibung seit Einstellung stehen.

Der Vorgesetzte sieht darin eine Verletzung der Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis des AN.

Der AN soll weiterhin die bisherigen Aufgaben übernehmen, den Höhergruppierungsantrag zurückziehen und die alte Stellenbeschreibung inhaltlich überarbeiten. Die Arbeitsleistung und die Person wurde über die ganzen Jahre sehr geschätzt, das änderte sich erst sukzessiv, als der Höhergruppierungsantrag gestellt wurde. Die Beurteilungen fielen über viele Jahre hinweg hervorragend aus. Als der AN anmerkte, dass aber doch die ganzen Jahre höherwertige Arbeiten übernommen wurden und sich alleine daraus Ansprüche ableiten, meinte der Vorgesetzte, er könne das nicht beweisen, diese Aufgaben tatsächlich abgearbeitet zu haben. Er würde dann anzweifeln, dass die in der neuen Stellenbeschreibungen aufgeführten Tätigkeiten tatsächlich übernommen wurden.

Was würdet ihr diesem AN raten?

Spid

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Antw:Höhergruppierungsantrag Rücknahme
« Antwort #1 am: 22.06.2021 09:35 »
TB sind entsprechend ihrer nicht nur vorübergehend auszuübenden Tätigkeit eingruppiert, ein Antrag ist dafür grundsätzlich - und so auch hier - weder vorgesehen noch erforderlich, er entbehrt auch jedweder rechtlicher Wirkung, so daß er auch nicht zurückgenommen werden muß. Die Eingruppierung steht nicht zur Disposition der Arbeitsvertragsparteien.

Kaiser80

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Antw:Höhergruppierungsantrag Rücknahme
« Antwort #2 am: 22.06.2021 09:36 »
Einen Antrag auf Höhergruppierung gibt es nicht. Deshalb wäre auch die Rücknahme eines solchen unbeachtlich.

Ich würde dem AN raten, ab sofort nur die wirksam übertragenen Aufgaben zu erledigen. Alles andere wäre abmahnfähig.
So denn aber die höherwertigen Aufgaben wirksam übertragen wurden und der AN diesem mindestens implizit zugestimmt hat, ist das ausstehende Entgelt einzufordern und ggf Lohnklage zu erheben

Eukalyptus

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Antw:Höhergruppierungsantrag Rücknahme
« Antwort #3 am: 22.06.2021 10:08 »
Offenbar liegt hier seit geraumer Zeit etwas im Argen. Unabhängig von den beiden Möglichkeiten der Ausführung nur von tatsächlich formell übertragenen Aufgaben (laut der derzeit gültigen, ggf. auch älteren, Stellenbeschreibung) oder (und) des (gerichtlichen) Einklagens des ausstehenden Gehaltes (ggf. ist das rückwirkend nur begrenzt möglich) sollte man sich auch nach einem anderen Arbeitgeber umschauen. Nicht notwendigerweise weil man wirklich einen Wechsel durchziehen sollte (es aber kann), sondern weil es der eigenen Entschlussfassung hilft, auch andere Optionen zu haben.

Otto Heinrich

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Antw:Höhergruppierungsantrag Rücknahme
« Antwort #4 am: 22.06.2021 12:07 »
Danke.

Wie genau sind Aufgaben denn formell zu übertragen und durch wen darf dies geschehen?

Spid

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Antw:Höhergruppierungsantrag Rücknahme
« Antwort #5 am: 22.06.2021 12:10 »
Eine eingruppierungsrelevante Tätigkeitsänderung ist eine Vertragsänderung und bedarf des Einvernehmens zwischen den Arbeitsvertragsparteien. Sie kann seitens des AG also nur durch jemanden erfolgen, der namens des AG Arbeitsverträge schließen darf.

Kaiser80

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Antw:Höhergruppierungsantrag Rücknahme
« Antwort #6 am: 22.06.2021 12:11 »
Grundsätzlich durch den, den der AG dazu bestimmt. Bspw. Personalressort o.ä.

Die Übertragung der Aufgaben sollte dem Nachweisgesetz genüge tun. Wir nutzen bspw. die Stellenbeschreibung